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Es ist wohl etwas anmaßend wenn ich mich zu den letztern rechne, aber meine Liebe und Verehrung für Dich nehmen es mit jedem auf wer es auch sei –<br>Nun habe ich Dir auch einige angenehme Dinge mitzutheilen, das Wichtigste ist wohl daß ich im <span class="family-courier ">Attelier</span> von <span class="index-2022 tp-28841 family-courier ">Gérard</span> arbeite; er hat es mir selbst angebothen, und Du kannst dencken daß <span class="offset-4 ">ich</span> ein so gütiges Anerbiethen mit Dankbarkeit und Freude<span class="notice-23161 ">[n]</span> angenommen. <span class="index-237 tp-28842 ">Die Herzogin von </span><span class="index-237 tp-28842 family-courier ">Broglie</span> hatte die Güte, uns neulich zum Mittags Eßen einzuladen, wo sie auch Herrn <span class="family-courier ">Gérard</span> gebeten, der aber kränklichkeitshalber nicht kommen konnte; sie sagte mir aber, daß er geäußert, wie er wünschte daß ich bey ihm arbeiten solle, <span class="family-courier ">car c’est seulement la palette à la main que je peux lui montrer ce que je ne pourrois pas lui expliquer de bouche &.</span> Die Herzogin rieth mir, die folgende<span class="overstrike-1 ">n</span> Mittwoch zu seiner <span class="family-courier ">Soirée</span> zu gehen, und dort das Übrige mit ihm zu besprechen. Mittwoch Abends eilf Uhr, machten wir uns also auf den Weg, wo wir dort eine Zahlreiche Gesellschaft fanden. Er machte mir nun selbst die <span class="family-courier ">Offerte</span>, und sagte unter andern: <span class="family-courier ">je veux vous communiquer mes petits secrets, car il ne vous manque que peu de chose, </span><span class="family-courier offset-4 ">&</span><span class="family-courier "> </span><span class="family-courier overstrike-1 ">je vous monteroi</span><span class="family-courier "> </span><span class="notice-1641 ">[2]</span><span class="family-courier "> </span><span class="family-courier index-5038 tp-28862 ">Mademoiselle Godefroy</span><span class="family-courier "> vous arrangera une chambre, où vous travaillerez à votre aise, et elle aura soins que rien ne vous manqué &</span>. – daß ich Herrn <span class="family-courier ">Gérard</span> sowohl, als M<span class="offset-4 underline-1 ">elle</span> <span class="family-courier ">Godefroy</span> meine Dankbarkeit für dießes Anerbiethen ausdrückte, kannst Du wohl denken; bey dieser Gelegenheit sagte ich denn auch Herrn <span class="family-courier ">Gérard</span>, daß ich früher den Wunsch gehabt, auf <span class="index-5930 tp-52935 ">dem </span><span class="index-5930 tp-52935 family-courier ">Louvre</span> zu arbeiten, daß ich aber noch nicht <span class="overstrike-1 ">das</span> so glücklich gewesen, <span class="index-2484 tp-28843 ">den Herrn Grafen </span><span class="index-2484 tp-28843 family-courier ">Forbin</span> zu sehen und zu sprechen. <span class="family-courier ">Madame, le Comte Forbin, et quelques autres Messieurs du Louvre sont ici, je vais Vous arranger celà dans un moment.