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Wenn irgend eine Veränderung in meinen Verhältnissen einträte, wenn ich nach Deutschland zurückkehrte um ganz als Schriftsteller zu leben, so könnte ich den Ueberrest der Werke Shakpeareʼs vielleicht in sehr kurzer Zeit vollenden, aber dazu sehe ich für jetzt nicht die mindeste Wahrscheinlichkeit.<br>Noch eins: für den Preis, wofür ich die Uebersetzung ehemals geliefert könnte ich die Arbeit jetzt unmöglich liefern; u. wie hoch, meynen Sie, würde der Verleger etwan gehen können?<br>Auf den nächsten Zeitraum bin ich in der völligen Unmöglichkeit bestimmte Versprechungen zu geben. Der erste Aufzug <span class="index-1400 tp-36590 ">Heinrich VIII</span> ist übersetzt, aber die vier andern? Vermuthlich bleibe ich noch anderthalb Monate hier, während deren nicht daran zu denken ist; nur wenige Monate in <span class="index-228 tp-36591 ">Coppet</span>, dann den Herbst u. Winter wieder in Italien. 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In Deutschland wird jede neue Albernheit angestaunt, wer nicht immer auf dem Markte scherzt, wird vergessen. <name key="5297" type="work">Mein Werk über dramatische Kunst u. Litteratur</name> ist nun in drey Sprachen übersetzt, u. überall besonders in England mit der grössten Auszeichnung aufgenommen worden; in Deutschland erlebt es erst jetzt eine zweyte Auflage. Sie werden es mir nicht verargen, dass ich bey meinen schriftstellerischen Planen auf das Ausland Rücksicht nehme. Wenn man einmal für den Ruhm arbeitet, so ist ein Europäischer Name das einzige würdige Ziel.<lb/>Uebrigens bestimmt die Liebe zur Wissenschaft weit mehr meine Thätigkeit, u. selbst die Ausbreitung meiner Studien ist der Vollendung neuer Werke hinderlich. 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14. April (1817).<br>Ihren Brief vom 28<span class="offset-4 ">sten</span> Jan., mein hochgeschätzter Herr und Freund, habe ich, wiewohl spät, empfangen. Zuerst muss ich mich wegen meines Stillschweigens rechtfertigen. Sie erwähnen drei Briefe: ich habe keinen davon erhalten, u. daran sind ohne Zweifel Ihre deutschen Aufschriften Schuld. Denn auch der letzte Brief ist bloss durch einen Zufall in meine Hände gekommen: er war schon in den Casernen der hundert Schweizer gewesen. Eine deutsche Aufschrift ist für die Postbeamten im Auslande nicht besser als eine hebräische, u. sie werden sich schon entschliessen müssen, die Adresse französisch zu schreiben, wenn Sie wünschen dass Ihre Briefe zu mir gelangen.<br>Ueber <span class="index-344 tp-36579 ">den </span><span class="index-344 tp-36579 index-4 tp-36578 ">Shakspear</span> will ich Ihnen ganz offenherzig antworten. Ich habe niemals den Vorsatz aufgegeben, meine Uebersetzung zu vollenden, aber es ist eine Arbeit, wobey forgehende Uebung u. ununterbrochne Beschäftigung damit die Leichtigkeit unglaublich vermehrt. Als ich recht im Zuge war, habe ich oft ein ganzes Stück in einem Monate, mehrmals in einigen Wochen zu Stande gebracht. Wie viel Zeit mir hingegen <span class="index-1399 tp-36580 ">Richard III</span> gekostet, den ich stückweise nach langer Unterbrechung übersetzt, das kann ich gar nicht berechnen. Schon vor etwa 18 Jahren kam die Sache zuerst ins Stocken, durch meine Entzweyung u. den daraus erfolgten Prozess mit <span class="index-67 tp-36581 ">Unger</span>. Der gute Unger that nachher alles, um unser Verhältnis wieder ins gleich zu bringen, und wünschte die Fortsetzung lebhaft; aber nun war ich mit andern Arbeiten beschäftigt, mit <span class="index-79 tp-36587 ">meinen Vorlesungen</span>, <span class="index-261 tp-36584 ">dem </span><span class="index-261 tp-36584 index-166 tp-36582 ">Calderon</span>, <span class="index-128 tp-36583 ">den Blumensträussen</span> pp, und kam in <span class="index-15 tp-36585 ">Berlin</span> nicht wieder dazu. Im Auslande rückten mir häufige Reisen, gesellschaftliche Zerstreuungen, nachher die politische Krise die Sache immer mehr aus dem Gesicht, u. nur durch vieles Andringen erlangte <span class="index-380 tp-36588 ">Madame Unger</span> die Vollendung Richard des dritten. – Dazu kommt nun ein anderer Umstand. Mit dem Vorrücken des Lebens habe ich mich der Poesie mehr entfremdet, u. meine herrschende Neigung, ja Leidenschaft ist wissenschaftliches Forschen geworden. Ich möchte gern noch, wenn mir der Himmel Leben u. Gesundheit verleiht, ein u. das andere Original-Werk vollenden, das meinen Namen als Denker u. Forscher auf die Nachwelt brächte. Am Shakspeare ist weder für meinen Ruhm noch meine Wissenschaft etwas zu gewinnen. Wie gesagt, bestimmt aufgegeben habe ich es niemals, aber meine ganze Lage, selbst die Entfernung vom deutschen Boden, ist dagegen. Wenn irgend eine Veränderung in meinen Verhältnissen einträte, wenn ich nach Deutschland zurückkehrte um ganz als Schriftsteller zu leben, so könnte ich den Ueberrest der Werke Shakpeareʼs vielleicht in sehr kurzer Zeit vollenden, aber dazu sehe ich für jetzt nicht die mindeste Wahrscheinlichkeit.<br>Noch eins: für den Preis, wofür ich die Uebersetzung ehemals geliefert könnte ich die Arbeit jetzt unmöglich liefern; u. wie hoch, meynen Sie, würde der Verleger etwan gehen können?