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Es ist doch recht grausam von Charlotten, daß sie auch nicht den mindesten Laut von sich hören läßt. Wenn sie wüßte welche grosse Freude mir ihre Briefe machen, sie würde weniger grausam seyn.<br>Empfiel mich allen Göttinger Bekannten, die mir wohl wollen, besonders <span class="index-8355 tp-51194 ">Schiklern</span>, der mir über alles lieb ist. <span class="cite tp-44988 ">Ich umarme Dich mein Bester! in Gedanken mit wahrem Brudersinn und Brudertreue.</span> Komm hieher wenn Du kannst. Du sollst mit offenen Armen empfangen werden. <span class="index-5680 tp-37001 ">Meine Mutter</span> u. <span class="index-5681 tp-37002 ">Schwester</span> sind Dir unbekannter Weise sehr gut. <span class="index-5684 tp-51192 index-5682 tp-37003 ">Hellfrieds</span> bedauern daß sie Dich auf ihrer Durch<span class="notice-8134 ">[6]</span>reise durch Göttingen nicht gesehen haben; sie haben sich aber gar nicht dort aufgehalten, da sie so sehr eilten. <span class="index-5682 tp-37014 ">Mein Onkel</span> der viel später nachgekommen ist hat sich eine Nacht dort aufgehalten<br>Abermahls lebe wohl!<br>Der Deinige <br>J. F. W. Schlegel<br>Entschuldige die Flüchtigkeit womit dieser Brief geschrieben worden ist. Die Zeit war mir so kurz u. ich hatte Dir doch so viel zu sagen.<br><span class="notice-8135 ">[7]</span> [leer]<br><span class="notice-8136 ">[8]</span> [leer]', '36_xml' => '<p><milestone unit="start" n="8129"/>[1]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="8129"/> <placeName key="665">Kopenhagen</placeName> den 15 Okt. 1790<lb/>Du hast ein Recht auf mich böse zu seyn, daß ich Deinen lieben Brief so lange unbeantwortet gelassen, obgleich ich es mir so ernstlich vorgenommen hatte ein fleissiger Correspondent zu <hi rend="overstrike:1">seyn</hi> <hi rend="offset:4">werden</hi>. Einigermassen kann indeßen vieleicht mich das bey Dir entschuldigen, daß <hi rend="offset:4">anfänglich</hi> die Ankunft <persName key="5684">einer vielgeliebten Tante</persName> und <persName key="5685"><persName key="8353"><persName key="5683">ihrer liebenswürdigen Töchter</persName></persName></persName> nach einer Abwesenheit von 13 Jahren mich in der Zeit die mir von Amtsgeschäften übrig blieb zu sehr beschäftigte als daß ich an Briefschreiben hätte denken können, und daß nachher die Verpflichtung <hi rend="overstrike:1">welche mir oblag</hi> <name key="8352" type="work">eine Juristische Dissertation</name> auszuarbeiten, um bey Gelegenheit des feyerlichen Einzuges <persName key="5687">unserer neuen Kronprinzessin</persName> Docktor der Rechte zu werden es mir unmöglich machte einige Zeit <hi rend="overstrike:1">zum</hi> hierzu zu erübrigen.<lb/>Du hast so viel Freundschaft für mich, daß Du es nicht übel nehmen wirst, daß ich beyfolgende vier Exemplare meiner Dissertation an Dich sende um sie an <persName key="5310">Pütter</persName>, <persName key="5327">Böhmer</persName>, und <hi rend="overstrike:1">dem</hi> <hi rend="offset:4">an</hi> <persName key="5679">Prof. Hugo</persName> zu überreichen und eines für <persName key="1393">Deinen Bruder den Sekretair</persName> zurück zu behalten <milestone unit="start" n="8130"/>[2]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="8130"/> Dir selbst und <persName key="255">Deinem würdigen Vater</persName> schicke ich keines da ich weis, daß dergleichen Sachen Euch gar nicht interessiren. Versichere besonders den Prof. Hugo meiner besonderen Hochachtung für seine Bemühungen das Studium des reinen Römischen Rechts, welches leider heut zu Tage so sehr vernachlässigt wird, in Deutschland zu verbreiten und bitte ihn meine Abhandlung in <name key="19" type="periodical">den Göttingischen Anzeigen</name> zu rezensiren. Bey <hi rend="overstrike:1">zu</hi> mehrerer Musse kann ich ihm vieleicht Beyträge zu <name key="5686" type="periodical">seinem Civilistischen Magazin</name> schicken, wenn ihm anders diese meine erste Arbeit im Römischen Recht gefallen sollte.<lb/>Es freut mich sehr daß Du mit Deiner Lage zufrieden bist, und daß Du mit einem so grossen Eifer Dich den Wissenschaften widmest. <name key="41" type="work">Deine Gedichte</name> in <name key="2822" type="periodical">den <persName key="1402">Bürgerschen</persName> Musen-Allmanachen</name> habe ich mit grossem Vergnügen gelesen; sie zeugen von einem seltenen Talent zur Dichtkunst. Ich wünschte sehr daß Du dieses Talent zur Übersetzung der alten Dichter anwenden wolltest und ein zweyter <persName key="271">Voss</persName> zu werden strebtetest. Es ist etwas gantz anderes die Alten als dürrer Critiker und sie als Mann von Genie zu studieren. Jenen <milestone unit="start" n="8131"/>[3]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="8131"/> ist es blos um ihre Worte, diesem um ihren Geist zu thun.