• Charlotte Ernst to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Dresden · Place of Destination: Coppet · Date: 27. November [1808]
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Charlotte Ernst
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Dresden
  • Place of Destination: Coppet
  • Date: 27. November [1808]
  • Notations: Datum (Jahr) sowie Absende- und Empfangsort erschlossen. – Zur Datierung: Friedrich und Dorothea Schlegel hielten sich vor ihrer Abreise nach Wien – Friedrich kam Ende Juni dort an, Dorothea folgte ihm etwas später – in Dresden und Pillnitz bei Charlotte Ernst auf. – Charlotte Ernst lässt bei „ch“-Schreibungen oft das „c“ weg. Hier wurde korrigierend eingegriffen.
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: APP2712-Bd-5
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,18,14
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 20,3 x 12,7 cm
  • Incipit: „[1] den 27 ten
    Nov.
    Mein Geliebtester Bruder
    Es ist eine lange Zeit hingegangen daß ich nicht an dich geschrieben habe, aber ich [...]“
    Language
  • German
    Editors
  • Bamberg, Claudia
Notice (8): Undefined offset: 0 [APP/View/Letters/view.ctp, line 360]/version-04-20/letters/view/6637" data-language="">
[1] den 27 ten
Nov.
Mein Geliebtester Bruder
Es ist eine lange Zeit hingegangen daß ich nicht an dich geschrieben habe, aber ich habe ganze 8 Wochen so unruhig und geschäftvoll zugebracht, daß ich auch nicht einmal an meine Mutter geschrieben das Briefschreiben ist immer das Erste was da wegfällt weil es einmal nicht in die Liste meiner gewöhnlichen Geschäfte mit angerechnet ist, also ein hors dʼoeuvres wozu schon eine besondre Muße seyn muß das unruhige Leben meines Mannes in seinem Amte, zieht mich mit hinein, ich suche es ihm so vil als möglich zu erleichtern, daß er es nicht so ganz fühlt was es drückendes für den Geist hat und Einförmiges für den Geist hat. und so bin ich diesen letzten Theil des Sommers bald in Dresden, bald in Pillnitz an keinen Ort lange, und an keinem recht zu Hause gewesen es war mit sehr vil Unbequemlichkeit verbunden, seit der neuen französischen allianz kommen jetzt Dinge in seinem Dienste vor, von denen man vorher gar nichts wußte und der alte Schlendrian ist ganz verlassen. Jetzt ist er in Pohlen, und ich hoffe ihn in der Mitte des Januars wieder zu sehen, es ist eine Prüfungszeit für ihn. Mir ist gewißermaasen die Ruhe wohlthätig die bey mir eingetreten ist, und daß ich mich ganz mit meinem Gustchen beschäftigen kann. – Ich weiß nicht ob du ganz zufrieden seyn wirst, daß die Schwiegerinn nach Wien gegangen, nach meinem besten Ueberlegen war es daß Beste, sowohl für meine Geschwister, als für mich wenn du ich du ein vertrauliches Stündchen bey mir zubrächtest wollte ich dir das so detailliren daß du mir völlig recht geben solltest. Erstlich opfre ich mich gewiß gern meinen Freunden auf, sobald ich Nutzen daraus ersehe, aber wenn dieses nicht ist so treten meine eignen Rechte wieder ein, und ich [2] muß dann an mich denken, Meine Gesundheit und mein Gemüth erfordern nothwendig eine tiefe Ruhe in meinem Innren, das ist das Element in das ich lebe und äußere Bequemlichkeiten opfre ich gern dafür auf darinnen contrastire ich ganz mit meiner Schwiegerinn und auch ist dieß der Einzige Punkt worinnen ich mit Friedrich contrastire, sie opfern für die Bequemlichkeit und Pflege des Leibes wenn es Noth thut die Ruhe des Gemüths auf. Der Gedanke warum ich wünschte, die Schwiegerinn sollte eine Zeitlang bey mir leben seyn *laß ja mit keinem Worte an Friedrich merken was ich dir über ihn geschrieben., war, daß beyde ämsig an einen baldigen Verein arbeiten sollte, er dort fleißig, sie hier, ud daß ich so villeicht