• Karl August Moritz Schlegel to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Göttingen · Place of Destination: Jena · Date: 18.10.1798
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Karl August Moritz Schlegel
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Göttingen
  • Place of Destination: Jena
  • Date: 18.10.1798
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-1a-34097
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.23,Nr.96
  • Number of Pages: 4S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 20,6 x 16,2 cm
  • Incipit: „[1] Lieber Bruder,
    Ich hatte kürzlich in Hannover das Vergnügen, mit Deinem Nachbar, dem Hofrath Hufeland, dem Juristen, auf einem Klub [...]“
    Language
  • German
    Editors
  • Bamberg, Claudia
  • Varwig, Olivia
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[1] Lieber Bruder,
Ich hatte kürzlich in Hannover das Vergnügen, mit Deinem Nachbar, dem Hofrath Hufeland, dem Juristen, auf einem Klub auf London-Schenke zusammen zu treffen, wo wir beide von dem Hannöverischen high life profitirten, und beide Gäste von Rehberg waren. Ich hörte von ihm, daß Du in jenen Tagen wieder in Jena zurück erwartet würdest. Ich eile daher, Dir eine Schrift meines guten Schwagers in Harburg zu überschicken, für die ich Dich um die Besorgung einer Recension in der Litteraturzeitung bitte. Es ist Dir wohl schon bekannt, daß meine Schwiegerinn Betty den Conrector Breiger, einen jungen geschickten und talentvollen Mann, geheyrathet hat, und sehr vergnügt mit ihm lebt, nur daß ihre Gesundheit jetzt nicht die stärkste ist. Es ist bey dieser Schrift, außer dem auf dem Titel angegebenen nächsten wohlthätigen Zweck, seine Absicht, sich dadurch zu empfehlen und sein Glück zu befördern; und ich hoffe, daß er seine Absicht erreichen wird. Nach meinem Bedünken ist die Arbeit sehr wohl gerathen. Es wird Dir ein geringes seyn, bey der Direction der Litteratur-Zeitung auszuwirken, daß das [2] Werkchen in die Hände eines geschickten und billigen Recensenten im Fache der populären Theologie gerathe, und wegen des menschenfreundlichen Zweckes möglichst bald angezeigt werde. Du wirst mich dadurch außerordentlich verbinden.
Ich bin, wie ich schon erwähnt habe, in Hannover gewesen, und habe mir da, nachdem ich zwey Jahre hier in fortgesetzter und angestrengter Arbeit zugebracht gehabt, eine Erholung gegönnt, und einige recht glückliche Tage bey Karl und Julchen verlebt. Die Mutter habe ich wohl gefunden, nur ist sie oft niedergeschlagen, und ihr thätiger Geist findet in ihrer einförmigen Lage nicht Nahrung genug. Aber das ist einmal nicht zu ändern. Auch wird zwischen ihr und Karls Schwiegermutter niemals Harmonie Statt finden können, welches immer eine unangenehme gespannte Lage und tausend Neckereyen verursacht, und die Schuld ist wohl so ziemlich gleich an beiden Seiten. Ueber Karls Befinden habe ich mich sehr gefreut, und ich hoffe, daß er seine Schwächlichkeit nun ganz überwunden hat. Die durch des Kindes und Julchens Krankheit über sein Haus zusammengezogenen trüben Wolken haben sich wieder zerstreut, und ich habe auch diesmal in Julchen ein gutes liebes Weibchen kennenlernen, welche es sich angelegen seyn läßt, Karl glücklich zu machen. Ihr Betragen gegen das [3] angenommene Töchterchen hat mir recht wohl gefallen. Es ist freylich ein bischen Spielerey, aber eine nach ganz gesunden Grundsätzen geleitete Spielerey. Meine Frau hat diesmal an meiner Reise keinen Theil nehmen können, da ihr kleiner unruhiger Gast, die Malchen, ihr keinen Urlaub gönnt. Diese Unruhe, in der sie jetzt lebt und so manche Nacht schlaflos zubringt, ist ein neuer Grund ihres Misvergnügens. Der Himmel gönne ihr bald eine angenehmere und ruhigere Lage. Sie läßt sich Dir und Deiner lieben Frau auf’s beste empfehlen.
Und nun, lieber Bruder, meinen herzlichsten Glückwunsch zu Deiner neu angetretenen Laufbahn. Sey versichert, daß ich den innigsten und frohesten Antheil daran genommen, und mit Vergnügen die Ankündigung Deiner Vorlesungen gelesen habe. Du wirst gewiß nun nach Deiner Zurückkunft mit verjüngten Kräften die Geschäffte Deiner neuen Laufbahn antreten. Mit größtem Interesse habe ich die Schilderung der Freude eures freundschaftlichen Zusammenlebens in diesem Sommer in einem Briefe von Charlotten gelesen. Mit Deinem Shakespeare wird es nun wohl für’s erste nicht mehr so geschwind fortrücken, welches mich dauert. Aeußerst begierig bin ich auf den dritten Theil und auf den Hamlet. Du schickst es doch wieder durch mich an Heynen. Doch wenn Du es nicht mehr für die Göttingischen Anzeigen überschickst, kann ich Dich darum nicht tadeln. Dann muß [4] ich sehen, daß ich es hier erhalte. Nur hat es Schwierigkeit, die in Berlin herausgekommenen Bücher hier zu bekommen. Ueber das Athenäum habe ich schon an Fritz geschrieben, und ich statte auch Dir meinen besten Dank dafür ab. Durchlebe mit Deiner Gattinn, der ich mein gehorsamstes Compliment mache, einen recht vergnügten Winter, und erinnere Dich bey Gelegenheit meiner.