<lb/>Ich für meine Person lebe sehr glücklich. Anfänglich hätte ich es vieleicht vorgezogen Professor in der Geschichte zu werden, aber itzt da ich in die Geheimnisse der positiven Jurisprudentz durch unablässiges Studium tiefer hineingedrungen bin, fange ich an diese Wissenschaft lieb zu gewinnen – das Naturrecht habe ich, wie Du weißt, immer sehr geliebt. Diese Professur hat auch bey uns den Vorzug, daß sie zu einer viel glänzerenden Laufbahn die Aussicht eröfnet. Was dem geselschaftlichen Umgang betrift bin ich auch gegenwärtig so glücklich als möglich. <hi rend="overstrike:1">Ich bringe</hi> Die angenehmsten Stunden sind mir die, welche ich in dem Hause <persName key="5682">meines Onkels des Conferenzrath v. Hellfried</persName> zubringe. <persName key="5684">Seine Frau</persName>, die nicht aufgehört hat <hi rend="overstrike:1">zu</hi> schön zu seyn, hat so viel Geist, so viel Lebhaftigkeit in der Unterhaltung, so viel Güte, so viel wahre Grösse in ihrem Charakter, daß man sie nicht genug lieben und bewundern kann. Mein Onkel ist gleichfalls ein Mann von den größten Verdiensten, von sehr vielem Geiste u. sehr ausgebreiteten <milestone unit="start" n="8132"/>[4]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="8132"/> Kenntnissen; wird aber von denen, die ihn nicht genau kennen mehr geschätzt als geliebt. Ihre drey Töchter würde man die drey Grazien nennen, wenn <persName key="5685">die jüngste</persName> schöner wäre. Die beyden <hi rend="overstrike:1">ältesten</hi> <hi rend="offset:4">anderen</hi> sind es um desto mehr; <persName key="5683">die älteste</persName> eine reizende Blondine <hi rend="overstrike:1">sanft und gut</hi>, <persName key="8353">die jüngere</persName> eine feurige Brünette. Die älteste hat mehr Überlegung, die zweyte mehr schnelle Fassungskraft; die älteste hat ihre Talente mehr ausgebildet, die zweyte übertrift sie an natürlichen Anlagen; beyde haben sie einen vortreflichen Charakter, <hi rend="offset:4">sind</hi> sanft u. wohlwollend. Der Verstand entscheidet nicht wem der Vorzug gebührt, nur das Herz das sich mehr <hi rend="overstrike:1">durch</hi> <hi rend="offset:4">nach</hi> dunklen Empfindungen bestimmt, kann es. Die Schönheit abgerechnet, theilt die jüngste Schwester die übrigen Vorzüge mit den beyden älteren. <lb/>Ich habe es gewagt Dir die Schilderung einer Familie zu machen, die ich über alles liebe. Sie ist kalt und schwach, aber Deiner eignen feurigen Phantasie überlasse ich es ihr Leben und Wärme zu ertheilen.<lb/>Erzähle mir in Deinem nächsten Briefe, den Du ja bald schreiben mußt, recht ausführlich wie es Dir geht, <hi rend="overstrike:1">und</hi> was Du Dir itzt vornimmst und <milestone unit="start" n="8133"/>[5]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="8133"/> wie es mit Deinen Aussichten in die Zukunft steht. Beschreibe mir auch die gegenwärtige Lage <placeName key="2">Göttingens</placeName>, denn ich bin allda itzt gantz fremd geworden und doch interessirt es mich so sehr mich wieder dort zu orientiren. 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Du sollst mit offenen Armen empfangen werden. <persName key="5680">Meine Mutter</persName> u. <persName key="5681">Schwester</persName> sind Dir unbekannter Weise sehr gut. <persName key="5684"><persName key="5682">Hellfrieds</persName></persName> bedauern daß sie Dich auf ihrer Durch<milestone unit="start" n="8134"/>[6]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="8134"/>reise durch Göttingen nicht gesehen haben; sie haben sich aber gar nicht dort aufgehalten, da sie so sehr eilten. <persName key="5682">Mein Onkel</persName> der viel später nachgekommen ist hat sich eine Nacht dort aufgehalten<lb/>Abermahls lebe wohl!<lb/>Der Deinige <lb/>J. F. W. Schlegel<lb/>Entschuldige die Flüchtigkeit womit dieser Brief geschrieben worden ist. 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Es ist doch recht grausam von Charlotten, daß sie auch nicht den mindesten Laut von sich hören läßt. Wenn sie wüßte welche grosse Freude mir ihre Briefe machen, sie würde weniger grausam seyn.<lb/>Empfiel mich allen Göttinger Bekannten, die mir wohl wollen, besonders <anchor type="b" n="8355" ana="11" xml:id="NidB51194"/>Schiklern<anchor type="e" n="8355" ana="11" xml:id="NidE51194"/>, der mir über alles lieb ist. <anchor type="b" n="6716" ana="16" xml:id="NidB44988"/>Ich umarme Dich mein Bester! in Gedanken mit wahrem Brudersinn und Brudertreue.<anchor type="e" n="6716" ana="16" xml:id="NidE44988"/> Komm hieher wenn Du kannst. 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F. W. Schlegel<lb/>Entschuldige die Flüchtigkeit womit dieser Brief geschrieben worden ist. 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so lange unbeantwortet gelassen, obgleich ich es mir so ernstlich vorgenommen hatte ein fleissiger Correspondent zu <span class="overstrike-1 ">seyn</span> <span class="offset-4 ">werden</span>. Einigermassen kann indeßen vieleicht mich das bey Dir entschuldigen, daß <span class="offset-4 ">anfänglich</span> die Ankunft <span class="index-5684 tp-37016 ">einer vielgeliebten Tante</span> und <span class="index-5685 tp-37017 index-8353 tp-51188 index-5683 tp-37018 ">ihrer liebenswürdigen Töchter</span> nach einer Abwesenheit von 13 Jahren mich in der Zeit die mir von Amtsgeschäften übrig blieb zu sehr beschäftigte als daß ich an Briefschreiben hätte denken können, und daß nachher die Verpflichtung <span class="overstrike-1 ">welche mir oblag</span> <span class="index-8352 tp-51187 ">eine Juristische Dissertation</span> auszuarbeiten, um bey Gelegenheit des feyerlichen Einzuges <span class="index-5687 tp-37013 ">unserer neuen Kronprinzessin</span> Docktor der Rechte zu werden es mir unmöglich machte einige Zeit <span class="overstrike-1 ">zum</span> hierzu zu erübrigen.