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Willhelm<lb/><hi rend="family:Courier">Schlegel</hi> Wohlgeb.<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Handschrift von Ludwig Emanuel Ernst</title></note><milestone unit="end" n="604"/></p>', '36_xml_standoff' => '<milestone unit="start" n="600"/>[1]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="600"/> Liebster Wilhelm, ich muß immer noch einmal einen Versuch machen, ob ich dich nicht dazu bewege, mir einmal ein Briefchen zu schreiben, ich kann mich unmöglich mit den Nachrichten begnügen die ich so unvollkommen durch die dritte vierte Hand bekomme, du mußt denken daß du und <anchor type="b" n="8" ana="11" xml:id="NidB27984"/>Friedrich<anchor type="e" n="8" ana="11" xml:id="NidE27984"/> diejenigen von meiner Familie sind die mir am mehrsten am Herzen gelegen, und die ich nie von meiner Liebe trennen kann. Du bist jetzt freylich in eine große zerstreuende Welt gekommen, von interreßanten Gegenständen umgeben, wo der Geist immer an der Gegenwart gefesselt wird, aber es thut doch auch wohl sich der ersten, frühsten Verhältniße unsres Lebens zu erinnren, die sich durch das ganze Leben hindurch treu und unverändert erhalten haben, und in den Banden des Bluts besonders wenn sie durch Sympathie erhöht sind, liegt doch etwas eignes welches sich nicht ersetzen läßt. Aus allem was ich höre schließe ich daß du sehr glücklich bey <anchor type="b" n="222" ana="11" xml:id="NidB27985"/>der Frau von Stael<anchor type="e" n="222" ana="11" xml:id="NidE27985"/> bist, daß die gegenseitigste Achtung und Intereße euch an einander fesselt, schreibe mir doch mehr davon. Es schmerzt mich daß ich diese vortreffliche Frau nicht habe kennen lernen, du hast ihr wohl nicht erzählt daß du <anchor type="b" n="115" ana="11" xml:id="NidB56141"/>eine Schwester<anchor type="e" n="115" ana="11" xml:id="NidE56141"/> in <anchor type="b" n="13" ana="10" xml:id="NidB27986"/>Dresden<anchor type="e" n="13" ana="10" xml:id="NidE27986"/> besitzt, die sie innigst verehrt, sowohl wegen ihres Geistes, denn sie aus ihren Schriften kennt, als wegen des Glücks das sie dir giebt. – <anchor type="b" n="8748" ana="16" xml:id="NidB55430"/>Nur eins fehlt deiner schönen Seele das was man die <hi rend="underline:1">Seinigen</hi> nennt<anchor type="e" n="8748" ana="16" xml:id="NidE55430"/>, wo du deine ganze Liebe niederlegen, und m<milestone unit="start" n="23432"/>[it]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Textverlust durch Blattausriss</title></note><milestone unit="end" n="23432"/> Ruhe deine ältern Jahre erwarten könntest.<lb/><milestone unit="start" n="601"/>[2]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="601"/> <anchor type="b" n="121" ana="11" xml:id="NidB27987"/>unser Gustchen<anchor type="e" n="121" ana="11" xml:id="NidE27987"/> wächst zu unsrer Freude heran, du müßtest sie lieben, wenn du sie unter uns sähest, eine zarte feine Bildung, ein ebenso zarter Geist, der manchmal durch alle dem kindischen Wesen so schön hervorblickt, übrigens holt sie ihre frühern Kinderjahre noch nach, wo sie mit ihrer schwachen Gesundheit nicht so fortkommen konnte spielt, läuft und springt und treibts ganz wie ein kleines Kind, ich lasse sie ruhig machen, denn ich habe bemerkt wer die Kinderjahre nicht ganz auslebt dem bleibt <hi rend="underline:1">immer</hi> etwas kindisches <milestone unit="start" n="23550"/>Kleb<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Unsichere Lesung</title></note><milestone unit="end" n="23550"/>en, mit der Musik wird es gut gehen daß wird am eifrigsten getrieben. Nun wollte ich gern den Winter mit dem zeichnen anfangen, daß ist aber ein schwerer Punkt, ich halte bey dem zeichnen nothwendig dafür gleich vom Anfange an einen <hi rend="underline:1">rechten</hi> Zeichenmeister, denn was mir noch vil wichtiger ist als ihre Fortschritte in der Kunst selbst, ist das sie würdige Begriffe davon faßt, und Ehrfurcht für dieselbe bekomt, die gewöhnlichen <hi rend="family:Courier">maitres</hi> aber zerstören beides, und würdigen sie nur zu einigen <hi rend="family:Courier">mechanischen</hi> Handgriffen herab, die sie ihnen nicht einmal rein bey bringen. 