</span> worauf er sich ins Nebenzimmer begab, wo sich jene Herrn vermuthlich befanden; beim Weggehen stellte er mir <span class="index-8573 tp-52941 ">den General Secretair, Herrn </span><span class="index-8573 tp-52941 family-courier ">de Caillu</span> vor, der mich im <span class="family-courier ">Louvre</span> einführen würde. Gestern war ich bey diesem Herrn der mich sehr artig empfing, und mir das Attelier gezeigt wo ich arbeiten kann. Daß ich bey Herrn <span class="family-courier ">Gérard</span> arbeite, ist mir freilich wichtiger, doch darf ich dießes auch nicht vernachläßigen, denn es soll eine große Gnade sein, wenn man im <span class="family-courier ">Louvre</span> die Bilder herunter bekömmt, was mir Herr <span class="family-courier ">Caillu</span> sehr artig zugesagt, auch in diesem Punkt bleibt mir nichts zu wünschen übrig. Es mag wohl wenig Beispiele geben, daß eine fremde, unbedeutende Person, drei Atteliers für sich erhält; dagegen mag es auch wenig Nichten geben, die einen Oheim von Deinem Ruhm in die Waagschale zu legen haben. Die Menschen erzeigen mir überall so viel Güte, daß ich oft zu Thränen gerührt darüber bin, und Gott im Stillen danke, daß er mir durch gute Menschen, seine Werkzeuge, alles so erleichtert, und mir Wege und Zutritt eröffnet, um mich auszubilden. <span class="index-2346 tp-29184 ">Die Gräfin </span><span class="index-2346 tp-29184 family-courier ">St. Aulaire</span> hat uns Sonntag zum <span class="family-courier ">Dejeûner</span> gebeten, wo sie mich zu <span class="index-954 tp-52947 ">Herrn </span><span class="index-954 tp-52947 family-courier ">Denon</span> begleiten will. Wir gedencken in unserm jetzigen Quartier bis gegen den Frühling zu bleiben, dann werden wir aber suchen eine Wohnung in der Gegend von <span class="family-courier ">Gérard</span> zu miethen. <span class="index-3513 tp-28844 ">Mein Mann</span> der leider meistentheils kränkelt, gefällt sich aber doch sehr in den Zirkeln wo wir Zutritt haben, er bewegt sich freier als irgendwo, nun mußte freilich seine Garderobe egänzt werden, um mit Anstand erscheinen zu können. Von <span class="index-13 tp-28845 ">Dres</span><span class="index-13 tp-28845 offset-4 ">den</span> haben wir heute die letzten Nachrichten <span class="offset-4 ">v. 18.</span><span class="offset-4 underline-1 ">ten</span><span class="offset-4 "> Dezbr. erhalten</span> nach welchen <span class="index-3670 tp-53109 index-3669 tp-53110 index-115 tp-53111 index-129 tp-53112 ">alles</span> gesund und wohl ist, aber von einer <span class="notice-23162 ">(b.)</span> <span class="notice-1642 ">[3]</span> <span class="notice-23163 ">(b.)</span> Zulage vom Hofe immer noch keine Rede war. Es wäre doch eine Schande, wenn man auf <span class="index-129 tp-52955 ">Vaters</span> treue beinahe 50jährige Dienste keine Rücksicht nähme. Habe ich nur erst etwas Rechtes gelernt, dann werde ich wohl auch ohne den Hof seelig werden. Der liebe Gott erhalte mir nur einige Gönner und deren Fürsprache. Daß Du liebster Onkel mir eine Unterstützung zukommen läßt, ist mir von großem Nutzen und ich kann Dir nicht mit Worten dafür danken. Du kannst überzeugt sein daß wir sehr öconomisch leben, und demnach brauchen wir viel da wir doch mit einem gewißen Anstand auftreten müßen. Die Kälte kam uns <span class="overstrike-1 ">sehr</span> in sofern zu statten als wir doch theilweise die Lohnfuhre ersparen konnten, doch diese Freude war von kurzer Dauer und der Schmutz ist ärger als je. <span class="family-courier ">Gerard</span> schien <span class="index-8557 tp-52960 ">meine kleine Composition der </span><span class="index-8557 tp-52960 index-8577 tp-52963 ">Hl. Anna</span> die ich ihm gezeigt, zu gefallen er äußerte sich ohngefähr so darüber, <span class="family-courier ">c’est peint avec du sentiment &. j’aime mieux celà que trop de légéreté où il n’y a pas de fond, car avec l’un on peut tout faire, mais l’autre c’est comme de la plupart des français, dont l’esprit est de la crême fouettée.