• Carl August Dohrn to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Berlin · Place of Destination: Berlin · Date: 04.08.1841
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Carl August Dohrn
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Berlin
  • Place of Destination: Berlin
  • Date: 04.08.1841
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-1a-33442
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.6,Nr.17
  • Number of Pages: 3S. auf Doppelbl., hs. m. U. u. Adresse
  • Format: 24,9 x 22,2 cm
  • Incipit: „[1] Ew. Hochwohlgeboren
    habe ich auf Ihre Procedur gegen mich und den darüber durch den Kammerherrn von Tschichatscheff indirect mir gewordnen [...]“
    Language
  • German
  • Spanish
    Editors
  • Bamberg, Claudia
  • Varwig, Olivia
Notice (8): Undefined offset: 0 [APP/View/Letters/view.ctp, line 360]/version-04-20/letters/view/4157" data-language="">
[1] Ew. Hochwohlgeboren
habe ich auf Ihre Procedur gegen mich und den darüber durch den Kammerherrn von Tschichatscheff indirect mir gewordnen Aufschluß einige Worte zu sagen.
Hätten Sie sich nicht durch unbegreifliche Empfindlichkeit verleiten lassen, den Gedankengang meines Vorworts total zu übersehen, so würden Sie ihn einfach so gesehen haben: „alle Uebersetzungen metrischer Dichtwerke erreichen das Original nicht, selbst nicht die meisterhaftesten, folglich macht die meinige darauf gar keinen Anspruch, sondern bittet um Nachsicht mit ihren Mängeln.“ Hat es Sie gekränkt, daß ich Ihren Shakespeare für gelungner halte, als Ihren Calderon, so sollten Sie nicht übersehen haben, daß ich ausdrücklich sage „der Grund davon liege nicht in der Virtuosität des Uebersetzers, die sich an dem Spanier noch glänzender bewähre, sondern an der ethischen und sprachlichen Differenz zwischen rein germanischen und rein romanischen Elementen.“
Und das konnte Sie so arg verletzen, daß Sie darüber die Regeln der gewöhnlichen Artigkeit auf das gröblichste aus den Augen setzten, ja, sich nicht einmal damit begnügten, mir brevi manu Buch und Liste zurück zu schicken, sondern mirabile auditu in dem offnen Buchladen meines Verlegers (eine doppelt rügenswerthe Rücksichtlosigkeit) einen unmotivirten Lärm schlagen über die Zumuthung, Ihren Bedienten vom Hotel de Russie nach dem Diorama zu schicken?
[2] Da ich mir nicht denken kann, welches gehässige Motiv Sie mir eigentlich zuschreiben, wenn ich Ihnen als dem Protagonisten unsrer Uebersetzer – und dafür halte ich Sie und wenn Sie noch beleidigender gegen mich verführen – ein Buch schenken will, auf welches unser Koenig unterzeichnen ließ, und für welches Er mir in einem gnädigen Kabinetschreiben seine Allerhöchste Zufriedenheit auf das huldreichste bethätigt, so will ich Ihren grauen Haaren dieses weder humane noch schickliche Verfahren gerne zu gut halten.
Nur das habe ich noch schließlich zu bemerken, daß ich mit der Geschichte der deutschen Literatur sattsam genug bekannt bin, um zu wissen, wie schonungslos und pietätswidrig Sie in Ihren dreißiger Jahren mit ehrwürdigen literarischen Celebritäten verfahren sind, und mir daran ein warnendes Beispiel zu nehmen. Und wenn Sie aus den unschuldigen Haaren, die ich zwischen Nase und Lippe trage, einen voreiligen und falschen Schluß auf Jungdeutschthum ziehen, so gebe ich Ihnen mein Wort, daß ich auf sechsjährigen Reisen in verschiednen Welttheilen Gelegenheit gefunden und genutzt habe, allen Leuten mit Höflichkeit entgegen zu kommen, auch eventualiter die Wunderlichkeiten (besonders bejahrter Menschen) gleichmüthig hinzunehmen, daß ich aber nöthigenfalls auch Haare [3] auf den Zähnen habe, eine Thatsache, deren Wahrheit Ihnen meine Gönner und Freunde Alexander von Humboldt und Geh Kabinetsrath Müller zur Noth verbürgen werden, Männer, von denen ich voraussetze, Ew. Hochwohlgeboren zählen sie nicht unter die Fautoren des Jungdeutschthums.
Diesen harmlosen Thrasonismus dringen Sie mir durch die Nothwendigkeit ab, Ihnen zu der Ueberzeugung zu verhelfen, daß Ihre Rücksichtlosigkeit gegen mich von mir in ihrem ganzen Umfange empfunden und verziehen ist.