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Auf dich darf man wohl fürs erste gar nicht rechnen, dich in Dresden zu sehen? <anchor type="b" n="8748" ana="16" xml:id="NidB55429"/>Wie geht es denn mit deinen Schriftstellerischen Planen, sehen wir noch nichts von <anchor type="b" n="261" ana="12" xml:id="NidB27994"/>dem <anchor type="b" n="166" ana="11" xml:id="NidB27992"/>Calderon<anchor type="e" n="166" ana="11" xml:id="NidE27992"/><anchor type="e" n="261" ana="12" xml:id="NidE27994"/>, und <anchor type="b" n="344" ana="12" xml:id="NidB27995"/>den <anchor type="b" n="4" ana="11" xml:id="NidB27993"/>Schaksspear<anchor type="e" n="4" ana="11" xml:id="NidE27993"/><anchor type="e" n="344" ana="12" xml:id="NidE27995"/>?<anchor type="e" n="8748" ana="16" xml:id="NidE55429"/> hat die Fr. v. Stael ihre Schriftstellerische Laufbahn schon aufgehört? 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Du bist jetzt freylich in eine große zerstreuende Welt gekommen, von interreßanten Gegenständen umgeben, wo der Geist immer an der Gegenwart gefesselt wird, aber es thut doch auch wohl sich der ersten, frühsten Verhältniße unsres Lebens zu erinnren, die sich durch das ganze Leben hindurch treu und unverändert erhalten haben, und in den Banden des Bluts besonders wenn sie durch Sympathie erhöht sind, liegt doch etwas eignes welches sich nicht ersetzen läßt. Aus allem was ich höre schließe ich daß du sehr glücklich bey <span class="index-222 tp-27985 ">der Frau von Stael</span> bist, daß die gegenseitigste Achtung und Intereße euch an einander fesselt, schreibe mir doch mehr davon. Es schmerzt mich daß ich diese vortreffliche Frau nicht habe kennen lernen, du hast ihr wohl nicht erzählt daß du <span class="index-115 tp-56141 ">eine Schwester</span> in <span class="index-13 tp-27986 ">Dresden</span> besitzt, die sie innigst verehrt, sowohl wegen ihres Geistes, denn sie aus ihren Schriften kennt, als wegen des Glücks das sie dir giebt. – <span class="cite tp-55430 ">Nur eins fehlt deiner schönen Seele das was man die </span><span class="cite tp-55430 underline-1 ">Seinigen</span><span class="cite tp-55430 "> nennt</span>, wo du deine ganze Liebe niederlegen, und m<span class="notice-23432 ">[it]</span> Ruhe deine ältern Jahre erwarten könntest.<br><span class="notice-601 ">[2]</span> <span class="index-121 tp-27987 ">unser Gustchen</span> wächst zu unsrer Freude heran, du müßtest sie lieben, wenn du sie unter uns sähest, eine zarte feine Bildung, ein ebenso zarter Geist, der manchmal durch alle dem kindischen Wesen so schön hervorblickt, übrigens holt sie ihre frühern Kinderjahre noch nach, wo sie mit ihrer schwachen Gesundheit nicht so fortkommen konnte spielt, läuft und springt und treibts ganz wie ein kleines Kind, ich lasse sie ruhig machen, denn ich habe bemerkt wer die Kinderjahre nicht ganz auslebt dem bleibt <span class="underline-1 ">immer</span> etwas kindisches <span class="notice-23550 ">Kleb</span>en, mit der Musik wird es gut gehen daß wird am eifrigsten getrieben. Nun wollte ich gern den Winter mit dem zeichnen anfangen, daß ist aber ein schwerer Punkt, ich halte bey dem zeichnen nothwendig dafür gleich vom Anfange an einen <span class="underline-1 ">rechten</span> Zeichenmeister, denn was mir noch vil wichtiger ist als ihre Fortschritte in der Kunst selbst, ist das sie würdige Begriffe davon faßt, und Ehrfurcht für dieselbe bekomt, die gewöhnlichen <span class="family-courier ">maitres</span> aber zerstören beides, und