• Augusta von Buttlar to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Tetschen · Place of Destination: Berlin · Date: 30.06.1841
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Augusta von Buttlar
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Tetschen
  • Place of Destination: Berlin
  • Date: 30.06.1841
  • Notations: Empfangsort erschlossen. – Augusta von Buttlar lässt bei „ch“-Schreibungen gelegentlich das „c“ weg. Hier wurde korrigierend eingegriffen.
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-611-38972
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.3,Nr.149
  • Number of Pages: 3 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 20 x 12,6 cm
  • Incipit: „[1] Tetschen den 30ten Juni 1841
    Mein verehrtester Oheim!
    mit innigster Dankbarkeit habe ich Deinen lieben Brief vom 13ten dieses aus Berlin [...]“
    Language
  • German
    Editors
  • Bamberg, Claudia
  • Varwig, Olivia
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[1] Tetschen den 30ten Juni 1841
Mein verehrtester Oheim!
mit innigster Dankbarkeit habe ich Deinen lieben Brief vom 13ten dieses aus Berlin erhalten, und das darin so freundlich ausgesprochene Wohlwollen hat mir die größte Freude verursacht! ich würde Dir sogleich darauf geantwortet haben, aber wir hatten hier auf acht Tage Besuch von einer guten Freundin aus Dresden, der Gräfin Dohna mit ihren Töchtern, die von früh bis Abends bei uns waren so daß ich keinen Augenblick zum schreiben finden konnte.
Da Tieck vielleicht jetzt schon in Berlin ist, so wirst du wohl auf keinen Fall nach Dresden kommen, und ich verspare mir also die Freude dich zu sehen für den Spätsommer in Bonn, wo Du gewiß wieder zurück gekehrt sein wirst, da zu dieser Zeit ja alles Berlin verläßt, der Hof sowohl als die Noblesse, und die meisten dortigen Gelehrten und Profeßoren in der Zeit der Férien Ausflüge machen.
Es wäre höchst undankbar von mir mein theurer Oheim, wenn ich deine großmüthige Gastfreundschaft, und die glücklichen Stunden die ich in Deinem Hause verlebte schon vergeßen hätte, nein, dieses Andenken lebt noch frisch und ungetrübt in mir! aber ich fühle daß ich desto bescheidner sein muß, und diese große Güte nicht so unverschämter weise wieder in Anspruch nehmen durfte indeß so gütig angebothen so machen wir von deiner Großmuth auf 8 oder 14 Tage gebrauch, im Fall daß Dir unsre Gegenwart durchaus keine Stöhrung verursacht. – Auf Deine Frage warum ich hier in Böhmen sitze, so sind die Gründe folgende:
erstens weil ich durch frühere Umstände veranlaßt mein [2] mein Domiçil hier, und das in Dresden ganz aufgegeben habe, da mich dort weder Pflicht noch Neigung bindet, und ich hier ein hübsches Quartier für den mäßigen Preis von 40 r. jährlich bewohne, und zwar in einer der schönsten und reitzensten Gegend von Deutschland. Da meine Gesundheit den Stadtaufenthalt im Sommer durchaus nicht ertragen kann, u ich sowohl geistig wie Physisch der Einsamkeit und Ruhe bedarf so müßte ich doch im Sommer aufs Land ziehen, da ist es mir wohlfeiler eine stabile Landwohnung zu haben und nur einige Wintermonate in einer größern Stadt zu wohnen als umgekehrt. Hier ist freilich das Leben nicht sehr wohlfeil und dennoch bestreite ich meine ganze Wirtschaft nebst der Bedienung mit 16 r. Monatlich, wo ich in Dresden mehr als das Doppelte brauche. Hier kostet uns die Toilette unglaublich wenig, und in der Stadt, besonders im Sommer sehr viel, wenn man nur rein und anständig erscheinen will. – Zweitens ist in der Malerei im Sommer auch Blut wenig in einer Stadt zu verdienen, da die Einheimischen meistens in die Bäder oder aufs Land gehen, und die Fremden Durchreisenden nur flüchtig verweilen. Drittens bedarf meine Tochter auch des Landaufenthaltes, und da sie unter meiner Anleitung hier die Wirtschaft führen und kochen muß, so lernt sie dabei das Häusliche, was ihr durch eine Instituts Erziehung noch sehr abgieng, und was doch jede Frau verstehen muß. – Hier liebster Oheim sind die Gründe die mich bestimmt habe für jetzt noch hier zu bleiben, um so mehr da mein bischen Vermögen in Böhmen steht; findet sich jedoch an einen andern Ort eine noch vortheilhaftere Existens, so bin ich gar nicht abgeneigt das Beßere zu wählen. –
Für die Nachrichten die du mir von meinen Verwandten giebst, bin ich Dir sehr dankbar, wiewohl ich sie sehr wenig oder gar nicht gesehen (d: h. ich kenne alle bis auf die Malchen nicht) so habe ich mich doch immer [3] um sie bekümmert, und wo ich konnte Nachrichten über sie eingezogen, so daß ich von ihrem leider traurigen Schicksal unterrichtet war, nur wußte ich nicht das mein Cousin gestorben ist war, was bei seinem traurigen Gemüthʼs Zustand noch ein Glück ist, denn nichts ist doch schrecklicher auf Erden als Wahnsin! weniger für die Person selbst, als für die Angehörigen. – Nun mein theuester Oheim lebe wohl und schenke mir auch ferner dein gütiges Wohlwollen, vielleicht werde ich durch Tiecks etwas von deinner Rückreise in Erfahrung bringen, un[d] daß ich dich nicht in Bonn verfehle, denn aus den Zeitungen erfahre ich alles hier sehr spät. – Meine Tochter küß dir die Hand, und ich bleibe in Dankbarer Liebe
Deine treu ergebene Nichte
Augusta Buttlar
in Eile.