Y con esto quédese Vuestra Señoria con Dios
C. A. Dohrn.
Berlin
den 4 August 41
[4] Monsieur
Mr. le Professeur et Chevalier pp
Auguste Guillaume de Schlegel
auteur célèbre
en ville.
hôtel de Russie
.
Notice (8): Undefined offset: 0 [APP/View/Letters/view.ctp, line 442]/version-04-20/letters/view/4157" data-language="">
[1] Ew. Hochwohlgeboren
habe ich auf Ihre Procedur gegen mich und den darüber durch den Kammerherrn von Tschichatscheff indirect mir gewordnen Aufschluß einige Worte zu sagen.
Hätten Sie sich nicht durch unbegreifliche Empfindlichkeit verleiten lassen, den Gedankengang meines Vorworts total zu übersehen, so würden Sie ihn einfach so gesehen haben: „alle Uebersetzungen metrischer Dichtwerke erreichen das Original nicht, selbst nicht die meisterhaftesten, folglich macht die meinige darauf gar keinen Anspruch, sondern bittet um Nachsicht mit ihren Mängeln.“ Hat es Sie gekränkt, daß ich Ihren Shakespeare für gelungner halte, als Ihren Calderon, so sollten Sie nicht übersehen haben, daß ich ausdrücklich sage „der Grund davon liege nicht in der Virtuosität des Uebersetzers, die sich an dem Spanier noch glänzender bewähre, sondern an der ethischen und sprachlichen Differenz zwischen rein germanischen und rein romanischen Elementen.“
Und das konnte Sie so arg verletzen, daß Sie darüber die Regeln der gewöhnlichen Artigkeit auf das gröblichste aus den Augen setzten, ja, sich nicht einmal damit begnügten, mir brevi manu Buch und Liste zurück zu schicken, sondern mirabile auditu in dem offnen Buchladen meines Verlegers (eine doppelt rügenswerthe Rücksichtlosigkeit) einen unmotivirten Lärm schlagen über die Zumuthung, Ihren Bedienten vom Hotel de Russie nach dem Diorama zu schicken?
[2] Da ich mir nicht denken kann, welches gehässige Motiv Sie mir eigentlich zuschreiben, wenn ich Ihnen als dem Protagonisten unsrer Uebersetzer – und dafür halte ich Sie und wenn Sie noch beleidigender gegen mich verführen – ein Buch schenken will, auf welches unser Koenig unterzeichnen ließ, und für welches Er mir in einem gnädigen Kabinetschreiben seine Allerhöchste Zufriedenheit auf das huldreichste bethätigt, so will ich Ihren grauen Haaren dieses weder humane noch schickliche Verfahren gerne zu gut halten.
Nur das habe ich noch schließlich zu bemerken, daß ich mit der Geschichte der deutschen Literatur sattsam genug bekannt bin, um zu wissen, wie schonungslos und pietätswidrig Sie in Ihren dreißiger Jahren mit ehrwürdigen literarischen Celebritäten verfahren sind, und mir daran ein warnendes Beispiel zu nehmen. Und wenn Sie aus den unschuldigen Haaren, die ich zwischen Nase und Lippe trage, einen voreiligen und falschen Schluß auf Jungdeutschthum ziehen, so gebe ich Ihnen mein Wort, daß ich auf sechsjährigen Reisen in verschiednen Welttheilen Gelegenheit gefunden und genutzt habe, allen Leuten mit Höflichkeit entgegen zu kommen, auch eventualiter die Wunderlichkeiten (besonders bejahrter Menschen) gleichmüthig hinzunehmen, daß ich aber nöthigenfalls auch Haare [3] auf den Zähnen habe, eine Thatsache, deren Wahrheit Ihnen meine Gönner und Freunde Alexander von Humboldt und Geh Kabinetsrath Müller zur Noth verbürgen werden, Männer, von denen ich voraussetze, Ew. Hochwohlgeboren zählen sie nicht unter die Fautoren des Jungdeutschthums.
Diesen harmlosen Thrasonismus dringen Sie mir durch die Nothwendigkeit ab, Ihnen zu der Ueberzeugung zu verhelfen, daß Ihre Rücksichtlosigkeit gegen mich von mir in ihrem ganzen Umfange empfunden und verziehen ist.
Y con esto quédese Vuestra Señoria con Dios
C. A. Dohrn.
Berlin
den 4 August 41
[4] Monsieur
Mr. le Professeur et Chevalier pp
Auguste Guillaume de Schlegel
auteur célèbre
en ville.
hôtel de Russie
.
×