<br>Auf den nächsten Zeitraum bin ich in der völligen Unmöglichkeit bestimmte Versprechungen zu geben. Der erste Aufzug <span class="index-1400 tp-36590 ">Heinrich VIII</span> ist übersetzt, aber die vier andern? Vermuthlich bleibe ich noch anderthalb Monate hier, während deren nicht daran zu denken ist; nur wenige Monate in <span class="index-228 tp-36591 ">Coppet</span>, dann den Herbst u. Winter wieder in Italien. Darüber geht ein Jahr hin.<br>Unterdessen erfahre ich durch <span class="index-8 tp-36593 ">meinen Bruder</span>, dass Deutsche Zeitungsblätter ankündigen, <span class="index-271 tp-36594 ">der alte Voss</span> wolle mit seinem Sohn <span class="index-1098 tp-36596 ">Johann Hinrich</span> u. <span class="index-1764 tp-36595 ">Abraham</span>, vermuthlich auch mit seinen Schwiegersöhnen, Enkeln, gebohrnen u. ungebohrnen, mit Einem Worte der ganzen Uebersetzungs-Schmiede-Sippschaft, auch <span class="index-5651 tp-36603 index-5650 tp-36601 index-2885 tp-36598 index-1486 tp-36602 index-4870 tp-36599 index-4572 tp-36608 index-4200 tp-36609 index-3001 tp-36607 index-5621 tp-36605 index-1399 tp-36610 index-5620 tp-36606 index-2886 tp-36597 index-4178 tp-36600 index-5652 tp-36604 ">die von mir schon übersetzten Stücke</span> neu übersetzen. Diess ist freylich eine grosse Impertinenz: allein wir haben kein ausschliessendes Privilegium, es kommt darauf an, wie das Publicum die Sache nimmt. Indessen müsste man doch etwas dagegen thun. In meinem eignen Namen kann ich es nicht, Sie könnten es aber in dem Ihrigen. Sie möchten etwan eine Anzeige machen: da man eine Mitbewerbung ankündige, so bedürfen Sie eine Sicherung für den Absatz der folgenden Bände. Sie begehrten also Subscription. Sie hätten gegründete Hoffnung, ich würde mich mit Ernst der Vollendung des Ganzen annehmen, u. in Zukunft jährlich einen Band liefern. Zahlung werde erst bey Ablieferung jedes Bandes verlangt. –<br>Machen Sie dies nach Ihrem Gutdünken, aber lassen Sie mich so viel möglich aus dem Spiel, denn ich will auf keine Weise wie zu einem Wettlaufe mit <span class="index-1764 tp-36612 index-1098 tp-36611 index-271 tp-36613 ">diesen hölzernen Gesellen</span> in den Kampfplatz treten.<br>Es dürfte Sie wohl nicht wundern, wenn nach dem, was ich geleistet, solche Mitwerber mir den ganzen Handel verleideten. Pandarus drohte seinen Bogen zu zerbrechen, wenn er von Troja nach Hause käme. Ich bin nun schon vom Trojanischen Kriege zurückgekehrt, in welchem ich meine Jugend rühmlich durchgekämpft habe.<br>Lassen Sie mich Ihnen im Vertrauen gestehen, dass ich, seit ich mir einen Europäischen Ruf erworben, allerdings einigen Grund zur Verstimmung gegen das Deutsche Publicum zu haben glaube. Ich sehe keine Zeichen der Anerkennung. In Deutschland wird jede neue Albernheit angestaunt, wer nicht immer auf dem Markte scherzt, wird vergessen. <span class="index-5297 tp-36614 ">Mein Werk über dramatische Kunst u. Litteratur</span> ist nun in drey Sprachen übersetzt, u. überall besonders in England mit der grössten Auszeichnung aufgenommen worden; in Deutschland erlebt es erst jetzt eine zweyte Auflage. Sie werden es mir nicht verargen, dass ich bey meinen schriftstellerischen Planen auf das Ausland Rücksicht nehme. Wenn man einmal für den Ruhm arbeitet, so ist ein Europäischer Name das einzige würdige Ziel.<br>Uebrigens bestimmt die Liebe zur Wissenschaft weit mehr meine Thätigkeit, u. selbst die Ausbreitung meiner Studien ist der Vollendung neuer Werke hinderlich. Ich habe mich Jahre lang mit der Untersuchung über <span class="index-194 tp-36616 ">die Nibelungen</span> u. die Deutsche Heldendichtung überhaupt beschäftigt, u. darüber <span class="index-1891 tp-36617 ">die reichhaltigsten Materialien</span> beysammen; es fehlt nur an der Ausführung. Den vorletzten Winter ergab ich mich in Toscana den Etruskischen u. überhaupt Italischen Alterthümern; in meiner Beurtheilung des <span class="index-2327 tp-36618 ">Niebuhrschen</span> Werkes habe ich einiges vom Ertrage meiner Forschungen gegeben. Diesen Winter habe ich fast ausschliesslich der Indischen Sprache gewidmet, u. ich darf sagen, bedeutende Fortschritte darin gemacht. Wie bald ich aber über diese mannigfaltigen Gegenstände Werke ans Licht stellen werde, kann ich noch nicht bestimmen.<br>Ich habe Sie, in Gemässheit unserer alten Freundschaft, ganz in meine äusserliche u. geistige Lage zu versetzen gesucht: ich hoffe, Sie werden darin meine Rechtfertigung finden.<br>Wenn Sie <span class="index-6247 tp-41728 ">der Mohr u. 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Ich möchte gern noch, wenn mir der Himmel Leben u. Gesundheit verleiht, ein u. das andere Original-Werk vollenden, das meinen Namen als Denker u. Forscher auf die Nachwelt brächte. Am Shakspeare ist weder für meinen Ruhm noch meine Wissenschaft etwas zu gewinnen. Wie gesagt, bestimmt aufgegeben habe ich es niemals, aber meine ganze Lage, selbst die Entfernung vom deutschen Boden, ist dagegen. Wenn irgend eine Veränderung in meinen Verhältnissen einträte, wenn ich nach Deutschland zurückkehrte um ganz als Schriftsteller zu leben, so könnte ich den Ueberrest der Werke Shakpeareʼs vielleicht in sehr kurzer Zeit vollenden, aber dazu sehe ich für jetzt nicht die mindeste Wahrscheinlichkeit.<br>Noch eins: für den Preis, wofür ich die Uebersetzung ehemals geliefert könnte ich die Arbeit jetzt unmöglich liefern; u. wie hoch, meynen Sie, würde der Verleger etwan gehen können?<br>Auf den nächsten Zeitraum bin ich in der völligen Unmöglichkeit bestimmte Versprechungen zu geben. 