</span> Im Allgemeinen läßt <span class="offset-4 ">er </span>den Fremden mehr Gerechtigkeit wiederfahren und äußert sich oft sehr scharfsinnig und wizig <span class="notice-1643 ">[4]</span> gegen die Franzosen. – Zufälliger weise befindet sich <span class="index-8579 tp-52969 index-8578 tp-52968 ">das Portrait </span><span class="index-8579 tp-52969 index-8578 tp-52968 index-222 tp-28846 ">der F. von Staël</span><span class="index-8579 tp-52969 "> bey </span><span class="index-8579 tp-52969 family-courier ">Gérard</span><span class="index-8579 tp-52969 ">, das ich angefangen zu malen</span>, d. h. blos den Kopf. – Ob denn <span class="index-555 tp-52971 ">Herr von Humboldt</span> bald zurückkommen wird? die Bekanntschaft dieses berühmten Mannes hat für mich hohes Intereße. <br>Nun Du guter lieber Onkel lebe wohl, Gott schenke Dir Gesundheit, und langes Leben.<br>Mein Mann empfielt sich Dir zu freundlichem Andenken! Behalte lieb wie ich Dich<br>Deine <br>treue Nichte<br><span class="family-courier ">Auguste</span><br><span class="index-171 tp-28847 ">Paris</span> den 1ten Januar <br>1823' $isaprint = false $isnewtranslation = true $statemsg = 'betamsg23' $cittitle = 'www.august-wilhelm-schlegel.de/briefedigital/briefid/1583' $description = 'Augusta von Buttlar an August Wilhelm von Schlegel am 01.01.1823, Paris, Bonn' $adressatort = 'Bonn <a class="gndmetadata" target="_blank" href="http://d-nb.info/gnd/1001909-1">GND</a>' $absendeort = 'Paris <a class="gndmetadata" target="_blank" href="http://d-nb.info/gnd/4044660-8">GND</a>' $date = '01.01.1823' $adressat = array() $adrCitation = 'August Wilhelm von Schlegel' $absender = array( (int) 1476 => array( 'ID' => '1476', 'project' => '1', 'timecreate' => '2013-03-26 11:52:18', 'timelastchg' => '2019-08-01 18:18:11', 'key' => 'AWS-ap-0050', 'docTyp' => array( 'name' => 'Person', 'id' => '39' ), '39_fulltext' => '', '39_html' => '', '39_name' => 'Buttlar, Augusta von', '39_namevar' => 'Ernst, Augusta (Geburtsname)', '39_gebdatum' => '1796-07-17', '39_toddatum' => '1857-07-05', '39_geschlecht' => 'w', '39_lebenwirken' => 'Malerin, Miniaturistin, Zeichnerin Augusta („Gustchen“) von Buttlar begann ihre Ausbildung zur Malerin 1810 in Dresden unter der Aufsicht von Friedrich Matthäi. 1816 heiratete sie den russischen Obristen Heinrich Ludwig von Buttlar, mit dem sie zwei Töchter, Marianne und Adelheid, hatte. Ab 1818 unternahm die Malerin zahlreiche Reisen, die ihrer Ausbildung dienten, und lebte zeitweilig in Frankfurt am Main und München sowie in Paris, London und Italien. Zu ihren Gönnern zählten der Maler François Gérard, bei dem sie während ihres Parisaufenthalts Unterricht nahm, und der Graf Forbin. Mit Sulpiz Boisserée war sie seit ihrer Ausbildung an der Dresdner Akademie bekannt und stand mit ihm in regem Briefwechsel. Auch in Wien und London, das sie 1824 bereiste, wurde ihre Portraitmalerei sehr geschätzt. Nach dem Tod ihrer Eltern Ludwig Emanuel und Charlotte Ernst musste sie nach Dresden zurückkehren und sich um ihre Kinder kümmern. 1827 konvertierte sie, wohl unter dem Einfluss ihres Onkels Friedrich und von dessen Frau Dorothea, zum Katholizismus. Nachdem sie ihre ganze Familie verloren hatte, lebte sie seit 1848 in Brixen und schließlich in Florenz.', '39_beziehung' => 'Die Nichte Schlegels fertigte eine Kopie eines von Gérard stammenden Portraits der Mme de Staël-Holstein an und portraitierte später auch ihren Onkel Friedrich sowie dessen Frau Dorothea. August Wilhelm Schlegel vermittelte u.a. den Kontakt zu Gérard und beriet seine Nichte immer wieder bei beruflichen und persönlichen Entscheidungen. Obwohl August Wilhelm Schlegel ihre Konversion zum Katholizismus im Jahr 1827 nicht billigte und der Schritt zu ernsthaften Verstimmungen führte, blieb Augusta von Buttlar ihrem Onkel bis zu dessen Tod eng verbunden. 