ein weniges dazu beytrüge, daß sie sich einen etwas bequemern Herd bauen könnten wenn dieß der Fall gewesen wäre, wenn sie fleißig gearbeitet, ud zurück gelegt hätten, dann hätte sie ein Jahr bey mir bleiben mögen, so war es das Gegentheil Friedrich gewöhnte sich dort almählich an das Leben eines Garçon ud der Schwiegerinn wurde es auch wieder schwerer, sich in eine ungemächliche Lage zu versetzen. Die Hauptsache für mich war, daß Friedrich mir so oft gesagt, daß sie ihm zu seinen Arbeiten unentbehrlich ist, und hierinnen scheint sie vil Verdienste zu haben sie ehrt seine Arbeitstunden, und vermeidet alles was ihn aus dieser günstigen Lage heraus bringen könnte, dann glaube ich kann sie sich erstaunlich in seine Ideen hineindenken, sie ist ordentlich sein Nachhall, er kann das Bedürfniß befriedigen, über seine Ideen zu reden, ohne dadurch um seine Zeit gebracht zu werden, eine stille Geselligkeit ist alles was Friedrich braucht, und was am günstigsten für seine Geistesprodukte ist, ein häusliches Leben ist ihm eigentlich Bedürfniß, wenn es nur einmal wirklich ein recht ordentliches Leben würde häusliches Leben würde! An meiner Schwiegerinn habe ich mehr Schätze [3] des Gemüths gefunden, als ich vorher an ihr kannte aber sie thut nicht genug, die Kraft sie alle in der nützlichste Anwendung zu bringen fehlt ihr. Oekonomisches Talent hat sie gar nicht. An einem Gebäude daß man aufzuführen wünscht, täglich unermüdet ein Steinchen hinzuzutragen, wenn man die Vollendung auch noch so weit von sich entfernt sieht, doch nicht die Geduld verlieren, ud nie gutwillig einen Rückschritt machen, daß ist eine weibliche Tugend die ihr fehlt. Diese Wahrnehmung hat mich innigst betrübt die Theilnahme, und die Ueberzeugung die ich nun bekam, daß ich mit meinen Kräften viel zu wenig bei diesen zwey Menschen helfen zu können machte mich wirklich unglücklich. Wenn die Verlegung zu Stande komt wie es doch allen Anschein hat, wird jetzt wieder alles gut seyn, wie lange daß muß man sehn du hast als ein großmüthiger Bruder gehandelt ich habe es ein paar mal negirt gegen meine Schwiegerinn, daß du den Wunsch aufgeopfert ein Pferd zu halten, um ihnen dieses Geld desto wichtiger zu machen, was Ihnen die brüderliche Liebe opfert. An die Wieder gabe der 200 r. denke jetzt nicht ich kann es nicht ausstehen, daß alles auf dich losgeht, mein Gustchen verliert es doch einmal nicht, wenn es in deinen Händen ist. Diese Zuverläßigkeit die man auf dich haben kann, diese loyalität darinnen hat die Fr. v. Stael ganz recht, daß sie darinnen solch einen Großen werth auf dich setzt, ich möchte sie Friedrichen wenn ich könnte mit jeder Aufopferung erkaufen. Ueber den Plan sich mit den Söhnen hier zu vereinigen, ist mir vorher gar nichts mitgetheilt daß änderte ganz die Lage der Sachen, an erbitten für die Schwiegerinn war gar nicht zu denken, daß war ein unruhiges hin und her laufen, bald sie zu den Söhnen bald die Söhne zu ihr, auf so ein schnelles, einwirken und Erziehen halte ich nichts, es wür[4]de auf die Länge auch den Söhnen zu vil Zeit gekostet haben, mein Gustchen brachte es ganz aus ihrem Gleise, und es würde auch darum nicht lange so fort gegangen seyn. Doch ist ihr hierseyn von großem Nutzen gewesen, die zwey Söhne sind sehr hübsch und ordentlich eingerichtet, wobey ich mir auch schmeichle daß mein Rath auch mit zu beygetragen hat. Sie haben einen sehr gründlichen Untericht bey Matthäi, ihre häusliche Verfassung ist gut und ordentlich, die Empfehlung von Friedrichs Frau war sehr günstig, Schubert, Riquet ud noch einige haben ihnen ihr Haus geöfnet des Abends hinzugehen wenn sie wollen. zu mir kommen sie oft ud wir lesen den Ariost, es sind bis jetzt noch ganz unverdorbne junge Leute, und