<br>Du hast so viel Freundschaft für mich, daß Du es nicht übel nehmen wirst, daß ich beyfolgende vier Exemplare meiner Dissertation an Dich sende um sie an <span class="index-5310 tp-36985 ">Pütter</span>, <span class="index-5327 tp-36983 ">Böhmer</span>, und <span class="overstrike-1 ">dem</span> <span class="offset-4 ">an</span> <span class="index-5679 tp-36984 ">Prof. Hugo</span> zu überreichen und eines für <span class="index-1393 tp-36986 ">Deinen Bruder den Sekretair</span> zurück zu behalten <span class="notice-8130 ">[2]</span> Dir selbst und <span class="index-255 tp-36980 ">Deinem würdigen Vater</span> schicke ich keines da ich weis, daß dergleichen Sachen Euch gar nicht interessiren. Versichere besonders den Prof. Hugo meiner besonderen Hochachtung für seine Bemühungen das Studium des reinen Römischen Rechts, welches leider heut zu Tage so sehr vernachlässigt wird, in Deutschland zu verbreiten und bitte ihn meine Abhandlung in <span class="index-19 tp-36981 ">den Göttingischen Anzeigen</span> zu rezensiren. Bey <span class="overstrike-1 ">zu</span> mehrerer Musse kann ich ihm vieleicht Beyträge zu <span class="index-5686 tp-37010 ">seinem Civilistischen Magazin</span> schicken, wenn ihm anders diese meine erste Arbeit im Römischen Recht gefallen sollte.<br>Es freut mich sehr daß Du mit Deiner Lage zufrieden bist, und daß Du mit einem so grossen Eifer Dich den Wissenschaften widmest. <span class="index-41 tp-37019 ">Deine Gedichte</span> in <span class="index-2822 tp-37015 ">den </span><span class="index-2822 tp-37015 index-1402 tp-36982 ">Bürgerschen</span><span class="index-2822 tp-37015 "> Musen-Allmanachen</span> habe ich mit grossem Vergnügen gelesen; sie zeugen von einem seltenen Talent zur Dichtkunst. Ich wünschte sehr daß Du dieses Talent zur Übersetzung der alten Dichter anwenden wolltest und ein zweyter <span class="index-271 tp-37011 ">Voss</span> zu werden strebtetest. Es ist etwas gantz anderes die Alten als dürrer Critiker und sie als Mann von Genie zu studieren. Jenen <span class="notice-8131 ">[3]</span> ist es blos um ihre Worte, diesem um ihren Geist zu thun.<br>Ich für meine Person lebe sehr glücklich. Anfänglich hätte ich es vieleicht vorgezogen Professor in der Geschichte zu werden, aber itzt da ich in die Geheimnisse der positiven Jurisprudentz durch unablässiges Studium tiefer hineingedrungen bin, fange ich an diese Wissenschaft lieb zu gewinnen – das Naturrecht habe ich, wie Du weißt, immer sehr geliebt. Diese Professur hat auch bey uns den Vorzug, daß sie zu einer viel glänzerenden Laufbahn die Aussicht eröfnet. Was dem geselschaftlichen Umgang betrift bin ich auch gegenwärtig so glücklich als möglich. <span class="overstrike-1 ">Ich bringe</span> Die angenehmsten Stunden sind mir die, welche ich in dem Hause <span class="index-5682 tp-37006 ">meines Onkels des Conferenzrath v. Hellfried</span> zubringe. <span class="index-5684 tp-37008 ">Seine Frau</span>, die nicht aufgehört hat <span class="overstrike-1 ">zu</span> schön zu seyn, hat so viel Geist, so viel Lebhaftigkeit in der Unterhaltung, so viel Güte, so viel wahre Grösse in ihrem Charakter, daß man sie nicht genug lieben und bewundern kann. Mein Onkel ist gleichfalls ein Mann von den größten Verdiensten, von sehr vielem Geiste u. sehr ausgebreiteten <span class="notice-8132 ">[4]</span> Kenntnissen; wird aber von denen, die ihn nicht genau kennen mehr geschätzt als geliebt. Ihre drey Töchter würde man die drey Grazien nennen, wenn <span class="index-5685 tp-51189 ">die jüngste</span> schöner wäre. Die beyden <span class="overstrike-1 ">ältesten</span> <span class="offset-4 ">anderen</span> sind es um desto mehr; <span class="index-5683 tp-37007 ">die älteste</span> eine reizende Blondine <span class="overstrike-1 ">sanft und gut</span>, <span class="index-8353 tp-51190 ">die jüngere</span> eine feurige Brünette. Die älteste hat mehr Überlegung, die zweyte mehr schnelle Fassungskraft; die älteste hat ihre Talente mehr ausgebildet, die zweyte übertrift sie an natürlichen Anlagen; beyde haben sie einen vortreflichen Charakter, <span class="offset-4 ">sind</span> sanft u. wohlwollend. Der Verstand entscheidet nicht wem der Vorzug gebührt, nur das Herz das sich mehr <span class="overstrike-1 ">durch</span> <span class="offset-4 ">nach</span> dunklen Empfindungen bestimmt, kann es. Die Schönheit abgerechnet, theilt die jüngste Schwester die übrigen Vorzüge mit den beyden älteren. <br>Ich habe es gewagt Dir die Schilderung einer Familie zu machen, die ich über alles liebe. Sie ist kalt und schwach, aber Deiner eignen feurigen Phantasie überlasse ich es ihr Leben und Wärme zu ertheilen.<br>Erzähle mir in Deinem nächsten Briefe, den Du ja bald schreiben mußt, recht ausführlich wie es Dir geht, <span class="overstrike-1 ">und</span> was Du Dir itzt vornimmst und <span class="notice-8133 ">[5]</span> wie es mit Deinen Aussichten in die Zukunft steht. Beschreibe mir auch die gegenwärtige Lage <span class="index-2 tp-36988 ">Göttingens</span>, denn ich bin allda itzt gantz fremd geworden und doch interessirt es mich so sehr mich wieder dort zu orientiren. Was macht <span class="index-1402 tp-36989 ">Bürger</span>? hat er wieder geheirathet? die <span class="index-8354 tp-51193 ">Frau Braun</span> hat mir wenigstens erzählt, er habe eine Reise ich glaube nach Schwaben <span class="offset-4 ">unternommen</span> um sich <span class="index-4815 tp-51191 ">ein junges </span><span class="index-4815 tp-51191 overstrike-1 ">Mädchen</span><span class="index-4815 tp-51191 "> </span><span class="index-4815 tp-51191 offset-4 ">Weib</span>, das sich ihm selbst angeboten, zu hohlen. Ist <span class="index-5368 tp-36990 ">Cruse</span> noch in Göttingen? was machen <span class="index-2691 tp-36991 ">Oelrichs</span>?