• Christian Friedrich Tieck to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Mailand · Place of Destination: Coppet · Date: 17.05.1812
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Christian Friedrich Tieck
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Mailand
  • Place of Destination: Coppet
  • Date: 17.05.1812
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-611-36934
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.28,Nr.13
  • Number of Pages: 2 S., hs. m. U.
  • Format: 23,8 x 19,1 cm
  • Incipit: „[1] Mayland den 17. May 1812.
    Geliebter Freund und Bruder, wahrhafter Bruder, wie soll ich dir für deine Hülfe genugsam danken, [...]“
    Language
  • German
    Editors
  • Bamberg, Claudia
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[1] Mayland den 17. May 1812.
Geliebter Freund und Bruder, wahrhafter Bruder, wie soll ich dir für deine Hülfe genugsam danken, ich habe das Geld richtig erhalten, und bin endlich gestern Abend hier angekommen. Des schlechten Wetters halber welches eingetreten war muste ich noch einen Tag länger mich in Belinzona aufhalten als ich wollte, und nachher auch sogar einen Tag in Lugano, da keine Hoffnung zu einem andern Wagen war als eine Art von Post die aber von PrivatPersonen besorgt wird. Der Gasthof in Lugano der über alles Erwarten teuer war, und vor allen Dingen für mein Koffer für den ich statt etwa 4 Schweitzer Gulden beinahe anderthalb Louisdʼor bezahlen muste hätte wirklich mich in die betrübteste Lage versetzt, doch nun bin ich geborgen denke ich durch dich. Morgen früh um 4 Uhr reise ich von hir mit einem Vetturin, den ich bis Parma einen Louisdʼor von Weth bezahlen muß. Von dort werde ich wahrscheinlich den Weg zu Fuß über das Gebürge machen, welches 2–3 Tagreisen werden kann, wenn ich nicht wohlfeil einen Esel finden kann, so muß ich mich dann freilich wieder einem Spedizionar anvetrauen, aber ich denke doch daß es so wohlfeiler sein wird, denn man spricht mir davon das 1 Pferd oder Esel, vier Louisdʼor den Tag kosten soll, und da wäre ich gar übel geborgen, da ich noch nicht recht wissen kann, wie ich mich dort einrichten werde, du schriebst mir, das es dir nicht so bald würde möglich sein mir etwas nach zu schicken, und ich habe auch in der That mit Zittern um dis geschrieben, und alles andre kann auch leicht gegen 2 Monathe dauern, nemlich ehe ich Antwort vom Prinzen haben kann, selbst wenn ich Augenbliklich an ihm schreibe, welches ich nicht einmahl recht wage, nemlich um Geld zu schreiben, da er schon Geld in Rom für mich angewiesen hatt, schreibe ich aber dorthin, so muß von dort aus wahrscheinlich erst an ihm geschrieben werden, und so vermuthe ich sehr natürlich das alles immer beträchtlich aufgehalten wird, von Rußland aus kann ich wenn es am glüklichsten geth natürlich unter 6 Wochen auch gar nichts erwarten denn höchstens kann die Schwester jezt angekommen sein, und ich fürchte sie ist es nicht, da ich rechnen muß das sie nicht vor dem 12ten München verlassen hatt, und ehe sich dann die Leute besinnen, auf welche Weege sie solches schicken sollen, und dis dann wirklich ankömmt vergehen leicht 6 Wochen. Gern sähe ich mir Mayland ein wenig genauer an, aber, es ist zu theuer um sich auf zu halten, ud so gestern Abend angekommen reise ich morgen da ich glüklich genug war gleich heut bey dem Fest meine Pässe und übrigen Geschäfte in Ordnung zu bringen. – Sehr recht hast du gehabt geliebter Freund das die von dir vorausgesetze Art [2] durch M. die Sache zu machen an sichersten gewesen wäre, denn hir habe ich noch die kleine Kränkung gehabt, das dem Angeben nach der Brif auf der Post aufgemacht