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Indessen müsste man doch etwas dagegen thun. In meinem eignen Namen kann ich es nicht, Sie könnten es aber in dem Ihrigen. Sie möchten etwan eine Anzeige machen: da man eine Mitbewerbung ankündige, so bedürfen Sie eine Sicherung für den Absatz der folgenden Bände. Sie begehrten also Subscription. Sie hätten gegründete Hoffnung, ich würde mich mit Ernst der Vollendung des Ganzen annehmen, u. in Zukunft jährlich einen Band liefern. Zahlung werde erst bey Ablieferung jedes Bandes verlangt. –<br>Machen Sie dies nach Ihrem Gutdünken, aber lassen Sie mich so viel möglich aus dem Spiel, denn ich will auf keine Weise wie zu einem Wettlaufe mit <span class="index-1764 tp-36612 index-1098 tp-36611 index-271 tp-36613 ">diesen hölzernen Gesellen</span> in den Kampfplatz treten.<br>Es dürfte Sie wohl nicht wundern, wenn nach dem, was ich geleistet, solche Mitwerber mir den ganzen Handel verleideten. Pandarus drohte seinen Bogen zu zerbrechen, wenn er von Troja nach Hause käme. Ich bin nun schon vom Trojanischen Kriege zurückgekehrt, in welchem ich meine Jugend rühmlich durchgekämpft habe.<br>Lassen Sie mich Ihnen im Vertrauen gestehen, dass ich, seit ich mir einen Europäischen Ruf erworben, allerdings einigen Grund zur Verstimmung gegen das Deutsche Publicum zu haben glaube. Ich sehe keine Zeichen der Anerkennung. In Deutschland wird jede neue Albernheit angestaunt, wer nicht immer auf dem Markte scherzt, wird vergessen. <span class="index-5297 tp-36614 ">Mein Werk über dramatische Kunst u. Litteratur</span> ist nun in drey Sprachen übersetzt, u. überall besonders in England mit der grössten Auszeichnung aufgenommen worden; in Deutschland erlebt es erst jetzt eine zweyte Auflage. Sie werden es mir nicht verargen, dass ich bey meinen schriftstellerischen Planen auf das Ausland Rücksicht nehme. Wenn man einmal für den Ruhm arbeitet, so ist ein Europäischer Name das einzige würdige Ziel.<br>Uebrigens bestimmt die Liebe zur Wissenschaft weit mehr meine Thätigkeit, u. selbst die Ausbreitung meiner Studien ist der Vollendung neuer Werke hinderlich. Ich habe mich Jahre lang mit der Untersuchung über <span class="index-194 tp-36616 ">die Nibelungen</span> u. die Deutsche Heldendichtung überhaupt beschäftigt, u. darüber <span class="index-1891 tp-36617 ">die reichhaltigsten Materialien</span> beysammen; es fehlt nur an der Ausführung. Den vorletzten Winter ergab ich mich in Toscana den Etruskischen u. überhaupt Italischen Alterthümern; in meiner Beurtheilung des <span class="index-2327 tp-36618 ">Niebuhrschen</span> Werkes habe ich einiges vom Ertrage meiner Forschungen gegeben. Diesen Winter habe ich fast ausschliesslich der Indischen Sprache gewidmet, u. ich darf sagen, bedeutende Fortschritte darin gemacht. Wie bald ich aber über diese mannigfaltigen Gegenstände Werke ans Licht stellen werde, kann ich noch nicht bestimmen.<br>Ich habe Sie, in Gemässheit unserer alten Freundschaft, ganz in meine äusserliche u. geistige Lage zu versetzen gesucht: ich hoffe, Sie werden darin meine Rechtfertigung finden.<br>Wenn Sie <span class="index-6247 tp-41728 ">der Mohr u. Winterschen Buchhandlung</span> gütigst ein Exemplar <span class="index-3356 tp-36622 ">der Zeichnungen zu den Nibelungen von </span><span class="index-3356 tp-36622 index-2368 tp-36621 ">Cornelius</span> auf <span class="index-6043 tp-40062 ">der Leipziger Messe</span> für mich einhändigen wollten, so könnte ich eine Anzeige davon in <span class="index-1325 tp-36625 ">den </span><span class="index-1325 tp-36625 index-574 tp-36624 ">Heidelberger</span><span class="index-1325 tp-36625 "> Jahrbüchern</span> übernehmen.<br>Leben Sie recht wohl, u. behalten Sie mich in freundschaftlichem Andenken.<br>Meine Adresse ist hier: chez <span class="index-222 tp-36626 ">Madame la Baronne de Stael</span> – Rue Royale N<span class="offset-4 underline-1 ">o</span> 6 – für beständig aber: à Coppet – Canton de Vaud – Suisse. Von dort kommen mir die Briefe sicher zu, wo ich auch seyn möge.', '36_xml' => '<p><placeName key="171">Paris</placeName> d. 14. 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Ich habe niemals den Vorsatz aufgegeben, meine Uebersetzung zu vollenden, aber es ist eine Arbeit, wobey forgehende Uebung u. ununterbrochne Beschäftigung damit die Leichtigkeit unglaublich vermehrt. Als ich recht im Zuge war, habe ich oft ein ganzes Stück in einem Monate, mehrmals in einigen Wochen zu Stande gebracht. Wie viel Zeit mir hingegen <name key="1399" type="work">Richard III</name> gekostet, den ich stückweise nach langer Unterbrechung übersetzt, das kann ich gar nicht berechnen. Schon vor etwa 18 Jahren kam die Sache zuerst ins Stocken, durch meine Entzweyung u. den daraus erfolgten Prozess mit <persName key="67">Unger</persName>. 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Gesundheit verleiht, ein u. das andere Original-Werk vollenden, das meinen Namen als Denker u. Forscher auf die Nachwelt brächte. Am Shakspeare ist weder für meinen Ruhm noch meine Wissenschaft etwas zu gewinnen. Wie gesagt, bestimmt aufgegeben habe ich es niemals, aber meine ganze Lage, selbst die Entfernung vom deutschen Boden, ist dagegen. Wenn irgend eine Veränderung in meinen Verhältnissen einträte, wenn ich nach Deutschland zurückkehrte um ganz als Schriftsteller zu leben, so könnte ich den Ueberrest der Werke Shakpeareʼs vielleicht in sehr kurzer Zeit vollenden, aber dazu sehe ich für jetzt nicht die mindeste Wahrscheinlichkeit.