<br>Erzähle mir recht viel von <span class="index-115 tp-36992 ">Deiner Schwester Charlotte</span> und von <span class="index-2139 tp-36993 index-129 tp-36994 index-2286 tp-36998 index-8 tp-37000 index-255 tp-36995 index-1393 tp-36999 index-264 tp-36996 index-187 tp-36997 ">Deiner ganzen lieben Familie</span>. Es ist doch recht grausam von Charlotten, daß sie auch nicht den mindesten Laut von sich hören läßt. Wenn sie wüßte welche grosse Freude mir ihre Briefe machen, sie würde weniger grausam seyn.<br>Empfiel mich allen Göttinger Bekannten, die mir wohl wollen, besonders <span class="index-8355 tp-51194 ">Schiklern</span>, der mir über alles lieb ist. <span class="cite tp-44988 ">Ich umarme Dich mein Bester! in Gedanken mit wahrem Brudersinn und Brudertreue.</span> Komm hieher wenn Du kannst. Du sollst mit offenen Armen empfangen werden. <span class="index-5680 tp-37001 ">Meine Mutter</span> u. <span class="index-5681 tp-37002 ">Schwester</span> sind Dir unbekannter Weise sehr gut. <span class="index-5684 tp-51192 index-5682 tp-37003 ">Hellfrieds</span> bedauern daß sie Dich auf ihrer Durch<span class="notice-8134 ">[6]</span>reise durch Göttingen nicht gesehen haben; sie haben sich aber gar nicht dort aufgehalten, da sie so sehr eilten. <span class="index-5682 tp-37014 ">Mein Onkel</span> der viel später nachgekommen ist hat sich eine Nacht dort aufgehalten<br>Abermahls lebe wohl!<br>Der Deinige <br>J. F. W. Schlegel<br>Entschuldige die Flüchtigkeit womit dieser Brief geschrieben worden ist. 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Was macht <span class="index-1402 tp-36989 ">Bürger</span>? hat er wieder geheirathet? die <span class="index-8354 tp-51193 ">Frau Braun</span> hat mir wenigstens erzählt, er habe eine Reise ich glaube nach Schwaben <span class="offset-4 ">unternommen</span> um sich <span class="index-4815 tp-51191 ">ein junges </span><span class="index-4815 tp-51191 overstrike-1 ">Mädchen</span><span class="index-4815 tp-51191 "> </span><span class="index-4815 tp-51191 offset-4 ">Weib</span>, das sich ihm selbst angeboten, zu hohlen. Ist <span class="index-5368 tp-36990 ">Cruse</span> noch in Göttingen? was machen <span class="index-2691 tp-36991 ">Oelrichs</span>?<br>Erzähle mir recht viel von <span class="index-115 tp-36992 ">Deiner Schwester Charlotte</span> und von <span class="index-2139 tp-36993 index-129 tp-36994 index-2286 tp-36998 index-8 tp-37000 index-255 tp-36995 index-1393 tp-36999 index-264 tp-36996 index-187 tp-36997 ">Deiner ganzen lieben Familie</span>. 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Du sollst mit offenen Armen empfangen werden. <span class="index-5680 tp-37001 ">Meine Mutter</span> u. <span class="index-5681 tp-37002 ">Schwester</span> sind Dir unbekannter Weise sehr gut. <span class="index-5684 tp-51192 index-5682 tp-37003 ">Hellfrieds</span> bedauern daß sie Dich auf ihrer Durch<span class="notice-8134 ">[6]</span>reise durch Göttingen nicht gesehen haben; sie haben sich aber gar nicht dort aufgehalten, da sie so sehr eilten. <span class="index-5682 tp-37014 ">Mein Onkel</span> der viel später nachgekommen ist hat sich eine Nacht dort aufgehalten<br>Abermahls lebe wohl!<br>Der Deinige <br>J. F. W. Schlegel<br>Entschuldige die Flüchtigkeit womit dieser Brief geschrieben worden ist. 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Versichere besonders den Prof. Hugo meiner besonderen Hochachtung für seine Bemühungen das Studium des reinen Römischen Rechts, welches leider heut zu Tage so sehr vernachlässigt wird, in Deutschland zu verbreiten und bitte ihn meine Abhandlung in <name key="19" type="periodical">den Göttingischen Anzeigen</name> zu rezensiren. Bey <hi rend="overstrike:1">zu</hi> mehrerer Musse kann ich ihm vieleicht Beyträge zu <name key="5686" type="periodical">seinem Civilistischen Magazin</name> schicken, wenn ihm anders diese meine erste Arbeit im Römischen Recht gefallen sollte.<lb/>Es freut mich sehr daß Du mit Deiner Lage zufrieden bist, und daß Du mit einem so grossen Eifer Dich den Wissenschaften widmest. <name key="41" type="work">Deine Gedichte</name> in <name key="2822" type="periodical">den <persName key="1402">Bürgerschen</persName> Musen-Allmanachen</name> habe ich mit grossem Vergnügen gelesen; sie zeugen von einem seltenen Talent zur Dichtkunst. 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Was dem geselschaftlichen Umgang betrift bin ich auch gegenwärtig so glücklich als möglich. <hi rend="overstrike:1">Ich bringe</hi> Die angenehmsten Stunden sind mir die, welche ich in dem Hause <persName key="5682">meines Onkels des Conferenzrath v. Hellfried</persName> zubringe. <persName key="5684">Seine Frau</persName>, die nicht aufgehört hat <hi rend="overstrike:1">zu</hi> schön zu seyn, hat so viel Geist, so viel Lebhaftigkeit in der Unterhaltung, so viel Güte, so viel wahre Grösse in ihrem Charakter, daß man sie nicht genug lieben und bewundern kann. Mein Onkel ist gleichfalls ein Mann von den größten Verdiensten, von sehr vielem Geiste u. sehr ausgebreiteten <milestone unit="start" n="8132"/>[4]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="8132"/> Kenntnissen; wird aber von denen, die ihn nicht genau kennen mehr geschätzt als geliebt. Ihre drey Töchter würde man die