August Wilhelm Schlegel: Digitale Edition der Korrespondenz [Version-04-20]; https://august-wilhelm-schlegel.de/version-04-20/letters/view/2657.
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August Wilhelm Schlegel: Digitale Edition der Korrespondenz [Version-04-20]. In: Raumer, Friedrich von: Lebenserinnerungen und Briefwechsel. Zwei Teile. Bd. 2. Leipzig 1861, S. ; https://august-wilhelm-schlegel.de/version-04-20/letters/view/2657.
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August Wilhelm Schlegel: Digitale Edition der Korrespondenz [Version-04-20]. In: Raumer, Friedrich von: Lebenserinnerungen und Briefwechsel. Zwei Teile. Bd. 2. Leipzig 1861 (Volltext); https://august-wilhelm-schlegel.de/version-04-20/letters/view/2657.
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Sollte aber Aristoteles die edle und göttliche Poesie wirklich so tumultuarisch abgefertigt haben, so müssen wir uns damit trösten, daß auch andere hochberühmte Philosophen darüber wenig Ersprießliches, oder daß sie gar viel Verkehrtes zu Markte gebracht. Aus Spinozaʼs Schriften sollte man wol gar nicht argwöhnen, daß es etwas dergleichen, eine Poesie und Kunst in der Welt gäbe. Und ist es mit Leibniz viel anders? Kant hat in der Kritik der Urtheilskraft einige schöne Blicke gethan, hinter dem Rücken seiner Metaphysik. Wenn er sich aber näher an die Ausübung hineinwagt, so fällt es so aus, daß es einen Stein erbarmen möchte. Fichte hat mir oft in der Poesie Unterricht ertheilen wollen: ich hörte es geduldig an, weil es mir nicht geringe Unterhaltung gewährte. 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Und gestehen Sie nur, in diesem Punkte war Aristoteles ein recht crasser und verstockter Grieche. <br>Die erste Grundlage einer philosophischen Theorie der Poesie und der schönen Künste muß wie mich dünkt, der Beweis sein, daß die Anlage dazu und das Bedürfniß ein wesentlicher Bestandtheil der menschlichen Natur sei. Hierbei thun wir denn doch wol besser von der Thatsache auszugehen, als wenn wir uns bei der Philosophie Raths erholen. <br>Also ist die allgemeine Geschichte der Poesie und der Künste eine nothwendige Vorarbeit. Das, worin die verschiedensten Zeitalter und Völker in ihren Forderungen übereinstimmen, gehört zum Wesen der Sache, das übrige ist individuelle und vielleicht zufällige Ausbildung. Ich habe mich bemüht, hierzu meinen Beitrag zu liefern, indem ich das Genialische auch unter einer fremden Hülle, besonders das verkannte oder vergessene, ans Licht zu ziehen strebte; und es ist mir damit auch ziemlich gelungen. 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Friedrich von Raumer war der Sohn des Kammerdirektors Georg Friedrich von Raumer. Er studierte Rechtswissenschaften, Kameralwissenschaften, Staatswissenschaften sowie Geschichte an den Universitäten in Göttingen und Halle. Nachdem er 1801 das Studium beendet hatte, begann er seine Laufbahn als Referendar und wurde schließlich Regierungsassessor bei der kurmärkischen Kammer. Von 1806 bis 1809 war er als Leiter eines Departements der Domänenkammer tätig. Danach wechselte er als Regierungsrat nach Potsdam. Auf Veranlassung des Ministers Karl vom Stein zum Altenstein wurde Raumer 1810 in das Preußische Finanzministerium berufen. Im selben Jahr wechselte er in das Büro des preußischen Staatskanzlers Karl August Freiherr von Hardenberg, den er auf mehreren Reisen begleitete.
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Raumer war neben seiner akademischen Karriere politisch engagiert, er gehörte der Berliner Stadtverordnetenversammlung an, war Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung, Gesandter der Provisorischen Zentralgewalt in Frankreich und im Juni 1849 Mitglied der Gothaer Versammlung.