würdigen sie nur zu einigen <span class="family-courier ">mechanischen</span> Handgriffen herab, die sie ihnen nicht einmal rein bey bringen. Ich hätte einen solchen sehr guten Maitre auf der <span class="notice-23551 ">Fahrt</span>, der von seiner Kunst begeistert ist, und schön darüber lehrt, es ist <span class="index-8956 tp-56142 ">der Vogel der die Kindernatur so gut darstellt</span>, aber er nimmt die Stunde 1 <span class="notice-23446 ">thlr</span> und daß ist bey unsrer beschränkten Ein<span class="notice-602 ">[3]</span>nahme unmöglich, ich muß sehen ob ich Traktaten mit ihm schließen kann. – Wir sind diesen Sommer in <span class="index-633 tp-27988 ">Carlsbad</span> gewesen, und das hat unsrer aller Gesundheit sehr wohl gethan, für <span class="index-129 tp-27989 ">meinen Mann</span> war diese Reise sehr nöthig, der Aufenthalt war sehr angenehm, doch machte sich die Reise ziemlich kostbar, überhaupt fängt an die <span class="family-courier ">exorbitante</span> Theurung hier drückend zu werden, und man muß manches in seiner Lebensart verä<span class="notice-23552 ">nd</span>ern, was sonst angenehm war.<br>Schreib mir doch besonders was <span class="index-132 tp-27990 ">die Bernhardin</span> macht und ob sie sich wieder ein bischen erholt, wir haben wohl noch lange keine Hofnung sie in <span class="index-13 tp-56143 ">Dresden</span> zu sehen, ich freue mich um deinetwillen daß <span class="index-222 tp-56144 ">die Frau von Stael</span> wieder nach Frankreich darf dieses wird dir doch wahrscheinlich lieb seyn. Auf dich darf man wohl fürs erste gar nicht rechnen, dich in Dresden zu sehen? <span class="cite tp-55429 ">Wie geht es denn mit deinen Schriftstellerischen Planen, sehen wir noch nichts von </span><span class="cite tp-55429 index-261 tp-27994 ">dem </span><span class="cite tp-55429 index-261 tp-27994 index-166 tp-27992 ">Calderon</span><span class="cite tp-55429 ">, und </span><span class="cite tp-55429 index-344 tp-27995 ">den </span><span class="cite tp-55429 index-344 tp-27995 index-4 tp-27993 ">Schaksspear</span><span class="cite tp-55429 ">?</span> hat die Fr. v. Stael ihre Schriftstellerische Laufbahn schon aufgehört? Von <span class="index-48 tp-27996 ">Tiek</span> höre ich auch nichts das er etwas herausgiebt, komt es mir nur allein nicht zu Ohren? Daß er wieder <span class="index-4695 tp-57894 ">ein Töchterchen</span> hat weißt du. <span class="index-8957 tp-56145 ">Die Emilie</span> die ich erzogen habe, ist glücklich bey <span class="index-179 tp-27997 ">dem Carl Hardenberg</span> ange<span class="notice-23447 ">langt</span> wo sie ein gutes Loos haben wird wenn sie sich darnach beträgt. Nun leb wohl bester Bruder<br>Deine<br>Charlotte Ernst<br><span class="index-1524 tp-56146 notice-603 ">Pillnitz</span><span class="notice-603 ">,<br>d. 24. </span><span class="notice-603 family-courier ">Au[gust]</span><span class="notice-603 "><br>1805</span>.<br><span class="notice-605 ">[4]</span> <span class="notice-604 ">An Herrn Professor Aug. 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Nun wollte ich gern den Winter mit dem zeichnen anfangen, daß ist aber ein schwerer Punkt, ich halte bey dem zeichnen nothwendig dafür gleich vom Anfange an einen <hi rend="underline:1">rechten</hi> Zeichenmeister, denn was mir noch vil wichtiger ist als ihre Fortschritte in der Kunst selbst, ist das sie würdige Begriffe davon faßt, und Ehrfurcht für dieselbe bekomt, die gewöhnlichen <hi rend="family:Courier">maitres</hi> aber zerstören beides, und würdigen sie nur zu einigen <hi rend="family:Courier">mechanischen</hi> Handgriffen herab, die sie ihnen nicht einmal rein bey bringen. Ich hätte einen solchen sehr guten Maitre auf der <milestone unit="start" n="23551"/>Fahrt<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Wohl gemeint im Sinne von "Fährte"</title></note><milestone unit="end" n="23551"/>, der von seiner Kunst begeistert ist, und schön darüber lehrt, es ist <anchor type="b" n="8956" ana="11" xml:id="NidB56142"/>der Vogel der die Kindernatur so gut darstellt<anchor type="e" n="8956" ana="11" xml:id="NidE56142"/>, aber er nimmt die Stunde 1 <milestone unit="start" n="23446"/>thlr<note type="Sachkommentar"><title>Taler</title></note><milestone unit="end" n="23446"/> und daß ist bey unsrer beschränkten Ein<milestone unit="start" n="602"/>[3]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="602"/>nahme unmöglich, ich muß sehen ob ich Traktaten mit ihm schließen kann. – Wir sind diesen Sommer in <anchor type="b" n="633" ana="10" xml:id="NidB27988"/>Carlsbad<anchor type="e" n="633" ana="10" xml:id="NidE27988"/> gewesen, und das hat unsrer aller Gesundheit sehr wohl gethan, für <anchor type="b" n="129" ana="11" xml:id="NidB27989"/>meinen Mann<anchor type="e" n="129" ana="11" xml:id="NidE27989"/> war diese Reise sehr nöthig, der Aufenthalt war sehr angenehm, doch machte sich die Reise ziemlich kostbar, überhaupt fängt an die <hi rend="family:Courier">exorbitante</hi> Theurung hier drückend zu werden, und man muß manches in seiner Lebensart verä<milestone unit="start" n="23552"/>nd<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Unsichere Lesung</title></note><milestone unit="end" n="23552"/>ern, was sonst angenehm war.<lb/>Schreib mir doch besonders was <anchor type="b" n="132" ana="11" xml:id="NidB27990"/>die Bernhardin<anchor type="e" n="132" ana="11" xml:id="NidE27990"/> macht und ob sie sich wieder ein bischen erholt, wir haben wohl noch lange keine Hofnung sie in <anchor type="b" n="13" ana="10" xml:id="NidB56143"/>Dresden<anchor type="e" n="13" ana="10" xml:id="NidE56143"/> zu sehen, ich freue mich um deinetwillen daß <anchor type="b" n="222" ana="11" xml:id="NidB56144"/>die Frau von Stael<anchor type="e" n="222" ana="11" xml:id="NidE56144"/> wieder nach Frankreich darf dieses wird dir doch wahrscheinlich lieb seyn. Auf dich darf man wohl fürs erste gar nicht rechnen, dich in Dresden zu sehen? <anchor type="b" n="8748" ana="16" xml:id="NidB55429"/>Wie geht es denn mit deinen Schriftstellerischen Planen, sehen wir noch nichts von <anchor type="b" n="261" ana="12" xml:id="NidB27994"/>dem <anchor type="b" n="166" ana="11" xml:id="NidB27992"/>Calderon<anchor type="e" n="166" ana="11" xml:id="NidE27992"/><anchor type="e" n="261" ana="12" xml:id="NidE27994"/>, und <anchor type="b" n="344" ana="12" xml:id="NidB27995"/>den <anchor type="b" n="4" ana="11" xml:id="NidB27993"/>Schaksspear<anchor type="e" n="4" ana="11" xml:id="NidE27993"/><anchor type="e" n="344" ana="12" xml:id="NidE27995"/>?<anchor type="e" n="8748" ana="16" xml:id="NidE55429"/> hat die Fr. v. Stael ihre Schriftstellerische Laufbahn schon aufgehört? Von <anchor type="b" n="48" ana="11" xml:id="NidB27996"/>Tiek<anchor type="e" n="48" ana="11" xml:id="NidE27996"/> höre ich auch nichts das er etwas herausgiebt, komt es mir nur allein nicht zu Ohren? Daß er wieder <anchor type="b" n="4695" ana="11" xml:id="NidB57894"/>ein Töchterchen<anchor type="e" n="4695" ana="11" xml:id="NidE57894"/> hat weißt du. <anchor type="b" n="8957" ana="11" xml:id="NidB56145"/>Die Emilie<anchor type="e" n="8957" ana="11" xml:id="NidE56145"/> die ich erzogen habe, ist glücklich bey <anchor type="b" n="179" ana="11" xml:id="NidB27997"/>dem Carl Hardenberg<anchor type="e" n="179" ana="11" xml:id="NidE27997"/> ange<milestone unit="start" n="23447"/>langt<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Unsichere Lesung</title></note><milestone unit="end" n="23447"/> wo sie ein gutes Loos haben wird wenn sie sich darnach beträgt. Nun leb wohl bester Bruder<lb/>Deine<lb/>Charlotte Ernst<lb/><anchor type="b" n="1524" ana="10" xml:id="NidB56146"/><milestone unit="start" n="603"/>Pillnitz<anchor type="e" n="1524" ana="10" xml:id="NidE56146"/>,<lb/>d. 24. <hi rend="family:Courier">Au[gust]</hi><lb/>1805<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Handschrift von Ludwig Emanuel Ernst</title></note><milestone unit="end" n="603"/>.