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Die Kälte kam uns <hi rend="overstrike:1">sehr</hi> in sofern zu statten als wir doch theilweise die Lohnfuhre ersparen konnten, doch diese Freude war von kurzer Dauer und der Schmutz ist ärger als je. <hi rend="family:Courier">Gerard</hi> schien <anchor type="b" n="8557" ana="12" xml:id="NidB52960"/>meine kleine Composition der <anchor type="b" n="8577" ana="11" xml:id="NidB52963"/>Hl. Anna<anchor type="e" n="8577" ana="11" xml:id="NidE52963"/><anchor type="e" n="8557" ana="12" xml:id="NidE52960"/> die ich ihm gezeigt, zu gefallen er äußerte sich ohngefähr so darüber, <hi rend="family:Courier">c’est peint avec du sentiment &. j’aime mieux celà que trop de légéreté où il n’y a pas de fond, car avec l’un on peut tout faire, mais l’autre c’est comme de la plupart des français, dont l’esprit est de la crême fouettée.</hi> Im Allgemeinen läßt <hi rend="offset:4">er </hi>den Fremden mehr Gerechtigkeit wiederfahren und äußert sich oft sehr scharfsinnig und wizig <milestone unit="start" n="1643"/>[4]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="1643"/> gegen die Franzosen. – Zufälliger weise befindet sich <anchor type="b" n="8579" ana="12" xml:id="NidB52969"/><anchor type="b" n="8578" ana="12" xml:id="NidB52968"/>das Portrait <anchor type="b" n="222" ana="11" xml:id="NidB28846"/>der F. von Staël<anchor type="e" n="222" ana="11" xml:id="NidE28846"/><anchor type="e" n="8578" ana="12" xml:id="NidE52968"/> bey <hi rend="family:Courier">Gérard</hi>, das ich angefangen zu malen<anchor type="e" n="8579" ana="12" xml:id="NidE52969"/>, d. h. blos den Kopf. – Ob denn <anchor type="b" n="555" ana="11" xml:id="NidB52971"/>Herr von Humboldt<anchor type="e" n="555" ana="11" xml:id="NidE52971"/> bald zurückkommen wird? die Bekanntschaft dieses berühmten Mannes hat für mich hohes Intereße. <lb/>Nun Du guter lieber Onkel lebe wohl, Gott schenke Dir Gesundheit, und langes Leben.<lb/>Mein Mann empfielt sich Dir zu freundlichem Andenken! Behalte lieb wie ich Dich<lb/>Deine <lb/>treue Nichte<lb/><hi rend="family:Courier">Auguste</hi><lb/><anchor type="b" n="171" ana="10" xml:id="NidB28847"/>Paris<anchor type="e" n="171" ana="10" xml:id="NidE28847"/> den 1ten Januar <lb/>1823', '36_absender' => array( (int) 0 => array( 'ID' => '7298', 'content' => 'Augusta von Buttlar', 'bemerkung' => '', 'altBegriff' => 'Buttlar, Augusta von', 'LmAdd' => array( [maximum depth reached] ) ) ), '36_adressat' => array( (int) 0 => array( 'ID' => '7125', 'content' => 'August Wilhelm von Schlegel', 'bemerkung' => '', 'altBegriff' => 'Schlegel, August Wilhelm von', 'LmAdd' => array( [maximum depth reached] ) ) ), '36_datumvon' => '1823-01-01', '36_absenderort' => array( (int) 0 => array( 'ID' => '171', 'content' => 'Paris', 'bemerkung' => 'GND:4044660-8', 'altBegriff' => '', 'LmAdd' => array([maximum depth reached]) ) ), '36_datengeberhand' => 'Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek', '36_purlhand' => 'DE-611-38972', '36_signaturhand' => 'Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.3,Nr.125', '36_h1zahl' => '4 S., hs. m. 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[1] Geliebter Onkel!