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Sollte aber Aristoteles die edle und göttliche Poesie wirklich so tumultuarisch abgefertigt haben, so müssen wir uns damit trösten, daß auch andere hochberühmte Philosophen darüber wenig Ersprießliches, oder daß sie gar viel Verkehrtes zu Markte gebracht. Aus Spinozaʼs Schriften sollte man wol gar nicht argwöhnen, daß es etwas dergleichen, eine Poesie und Kunst in der Welt gäbe. Und ist es mit Leibniz viel anders? Kant hat in der Kritik der Urtheilskraft einige schöne Blicke gethan, hinter dem Rücken seiner Metaphysik. Wenn er sich aber näher an die Ausübung hineinwagt, so fällt es so aus, daß es einen Stein erbarmen möchte. Fichte hat mir oft in der Poesie Unterricht ertheilen wollen: ich hörte es geduldig an, weil es mir nicht geringe Unterhaltung gewährte. Die einzigen, mit denen ich mich verständigen konnte, waren mein Bruder Friedrich, als er noch ein Denker war, und Schelling. <br>Wenn aber auch die Alten in die philosophische Theorie der Poesie nicht tief eingedrungen sind, so haben sie eine gute Entschuldigung. Sie kannten ja nichts als die griechische Poesie, welche, wiewol sehr vorzüglich, doch nicht frei von nationalen Eigenheiten und Beschränkungen war. Sie glauben, Aristoteles würde den Werth der romantischen Dichter anerkannt haben, wenn er sie hätte lesen können. Dies muß ich bezweifeln. Man kennt ja die albernen Einbildungen der Griechen von dem durchgängigen Gegensatze zwischen Hellenen und Barbaren, und dem unermeßlichen Vorrange der ersten. 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$html = '<span class="weight-bold ">Bonn,</span> den 17. August 1829. <br>Ich habe Sie tausendmal um Verzeihung zu bitten, mein verehrtester Herr und Freund, daß ich Ihre Abhandlung so lange behalten habe. Auf eine so interessante Mittheilung durfte die Erwiderung doch nicht ganz inhaltsleer ausfallen, und ich konnte nie die Zeit finden, meine Gedanken nur einigermaßen zu ordnen. Ich habe mittlerweile zwei Ausgaben indischer Werke in die Welt ausgehen lassen; wenn Sie mir die Ehre erzeigen wollen, die lateinischen Vorreden dazu zu lesen, die Sie von Herrn Böckh oder Geheimrath Schulze haben können, so werden Sie mich entschuldigen. Seit vielen Jahren habe ich mich von der Kunstrichterei zurück in das Gebiet historischer und philologischer Forschung gezogen, und bin einheimischer in Asien als in Europa. Meine kritischen Schriften mußte ich denn doch sammeln, allein es hat kein Hahn darum gekräht. Meine Lorbern blühen nicht in Deutschland. Ueberhaupt machte ich niemals Anspruch darauf ein Theoretiker zu sein, <span class="weight-bold ">et si, par ci par là, jʼai fait un peu de théorie, cʼétait à mon corps défendant et par la contagion de mes contemporains</span>. ‒ Aber ein Kritiker habe ich mich allerdings bemüht zu sein, und zwar ein praktischer und kosmopolitischer. Dies habe ich auch jetzt noch nicht ganz aufgegeben. Sollte ich jemals auf mein Buch über die dramatische Literatur zurückkommen, so werde ich gewiß Ihre Abhandlung sorgfältig vergleichen, um zu sehen, was ich anders zu bestimmen habe. Was die Poetik des Aristoteles betrifft, so will ich nur gestehen, daß Sie mich nicht sonderlich bekehrt haben. Wenn auch, wie Goethe oder Mephistopheles sagt, alle Theorie unvermeidlicherweise grau ist, so finde ich doch diese gar fahl und aschgrau. Wegen des den Philosophen schuldigen Respectes, ziehen wir uns am besten aus dem Handel, wenn wir annehmen, es sei ein Bruchstück von einem schlechten Collegienheft. Sollte aber Aristoteles die edle und göttliche Poesie wirklich so tumultuarisch abgefertigt haben, so müssen wir uns damit trösten, daß auch andere hochberühmte Philosophen darüber wenig Ersprießliches, oder daß sie gar viel Verkehrtes zu Markte gebracht. Aus Spinozaʼs Schriften sollte