<lb/>Noch eins: für den Preis, wofür ich die Uebersetzung ehemals geliefert könnte ich die Arbeit jetzt unmöglich liefern; u. wie hoch, meynen Sie, würde der Verleger etwan gehen können?<lb/>Auf den nächsten Zeitraum bin ich in der völligen Unmöglichkeit bestimmte Versprechungen zu geben. 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Darüber geht ein Jahr hin.<lb/>Unterdessen erfahre ich durch <persName key="8">meinen Bruder</persName>, dass Deutsche Zeitungsblätter ankündigen, <persName key="271">der alte Voss</persName> wolle mit seinem Sohn <persName key="1098">Johann Hinrich</persName> u. <persName key="1764">Abraham</persName>, vermuthlich auch mit seinen Schwiegersöhnen, Enkeln, gebohrnen u. ungebohrnen, mit Einem Worte der ganzen Uebersetzungs-Schmiede-Sippschaft, auch <name key="5651" type="work"><name key="5650" type="work"><name key="2885" type="work"><name key="1486" type="work"><name key="4870" type="work"><name key="4572" type="work"><name key="4200" type="work"><name key="3001" type="work"><name key="5621" type="work"><name key="1399" type="work"><name key="5620" type="work"><name key="2886" type="work"><name key="4178" type="work"><name key="5652" type="work">die von mir schon übersetzten Stücke</name></name></name></name></name></name></name></name></name></name></name></name></name></name> neu übersetzen. Diess ist freylich eine grosse Impertinenz: allein wir haben kein ausschliessendes Privilegium, es kommt darauf an, wie das Publicum die Sache nimmt. Indessen müsste man doch etwas dagegen thun. In meinem eignen Namen kann ich es nicht, Sie könnten es aber in dem Ihrigen. Sie möchten etwan eine Anzeige machen: da man eine Mitbewerbung ankündige, so bedürfen Sie eine Sicherung für den Absatz der folgenden Bände. Sie begehrten also Subscription. Sie hätten gegründete Hoffnung, ich würde mich mit Ernst der Vollendung des Ganzen annehmen, u. in Zukunft jährlich einen Band liefern. Zahlung werde erst bey Ablieferung jedes Bandes verlangt. –<lb/>Machen Sie dies nach Ihrem Gutdünken, aber lassen Sie mich so viel möglich aus dem Spiel, denn ich will auf keine Weise wie zu einem Wettlaufe mit <persName key="1764"><persName key="1098"><persName key="271">diesen hölzernen Gesellen</persName></persName></persName> in den Kampfplatz treten.<lb/>Es dürfte Sie wohl nicht wundern, wenn nach dem, was ich geleistet, solche Mitwerber mir den ganzen Handel verleideten. Pandarus drohte seinen Bogen zu zerbrechen, wenn er von Troja nach Hause käme. Ich bin nun schon vom Trojanischen Kriege zurückgekehrt, in welchem ich meine Jugend rühmlich durchgekämpft habe.<lb/>Lassen Sie mich Ihnen im Vertrauen gestehen, dass ich, seit ich mir einen Europäischen Ruf erworben, allerdings einigen Grund zur Verstimmung gegen das Deutsche Publicum zu haben glaube. Ich sehe keine Zeichen der Anerkennung. In Deutschland wird jede neue Albernheit angestaunt, wer nicht immer auf dem Markte scherzt, wird vergessen. <name key="5297" type="work">Mein Werk über dramatische Kunst u. Litteratur</name> ist nun in drey Sprachen übersetzt, u. überall besonders in England mit der grössten Auszeichnung aufgenommen worden; in Deutschland erlebt es erst jetzt eine zweyte Auflage. Sie werden es mir nicht verargen, dass ich bey meinen schriftstellerischen Planen auf das Ausland Rücksicht nehme. Wenn man einmal für den Ruhm arbeitet, so ist ein Europäischer Name das einzige würdige Ziel.<lb/>Uebrigens bestimmt die Liebe zur Wissenschaft weit mehr meine Thätigkeit, u. selbst die Ausbreitung meiner Studien ist der Vollendung neuer Werke hinderlich. Ich habe mich Jahre lang mit der Untersuchung über <name key="194" type="work">die Nibelungen</name> u. die Deutsche Heldendichtung überhaupt beschäftigt, u. darüber <name key="1891" type="work">die reichhaltigsten Materialien</name> beysammen; es fehlt nur an der Ausführung. Den vorletzten Winter ergab ich mich in Toscana den Etruskischen u. überhaupt Italischen Alterthümern; in meiner Beurtheilung des <persName key="2327">Niebuhrschen</persName> Werkes habe ich einiges vom Ertrage meiner Forschungen gegeben. Diesen Winter habe ich fast ausschliesslich der Indischen Sprache gewidmet, u. ich darf sagen, bedeutende Fortschritte darin gemacht. Wie bald ich aber über diese mannigfaltigen Gegenstände Werke ans Licht stellen werde, kann ich noch nicht bestimmen.<lb/>Ich habe Sie, in Gemässheit unserer alten Freundschaft, ganz in meine äusserliche u. geistige Lage zu versetzen gesucht: ich hoffe, Sie werden darin meine Rechtfertigung finden.<lb/>Wenn Sie <orgName key="6247">der Mohr u. 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April (1817).<lb/>Ihren Brief vom 28<hi rend="offset:4">sten</hi> Jan., mein hochgeschätzter Herr und Freund, habe ich, wiewohl spät, empfangen. Zuerst muss ich mich wegen meines Stillschweigens rechtfertigen. Sie erwähnen drei Briefe: ich habe keinen davon erhalten, u. daran sind ohne Zweifel Ihre deutschen Aufschriften Schuld. Denn auch der letzte Brief ist bloss durch einen Zufall in meine Hände gekommen: er war schon in den Casernen der hundert Schweizer gewesen. Eine deutsche Aufschrift ist für die Postbeamten im Auslande nicht besser als eine hebräische, u. sie werden sich schon entschliessen müssen, die Adresse französisch zu schreiben, wenn Sie wünschen dass Ihre Briefe zu mir gelangen.