Philip ist ein liebenswürdiger Junge, er scheint auch Talent für die Kunst zu haben. Das einzige was ich noch wünschte daß sie einen gründlichen Unterricht in der Religion, bekämen doch da dieser Catholisch seyn soll, hat sich dieß hir nicht finden wollen. Der alte Veith ist der gutmüthigste Mensch von der Welt, voller Liebe zu seinen Kindern, man muß ihm nach seiner Handlungsart schätzen. Schubert hat einen Ruf nach Nürnberg als Rektor director bekommen und wird in wenig Wochen dahin gehen, es ist ein treflicher Mensch. Adam Müller sitzt in keinen Rosengarten, unglaublicher weise hat eine Dame mit der er villeicht nur hat tändeln wollen die sich ganz ernsthaft in ihn verliebt, sie ist nun von ihrem Manne geschieden, hat kein Vermögen, fühlt sich unglücklich daß sie ihre Ehre und ihre Kinder verloren hat, Weint Tag ud Nacht kann doch von Müllern nicht lassen, das kleine Adämchen ist wieder gestorben alles dieses ist so publick geworden, wie es gar nicht sollte – Von meiner Erzählung über Friedrich muß ich dir noch nachholen, daß so wie von dem fortdauernden Frieden gewiß waren, ud sich zufällig eine gute Gelegenheit fand, die Schwiegerinn noch Geld in der Tasche hat, ich vermehrte es mit 24 r. trat sie die Reise an freylich Friedrichen etwas unerwartet, er hatte nur eine, aber große Stube sie sind es beyde nicht gewohnt sich im Nothfall eng zu behelfen, da war also große Noth, ich bekam Briefe die mich ganz um meine Ruhe brachten da ich doch die Sache wenn auch nicht bevör[3]dert doch gut geheißen hatte. nun ist endlich eine erträgliche Wohnung da, doch schicke ich stündliche Stoßgebete gen Himmel, daß die Vorlesung zu Stande kommen mag. Auf allen Fall da Friedrich seine Frau einmal ernähren muß ist es am besten sie tragen, sie dulden, sie arbeiten [2] mit einander. Wie schön wäre es gewesen du hättest den Winter in Wien zugebracht, konntest du nicht allein da hin gehen, und mit diesen beiden leben, wenn die Fr. v. Stael Hindernisse hatte? Deine Vorlesungen wenn sie heraus kommen möchte ich gleich besitzen. Schreib mir ja [1] von allem was du thust und treibst. Dem Andenken der Fr. v. Stael empfiehl mich aufs Angelegentlichste, ich wünschte auch zu wißen was sie machte und wie ihre litterarischen Arbeiten vor wärts sich gehen. Widmet sie sich noch immer so ganz der Gesellschaft? ich gewinne der Einsamkeit immer mehr Geschmack ab. Mein einsames Zimmer ist mir ein Elisium
Charlotte Ernst
Notice (8): Undefined offset: 0 [APP/View/Letters/view.ctp, line 442]/version-04-20/letters/view/6637" data-language="">
[1] den 27 ten
Nov.
Mein Geliebtester Bruder
Es ist eine lange Zeit hingegangen daß ich nicht an dich geschrieben habe, aber ich habe ganze 8 Wochen so unruhig und geschäftvoll zugebracht, daß ich auch nicht einmal an meine Mutter geschrieben das Briefschreiben ist immer das Erste was da wegfällt weil es einmal nicht in die Liste meiner gewöhnlichen Geschäfte mit angerechnet ist, also ein hors dʼoeuvres wozu schon eine besondre Muße seyn muß das unruhige Leben meines Mannes in seinem Amte, zieht mich mit hinein, ich suche es ihm so vil als möglich zu erleichtern, daß er es nicht so ganz fühlt was es drückendes für den Geist hat und Einförmiges für den Geist hat. und so bin ich diesen letzten Theil des Sommers bald in Dresden, bald in Pillnitz an keinen Ort lange, und an keinem recht zu Hause gewesen es war mit sehr vil Unbequemlichkeit verbunden, seit der neuen französischen allianz kommen jetzt Dinge in seinem Dienste vor, von denen man vorher gar nichts wußte und der alte Schlendrian ist ganz verlassen. Jetzt ist er in Pohlen, und ich hoffe ihn in der Mitte des Januars wieder zu sehen, es ist eine Prüfungszeit für ihn. Mir ist gewißermaasen die Ruhe wohlthätig