drey Grazien nennen, wenn <persName key="5685">die jüngste</persName> schöner wäre. Die beyden <hi rend="overstrike:1">ältesten</hi> <hi rend="offset:4">anderen</hi> sind es um desto mehr; <persName key="5683">die älteste</persName> eine reizende Blondine <hi rend="overstrike:1">sanft und gut</hi>, <persName key="8353">die jüngere</persName> eine feurige Brünette. Die älteste hat mehr Überlegung, die zweyte mehr schnelle Fassungskraft; die älteste hat ihre Talente mehr ausgebildet, die zweyte übertrift sie an natürlichen Anlagen; beyde haben sie einen vortreflichen Charakter, <hi rend="offset:4">sind</hi> sanft u. wohlwollend. Der Verstand entscheidet nicht wem der Vorzug gebührt, nur das Herz das sich mehr <hi rend="overstrike:1">durch</hi> <hi rend="offset:4">nach</hi> dunklen Empfindungen bestimmt, kann es. Die Schönheit abgerechnet, theilt die jüngste Schwester die übrigen Vorzüge mit den beyden älteren. <lb/>Ich habe es gewagt Dir die Schilderung einer Familie zu machen, die ich über alles liebe. Sie ist kalt und schwach, aber Deiner eignen feurigen Phantasie überlasse ich es ihr Leben und Wärme zu ertheilen.<lb/>Erzähle mir in Deinem nächsten Briefe, den Du ja bald schreiben mußt, recht ausführlich wie es Dir geht, <hi rend="overstrike:1">und</hi> was Du Dir itzt vornimmst und <milestone unit="start" n="8133"/>[5]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="8133"/> wie es mit Deinen Aussichten in die Zukunft steht. Beschreibe mir auch die gegenwärtige Lage <placeName key="2">Göttingens</placeName>, denn ich bin allda itzt gantz fremd geworden und doch interessirt es mich so sehr mich wieder dort zu orientiren. Was macht <persName key="1402">Bürger</persName>? hat er wieder geheirathet? die <persName key="8354">Frau Braun</persName> hat mir wenigstens erzählt, er habe eine Reise ich glaube nach Schwaben <hi rend="offset:4">unternommen</hi> um sich <persName key="4815">ein junges <hi rend="overstrike:1">Mädchen</hi> <hi rend="offset:4">Weib</hi></persName>, das sich ihm selbst angeboten, zu hohlen. Ist <persName key="5368">Cruse</persName> noch in Göttingen? was machen <persName key="2691">Oelrichs</persName>?<lb/>Erzähle mir recht viel von <persName key="115">Deiner Schwester Charlotte</persName> und von <persName key="2139"><persName key="129"><persName key="2286"><persName key="8"><persName key="255"><persName key="1393"><persName key="264"><persName key="187">Deiner ganzen lieben Familie</persName></persName></persName></persName></persName></persName></persName></persName>. Es ist doch recht grausam von Charlotten, daß sie auch nicht den mindesten Laut von sich hören läßt. Wenn sie wüßte welche grosse Freude mir ihre Briefe machen, sie würde weniger grausam seyn.<lb/>Empfiel mich allen Göttinger Bekannten, die mir wohl wollen, besonders <persName key="8355">Schiklern</persName>, der mir über alles lieb ist. Ich umarme Dich mein Bester! in Gedanken mit wahrem Brudersinn und Brudertreue. Komm hieher wenn Du kannst. Du sollst mit offenen Armen empfangen werden. <persName key="5680">Meine Mutter</persName> u. <persName key="5681">Schwester</persName> sind Dir unbekannter Weise sehr gut. <persName key="5684"><persName key="5682">Hellfrieds</persName></persName> bedauern daß sie Dich auf ihrer Durch<milestone unit="start" n="8134"/>[6]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="8134"/>reise durch Göttingen nicht gesehen haben; sie haben sich aber gar nicht dort aufgehalten, da sie so sehr eilten. <persName key="5682">Mein Onkel</persName> der viel später nachgekommen ist hat sich eine Nacht dort aufgehalten<lb/>Abermahls lebe wohl!<lb/>Der Deinige <lb/>J. F. W. Schlegel<lb/>Entschuldige die Flüchtigkeit womit dieser Brief geschrieben worden ist. Die Zeit war mir so kurz u. ich hatte Dir doch so viel zu sagen.<lb/><milestone unit="start" n="8135"/>[7]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="8135"/> [leer]<lb/><milestone unit="start" n="8136"/>[8]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="8136"/> [leer]</p>', '36_xml_standoff' => '<milestone unit="start" n="8129"/>[1]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="8129"/> <anchor type="b" n="665" ana="10" xml:id="NidB37012"/>Kopenhagen<anchor type="e" n="665" ana="10" xml:id="NidE37012"/> den 15 Okt. 1790<lb/>Du hast ein Recht auf mich böse zu seyn, daß ich Deinen lieben Brief so lange unbeantwortet gelassen, obgleich ich es mir so ernstlich vorgenommen hatte ein fleissiger Correspondent zu <hi rend="overstrike:1">seyn</hi> <hi rend="offset:4">werden</hi>. Einigermassen kann indeßen vieleicht mich das bey Dir entschuldigen, daß <hi rend="offset:4">anfänglich</hi> die Ankunft <anchor type="b" n="5684" ana="11" xml:id="NidB37016"/>einer vielgeliebten Tante<anchor type="e" n="5684" ana="11" xml:id="NidE37016"/> und <anchor type="b" n="5685" ana="11" xml:id="NidB37017"/><anchor type="b" n="8353" ana="11" xml:id="NidB51188"/><anchor type="b" n="5683" ana="11" xml:id="NidB37018"/>ihrer liebenswürdigen Töchter<anchor type="e" n="5683" ana="11" xml:id="NidE37018"/><anchor type="e" n="8353" ana="11" xml:id="NidE51188"/><anchor type="e" n="5685" ana="11" xml:id="NidE37017"/> nach einer Abwesenheit von 13 Jahren mich in der Zeit die mir von Amtsgeschäften übrig blieb zu sehr beschäftigte als daß ich an Briefschreiben hätte denken können, und daß nachher die Verpflichtung <hi rend="overstrike:1">welche mir oblag</hi> <anchor type="b" n="8352" ana="12" xml:id="NidB51187"/>eine Juristische Dissertation<anchor type="e" n="8352" ana="12" xml:id="NidE51187"/> auszuarbeiten, um bey Gelegenheit des feyerlichen Einzuges <anchor type="b" n="5687" ana="11" xml:id="NidB37013"/>unserer neuen Kronprinzessin<anchor type="e" n="5687" ana="11" xml:id="NidE37013"/> Docktor der Rechte zu werden es mir unmöglich machte einige Zeit <hi rend="overstrike:1">zum</hi> hierzu zu erübrigen.