ich kann unmöglich das neue Jahr antreten, ohne Dir meinen herzlichsten Glückwunsch zu zurufen. Wenn Gott meinen heißen Wunsch erhört, so haben Deine Freunde und die Welt noch lange das Glück Dich zu besitzen; für die Welt bist Du freilich schon unsterblich, aber Deine Freunde wollen auch den liebenswurdigen Menschen, und edlen Freund in dir behalten. Es ist wohl etwas anmaßend wenn ich mich zu den letztern rechne, aber meine Liebe und Verehrung für Dich nehmen es mit jedem auf wer es auch sei –
Nun habe ich Dir auch einige angenehme Dinge mitzutheilen, das Wichtigste ist wohl daß ich im Attelier von Gérard arbeite; er hat es mir selbst angebothen, und Du kannst dencken daß ich ein so gütiges Anerbiethen mit Dankbarkeit und Freude[n] angenommen. Die Herzogin von Broglie hatte die Güte, uns neulich zum Mittags Eßen einzuladen, wo sie auch Herrn Gérard gebeten, der aber kränklichkeitshalber nicht kommen konnte; sie sagte mir aber, daß er geäußert, wie er wünschte daß ich bey ihm arbeiten solle, car c’est seulement la palette à la main que je peux lui montrer ce que je ne pourrois pas lui expliquer de bouche &. Die Herzogin rieth mir, die folgenden Mittwoch zu seiner Soirée zu gehen, und dort das Übrige mit ihm zu besprechen. Mittwoch Abends eilf Uhr, machten wir uns also auf den Weg, wo wir dort eine Zahlreiche Gesellschaft fanden. Er machte mir nun selbst die Offerte, und sagte unter andern: je veux vous communiquer mes petits secrets, car il ne vous manque que peu de chose, & je vous monteroi [2] Mademoiselle Godefroy vous arrangera une chambre, où vous travaillerez à votre aise, et elle aura soins que rien ne vous manqué &. – daß ich Herrn Gérard sowohl, als Melle Godefroy meine Dankbarkeit für dießes Anerbiethen ausdrückte, kannst Du wohl denken; bey dieser Gelegenheit sagte ich denn auch Herrn Gérard, daß ich früher den Wunsch gehabt, auf dem Louvre zu arbeiten, daß ich aber noch nicht das so glücklich gewesen, den Herrn Grafen Forbin zu sehen und zu sprechen. Madame, le Comte Forbin, et quelques autres Messieurs du Louvre sont ici, je vais Vous arranger celà dans un moment. worauf er sich ins Nebenzimmer begab, wo sich jene Herrn vermuthlich befanden; beim Weggehen stellte er mir den General Secretair, Herrn de Caillu vor, der mich im Louvre einführen würde. Gestern war ich bey diesem Herrn der mich sehr artig empfing, und mir das Attelier gezeigt wo ich arbeiten kann. Daß ich bey Herrn Gérard arbeite, ist mir freilich wichtiger, doch darf ich dießes auch nicht vernachläßigen, denn es soll eine große Gnade sein, wenn man im Louvre die Bilder herunter bekömmt, was mir Herr Caillu sehr artig zugesagt, auch in diesem Punkt bleibt mir nichts zu wünschen übrig. Es mag wohl wenig Beispiele geben, daß eine fremde, unbedeutende Person, drei Atteliers für sich erhält; dagegen mag es auch wenig Nichten geben, die einen Oheim von Deinem Ruhm in die Waagschale zu legen haben. Die Menschen erzeigen mir überall so viel Güte, daß ich oft zu Thränen gerührt darüber bin, und Gott im Stillen danke, daß er mir durch gute Menschen, seine Werkzeuge, alles so erleichtert, und mir Wege und Zutritt eröffnet, um mich auszubilden. Die Gräfin St. Aulaire hat uns Sonntag zum Dejeûner gebeten, wo sie mich zu Herrn Denon begleiten will. Wir gedencken in unserm jetzigen Quartier bis gegen den Frühling zu bleiben, dann werden wir aber suchen eine Wohnung in der Gegend von Gérard zu miethen. Mein Mann der leider meistentheils kränkelt, gefällt sich aber doch sehr in den Zirkeln wo wir Zutritt haben, er bewegt sich freier als irgendwo, nun mußte freilich seine Garderobe egänzt werden, um mit Anstand erscheinen zu können. Von