[4] [leer]
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[1] Tetschen den 30ten Juni 1841
Mein verehrtester Oheim!
mit innigster Dankbarkeit habe ich Deinen lieben Brief vom 13ten dieses aus Berlin erhalten, und das darin so freundlich ausgesprochene Wohlwollen hat mir die größte Freude verursacht! ich würde Dir sogleich darauf geantwortet haben, aber wir hatten hier auf acht Tage Besuch von einer guten Freundin aus Dresden, der Gräfin Dohna mit ihren Töchtern, die von früh bis Abends bei uns waren so daß ich keinen Augenblick zum schreiben finden konnte.
Da Tieck vielleicht jetzt schon in Berlin ist, so wirst du wohl auf keinen Fall nach Dresden kommen, und ich verspare mir also die Freude dich zu sehen für den Spätsommer in Bonn, wo Du gewiß wieder zurück gekehrt sein wirst, da zu dieser Zeit ja alles Berlin verläßt, der Hof sowohl als die Noblesse, und die meisten dortigen Gelehrten und Profeßoren in der Zeit der Férien Ausflüge machen.
Es wäre höchst undankbar von mir mein theurer Oheim, wenn ich deine großmüthige Gastfreundschaft, und die glücklichen Stunden die ich in Deinem Hause verlebte schon vergeßen hätte, nein, dieses Andenken lebt noch frisch und ungetrübt in mir! aber ich fühle daß ich desto bescheidner sein muß, und diese große Güte nicht so unverschämter weise wieder in Anspruch nehmen durfte indeß so gütig angebothen so machen wir von deiner Großmuth auf 8 oder 14 Tage gebrauch, im Fall daß Dir unsre Gegenwart durchaus keine Stöhrung verursacht. – Auf Deine Frage warum ich hier in Böhmen sitze, so sind die Gründe folgende:
erstens weil ich durch frühere Umstände veranlaßt mein [2] mein Domiçil hier, und das in Dresden ganz aufgegeben habe, da mich dort weder Pflicht noch Neigung bindet, und ich hier ein hübsches Quartier für den mäßigen Preis von 40 r. jährlich bewohne, und zwar in einer der schönsten und reitzensten Gegend von Deutschland. Da meine Gesundheit den Stadtaufenthalt im Sommer durchaus nicht ertragen kann, u ich sowohl geistig wie Physisch der Einsamkeit und Ruhe bedarf so müßte ich doch im Sommer aufs Land ziehen, da ist es mir wohlfeiler eine stabile Landwohnung zu haben und nur einige Wintermonate in einer größern Stadt zu wohnen als umgekehrt. Hier ist freilich das Leben nicht sehr wohlfeil und dennoch bestreite ich meine ganze Wirtschaft nebst der Bedienung mit 16 r. Monatlich, wo ich in Dresden mehr als das Doppelte brauche. Hier kostet uns die Toilette unglaublich wenig, und in der Stadt, besonders im Sommer sehr viel, wenn man nur rein und anständig erscheinen will. – Zweitens ist in der Malerei im Sommer auch Blut wenig in einer Stadt zu verdienen, da die Einheimischen meistens in die Bäder oder aufs Land gehen, und die Fremden Durchreisenden nur flüchtig verweilen. Drittens bedarf meine Tochter auch des Landaufenthaltes, und da sie unter meiner Anleitung hier die Wirtschaft führen und kochen muß, so lernt sie dabei das Häusliche, was ihr durch eine Instituts Erziehung noch sehr abgieng, und was doch jede Frau verstehen muß. – Hier liebster Oheim sind die Gründe die mich bestimmt habe für jetzt noch hier zu bleiben, um so mehr da mein bischen Vermögen in Böhmen steht; findet sich jedoch an einen andern Ort eine noch vortheilhaftere Existens, so bin ich gar nicht abgeneigt das Beßere zu wählen. –
Für die Nachrichten die du mir von meinen Verwandten giebst, bin ich Dir sehr dankbar, wiewohl ich sie sehr wenig oder gar nicht gesehen (d: h. ich kenne alle bis auf die Malchen nicht) so habe ich mich doch immer [3] um sie bekümmert, und wo ich konnte Nachrichten über sie eingezogen, so daß ich von ihrem leider traurigen Schicksal unterrichtet war, nur wußte ich nicht das mein Cousin gestorben ist war, was bei seinem traurigen Gemüthʼs Zustand noch ein Glück ist, denn nichts ist doch schrecklicher auf Erden als Wahnsin! weniger für die Person selbst, als für die Angehörigen. – Nun mein theuester Oheim lebe wohl und schenke mir auch ferner dein gütiges Wohlwollen, vielleicht werde ich durch Tiecks etwas von deinner Rückreise in Erfahrung bringen, un[d] daß ich dich nicht in Bonn verfehle, denn aus den Zeitungen erfahre ich alles hier sehr spät. – Meine Tochter küß dir die Hand, und ich bleibe in Dankbarer Liebe
Deine treu ergebene Nichte
Augusta Buttlar
in Eile.
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