<lb/>Du hast so viel Freundschaft für mich, daß Du es nicht übel nehmen wirst, daß ich beyfolgende vier Exemplare meiner Dissertation an Dich sende um sie an <anchor type="b" n="5310" ana="11" xml:id="NidB36985"/>Pütter<anchor type="e" n="5310" ana="11" xml:id="NidE36985"/>, <anchor type="b" n="5327" ana="11" xml:id="NidB36983"/>Böhmer<anchor type="e" n="5327" ana="11" xml:id="NidE36983"/>, und <hi rend="overstrike:1">dem</hi> <hi rend="offset:4">an</hi> <anchor type="b" n="5679" ana="11" xml:id="NidB36984"/>Prof. Hugo<anchor type="e" n="5679" ana="11" xml:id="NidE36984"/> zu überreichen und eines für <anchor type="b" n="1393" ana="11" xml:id="NidB36986"/>Deinen Bruder den Sekretair<anchor type="e" n="1393" ana="11" xml:id="NidE36986"/> zurück zu behalten <milestone unit="start" n="8130"/>[2]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="8130"/> Dir selbst und <anchor type="b" n="255" ana="11" xml:id="NidB36980"/>Deinem würdigen Vater<anchor type="e" n="255" ana="11" xml:id="NidE36980"/> schicke ich keines da ich weis, daß dergleichen Sachen Euch gar nicht interessiren. Versichere besonders den Prof. Hugo meiner besonderen Hochachtung für seine Bemühungen das Studium des reinen Römischen Rechts, welches leider heut zu Tage so sehr vernachlässigt wird, in Deutschland zu verbreiten und bitte ihn meine Abhandlung in <anchor type="b" n="19" ana="13" xml:id="NidB36981"/>den Göttingischen Anzeigen<anchor type="e" n="19" ana="13" xml:id="NidE36981"/> zu rezensiren. Bey <hi rend="overstrike:1">zu</hi> mehrerer Musse kann ich ihm vieleicht Beyträge zu <anchor type="b" n="5686" ana="13" xml:id="NidB37010"/>seinem Civilistischen Magazin<anchor type="e" n="5686" ana="13" xml:id="NidE37010"/> schicken, wenn ihm anders diese meine erste Arbeit im Römischen Recht gefallen sollte.<lb/>Es freut mich sehr daß Du mit Deiner Lage zufrieden bist, und daß Du mit einem so grossen Eifer Dich den Wissenschaften widmest. <anchor type="b" n="41" ana="12" xml:id="NidB37019"/>Deine Gedichte<anchor type="e" n="41" ana="12" xml:id="NidE37019"/> in <anchor type="b" n="2822" ana="13" xml:id="NidB37015"/>den <anchor type="b" n="1402" ana="11" xml:id="NidB36982"/>Bürgerschen<anchor type="e" n="1402" ana="11" xml:id="NidE36982"/> Musen-Allmanachen<anchor type="e" n="2822" ana="13" xml:id="NidE37015"/> habe ich mit grossem Vergnügen gelesen; sie zeugen von einem seltenen Talent zur Dichtkunst. Ich wünschte sehr daß Du dieses Talent zur Übersetzung der alten Dichter anwenden wolltest und ein zweyter <anchor type="b" n="271" ana="11" xml:id="NidB37011"/>Voss<anchor type="e" n="271" ana="11" xml:id="NidE37011"/> zu werden strebtetest. Es ist etwas gantz anderes die Alten als dürrer Critiker und sie als Mann von Genie zu studieren. Jenen <milestone unit="start" n="8131"/>[3]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="8131"/> ist es blos um ihre Worte, diesem um ihren Geist zu thun.<lb/>Ich für meine Person lebe sehr glücklich. Anfänglich hätte ich es vieleicht vorgezogen Professor in der Geschichte zu werden, aber itzt da ich in die Geheimnisse der positiven Jurisprudentz durch unablässiges Studium tiefer hineingedrungen bin, fange ich an diese Wissenschaft lieb zu gewinnen – das Naturrecht habe ich, wie Du weißt, immer sehr geliebt. Diese Professur hat auch bey uns den Vorzug, daß sie zu einer viel glänzerenden Laufbahn die Aussicht eröfnet. Was dem geselschaftlichen Umgang betrift bin ich auch gegenwärtig so glücklich als möglich. <hi rend="overstrike:1">Ich bringe</hi> Die angenehmsten Stunden sind mir die, welche ich in dem Hause <anchor type="b" n="5682" ana="11" xml:id="NidB37006"/>meines Onkels des Conferenzrath v. Hellfried<anchor type="e" n="5682" ana="11" xml:id="NidE37006"/> zubringe. <anchor type="b" n="5684" ana="11" xml:id="NidB37008"/>Seine Frau<anchor type="e" n="5684" ana="11" xml:id="NidE37008"/>, die nicht aufgehört hat <hi rend="overstrike:1">zu</hi> schön zu seyn, hat so viel Geist, so viel Lebhaftigkeit in der Unterhaltung, so viel Güte, so viel wahre Grösse in ihrem Charakter, daß man sie nicht genug lieben und bewundern kann. 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[1] Kopenhagen den 15 Okt. 1790
Du hast ein Recht auf mich böse zu seyn, daß ich Deinen lieben Brief so lange unbeantwortet gelassen, obgleich ich es mir so ernstlich vorgenommen hatte ein fleissiger Correspondent zu seyn werden. Einigermassen kann indeßen vieleicht mich das bey Dir entschuldigen, daß anfänglich die Ankunft einer vielgeliebten Tante und ihrer liebenswürdigen Töchter nach einer Abwesenheit von 13 Jahren mich in der Zeit die mir von Amtsgeschäften übrig blieb zu sehr beschäftigte als daß ich an Briefschreiben hätte denken können, und daß nachher die Verpflichtung welche mir oblag eine Juristische Dissertation auszuarbeiten, um bey Gelegenheit des feyerlichen Einzuges unserer neuen Kronprinzessin Docktor der Rechte zu werden es mir unmöglich machte einige Zeit zum hierzu zu erübrigen.