gewesen sei, und also ihn der Kaufmann gelesen. Doch das ist Kleinigkeit, aber ausserdem werde ich auch wohl Niemahls die Schwachheit verliehren ein tiefes Gefühl der Beschämung zu haben wenn ich Geld benöthigt bin oder vom Geld sprechen soll, das ich disem zu entfliehen suche wo ich kann, auch hatte ich von dir ja erst müssen Rede dazu einhohlen, denn dürfte ich dis dir Vorschreiben was du für mich bezahlen solltest? So ist es ja nun auchrecht, leid thut es mir dich zu quälen darum, Aber ich hoffe ja nun bald dahin zu sein das ich nicht nur die Unterstützung andrer nicht mehr bedarf, sondern auch daran denken kann wieder zu vergüten. Verzeis das ich wieder so schlecht und so närrisch schreibe, aber närrisch oder kindisch werde ich wohl Zeit meines Lebens bleiben. Lebe wohl u behalte mich lieb, und laß auch du mich nach Carara hin bald von dir hören. Tausend Grüsse an M. Es ist nicht unrecht das Sie auch an mich erinnert werde, da ich gar nicht an dich denken kann ohne auch an sie zu denken, und das habe ich wohl viel Gelegenheit und Zeit gehabt zu thun. – Bist du jehmahls in Lugano gewesen? Das ist eine der schönsten Gegenden u Seen die ich noch gesehen habe, schade das es den ganzen Tag das ich da war unaufhörlich regnete. Von Como aus wäre ich gern nach der Villa des Plinius geschift wenn ich Zeit gehabt hätte, doch das ist vergebens, aber das ich hier manche Erkundigungen die ich wünschte nicht einziehen kann thut mir leid. Besonders da es mir ganz an ordentlichen Adressen fehlt. Denn der Kaufmann Mylius, der jezt allein die Firma Mylius hatt da er von den andern getrennt, ist aufs land, ud kommt erst Dienstag wieder, und eben so möchte mann wohl die Künstler nicht antreffen. Aber das Bild von Lionardo habe ich mir angesehen, und eine von Tizian in Fresken gemahlte Capellen in der Kirche von San Lazaro, u nun will ich auch noch ein wenig auf der Strasse Spatziren gehen, um die Menschen anzusehen. Lebe wohl geliebter Freund u Bruder, Lebe wohl u behalt mich lieb. Du hast einen Brif von mir von Altorff erhalten, aber ich weis nicht ob ich dir auch von Belinzona aus geschrieben habe, Nun lebe wohl. Ewig dein treuer Freund Fr: T.
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[1] Mayland den 17. May 1812.
Geliebter Freund und Bruder, wahrhafter Bruder, wie soll ich dir für deine Hülfe genugsam danken, ich habe das Geld richtig erhalten, und bin endlich gestern Abend hier angekommen. Des schlechten Wetters halber welches eingetreten war muste ich noch einen Tag länger mich in Belinzona aufhalten als ich wollte, und nachher auch sogar einen Tag in Lugano, da keine Hoffnung zu einem andern Wagen war als eine Art von Post die aber von PrivatPersonen besorgt wird. Der Gasthof in Lugano der über alles Erwarten teuer war, und vor allen Dingen für mein Koffer für den ich statt etwa 4 Schweitzer Gulden beinahe anderthalb Louisdʼor bezahlen muste hätte wirklich mich in die betrübteste Lage versetzt, doch nun bin ich geborgen denke ich durch dich. Morgen früh um 4 Uhr reise ich von hir mit einem Vetturin, den ich bis Parma einen Louisdʼor von Weth bezahlen muß. Von dort werde ich wahrscheinlich den Weg zu Fuß über das Gebürge machen, welches 2–3 Tagreisen werden kann, wenn ich nicht wohlfeil einen Esel finden kann, so muß ich mich dann freilich wieder einem Spedizionar anvetrauen, aber ich denke doch daß es so wohlfeiler sein wird, denn man spricht mir davon das 1 Pferd oder Esel, vier Louisdʼor den Tag kosten soll, und da wäre ich gar übel geborgen, da ich noch nicht recht wissen kann, wie ich mich dort einrichten werde, du schriebst mir, das es dir nicht so bald würde möglich sein mir