man wol gar nicht argwöhnen, daß es etwas dergleichen, eine Poesie und Kunst in der Welt gäbe. Und ist es mit Leibniz viel anders? Kant hat in der Kritik der Urtheilskraft einige schöne Blicke gethan, hinter dem Rücken seiner Metaphysik. Wenn er sich aber näher an die Ausübung hineinwagt, so fällt es so aus, daß es einen Stein erbarmen möchte. Fichte hat mir oft in der Poesie Unterricht ertheilen wollen: ich hörte es geduldig an, weil es mir nicht geringe Unterhaltung gewährte. Die einzigen, mit denen ich mich verständigen konnte, waren mein Bruder Friedrich, als er noch ein Denker war, und Schelling. <br>Wenn aber auch die Alten in die philosophische Theorie der Poesie nicht tief eingedrungen sind, so haben sie eine gute Entschuldigung. Sie kannten ja nichts als die griechische Poesie, welche, wiewol sehr vorzüglich, doch nicht frei von nationalen Eigenheiten und Beschränkungen war. Sie glauben, Aristoteles würde den Werth der romantischen Dichter anerkannt haben, wenn er sie hätte lesen können. Dies muß ich bezweifeln. Man kennt ja die albernen Einbildungen der Griechen von dem durchgängigen Gegensatze zwischen Hellenen und Barbaren, und dem unermeßlichen Vorrange der ersten. 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Friedrich von Raumer war der Sohn des Kammerdirektors Georg Friedrich von Raumer. Er studierte Rechtswissenschaften, Kameralwissenschaften, Staatswissenschaften sowie Geschichte an den Universitäten in Göttingen und Halle. Nachdem er 1801 das Studium beendet hatte, begann er seine Laufbahn als Referendar und wurde schließlich Regierungsassessor bei der kurmärkischen Kammer. Von 1806 bis 1809 war er als Leiter eines Departements der Domänenkammer tätig. Danach wechselte er als Regierungsrat nach Potsdam. Auf Veranlassung des Ministers Karl vom Stein zum Altenstein wurde Raumer 1810 in das Preußische Finanzministerium berufen. Im selben Jahr wechselte er in das Büro des preußischen Staatskanzlers Karl August Freiherr von Hardenberg, den er auf mehreren Reisen begleitete.
1811 wurde Raumer in Heidelberg promoviert, es folgte die Berufung auf einen Lehrstuhl für Staatswissenschaften und Geschichte an der Universität in Breslau. 1819 wechselte Raumer nach Berlin, um an der dortigen Universität bis zu seiner Emeritierung 1859 zu lehren.
Raumer war neben seiner akademischen Karriere politisch engagiert, er gehörte der Berliner Stadtverordnetenversammlung an, war Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung, Gesandter der Provisorischen Zentralgewalt in Frankreich und im Juni 1849 Mitglied der Gothaer Versammlung.
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Ueberhaupt machte ich niemals Anspruch darauf ein Theoretiker zu sein, <span class="weight-bold ">et si, par ci par là, jʼai fait un peu de théorie, cʼétait à mon corps défendant et par la contagion de mes contemporains</span>. ‒ Aber ein Kritiker habe ich mich allerdings bemüht zu sein, und zwar ein praktischer und kosmopolitischer. Dies habe ich auch jetzt noch nicht ganz aufgegeben. Sollte ich jemals auf mein Buch über die dramatische Literatur zurückkommen, so werde ich gewiß Ihre Abhandlung sorgfältig vergleichen, um zu sehen, was ich anders zu bestimmen habe. Was die Poetik des Aristoteles betrifft, so will ich nur gestehen, daß Sie mich nicht sonderlich bekehrt haben. Wenn auch, wie Goethe oder Mephistopheles sagt, alle Theorie unvermeidlicherweise grau ist, so finde ich doch diese gar fahl und aschgrau. Wegen des den Philosophen schuldigen Respectes, ziehen wir uns am besten aus dem Handel, wenn wir annehmen, es sei ein Bruchstück von einem schlechten Collegienheft. Sollte aber Aristoteles die edle und göttliche Poesie wirklich so tumultuarisch abgefertigt haben, so müssen wir uns damit trösten, daß auch andere hochberühmte Philosophen darüber wenig