Du hast so viel Freundschaft für mich, daß Du es nicht übel nehmen wirst, daß ich beyfolgende vier Exemplare meiner Dissertation an Dich sende um sie an Pütter, Böhmer, und dem an Prof. Hugo zu überreichen und eines für Deinen Bruder den Sekretair zurück zu behalten [2] Dir selbst und Deinem würdigen Vater schicke ich keines da ich weis, daß dergleichen Sachen Euch gar nicht interessiren. Versichere besonders den Prof. Hugo meiner besonderen Hochachtung für seine Bemühungen das Studium des reinen Römischen Rechts, welches leider heut zu Tage so sehr vernachlässigt wird, in Deutschland zu verbreiten und bitte ihn meine Abhandlung in den Göttingischen Anzeigen zu rezensiren. Bey zu mehrerer Musse kann ich ihm vieleicht Beyträge zu seinem Civilistischen Magazin schicken, wenn ihm anders diese meine erste Arbeit im Römischen Recht gefallen sollte.
Es freut mich sehr daß Du mit Deiner Lage zufrieden bist, und daß Du mit einem so grossen Eifer Dich den Wissenschaften widmest. Deine Gedichte in den Bürgerschen Musen-Allmanachen habe ich mit grossem Vergnügen gelesen; sie zeugen von einem seltenen Talent zur Dichtkunst. Ich wünschte sehr daß Du dieses Talent zur Übersetzung der alten Dichter anwenden wolltest und ein zweyter Voss zu werden strebtetest. Es ist etwas gantz anderes die Alten als dürrer Critiker und sie als Mann von Genie zu studieren. Jenen [3] ist es blos um ihre Worte, diesem um ihren Geist zu thun.
Ich für meine Person lebe sehr glücklich. Anfänglich hätte ich es vieleicht vorgezogen Professor in der Geschichte zu werden, aber itzt da ich in die Geheimnisse der positiven Jurisprudentz durch unablässiges Studium tiefer hineingedrungen bin, fange ich an diese Wissenschaft lieb zu gewinnen – das Naturrecht habe ich, wie Du weißt, immer sehr geliebt. Diese Professur hat auch bey uns den Vorzug, daß sie zu einer viel glänzerenden Laufbahn die Aussicht eröfnet. Was dem geselschaftlichen Umgang betrift bin ich auch gegenwärtig so glücklich als möglich. Ich bringe Die angenehmsten Stunden sind mir die, welche ich in dem Hause meines Onkels des Conferenzrath v. Hellfried zubringe. Seine Frau, die nicht aufgehört hat zu schön zu seyn, hat so viel Geist, so viel Lebhaftigkeit in der Unterhaltung, so viel Güte, so viel wahre Grösse in ihrem Charakter, daß man sie nicht genug lieben und bewundern kann. Mein Onkel ist gleichfalls ein Mann von den größten Verdiensten, von sehr vielem Geiste u. sehr ausgebreiteten [4] Kenntnissen; wird aber von denen, die ihn nicht genau kennen mehr geschätzt als geliebt. Ihre drey Töchter würde man die drey Grazien nennen, wenn die jüngste schöner wäre. Die beyden ältesten anderen sind es um desto mehr; die älteste eine reizende Blondine sanft und gut, die jüngere eine feurige Brünette. Die älteste hat mehr Überlegung, die zweyte mehr schnelle Fassungskraft; die älteste hat ihre Talente mehr ausgebildet, die zweyte übertrift sie an natürlichen Anlagen; beyde haben sie einen vortreflichen Charakter, sind sanft u. wohlwollend. Der Verstand entscheidet nicht wem der Vorzug gebührt, nur das Herz das sich mehr durch nach dunklen Empfindungen bestimmt, kann es. Die Schönheit abgerechnet, theilt die jüngste Schwester die übrigen Vorzüge mit den beyden älteren.
Ich habe es gewagt Dir die Schilderung einer Familie zu machen, die ich über alles liebe. Sie ist kalt und schwach, aber Deiner eignen feurigen Phantasie überlasse ich es ihr Leben und Wärme zu ertheilen.
Erzähle mir in Deinem nächsten Briefe, den Du ja bald schreiben mußt, recht ausführlich wie es Dir geht, und was Du Dir itzt vornimmst und [5] wie es mit Deinen Aussichten in die Zukunft steht. Beschreibe mir auch die gegenwärtige Lage Göttingens, denn ich bin allda itzt gantz fremd geworden und doch interessirt es mich so sehr mich wieder dort zu orientiren. Was macht Bürger? hat er wieder geheirathet? die Frau Braun hat mir wenigstens erzählt, er habe eine Reise ich glaube nach Schwaben unternommen um sich ein junges Mädchen Weib, das sich ihm selbst angeboten, zu hohlen. Ist Cruse noch in Göttingen? was machen Oelrichs?
Erzähle mir recht viel von Deiner Schwester Charlotte und von Deiner ganzen lieben Familie. Es ist doch recht grausam von Charlotten, daß sie auch nicht den mindesten Laut von sich hören läßt. Wenn sie wüßte welche grosse Freude mir ihre Briefe machen, sie würde weniger grausam seyn.