Dresden haben wir heute die letzten Nachrichten v. 18.ten Dezbr. erhalten nach welchen alles gesund und wohl ist, aber von einer (b.) [3] (b.) Zulage vom Hofe immer noch keine Rede war. Es wäre doch eine Schande, wenn man auf Vaters treue beinahe 50jährige Dienste keine Rücksicht nähme. Habe ich nur erst etwas Rechtes gelernt, dann werde ich wohl auch ohne den Hof seelig werden. Der liebe Gott erhalte mir nur einige Gönner und deren Fürsprache. Daß Du liebster Onkel mir eine Unterstützung zukommen läßt, ist mir von großem Nutzen und ich kann Dir nicht mit Worten dafür danken. Du kannst überzeugt sein daß wir sehr öconomisch leben, und demnach brauchen wir viel da wir doch mit einem gewißen Anstand auftreten müßen. Die Kälte kam uns sehr in sofern zu statten als wir doch theilweise die Lohnfuhre ersparen konnten, doch diese Freude war von kurzer Dauer und der Schmutz ist ärger als je. Gerard schien meine kleine Composition der Hl. Anna die ich ihm gezeigt, zu gefallen er äußerte sich ohngefähr so darüber, c’est peint avec du sentiment &. j’aime mieux celà que trop de légéreté où il n’y a pas de fond, car avec l’un on peut tout faire, mais l’autre c’est comme de la plupart des français, dont l’esprit est de la crême fouettée. Im Allgemeinen läßt er den Fremden mehr Gerechtigkeit wiederfahren und äußert sich oft sehr scharfsinnig und wizig [4] gegen die Franzosen. – Zufälliger weise befindet sich das Portrait der F. von Staël bey Gérard, das ich angefangen zu malen, d. h. blos den Kopf. – Ob denn Herr von Humboldt bald zurückkommen wird? die Bekanntschaft dieses berühmten Mannes hat für mich hohes Intereße.
Nun Du guter lieber Onkel lebe wohl, Gott schenke Dir Gesundheit, und langes Leben.
Mein Mann empfielt sich Dir zu freundlichem Andenken! Behalte lieb wie ich Dich
Deine
treue Nichte
Auguste
Paris den 1ten Januar
1823
ich kann unmöglich das neue Jahr antreten, ohne Dir meinen herzlichsten Glückwunsch zu zurufen. Wenn Gott meinen heißen Wunsch erhört, so haben Deine Freunde und die Welt noch lange das Glück Dich zu besitzen; für die Welt bist Du freilich schon unsterblich, aber Deine Freunde wollen auch den liebenswurdigen Menschen, und edlen Freund in dir behalten. Es ist wohl etwas anmaßend wenn ich mich zu den letztern rechne, aber meine Liebe und Verehrung für Dich nehmen es mit jedem auf wer es auch sei –
Nun habe ich Dir auch einige angenehme Dinge mitzutheilen, das Wichtigste ist wohl daß ich im Attelier von Gérard arbeite; er hat es mir selbst angebothen, und Du kannst dencken daß ich ein so gütiges Anerbiethen mit Dankbarkeit und Freude[n] angenommen. Die Herzogin von Broglie hatte die Güte, uns neulich zum Mittags Eßen einzuladen, wo sie auch Herrn Gérard gebeten, der aber kränklichkeitshalber nicht kommen konnte; sie sagte mir aber, daß er geäußert, wie er wünschte daß ich bey ihm arbeiten solle, car c’est seulement la palette à la main que je peux lui montrer ce que je ne pourrois pas lui expliquer de bouche &. Die Herzogin rieth mir, die folgenden Mittwoch zu seiner Soirée zu gehen, und dort das Übrige mit ihm zu besprechen. Mittwoch Abends eilf Uhr, machten wir uns also auf den Weg, wo wir dort eine Zahlreiche Gesellschaft fanden. Er machte mir nun selbst die Offerte, und sagte unter andern: je veux vous communiquer mes petits secrets, car il ne vous manque que peu de chose, & je vous monteroi [2] Mademoiselle Godefroy vous arrangera une chambre, où vous travaillerez à votre aise, et elle aura soins que rien ne vous manqué &. – daß ich Herrn Gérard sowohl, als Melle Godefroy meine Dankbarkeit für dießes Anerbiethen ausdrückte, kannst Du wohl denken; bey dieser Gelegenheit sagte