<lb/><milestone unit="start" n="605"/>[4]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="605"/><note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="601"/> <milestone unit="start" n="604"/>An Herrn Professor Aug. 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[1] Liebster Wilhelm, ich muß immer noch einmal einen Versuch machen, ob ich dich nicht dazu bewege, mir einmal ein Briefchen zu schreiben, ich kann mich unmöglich mit den Nachrichten begnügen die ich so unvollkommen durch die dritte vierte Hand bekomme, du mußt denken daß du und Friedrich diejenigen von meiner Familie sind die mir am mehrsten am Herzen gelegen, und die ich nie von meiner Liebe trennen kann. Du bist jetzt freylich in eine große zerstreuende Welt gekommen, von interreßanten Gegenständen umgeben, wo der Geist immer an der Gegenwart gefesselt wird, aber es thut doch auch wohl sich der ersten, frühsten Verhältniße unsres Lebens zu erinnren, die sich durch das ganze Leben hindurch treu und unverändert erhalten haben, und in den Banden des Bluts besonders wenn sie durch Sympathie erhöht sind, liegt doch etwas eignes welches sich nicht ersetzen läßt. Aus allem was ich höre schließe ich daß du sehr glücklich bey der Frau von Stael bist, daß die gegenseitigste Achtung und Intereße euch an einander fesselt, schreibe mir doch mehr davon. Es schmerzt mich daß ich diese vortreffliche Frau nicht habe kennen lernen, du hast ihr wohl nicht erzählt daß du eine Schwester in Dresden besitzt, die sie innigst verehrt, sowohl wegen ihres Geistes, denn sie aus ihren Schriften kennt, als wegen des Glücks das sie dir giebt. – Nur eins fehlt deiner schönen Seele das was man die Seinigen nennt, wo du deine ganze Liebe niederlegen, und m[it] Ruhe deine ältern Jahre erwarten könntest.
[2] unser Gustchen wächst zu unsrer Freude heran, du müßtest sie lieben, wenn du sie unter uns sähest, eine zarte feine Bildung, ein ebenso zarter Geist, der manchmal durch alle dem kindischen Wesen so schön hervorblickt, übrigens holt sie ihre frühern Kinderjahre noch nach, wo sie mit ihrer schwachen Gesundheit nicht so fortkommen konnte spielt, läuft und springt und treibts ganz wie ein kleines Kind, ich lasse sie ruhig machen, denn ich habe bemerkt wer die Kinderjahre nicht ganz auslebt dem bleibt immer etwas kindisches Kleben, mit der Musik wird es gut gehen daß wird am eifrigsten getrieben. Nun wollte ich gern den Winter mit dem zeichnen anfangen, daß ist aber ein schwerer Punkt, ich halte bey dem zeichnen nothwendig dafür gleich vom Anfange an einen rechten Zeichenmeister, denn was mir noch vil wichtiger ist als ihre Fortschritte in der Kunst selbst, ist das sie würdige Begriffe davon faßt, und Ehrfurcht für dieselbe bekomt, die gewöhnlichen maitres aber zerstören beides, und würdigen sie nur zu einigen mechanischen Handgriffen herab, die sie ihnen nicht einmal rein bey bringen. Ich hätte einen solchen sehr guten Maitre auf der Fahrt, der von seiner Kunst begeistert ist, und schön darüber lehrt, es ist der Vogel der die Kindernatur so gut darstellt, aber er nimmt die Stunde 1 thlr und daß ist bey unsrer beschränkten Ein[3]nahme unmöglich, ich muß sehen ob ich Traktaten mit ihm schließen kann. – Wir sind diesen Sommer in Carlsbad gewesen, und das hat unsrer aller Gesundheit sehr wohl gethan, für meinen Mann war diese Reise sehr nöthig, der Aufenthalt war sehr angenehm, doch machte sich die Reise ziemlich kostbar, überhaupt fängt an die exorbitante Theurung hier drückend zu werden, und man muß manches in seiner Lebensart verändern, was sonst angenehm war.