<lb/>Ueber <anchor type="b" n="344" ana="12" xml:id="NidB36579"/>den <anchor type="b" n="4" ana="11" xml:id="NidB36578"/>Shakspear<anchor type="e" n="4" ana="11" xml:id="NidE36578"/><anchor type="e" n="344" ana="12" xml:id="NidE36579"/> will ich Ihnen ganz offenherzig antworten. Ich habe niemals den Vorsatz aufgegeben, meine Uebersetzung zu vollenden, aber es ist eine Arbeit, wobey forgehende Uebung u. ununterbrochne Beschäftigung damit die Leichtigkeit unglaublich vermehrt. Als ich recht im Zuge war, habe ich oft ein ganzes Stück in einem Monate, mehrmals in einigen Wochen zu Stande gebracht. Wie viel Zeit mir hingegen <anchor type="b" n="1399" ana="12" xml:id="NidB36580"/>Richard III<anchor type="e" n="1399" ana="12" xml:id="NidE36580"/> gekostet, den ich stückweise nach langer Unterbrechung übersetzt, das kann ich gar nicht berechnen. Schon vor etwa 18 Jahren kam die Sache zuerst ins Stocken, durch meine Entzweyung u. den daraus erfolgten Prozess mit <anchor type="b" n="67" ana="11" xml:id="NidB36581"/>Unger<anchor type="e" n="67" ana="11" xml:id="NidE36581"/>. Der gute Unger that nachher alles, um unser Verhältnis wieder ins gleich zu bringen, und wünschte die Fortsetzung lebhaft; aber nun war ich mit andern Arbeiten beschäftigt, mit <anchor type="b" n="79" ana="12" xml:id="NidB36587"/>meinen Vorlesungen<anchor type="e" n="79" ana="12" xml:id="NidE36587"/>, <anchor type="b" n="261" ana="12" xml:id="NidB36584"/>dem <anchor type="b" n="166" ana="11" xml:id="NidB36582"/>Calderon<anchor type="e" n="166" ana="11" xml:id="NidE36582"/><anchor type="e" n="261" ana="12" xml:id="NidE36584"/>, <anchor type="b" n="128" ana="12" xml:id="NidB36583"/>den Blumensträussen<anchor type="e" n="128" ana="12" xml:id="NidE36583"/> pp, und kam in <anchor type="b" n="15" ana="10" xml:id="NidB36585"/>Berlin<anchor type="e" n="15" ana="10" xml:id="NidE36585"/> nicht wieder dazu. 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Wenn irgend eine Veränderung in meinen Verhältnissen einträte, wenn ich nach Deutschland zurückkehrte um ganz als Schriftsteller zu leben, so könnte ich den Ueberrest der Werke Shakpeareʼs vielleicht in sehr kurzer Zeit vollenden, aber dazu sehe ich für jetzt nicht die mindeste Wahrscheinlichkeit.<lb/>Noch eins: für den Preis, wofür ich die Uebersetzung ehemals geliefert könnte ich die Arbeit jetzt unmöglich liefern; u. wie hoch, meynen Sie, würde der Verleger etwan gehen können?<lb/>Auf den nächsten Zeitraum bin ich in der völligen Unmöglichkeit bestimmte Versprechungen zu geben. Der erste Aufzug <anchor type="b" n="1400" ana="12" xml:id="NidB36590"/>Heinrich VIII<anchor type="e" n="1400" ana="12" xml:id="NidE36590"/> ist übersetzt, aber die vier andern? 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Darüber geht ein Jahr hin.<lb/>Unterdessen erfahre ich durch <anchor type="b" n="8" ana="11" xml:id="NidB36593"/>meinen Bruder<anchor type="e" n="8" ana="11" xml:id="NidE36593"/>, dass Deutsche Zeitungsblätter ankündigen, <anchor type="b" n="271" ana="11" xml:id="NidB36594"/>der alte Voss<anchor type="e" n="271" ana="11" xml:id="NidE36594"/> wolle mit seinem Sohn <anchor type="b" n="1098" ana="11" xml:id="NidB36596"/>Johann Hinrich<anchor type="e" n="1098" ana="11" xml:id="NidE36596"/> u. <anchor type="b" n="1764" ana="11" xml:id="NidB36595"/>Abraham<anchor type="e" n="1764" ana="11" xml:id="NidE36595"/>, vermuthlich auch mit seinen Schwiegersöhnen, Enkeln, gebohrnen u. ungebohrnen, mit Einem Worte der ganzen Uebersetzungs-Schmiede-Sippschaft, auch <anchor type="b" n="5651" ana="12" xml:id="NidB36603"/><anchor type="b" n="5650" ana="12" xml:id="NidB36601"/><anchor type="b" n="2885" ana="12" xml:id="NidB36598"/><anchor type="b" n="1486" ana="12" xml:id="NidB36602"/><anchor type="b" n="4870" ana="12" xml:id="NidB36599"/><anchor type="b" n="4572" ana="12" xml:id="NidB36608"/><anchor type="b" n="4200" ana="12" xml:id="NidB36609"/><anchor type="b" n="3001" ana="12" xml:id="NidB36607"/><anchor type="b" n="5621" ana="12" xml:id="NidB36605"/><anchor type="b" n="1399" ana="12" xml:id="NidB36610"/><anchor type="b" n="5620" ana="12" xml:id="NidB36606"/><anchor type="b" n="2886" ana="12" xml:id="NidB36597"/><anchor type="b" n="4178" ana="12" xml:id="NidB36600"/><anchor type="b" n="5652" ana="12" xml:id="NidB36604"/>die von mir schon übersetzten Stücke<anchor type="e" n="5652" ana="12" xml:id="NidE36604"/><anchor type="e" n="4178" ana="12" xml:id="NidE36600"/><anchor type="e" n="2886" ana="12" xml:id="NidE36597"/><anchor type="e" n="5620" ana="12" xml:id="NidE36606"/><anchor type="e" n="1399" ana="12" xml:id="NidE36610"/><anchor type="e" n="5621" ana="12" xml:id="NidE36605"/><anchor type="e" n="3001" ana="12" xml:id="NidE36607"/><anchor type="e" n="4200" ana="12" xml:id="NidE36609"/><anchor type="e" n="4572" ana="12" xml:id="NidE36608"/><anchor type="e" n="4870" ana="12" xml:id="NidE36599"/><anchor type="e" n="1486" ana="12" xml:id="NidE36602"/><anchor type="e" n="2885" ana="12" xml:id="NidE36598"/><anchor type="e" n="5650" ana="12" xml:id="NidE36601"/><anchor type="e" n="5651" ana="12" xml:id="NidE36603"/> neu übersetzen. 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Paris d. 14. April (1817).