Der Deinige
K. A. M. Schlegel.
Göttingen,
d. 18 Oct. 1798.
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[1] Lieber Bruder,
Ich hatte kürzlich in Hannover das Vergnügen, mit Deinem Nachbar, dem Hofrath Hufeland, dem Juristen, auf einem Klub auf London-Schenke zusammen zu treffen, wo wir beide von dem Hannöverischen high life profitirten, und beide Gäste von Rehberg waren. Ich hörte von ihm, daß Du in jenen Tagen wieder in Jena zurück erwartet würdest. Ich eile daher, Dir eine Schrift meines guten Schwagers in Harburg zu überschicken, für die ich Dich um die Besorgung einer Recension in der Litteraturzeitung bitte. Es ist Dir wohl schon bekannt, daß meine Schwiegerinn Betty den Conrector Breiger, einen jungen geschickten und talentvollen Mann, geheyrathet hat, und sehr vergnügt mit ihm lebt, nur daß ihre Gesundheit jetzt nicht die stärkste ist. Es ist bey dieser Schrift, außer dem auf dem Titel angegebenen nächsten wohlthätigen Zweck, seine Absicht, sich dadurch zu empfehlen und sein Glück zu befördern; und ich hoffe, daß er seine Absicht erreichen wird. Nach meinem Bedünken ist die Arbeit sehr wohl gerathen. Es wird Dir ein geringes seyn, bey der Direction der Litteratur-Zeitung auszuwirken, daß das [2] Werkchen in die Hände eines geschickten und billigen Recensenten im Fache der populären Theologie gerathe, und wegen des menschenfreundlichen Zweckes möglichst bald angezeigt werde. Du wirst mich dadurch außerordentlich verbinden.
Ich bin, wie ich schon erwähnt habe, in Hannover gewesen, und habe mir da, nachdem ich zwey Jahre hier in fortgesetzter und angestrengter Arbeit zugebracht gehabt, eine Erholung gegönnt, und einige recht glückliche Tage bey Karl und Julchen verlebt. Die Mutter habe ich wohl gefunden, nur ist sie oft niedergeschlagen, und ihr thätiger Geist findet in ihrer einförmigen Lage nicht Nahrung genug. Aber das ist einmal nicht zu ändern. Auch wird zwischen ihr und Karls Schwiegermutter niemals Harmonie Statt finden können, welches immer eine unangenehme gespannte Lage und tausend Neckereyen verursacht, und die Schuld ist wohl so ziemlich gleich an beiden Seiten. Ueber Karls Befinden habe ich mich sehr gefreut, und ich hoffe, daß er seine Schwächlichkeit nun ganz überwunden hat. Die durch des Kindes und Julchens Krankheit über sein Haus zusammengezogenen trüben Wolken haben sich wieder zerstreut, und ich habe auch diesmal in Julchen ein gutes liebes Weibchen kennenlernen, welche es sich angelegen seyn läßt, Karl glücklich zu machen. Ihr Betragen gegen das [3] angenommene Töchterchen hat mir recht wohl gefallen. Es ist freylich ein bischen Spielerey, aber eine nach ganz gesunden Grundsätzen geleitete Spielerey. Meine Frau hat diesmal an meiner Reise keinen Theil nehmen können, da ihr kleiner unruhiger Gast, die Malchen, ihr keinen Urlaub gönnt. Diese Unruhe, in der sie jetzt lebt und so manche Nacht schlaflos zubringt, ist ein neuer Grund ihres Misvergnügens. Der Himmel gönne ihr bald eine angenehmere und ruhigere Lage. Sie läßt sich Dir und Deiner lieben Frau auf’s beste empfehlen.
Und nun, lieber Bruder, meinen herzlichsten Glückwunsch zu Deiner neu angetretenen Laufbahn. Sey versichert, daß ich den innigsten und frohesten Antheil daran genommen, und mit Vergnügen die Ankündigung Deiner Vorlesungen gelesen habe. Du wirst gewiß nun nach Deiner Zurückkunft mit verjüngten Kräften die Geschäffte Deiner neuen Laufbahn antreten. Mit größtem Interesse habe ich die Schilderung der Freude eures freundschaftlichen Zusammenlebens in diesem Sommer in einem Briefe von Charlotten gelesen. Mit Deinem Shakespeare wird es nun wohl für’s erste nicht mehr so geschwind fortrücken, welches mich dauert. Aeußerst begierig bin ich auf den dritten Theil und auf den Hamlet. Du schickst es doch wieder durch mich an Heynen. Doch wenn Du es nicht mehr für die Göttingischen Anzeigen überschickst, kann ich Dich darum nicht tadeln. Dann muß [4] ich sehen, daß ich es hier erhalte. Nur hat es Schwierigkeit, die in Berlin herausgekommenen Bücher hier zu bekommen. Ueber das Athenäum habe ich schon an Fritz geschrieben, und ich statte auch Dir meinen besten Dank dafür ab. Durchlebe mit Deiner Gattinn, der ich mein gehorsamstes Compliment mache, einen recht vergnügten Winter, und erinnere Dich bey Gelegenheit meiner.
Der Deinige
K. A. M. Schlegel.
Göttingen,
d. 18 Oct. 1798.
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