Ersprießliches, oder daß sie gar viel Verkehrtes zu Markte gebracht. Aus Spinozaʼs Schriften sollte man wol gar nicht argwöhnen, daß es etwas dergleichen, eine Poesie und Kunst in der Welt gäbe. Und ist es mit Leibniz viel anders? Kant hat in der Kritik der Urtheilskraft einige schöne Blicke gethan, hinter dem Rücken seiner Metaphysik. Wenn er sich aber näher an die Ausübung hineinwagt, so fällt es so aus, daß es einen Stein erbarmen möchte. Fichte hat mir oft in der Poesie Unterricht ertheilen wollen: ich hörte es geduldig an, weil es mir nicht geringe Unterhaltung gewährte. Die einzigen, mit denen ich mich verständigen konnte, waren mein Bruder Friedrich, als er noch ein Denker war, und Schelling. <br>Wenn aber auch die Alten in die philosophische Theorie der Poesie nicht tief eingedrungen sind, so haben sie eine gute Entschuldigung. Sie kannten ja nichts als die griechische Poesie, welche, wiewol sehr vorzüglich, doch nicht frei von nationalen Eigenheiten und Beschränkungen war. Sie glauben, Aristoteles würde den Werth der romantischen Dichter anerkannt haben, wenn er sie hätte lesen können. Dies muß ich bezweifeln. Man kennt ja die albernen Einbildungen der Griechen von dem durchgängigen Gegensatze zwischen Hellenen und Barbaren, und dem unermeßlichen Vorrange der ersten. Und gestehen Sie nur, in diesem Punkte war Aristoteles ein recht crasser und verstockter Grieche. <br>Die erste Grundlage einer philosophischen Theorie der Poesie und der schönen Künste muß wie mich dünkt, der Beweis sein, daß die Anlage dazu und das Bedürfniß ein wesentlicher Bestandtheil der menschlichen Natur sei. Hierbei thun wir denn doch wol besser von der Thatsache auszugehen, als wenn wir uns bei der Philosophie Raths erholen. <br>Also ist die allgemeine Geschichte der Poesie und der Künste eine nothwendige Vorarbeit. Das, worin die verschiedensten Zeitalter und Völker in ihren Forderungen übereinstimmen, gehört zum Wesen der Sache, das übrige ist individuelle und vielleicht zufällige Ausbildung. Ich habe mich bemüht, hierzu meinen Beitrag zu liefern, indem ich das Genialische auch unter einer fremden Hülle, besonders das verkannte oder vergessene, ans Licht zu ziehen strebte; und es ist mir damit auch ziemlich gelungen. Da konnte es nun leicht begegnen, das ich in der ersten Freude des neuen Fundes etwas überschätzte. Es ist mir lieb, wenn mein Urtheil durch Freunde berichtigt wird, und ich danke Ihnen für die mich betreffende Anmerkung Seite 77. <br>Gegen Ihr strenges Urtheil über den „Amphitruo“, besonders über den des Molière, den ich allerliebst finde, muß ich protestiren. ‒ Ueberlassen wir es doch den Methodisten, an so guten Späßen Aergerniß zu nehmen. <br>Ich wiederhole meine Bitte, die lange verzögerte Zurücksendung und den geringen Gehalt dieses Briefes zu entschuldigen. Leben Sie recht wohl und behalten Sie mich in recht freundschaftlichem Andenken. Mit der ausgezeichnetsten Hochachtung.',
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Friedrich von Raumer war der Sohn des Kammerdirektors Georg Friedrich von Raumer. Er studierte Rechtswissenschaften, Kameralwissenschaften, Staatswissenschaften sowie Geschichte an den Universitäten in Göttingen und Halle. Nachdem er 1801 das Studium beendet hatte, begann er seine Laufbahn als Referendar und wurde schließlich Regierungsassessor bei der kurmärkischen Kammer. Von 1806 bis 1809 war er als Leiter eines Departements der Domänenkammer tätig. Danach wechselte er als Regierungsrat nach Potsdam. Auf Veranlassung des Ministers Karl vom Stein zum Altenstein wurde Raumer 1810 in das Preußische Finanzministerium berufen. Im selben Jahr wechselte er in das Büro des preußischen Staatskanzlers Karl August Freiherr von Hardenberg, den er auf mehreren Reisen begleitete.
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