Ihren Brief vom 28sten Jan., mein hochgeschätzter Herr und Freund, habe ich, wiewohl spät, empfangen. Zuerst muss ich mich wegen meines Stillschweigens rechtfertigen. Sie erwähnen drei Briefe: ich habe keinen davon erhalten, u. daran sind ohne Zweifel Ihre deutschen Aufschriften Schuld. Denn auch der letzte Brief ist bloss durch einen Zufall in meine Hände gekommen: er war schon in den Casernen der hundert Schweizer gewesen. Eine deutsche Aufschrift ist für die Postbeamten im Auslande nicht besser als eine hebräische, u. sie werden sich schon entschliessen müssen, die Adresse französisch zu schreiben, wenn Sie wünschen dass Ihre Briefe zu mir gelangen.
Ueber den Shakspear will ich Ihnen ganz offenherzig antworten. Ich habe niemals den Vorsatz aufgegeben, meine Uebersetzung zu vollenden, aber es ist eine Arbeit, wobey forgehende Uebung u. ununterbrochne Beschäftigung damit die Leichtigkeit unglaublich vermehrt. Als ich recht im Zuge war, habe ich oft ein ganzes Stück in einem Monate, mehrmals in einigen Wochen zu Stande gebracht. Wie viel Zeit mir hingegen Richard III gekostet, den ich stückweise nach langer Unterbrechung übersetzt, das kann ich gar nicht berechnen. Schon vor etwa 18 Jahren kam die Sache zuerst ins Stocken, durch meine Entzweyung u. den daraus erfolgten Prozess mit Unger. Der gute Unger that nachher alles, um unser Verhältnis wieder ins gleich zu bringen, und wünschte die Fortsetzung lebhaft; aber nun war ich mit andern Arbeiten beschäftigt, mit meinen Vorlesungen, dem Calderon, den Blumensträussen pp, und kam in Berlin nicht wieder dazu. Im Auslande rückten mir häufige Reisen, gesellschaftliche Zerstreuungen, nachher die politische Krise die Sache immer mehr aus dem Gesicht, u. nur durch vieles Andringen erlangte Madame Unger die Vollendung Richard des dritten. – Dazu kommt nun ein anderer Umstand. Mit dem Vorrücken des Lebens habe ich mich der Poesie mehr entfremdet, u. meine herrschende Neigung, ja Leidenschaft ist wissenschaftliches Forschen geworden. Ich möchte gern noch, wenn mir der Himmel Leben u. Gesundheit verleiht, ein u. das andere Original-Werk vollenden, das meinen Namen als Denker u. Forscher auf die Nachwelt brächte. Am Shakspeare ist weder für meinen Ruhm noch meine Wissenschaft etwas zu gewinnen. Wie gesagt, bestimmt aufgegeben habe ich es niemals, aber meine ganze Lage, selbst die Entfernung vom deutschen Boden, ist dagegen. Wenn irgend eine Veränderung in meinen Verhältnissen einträte, wenn ich nach Deutschland zurückkehrte um ganz als Schriftsteller zu leben, so könnte ich den Ueberrest der Werke Shakpeareʼs vielleicht in sehr kurzer Zeit vollenden, aber dazu sehe ich für jetzt nicht die mindeste Wahrscheinlichkeit.
Noch eins: für den Preis, wofür ich die Uebersetzung ehemals geliefert könnte ich die Arbeit jetzt unmöglich liefern; u. wie hoch, meynen Sie, würde der Verleger etwan gehen können?
Auf den nächsten Zeitraum bin ich in der völligen Unmöglichkeit bestimmte Versprechungen zu geben. Der erste Aufzug Heinrich VIII ist übersetzt, aber die vier andern? Vermuthlich bleibe ich noch anderthalb Monate hier, während deren nicht daran zu denken ist; nur wenige Monate in Coppet, dann den Herbst u. Winter wieder in Italien. Darüber geht ein Jahr hin.
Unterdessen erfahre ich durch meinen Bruder, dass Deutsche Zeitungsblätter ankündigen, der alte Voss wolle mit seinem Sohn Johann Hinrich u. Abraham, vermuthlich auch mit seinen Schwiegersöhnen, Enkeln, gebohrnen u. ungebohrnen, mit Einem Worte der ganzen Uebersetzungs-Schmiede-Sippschaft, auch die von mir schon übersetzten Stücke neu übersetzen. Diess ist freylich eine grosse Impertinenz: allein wir haben kein ausschliessendes Privilegium, es kommt darauf an, wie das Publicum die Sache nimmt. Indessen müsste man doch etwas dagegen thun. In meinem eignen Namen kann ich es nicht, Sie könnten es aber in dem Ihrigen. Sie möchten etwan eine Anzeige machen: da man eine Mitbewerbung ankündige, so bedürfen Sie eine Sicherung für den Absatz der folgenden Bände. Sie begehrten also Subscription. Sie hätten gegründete Hoffnung, ich würde mich mit Ernst der Vollendung des Ganzen annehmen, u. in Zukunft jährlich einen Band liefern. Zahlung werde erst bey Ablieferung jedes Bandes verlangt. –
Machen Sie dies nach Ihrem Gutdünken, aber lassen Sie mich so viel möglich aus dem Spiel, denn ich will auf keine Weise wie zu einem Wettlaufe mit diesen hölzernen Gesellen in den Kampfplatz treten.
