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B. sie hat Baumwolle spinnen gelernt, aus eigenem Antrieb und beynahe von selbst. nun sagte sie neulich dabey: wenn der Onkel hier ist, so muß ich mein kleines Rad wegsetzen, denn in den Baumwollen spinnen liegt doch auch nichts Poetisches. gestern wünschte sie: Daß sie und wir doch alles in Versen sagen könnten; auf meine Frage warum? sagte sie: die Unterhaltung darin würde den Onkel angenähmer seyn. sie zeichnet schon ganz hübsch für ihr Alter. nun wolte sie etwas für Sie zeichnen und wählte dazu den Kopf des <anchor type="b" n="6860" ana="11" xml:id="NidB46100"/>Appollo<anchor type="e" n="6860" ana="11" xml:id="NidE46100"/>, denn sagte sie, der paßt sich am besten für den Onkel, weil er der Gott der schönen Wüßenschaften war. solche Äußerungen fallen um so mehr bey ihr auf, da sie noch ganz Kind ist, daß sie keine Idee hat, wie man vor den 20<hi rend="offset:4;underline:1">t</hi> Jahre aufhören könne Kind zu seyn. Minna ist ein gutes und kluges Kind, aber sie hat auch alle Fehler, die einem so lebhaften Charackter eigen sind. zum <milestone unit="start" n="22099"/>Zeichen<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Lies: Zeichnen</title></note><milestone unit="end" n="22099"/> hat sie viel Talent.<lb/><milestone unit="start" n="6198"/>[4]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="6198"/><note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="6197"/> Ihre schöne Beschreibungen der <anchor type="b" n="16" ana="10" xml:id="NidB36381"/>Wiener<anchor type="e" n="16" ana="10" xml:id="NidE36381"/> Feste haben uns viel Vergnügen gemacht. lieber bester Wilhelm! man m<milestone unit="start" n="22096"/>ö<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Unsichere Lesung</title></note><milestone unit="end" n="22096"/>gte Schön seyn – um sich von Ihnen beschreiben zu laßen –. <anchor type="b" n="8980" ana="16" xml:id="NidB57156"/>die schönen Damen werden alle betrübt werden wenn Sie aus Wien gehn<anchor type="e" n="8980" ana="16" xml:id="NidE57156"/>.<lb/>Es ist mir ohnmöglich Ihnen zu sagen mit wie viel Intreße ich jede Zeihle von <anchor type="b" n="1049" ana="12" xml:id="NidB36382"/>der Corinna<anchor type="e" n="1049" ana="12" xml:id="NidE36382"/> gelesen habe! Dis Buch hat mir unendlich viel Vergnügen gewährt, aber bey dem letzten Theil kann ich mit Wahrheit sagen, daß ich ein schmerzliches Vergnügen empfand.<lb/><anchor type="b" n="1393" ana="11" xml:id="NidB46101"/>Karl<anchor type="e" n="1393" ana="11" xml:id="NidE46101"/> läßt sich Ihnen herzlich empfehlen. Er hat sich zum zweiten mahl zum <milestone unit="start" n="22097"/>Vormud<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Lies: Vormund</title></note><milestone unit="end" n="22097"/> über 4 arme Kinder machen laßen.<lb/>Leben Sie recht <hi rend="offset:4">wohl</hi> mein theurer Bruder. ich halte mich für zu unwichtig als daß ich Sie bitten mögte, <anchor type="b" n="222" ana="11" xml:id="NidB36383"/>Frau von Stahl<anchor type="e" n="222" ana="11" xml:id="NidE36383"/> meine Verehrung zu versichern<lb/>Ihre <lb/>ergebenste Schwester<lb/>Julie Schlegel', '36_absender' => array( (int) 0 => array( [maximum depth reached] ) ), '36_adressat' => array( (int) 0 => array( [maximum depth reached] ) ), '36_altDat' => '[Frühjahr 1808]', '36_datengeberhand' => 'Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek', '36_purlhand' => 'APP2712-Bd-5', '36_signaturhand' => 'Mscr.Dresd.App.2712,B,18,48', '36_h1zahl' => '4 S. auf Doppelbl., hs. m. 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[1] Lieber theurer Bruder!