die bey mir eingetreten ist, und daß ich mich ganz mit meinem Gustchen beschäftigen kann. – Ich weiß nicht ob du ganz zufrieden seyn wirst, daß die Schwiegerinn nach Wien gegangen, nach meinem besten Ueberlegen war es daß Beste, sowohl für meine Geschwister, als für mich wenn du ich du ein vertrauliches Stündchen bey mir zubrächtest wollte ich dir das so detailliren daß du mir völlig recht geben solltest. Erstlich opfre ich mich gewiß gern meinen Freunden auf, sobald ich Nutzen daraus ersehe, aber wenn dieses nicht ist so treten meine eignen Rechte wieder ein, und ich [2] muß dann an mich denken, Meine Gesundheit und mein Gemüth erfordern nothwendig eine tiefe Ruhe in meinem Innren, das ist das Element in das ich lebe und äußere Bequemlichkeiten opfre ich gern dafür auf darinnen contrastire ich ganz mit meiner Schwiegerinn und auch ist dieß der Einzige Punkt worinnen ich mit Friedrich contrastire, sie opfern für die Bequemlichkeit und Pflege des Leibes wenn es Noth thut die Ruhe des Gemüths auf. Der Gedanke warum ich wünschte, die Schwiegerinn sollte eine Zeitlang bey mir leben seyn *laß ja mit keinem Worte an Friedrich merken was ich dir über ihn geschrieben., war, daß beyde ämsig an einen baldigen Verein arbeiten sollte, er dort fleißig, sie hier, ud daß ich so villeicht ein weniges dazu beytrüge, daß sie sich einen etwas bequemern Herd bauen könnten wenn dieß der Fall gewesen wäre, wenn sie fleißig gearbeitet, ud zurück gelegt hätten, dann hätte sie ein Jahr bey mir bleiben mögen, so war es das Gegentheil Friedrich gewöhnte sich dort almählich an das Leben eines Garçon ud der Schwiegerinn wurde es auch wieder schwerer, sich in eine ungemächliche Lage zu versetzen. Die Hauptsache für mich war, daß Friedrich mir so oft gesagt, daß sie ihm zu seinen Arbeiten unentbehrlich ist, und hierinnen scheint sie vil Verdienste zu haben sie ehrt seine Arbeitstunden, und vermeidet alles was ihn aus dieser günstigen Lage heraus bringen könnte, dann glaube ich kann sie sich erstaunlich in seine Ideen hineindenken, sie ist ordentlich sein Nachhall, er kann das Bedürfniß befriedigen, über seine Ideen zu reden, ohne dadurch um seine Zeit gebracht zu werden, eine stille Geselligkeit ist alles was Friedrich braucht, und was am günstigsten für seine Geistesprodukte ist, ein häusliches Leben ist ihm eigentlich Bedürfniß, wenn es nur einmal wirklich ein recht ordentliches Leben würde häusliches Leben würde! An meiner Schwiegerinn habe ich mehr Schätze [3] des Gemüths gefunden, als ich vorher an ihr kannte aber sie thut nicht genug, die Kraft sie alle in der nützlichste Anwendung zu bringen fehlt ihr. Oekonomisches Talent hat sie gar nicht. An einem Gebäude daß man aufzuführen wünscht, täglich unermüdet ein Steinchen hinzuzutragen, wenn man die Vollendung auch noch so weit von sich entfernt sieht, doch nicht die Geduld verlieren, ud nie gutwillig einen Rückschritt machen, daß ist eine weibliche Tugend die ihr fehlt. Diese Wahrnehmung hat mich innigst betrübt die Theilnahme, und die Ueberzeugung die ich nun bekam, daß ich mit meinen Kräften viel zu wenig bei diesen zwey Menschen helfen zu können machte mich wirklich unglücklich. Wenn die Verlegung zu Stande komt wie es doch allen Anschein hat, wird jetzt wieder alles gut seyn, wie lange daß muß man sehn du hast als ein großmüthiger Bruder gehandelt ich habe es ein paar mal negirt gegen meine Schwiegerinn, daß du den Wunsch aufgeopfert ein Pferd zu halten, um ihnen dieses Geld desto wichtiger zu machen, was Ihnen die brüderliche Liebe opfert. An die Wieder gabe der 200 r. denke jetzt nicht ich kann es nicht ausstehen, daß alles auf dich losgeht, mein Gustchen verliert es doch einmal nicht, wenn es in deinen Händen ist. Diese