Es dürfte Sie wohl nicht wundern, wenn nach dem, was ich geleistet, solche Mitwerber mir den ganzen Handel verleideten. Pandarus drohte seinen Bogen zu zerbrechen, wenn er von Troja nach Hause käme. Ich bin nun schon vom Trojanischen Kriege zurückgekehrt, in welchem ich meine Jugend rühmlich durchgekämpft habe.
Lassen Sie mich Ihnen im Vertrauen gestehen, dass ich, seit ich mir einen Europäischen Ruf erworben, allerdings einigen Grund zur Verstimmung gegen das Deutsche Publicum zu haben glaube. Ich sehe keine Zeichen der Anerkennung. In Deutschland wird jede neue Albernheit angestaunt, wer nicht immer auf dem Markte scherzt, wird vergessen. Mein Werk über dramatische Kunst u. Litteratur ist nun in drey Sprachen übersetzt, u. überall besonders in England mit der grössten Auszeichnung aufgenommen worden; in Deutschland erlebt es erst jetzt eine zweyte Auflage. Sie werden es mir nicht verargen, dass ich bey meinen schriftstellerischen Planen auf das Ausland Rücksicht nehme. Wenn man einmal für den Ruhm arbeitet, so ist ein Europäischer Name das einzige würdige Ziel.
Uebrigens bestimmt die Liebe zur Wissenschaft weit mehr meine Thätigkeit, u. selbst die Ausbreitung meiner Studien ist der Vollendung neuer Werke hinderlich. Ich habe mich Jahre lang mit der Untersuchung über die Nibelungen u. die Deutsche Heldendichtung überhaupt beschäftigt, u. darüber die reichhaltigsten Materialien beysammen; es fehlt nur an der Ausführung. Den vorletzten Winter ergab ich mich in Toscana den Etruskischen u. überhaupt Italischen Alterthümern; in meiner Beurtheilung des Niebuhrschen Werkes habe ich einiges vom Ertrage meiner Forschungen gegeben. Diesen Winter habe ich fast ausschliesslich der Indischen Sprache gewidmet, u. ich darf sagen, bedeutende Fortschritte darin gemacht. Wie bald ich aber über diese mannigfaltigen Gegenstände Werke ans Licht stellen werde, kann ich noch nicht bestimmen.
Ich habe Sie, in Gemässheit unserer alten Freundschaft, ganz in meine äusserliche u. geistige Lage zu versetzen gesucht: ich hoffe, Sie werden darin meine Rechtfertigung finden.
Wenn Sie der Mohr u. Winterschen Buchhandlung gütigst ein Exemplar der Zeichnungen zu den Nibelungen von Cornelius auf der Leipziger Messe für mich einhändigen wollten, so könnte ich eine Anzeige davon in den Heidelberger Jahrbüchern übernehmen.
Leben Sie recht wohl, u. behalten Sie mich in freundschaftlichem Andenken.
Meine Adresse ist hier: chez Madame la Baronne de Stael – Rue Royale No 6 – für beständig aber: à Coppet – Canton de Vaud – Suisse. Von dort kommen mir die Briefe sicher zu, wo ich auch seyn möge.
Ihren Brief vom 28sten Jan., mein hochgeschätzter Herr und Freund, habe ich, wiewohl spät, empfangen. Zuerst muss ich mich wegen meines Stillschweigens rechtfertigen. Sie erwähnen drei Briefe: ich habe keinen davon erhalten, u. daran sind ohne Zweifel Ihre deutschen Aufschriften Schuld. Denn auch der letzte Brief ist bloss durch einen Zufall in meine Hände gekommen: er war schon in den Casernen der hundert Schweizer gewesen. Eine deutsche Aufschrift ist für die Postbeamten im Auslande nicht besser als eine hebräische, u. sie werden sich schon entschliessen müssen, die Adresse französisch zu schreiben, wenn Sie wünschen dass Ihre Briefe zu mir gelangen.
Ueber den Shakspear will ich Ihnen ganz offenherzig antworten. Ich habe niemals den Vorsatz aufgegeben, meine Uebersetzung zu vollenden, aber es ist eine Arbeit, wobey forgehende Uebung u. ununterbrochne Beschäftigung damit die Leichtigkeit unglaublich vermehrt. Als ich recht im Zuge war, habe ich oft ein ganzes Stück in einem Monate, mehrmals in einigen Wochen zu Stande gebracht. Wie viel Zeit mir hingegen Richard III gekostet, den ich stückweise nach langer Unterbrechung übersetzt, das kann ich gar nicht berechnen. Schon vor etwa 18 Jahren kam die Sache zuerst ins Stocken, durch meine Entzweyung u. den daraus erfolgten Prozess mit Unger. Der gute Unger that nachher alles, um unser Verhältnis wieder ins gleich zu bringen, und wünschte die Fortsetzung lebhaft; aber nun war ich mit andern Arbeiten beschäftigt, mit meinen Vorlesungen, dem Calderon, den Blumensträussen pp, und kam in Berlin nicht wieder dazu. Im Auslande rückten mir häufige Reisen, gesellschaftliche Zerstreuungen, nachher die politische Krise die Sache immer mehr aus dem Gesicht, u. nur durch vieles Andringen erlangte Madame Unger die Vollendung Richard des dritten. – Dazu kommt nun ein anderer Umstand. Mit dem Vorrücken des Lebens habe ich mich der Poesie mehr entfremdet, u. meine herrschende Neigung, ja Leidenschaft ist wissenschaftliches Forschen geworden. Ich möchte gern noch, wenn mir der Himmel Leben u. Gesundheit verleiht, ein u. das andere Original-Werk vollenden, das meinen Namen als Denker u. Forscher auf die Nachwelt brächte. Am Shakspeare ist weder für meinen Ruhm noch meine Wissenschaft etwas zu gewinnen. Wie gesagt, bestimmt aufgegeben habe ich es niemals, aber meine ganze Lage, selbst die Entfernung vom deutschen Boden, ist dagegen. Wenn irgend eine Veränderung in meinen Verhältnissen einträte, wenn ich nach Deutschland zurückkehrte um ganz als Schriftsteller zu leben, so könnte ich den Ueberrest der Werke Shakpeareʼs vielleicht in sehr kurzer Zeit vollenden, aber dazu sehe ich für jetzt nicht die mindeste Wahrscheinlichkeit.