etwas nach zu schicken, und ich habe auch in der That mit Zittern um dis geschrieben, und alles andre kann auch leicht gegen 2 Monathe dauern, nemlich ehe ich Antwort vom Prinzen haben kann, selbst wenn ich Augenbliklich an ihm schreibe, welches ich nicht einmahl recht wage, nemlich um Geld zu schreiben, da er schon Geld in Rom für mich angewiesen hatt, schreibe ich aber dorthin, so muß von dort aus wahrscheinlich erst an ihm geschrieben werden, und so vermuthe ich sehr natürlich das alles immer beträchtlich aufgehalten wird, von Rußland aus kann ich wenn es am glüklichsten geth natürlich unter 6 Wochen auch gar nichts erwarten denn höchstens kann die Schwester jezt angekommen sein, und ich fürchte sie ist es nicht, da ich rechnen muß das sie nicht vor dem 12ten München verlassen hatt, und ehe sich dann die Leute besinnen, auf welche Weege sie solches schicken sollen, und dis dann wirklich ankömmt vergehen leicht 6 Wochen. Gern sähe ich mir Mayland ein wenig genauer an, aber, es ist zu theuer um sich auf zu halten, ud so gestern Abend angekommen reise ich morgen da ich glüklich genug war gleich heut bey dem Fest meine Pässe und übrigen Geschäfte in Ordnung zu bringen. – Sehr recht hast du gehabt geliebter Freund das die von dir vorausgesetze Art [2] durch M. die Sache zu machen an sichersten gewesen wäre, denn hir habe ich noch die kleine Kränkung gehabt, das dem Angeben nach der Brif auf der Post aufgemacht gewesen sei, und also ihn der Kaufmann gelesen. Doch das ist Kleinigkeit, aber ausserdem werde ich auch wohl Niemahls die Schwachheit verliehren ein tiefes Gefühl der Beschämung zu haben wenn ich Geld benöthigt bin oder vom Geld sprechen soll, das ich disem zu entfliehen suche wo ich kann, auch hatte ich von dir ja erst müssen Rede dazu einhohlen, denn dürfte ich dis dir Vorschreiben was du für mich bezahlen solltest? So ist es ja nun auchrecht, leid thut es mir dich zu quälen darum, Aber ich hoffe ja nun bald dahin zu sein das ich nicht nur die Unterstützung andrer nicht mehr bedarf, sondern auch daran denken kann wieder zu vergüten. Verzeis das ich wieder so schlecht und so närrisch schreibe, aber närrisch oder kindisch werde ich wohl Zeit meines Lebens bleiben. Lebe wohl u behalte mich lieb, und laß auch du mich nach Carara hin bald von dir hören. Tausend Grüsse an M. Es ist nicht unrecht das Sie auch an mich erinnert werde, da ich gar nicht an dich denken kann ohne auch an sie zu denken, und das habe ich wohl viel Gelegenheit und Zeit gehabt zu thun. – Bist du jehmahls in Lugano gewesen? Das ist eine der schönsten Gegenden u Seen die ich noch gesehen habe, schade das es den ganzen Tag das ich da war unaufhörlich regnete. Von Como aus wäre ich gern nach der Villa des Plinius geschift wenn ich Zeit gehabt hätte, doch das ist vergebens, aber das ich hier manche Erkundigungen die ich wünschte nicht einziehen kann thut mir leid. Besonders da es mir ganz an ordentlichen Adressen fehlt. Denn der Kaufmann Mylius, der jezt allein die Firma Mylius hatt da er von den andern getrennt, ist aufs land, ud kommt erst Dienstag wieder, und eben so möchte mann wohl die Künstler nicht antreffen. Aber das Bild von Lionardo habe ich mir angesehen, und eine von Tizian in Fresken gemahlte Capellen in der Kirche von San Lazaro, u nun will ich auch noch ein wenig auf der Strasse Spatziren gehen, um die Menschen anzusehen. Lebe wohl geliebter Freund u Bruder, Lebe wohl u behalt mich lieb. Du hast einen Brif von mir von Altorff erhalten, aber ich weis nicht ob ich dir auch von Belinzona aus geschrieben habe, Nun lebe wohl. Ewig dein treuer Freund Fr: T.
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