Zuverläßigkeit die man auf dich haben kann, diese loyalität darinnen hat die Fr. v. Stael ganz recht, daß sie darinnen solch einen Großen werth auf dich setzt, ich möchte sie Friedrichen wenn ich könnte mit jeder Aufopferung erkaufen. Ueber den Plan sich mit den Söhnen hier zu vereinigen, ist mir vorher gar nichts mitgetheilt daß änderte ganz die Lage der Sachen, an erbitten für die Schwiegerinn war gar nicht zu denken, daß war ein unruhiges hin und her laufen, bald sie zu den Söhnen bald die Söhne zu ihr, auf so ein schnelles, einwirken und Erziehen halte ich nichts, es wür[4]de auf die Länge auch den Söhnen zu vil Zeit gekostet haben, mein Gustchen brachte es ganz aus ihrem Gleise, und es würde auch darum nicht lange so fort gegangen seyn. Doch ist ihr hierseyn von großem Nutzen gewesen, die zwey Söhne sind sehr hübsch und ordentlich eingerichtet, wobey ich mir auch schmeichle daß mein Rath auch mit zu beygetragen hat. Sie haben einen sehr gründlichen Untericht bey Matthäi, ihre häusliche Verfassung ist gut und ordentlich, die Empfehlung von Friedrichs Frau war sehr günstig, Schubert, Riquet ud noch einige haben ihnen ihr Haus geöfnet des Abends hinzugehen wenn sie wollen. zu mir kommen sie oft ud wir lesen den Ariost, es sind bis jetzt noch ganz unverdorbne junge Leute, und Philip ist ein liebenswürdiger Junge, er scheint auch Talent für die Kunst zu haben. Das einzige was ich noch wünschte daß sie einen gründlichen Unterricht in der Religion, bekämen doch da dieser Catholisch seyn soll, hat sich dieß hir nicht finden wollen. Der alte Veith ist der gutmüthigste Mensch von der Welt, voller Liebe zu seinen Kindern, man muß ihm nach seiner Handlungsart schätzen. Schubert hat einen Ruf nach Nürnberg als Rektor director bekommen und wird in wenig Wochen dahin gehen, es ist ein treflicher Mensch. Adam Müller sitzt in keinen Rosengarten, unglaublicher weise hat eine Dame mit der er villeicht nur hat tändeln wollen die sich ganz ernsthaft in ihn verliebt, sie ist nun von ihrem Manne geschieden, hat kein Vermögen, fühlt sich unglücklich daß sie ihre Ehre und ihre Kinder verloren hat, Weint Tag ud Nacht kann doch von Müllern nicht lassen, das kleine Adämchen ist wieder gestorben alles dieses ist so publick geworden, wie es gar nicht sollte – Von meiner Erzählung über Friedrich muß ich dir noch nachholen, daß so wie von dem fortdauernden Frieden gewiß waren, ud sich zufällig eine gute Gelegenheit fand, die Schwiegerinn noch Geld in der Tasche hat, ich vermehrte es mit 24 r. trat sie die Reise an freylich Friedrichen etwas unerwartet, er hatte nur eine, aber große Stube sie sind es beyde nicht gewohnt sich im Nothfall eng zu behelfen, da war also große Noth, ich bekam Briefe die mich ganz um meine Ruhe brachten da ich doch die Sache wenn auch nicht bevör[3]dert doch gut geheißen hatte. nun ist endlich eine erträgliche Wohnung da, doch schicke ich stündliche Stoßgebete gen Himmel, daß die Vorlesung zu Stande kommen mag. Auf allen Fall da Friedrich seine Frau einmal ernähren muß ist es am besten sie tragen, sie dulden, sie arbeiten [2] mit einander. Wie schön wäre es gewesen du hättest den Winter in Wien zugebracht, konntest du nicht allein da hin gehen, und mit diesen beiden leben, wenn die Fr. v. Stael Hindernisse hatte? Deine Vorlesungen wenn sie heraus kommen möchte ich gleich besitzen. Schreib mir ja [1] von allem was du thust und treibst. Dem Andenken der Fr. v. Stael empfiehl mich aufs Angelegentlichste, ich wünschte auch zu wißen was sie machte und wie ihre litterarischen Arbeiten vor wärts sich gehen. Widmet sie sich noch immer so ganz der Gesellschaft? ich gewinne der Einsamkeit immer mehr Geschmack ab. Mein einsames Zimmer ist mir ein Elisium
Charlotte Ernst
×