Noch eins: für den Preis, wofür ich die Uebersetzung ehemals geliefert könnte ich die Arbeit jetzt unmöglich liefern; u. wie hoch, meynen Sie, würde der Verleger etwan gehen können?
Auf den nächsten Zeitraum bin ich in der völligen Unmöglichkeit bestimmte Versprechungen zu geben. Der erste Aufzug Heinrich VIII ist übersetzt, aber die vier andern? Vermuthlich bleibe ich noch anderthalb Monate hier, während deren nicht daran zu denken ist; nur wenige Monate in Coppet, dann den Herbst u. Winter wieder in Italien. Darüber geht ein Jahr hin.
Unterdessen erfahre ich durch meinen Bruder, dass Deutsche Zeitungsblätter ankündigen, der alte Voss wolle mit seinem Sohn Johann Hinrich u. Abraham, vermuthlich auch mit seinen Schwiegersöhnen, Enkeln, gebohrnen u. ungebohrnen, mit Einem Worte der ganzen Uebersetzungs-Schmiede-Sippschaft, auch die von mir schon übersetzten Stücke neu übersetzen. Diess ist freylich eine grosse Impertinenz: allein wir haben kein ausschliessendes Privilegium, es kommt darauf an, wie das Publicum die Sache nimmt. Indessen müsste man doch etwas dagegen thun. In meinem eignen Namen kann ich es nicht, Sie könnten es aber in dem Ihrigen. Sie möchten etwan eine Anzeige machen: da man eine Mitbewerbung ankündige, so bedürfen Sie eine Sicherung für den Absatz der folgenden Bände. Sie begehrten also Subscription. Sie hätten gegründete Hoffnung, ich würde mich mit Ernst der Vollendung des Ganzen annehmen, u. in Zukunft jährlich einen Band liefern. Zahlung werde erst bey Ablieferung jedes Bandes verlangt. –
Machen Sie dies nach Ihrem Gutdünken, aber lassen Sie mich so viel möglich aus dem Spiel, denn ich will auf keine Weise wie zu einem Wettlaufe mit diesen hölzernen Gesellen in den Kampfplatz treten.
Es dürfte Sie wohl nicht wundern, wenn nach dem, was ich geleistet, solche Mitwerber mir den ganzen Handel verleideten. Pandarus drohte seinen Bogen zu zerbrechen, wenn er von Troja nach Hause käme. Ich bin nun schon vom Trojanischen Kriege zurückgekehrt, in welchem ich meine Jugend rühmlich durchgekämpft habe.
Lassen Sie mich Ihnen im Vertrauen gestehen, dass ich, seit ich mir einen Europäischen Ruf erworben, allerdings einigen Grund zur Verstimmung gegen das Deutsche Publicum zu haben glaube. Ich sehe keine Zeichen der Anerkennung. In Deutschland wird jede neue Albernheit angestaunt, wer nicht immer auf dem Markte scherzt, wird vergessen. Mein Werk über dramatische Kunst u. Litteratur ist nun in drey Sprachen übersetzt, u. überall besonders in England mit der grössten Auszeichnung aufgenommen worden; in Deutschland erlebt es erst jetzt eine zweyte Auflage. Sie werden es mir nicht verargen, dass ich bey meinen schriftstellerischen Planen auf das Ausland Rücksicht nehme. Wenn man einmal für den Ruhm arbeitet, so ist ein Europäischer Name das einzige würdige Ziel.
Uebrigens bestimmt die Liebe zur Wissenschaft weit mehr meine Thätigkeit, u. selbst die Ausbreitung meiner Studien ist der Vollendung neuer Werke hinderlich. Ich habe mich Jahre lang mit der Untersuchung über die Nibelungen u. die Deutsche Heldendichtung überhaupt beschäftigt, u. darüber die reichhaltigsten Materialien beysammen; es fehlt nur an der Ausführung. Den vorletzten Winter ergab ich mich in Toscana den Etruskischen u. überhaupt Italischen Alterthümern; in meiner Beurtheilung des Niebuhrschen Werkes habe ich einiges vom Ertrage meiner Forschungen gegeben. Diesen Winter habe ich fast ausschliesslich der Indischen Sprache gewidmet, u. ich darf sagen, bedeutende Fortschritte darin gemacht. Wie bald ich aber über diese mannigfaltigen Gegenstände Werke ans Licht stellen werde, kann ich noch nicht bestimmen.
Ich habe Sie, in Gemässheit unserer alten Freundschaft, ganz in meine äusserliche u. geistige Lage zu versetzen gesucht: ich hoffe, Sie werden darin meine Rechtfertigung finden.
Wenn Sie der Mohr u. Winterschen Buchhandlung gütigst ein Exemplar der Zeichnungen zu den Nibelungen von Cornelius auf der Leipziger Messe für mich einhändigen wollten, so könnte ich eine Anzeige davon in den Heidelberger Jahrbüchern übernehmen.
Leben Sie recht wohl, u. behalten Sie mich in freundschaftlichem Andenken.
Meine Adresse ist hier: chez Madame la Baronne de Stael – Rue Royale No 6 – für beständig aber: à Coppet – Canton de Vaud – Suisse. Von dort kommen mir die Briefe sicher zu, wo ich auch seyn möge.