ich denn auch Herrn Gérard, daß ich früher den Wunsch gehabt, auf dem Louvre zu arbeiten, daß ich aber noch nicht das so glücklich gewesen, den Herrn Grafen Forbin zu sehen und zu sprechen. Madame, le Comte Forbin, et quelques autres Messieurs du Louvre sont ici, je vais Vous arranger celà dans un moment. worauf er sich ins Nebenzimmer begab, wo sich jene Herrn vermuthlich befanden; beim Weggehen stellte er mir den General Secretair, Herrn de Caillu vor, der mich im Louvre einführen würde. Gestern war ich bey diesem Herrn der mich sehr artig empfing, und mir das Attelier gezeigt wo ich arbeiten kann. Daß ich bey Herrn Gérard arbeite, ist mir freilich wichtiger, doch darf ich dießes auch nicht vernachläßigen, denn es soll eine große Gnade sein, wenn man im Louvre die Bilder herunter bekömmt, was mir Herr Caillu sehr artig zugesagt, auch in diesem Punkt bleibt mir nichts zu wünschen übrig. Es mag wohl wenig Beispiele geben, daß eine fremde, unbedeutende Person, drei Atteliers für sich erhält; dagegen mag es auch wenig Nichten geben, die einen Oheim von Deinem Ruhm in die Waagschale zu legen haben. Die Menschen erzeigen mir überall so viel Güte, daß ich oft zu Thränen gerührt darüber bin, und Gott im Stillen danke, daß er mir durch gute Menschen, seine Werkzeuge, alles so erleichtert, und mir Wege und Zutritt eröffnet, um mich auszubilden. Die Gräfin St. Aulaire hat uns Sonntag zum Dejeûner gebeten, wo sie mich zu Herrn Denon begleiten will. Wir gedencken in unserm jetzigen Quartier bis gegen den Frühling zu bleiben, dann werden wir aber suchen eine Wohnung in der Gegend von Gérard zu miethen. Mein Mann der leider meistentheils kränkelt, gefällt sich aber doch sehr in den Zirkeln wo wir Zutritt haben, er bewegt sich freier als irgendwo, nun mußte freilich seine Garderobe egänzt werden, um mit Anstand erscheinen zu können. Von Dresden haben wir heute die letzten Nachrichten v. 18.ten Dezbr. erhalten nach welchen alles gesund und wohl ist, aber von einer (b.) [3] (b.) Zulage vom Hofe immer noch keine Rede war. Es wäre doch eine Schande, wenn man auf Vaters treue beinahe 50jährige Dienste keine Rücksicht nähme. Habe ich nur erst etwas Rechtes gelernt, dann werde ich wohl auch ohne den Hof seelig werden. Der liebe Gott erhalte mir nur einige Gönner und deren Fürsprache. Daß Du liebster Onkel mir eine Unterstützung zukommen läßt, ist mir von großem Nutzen und ich kann Dir nicht mit Worten dafür danken. Du kannst überzeugt sein daß wir sehr öconomisch leben, und demnach brauchen wir viel da wir doch mit einem gewißen Anstand auftreten müßen. Die Kälte kam uns sehr in sofern zu statten als wir doch theilweise die Lohnfuhre ersparen konnten, doch diese Freude war von kurzer Dauer und der Schmutz ist ärger als je. Gerard schien meine kleine Composition der Hl. Anna die ich ihm gezeigt, zu gefallen er äußerte sich ohngefähr so darüber, c’est peint avec du sentiment &. j’aime mieux celà que trop de légéreté où il n’y a pas de fond, car avec l’un on peut tout faire, mais l’autre c’est comme de la plupart des français, dont l’esprit est de la crême fouettée. Im Allgemeinen läßt er den Fremden mehr Gerechtigkeit wiederfahren und äußert sich oft sehr scharfsinnig und wizig [4] gegen die Franzosen. – Zufälliger weise befindet sich das Portrait der F. von Staël bey Gérard, das ich angefangen zu malen, d. h. blos den Kopf. – Ob denn Herr von Humboldt bald zurückkommen wird? die Bekanntschaft dieses berühmten Mannes hat für mich hohes Intereße.
Nun Du guter lieber Onkel lebe wohl, Gott schenke Dir Gesundheit, und langes Leben.
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Auguste
Paris den 1ten Januar
1823