Schreib mir doch besonders was die Bernhardin macht und ob sie sich wieder ein bischen erholt, wir haben wohl noch lange keine Hofnung sie in Dresden zu sehen, ich freue mich um deinetwillen daß die Frau von Stael wieder nach Frankreich darf dieses wird dir doch wahrscheinlich lieb seyn. Auf dich darf man wohl fürs erste gar nicht rechnen, dich in Dresden zu sehen? Wie geht es denn mit deinen Schriftstellerischen Planen, sehen wir noch nichts von dem Calderon, und den Schaksspear? hat die Fr. v. Stael ihre Schriftstellerische Laufbahn schon aufgehört? Von Tiek höre ich auch nichts das er etwas herausgiebt, komt es mir nur allein nicht zu Ohren? Daß er wieder ein Töchterchen hat weißt du. Die Emilie die ich erzogen habe, ist glücklich bey dem Carl Hardenberg angelangt wo sie ein gutes Loos haben wird wenn sie sich darnach beträgt. Nun leb wohl bester Bruder
Deine
Charlotte Ernst
Pillnitz,
d. 24. Au[gust]
1805.
[4] An Herrn Professor Aug. Willhelm
Schlegel Wohlgeb.
[2] unser Gustchen wächst zu unsrer Freude heran, du müßtest sie lieben, wenn du sie unter uns sähest, eine zarte feine Bildung, ein ebenso zarter Geist, der manchmal durch alle dem kindischen Wesen so schön hervorblickt, übrigens holt sie ihre frühern Kinderjahre noch nach, wo sie mit ihrer schwachen Gesundheit nicht so fortkommen konnte spielt, läuft und springt und treibts ganz wie ein kleines Kind, ich lasse sie ruhig machen, denn ich habe bemerkt wer die Kinderjahre nicht ganz auslebt dem bleibt immer etwas kindisches Kleben, mit der Musik wird es gut gehen daß wird am eifrigsten getrieben. Nun wollte ich gern den Winter mit dem zeichnen anfangen, daß ist aber ein schwerer Punkt, ich halte bey dem zeichnen nothwendig dafür gleich vom Anfange an einen rechten Zeichenmeister, denn was mir noch vil wichtiger ist als ihre Fortschritte in der Kunst selbst, ist das sie würdige Begriffe davon faßt, und Ehrfurcht für dieselbe bekomt, die gewöhnlichen maitres aber zerstören beides, und würdigen sie nur zu einigen mechanischen Handgriffen herab, die sie ihnen nicht einmal rein bey bringen. Ich hätte einen solchen sehr guten Maitre auf der Fahrt, der von seiner Kunst begeistert ist, und schön darüber lehrt, es ist der Vogel der die Kindernatur so gut darstellt, aber er nimmt die Stunde 1 thlr und daß ist bey unsrer beschränkten Ein[3]nahme unmöglich, ich muß sehen ob ich Traktaten mit ihm schließen kann. – Wir sind diesen Sommer in Carlsbad gewesen, und das hat unsrer aller Gesundheit sehr wohl gethan, für meinen Mann war diese Reise sehr nöthig, der Aufenthalt war sehr angenehm, doch machte sich die Reise ziemlich kostbar, überhaupt fängt an die exorbitante Theurung hier drückend zu werden, und man muß manches in seiner Lebensart verändern, was sonst angenehm war.
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