Ihr letzter Brief an die Mutter hat auch mir große Freude gemacht, indem er uns nach so vielen Jahren einmahl die Hoffnung gewährt, Sie lieber Wilhelm, wieder zu sehn! wehre doch diese schöne Zeit erst da! und soll ich noch etwas wünschen, kähmen Sie doch nicht in einer so unglücklichen Zeit von der man kein Ende sieht –. aber wir wollen dann alles böse vergeßen und Ihr freundlicher Besuch soll uns lehren, daß uns noch nicht alle Freuden geraubt sind. Karl und ich bitten Sie herzlich bey uns zu wohnen. jeder Augenblick Ihres hierseyns wird uns so theuer seyn, und wie viele gingen für uns verlohren, wenn Sie wo anders wohnten! unsern andern Brüdern würde ich sagen: daß wir sie recht gut Logiren könnten da wir eine sehr gute Wohnung haben; aber was sind Ihnen unsere einfachen Zimmer 2 Treppen hoch? ohngefähr daß, was uns die Wohnung bey einem armen Landmanne seyn würde; aber da ich so gern andere Menschen nach mir beurtheile, und ich fühle daß ich darin doch sehr glücklich seyn könnte: so habe ich auch das Zutrauen zu Ihnen geliebter Bruder! daß keine prächtige Wohnung, keine elegante Möblen und kein Delickater Tisch die ersten [2] Bedingunngen zu Ihrer Zufriedenheit sind. unsere große Freude über Ihren Besuch und mein guter Wille alles zu Ihrer Zufriedenheit ein zu richten so viel ich nur kann, mögen Ihnen beweisen, wie viel mehr wir gern tähten, wenn uns die Mittel dazu nicht geraubt wehren –. Heute werde ich noch an Friederich schreiben, und ihn dringend bitten um die Zeit Ihres hierseyns auch zu kommen. nicht wahr? daß ich das beste Fest, was wir Ihnen bereiten können. Er hat uns halb und halb einen Besuch auf dis Frühjahr versprochen; wenn er Sie hier trift, kommt er wohl noch ehr. Sie solten denn Charlotten mit bringen, so wehre gewiß der Mutter ihre Freude ganz vollkommen –. Wenn ich nur in dieser schönen Zeit ganz gesund bin! in den letzten Monaten habe ich wieder sehr viel an den Gesichtsschmerz gelitten, wogegen mir nur noch immer allein der Magnetismuß hielft. Die Anfälle kommen aber doch jetzt immer seltener und dauren nicht so lange. an den jetzt gehabten Anfällen, mag wohl die trübe Aussicht in die Zukunft und die Sorgen die wir durch die großen Contribrutionen und Anleihen gehabt haben, schuld seyn –. Karl hat 1000 Frank geben müßen, und hat keinen groschen Vermögen –. u die unendlich vielen Abgaben dazu!
[3] Auch Minna hat eine große Freude auf den lieben Onkel. So darf sie Sie doch nennen? noch ist sie in den Glauben, sie habe auch ihr Leben durch uns, welchen ich ihr nicht gern rauben mögte –. sie muß sich einen eigenen Begrif von Ihnen machen, was sich so oft äußert. z. B. sie hat Baumwolle spinnen gelernt, aus eigenem Antrieb und beynahe von selbst. nun sagte sie neulich dabey: wenn der Onkel hier ist, so muß ich mein kleines Rad wegsetzen, denn in den Baumwollen spinnen liegt doch auch nichts Poetisches. gestern wünschte sie: Daß sie und wir doch alles in Versen sagen könnten; auf meine Frage warum? sagte sie: die Unterhaltung darin würde den Onkel angenähmer seyn. sie zeichnet schon ganz hübsch für ihr Alter. nun wolte sie etwas für Sie zeichnen und wählte dazu den Kopf des Appollo, denn sagte sie, der paßt sich am besten für den Onkel, weil er der Gott der schönen Wüßenschaften war. solche Äußerungen fallen um so mehr bey ihr auf, da sie noch ganz Kind ist, daß sie keine Idee hat, wie man vor den 20t Jahre aufhören könne Kind zu seyn. Minna ist ein gutes und kluges Kind, aber sie hat auch alle Fehler, die einem so lebhaften Charackter eigen sind. zum Zeichen hat sie viel Talent.