Empfiel mich allen Göttinger Bekannten, die mir wohl wollen, besonders Schiklern, der mir über alles lieb ist. Ich umarme Dich mein Bester! in Gedanken mit wahrem Brudersinn und Brudertreue. Komm hieher wenn Du kannst. Du sollst mit offenen Armen empfangen werden. Meine Mutter u. Schwester sind Dir unbekannter Weise sehr gut. Hellfrieds bedauern daß sie Dich auf ihrer Durch[6]reise durch Göttingen nicht gesehen haben; sie haben sich aber gar nicht dort aufgehalten, da sie so sehr eilten. Mein Onkel der viel später nachgekommen ist hat sich eine Nacht dort aufgehalten
Abermahls lebe wohl!
Der Deinige
J. F. W. Schlegel
Entschuldige die Flüchtigkeit womit dieser Brief geschrieben worden ist. Die Zeit war mir so kurz u. ich hatte Dir doch so viel zu sagen.
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Du hast ein Recht auf mich böse zu seyn, daß ich Deinen lieben Brief so lange unbeantwortet gelassen, obgleich ich es mir so ernstlich vorgenommen hatte ein fleissiger Correspondent zu seyn werden. Einigermassen kann indeßen vieleicht mich das bey Dir entschuldigen, daß anfänglich die Ankunft einer vielgeliebten Tante und ihrer liebenswürdigen Töchter nach einer Abwesenheit von 13 Jahren mich in der Zeit die mir von Amtsgeschäften übrig blieb zu sehr beschäftigte als daß ich an Briefschreiben hätte denken können, und daß nachher die Verpflichtung welche mir oblag eine Juristische Dissertation auszuarbeiten, um bey Gelegenheit des feyerlichen Einzuges unserer neuen Kronprinzessin Docktor der Rechte zu werden es mir unmöglich machte einige Zeit zum hierzu zu erübrigen.
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Ich für meine Person lebe sehr glücklich. Anfänglich hätte ich es vieleicht vorgezogen Professor in der Geschichte zu werden, aber itzt da ich in die Geheimnisse der positiven Jurisprudentz durch unablässiges Studium tiefer hineingedrungen bin, fange ich an diese Wissenschaft lieb zu gewinnen – das Naturrecht habe ich, wie Du weißt, immer sehr geliebt. Diese Professur hat auch bey uns den Vorzug, daß sie zu einer viel glänzerenden Laufbahn die Aussicht eröfnet. Was dem geselschaftlichen Umgang betrift bin ich auch gegenwärtig so glücklich als möglich. Ich bringe Die angenehmsten Stunden sind mir die, welche ich in dem Hause meines Onkels des Conferenzrath v. Hellfried zubringe. Seine Frau, die nicht aufgehört hat zu schön zu seyn, hat so viel Geist, so viel Lebhaftigkeit in der Unterhaltung, so viel Güte, so viel wahre Grösse in ihrem Charakter, daß man sie nicht genug lieben und bewundern kann. Mein Onkel ist gleichfalls ein Mann von den größten Verdiensten, von sehr vielem Geiste u. sehr ausgebreiteten [4] Kenntnissen; wird aber von denen, die ihn nicht genau kennen mehr geschätzt als geliebt. Ihre drey Töchter würde man die drey Grazien nennen, wenn die jüngste schöner wäre. Die beyden ältesten anderen sind es um desto mehr; die älteste eine reizende Blondine sanft und gut, die jüngere eine feurige Brünette. Die älteste hat mehr Überlegung, die zweyte mehr schnelle Fassungskraft; die älteste hat ihre Talente mehr ausgebildet, die zweyte übertrift sie an natürlichen Anlagen; beyde haben sie einen vortreflichen Charakter, sind sanft u. wohlwollend. Der Verstand entscheidet nicht wem der Vorzug gebührt, nur das Herz das sich mehr durch nach dunklen Empfindungen bestimmt, kann es. Die Schönheit abgerechnet, theilt die jüngste Schwester die übrigen Vorzüge mit den beyden älteren.
Ich habe es gewagt Dir die Schilderung einer Familie zu machen, die ich über alles liebe. Sie ist kalt und schwach, aber Deiner eignen feurigen Phantasie überlasse ich es ihr Leben und Wärme zu ertheilen.
Erzähle mir in Deinem nächsten Briefe, den Du ja bald schreiben mußt, recht ausführlich wie es Dir geht, und was Du Dir itzt vornimmst und [5] wie es mit Deinen Aussichten in die Zukunft steht. Beschreibe mir auch die gegenwärtige Lage Göttingens, denn ich bin allda itzt gantz fremd geworden und doch interessirt es mich so sehr mich wieder dort zu orientiren. Was macht Bürger? hat er wieder geheirathet? die Frau Braun hat mir wenigstens erzählt, er habe eine Reise ich glaube nach Schwaben unternommen um sich ein junges Mädchen Weib, das sich ihm selbst angeboten, zu hohlen. Ist Cruse noch in Göttingen? was machen Oelrichs?
Erzähle mir recht viel von Deiner Schwester Charlotte und von Deiner ganzen lieben Familie. Es ist doch recht grausam von Charlotten, daß sie auch nicht den mindesten Laut von sich hören läßt. Wenn sie wüßte welche grosse Freude mir ihre Briefe machen, sie würde weniger grausam seyn.
Empfiel mich allen Göttinger Bekannten, die mir wohl wollen, besonders Schiklern, der mir über alles lieb ist. Ich umarme Dich mein Bester! in Gedanken mit wahrem Brudersinn und Brudertreue. Komm hieher wenn Du kannst. Du sollst mit offenen Armen empfangen werden. Meine Mutter u. Schwester sind Dir unbekannter Weise sehr gut. Hellfrieds bedauern daß sie Dich auf ihrer Durch[6]reise durch Göttingen nicht gesehen haben; sie haben sich aber gar nicht dort aufgehalten, da sie so sehr eilten. Mein Onkel der viel später nachgekommen ist hat sich eine Nacht dort aufgehalten
Abermahls lebe wohl!
Der Deinige
J. F. W. Schlegel
Entschuldige die Flüchtigkeit womit dieser Brief geschrieben worden ist. Die Zeit war mir so kurz u. ich hatte Dir doch so viel zu sagen.
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