[4] Ihre schöne Beschreibungen der Wiener Feste haben uns viel Vergnügen gemacht. lieber bester Wilhelm! man mögte Schön seyn – um sich von Ihnen beschreiben zu laßen –. die schönen Damen werden alle betrübt werden wenn Sie aus Wien gehn.
Es ist mir ohnmöglich Ihnen zu sagen mit wie viel Intreße ich jede Zeihle von der Corinna gelesen habe! Dis Buch hat mir unendlich viel Vergnügen gewährt, aber bey dem letzten Theil kann ich mit Wahrheit sagen, daß ich ein schmerzliches Vergnügen empfand.
Karl läßt sich Ihnen herzlich empfehlen. Er hat sich zum zweiten mahl zum Vormud über 4 arme Kinder machen laßen.
Leben Sie recht wohl mein theurer Bruder. ich halte mich für zu unwichtig als daß ich Sie bitten mögte, Frau von Stahl meine Verehrung zu versichern
Ihre
ergebenste Schwester
Julie Schlegel
Ihr letzter Brief an die Mutter hat auch mir große Freude gemacht, indem er uns nach so vielen Jahren einmahl die Hoffnung gewährt, Sie lieber Wilhelm, wieder zu sehn! wehre doch diese schöne Zeit erst da! und soll ich noch etwas wünschen, kähmen Sie doch nicht in einer so unglücklichen Zeit von der man kein Ende sieht –. aber wir wollen dann alles böse vergeßen und Ihr freundlicher Besuch soll uns lehren, daß uns noch nicht alle Freuden geraubt sind. Karl und ich bitten Sie herzlich bey uns zu wohnen. jeder Augenblick Ihres hierseyns wird uns so theuer seyn, und wie viele gingen für uns verlohren, wenn Sie wo anders wohnten! unsern andern Brüdern würde ich sagen: daß wir sie recht gut Logiren könnten da wir eine sehr gute Wohnung haben; aber was sind Ihnen unsere einfachen Zimmer 2 Treppen hoch? ohngefähr daß, was uns die Wohnung bey einem armen Landmanne seyn würde; aber da ich so gern andere Menschen nach mir beurtheile, und ich fühle daß ich darin doch sehr glücklich seyn könnte: so habe ich auch das Zutrauen zu Ihnen geliebter Bruder! daß keine prächtige Wohnung, keine elegante Möblen und kein Delickater Tisch die ersten [2] Bedingunngen zu Ihrer Zufriedenheit sind. unsere große Freude über Ihren Besuch und mein guter Wille alles zu Ihrer Zufriedenheit ein zu richten so viel ich nur kann, mögen Ihnen beweisen, wie viel mehr wir gern tähten, wenn uns die Mittel dazu nicht geraubt wehren –. Heute werde ich noch an Friederich schreiben, und ihn dringend bitten um die Zeit Ihres hierseyns auch zu kommen. nicht wahr? daß ich das beste Fest, was wir Ihnen bereiten können. Er hat uns halb und halb einen Besuch auf dis Frühjahr versprochen; wenn er Sie hier trift, kommt er wohl noch ehr. Sie solten denn Charlotten mit bringen, so wehre gewiß der Mutter ihre Freude ganz vollkommen –. Wenn ich nur in dieser schönen Zeit ganz gesund bin! in den letzten Monaten habe ich wieder sehr viel an den Gesichtsschmerz gelitten, wogegen mir nur noch immer allein der Magnetismuß hielft. Die Anfälle kommen aber doch jetzt immer seltener und dauren nicht so lange. an den jetzt gehabten Anfällen, mag wohl die trübe Aussicht in die Zukunft und die Sorgen die wir durch die großen Contribrutionen und Anleihen gehabt haben, schuld seyn –. Karl hat 1000 Frank geben müßen, und hat keinen groschen Vermögen –. u die unendlich vielen Abgaben dazu!
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