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$viewFile = '/var/www/awschlegel/version-04-20/app/View/Letters/view.ctp' $dataForView = array( 'html' => '[<span class="index-12 tp-22959 ">Jena</span>] d. 7ten[‒12.] Jun. [1801].<br>Aus Deinem Schreiben will erhellen, als ob einige Stellen des meinigen Dir nicht allerdings angenehm gewesen ‒ unterthänigst zu dienen ‒ solches haben mir Dieselben wohl vergolten, denn große Strecken von Dero haben mir eine fast unannehmliche Empfindung verursacht, und wollen solches hiemit kurz abbrechen. Du nimmst meine kleinen Oppositionen gar nicht als wie solche, die in der Gegenwart allein vor sich gehn, sondern addirst stets alle vergangnen hinzu, da wird denn solch ein Ding daraus, aber aus vielen kleinen Unarten wird noch keine große, und ich bin nicht so schlimm, wie Du sagst, besonders nicht so spezifik gegen Dich, es ist eine allgemeine Manier, und sie gereute mich, so wie ich sie gegen Dich geübt hatte, ich ließ sie blos stehn, weil das Ausstreichen verdächtig aussieht, und ich dachte ‒ nun ‒ Du würdest das selbst schon gehörig ausstreichen, welches Du denn auch, nicht sowohl in Gnaden, als vielmehr in Ungnaden gethan hast. Ich kann weiter nichts thun als mir solches mit Anmuth gefallen lassen. Überdieses seh ich die Stärke Deiner Gründe ein, und zweifle auch keineswegs an der Stärke Deiner Mittel überhaupt, denn seit meinem ehemaligen Unglauben haben sich diese, und meine Einsichten zugleich, ins Unendliche vergrößert. Bedenke doch, ich war damals in Sachen der Kunst ja ein ganz unmündig Kind und in der Irre gehendes Lämmlein. Mache, was Du wilst, mein allerholdester Freund, und es wird wohl gemacht seyn. Ich ertheile Dir meine besondre Vergünstigung dazu, und das kann mir ohndas nicht einfallen die Bearbeitung einer griechischen Tragödie fürs Theater für ein verfehltes Unternehmen zu halten, womit Du doch anfangen zu wollen scheinst. Was meine sogenannte spöttische Bemerkung betrift, so schwör ich und betheur es sehr, sie kam mir gar nicht so vor, sondern blos pfiffig, und sie muß sich auf dem Papier anders ausgenommen haben, als wahrscheinlich von meinen Lippen. Was wilst Du nun noch? Aber <span class="weight-bold ">ich</span> will noch etwas, denn ich bin böse, daß Du mich so gar sehr misverstehst in Absicht Deines Bleibens in <span class="index-15 tp-22960 ">Berlin</span>. Wenn ich Dich einlade zu kommen, so ist es wahrhaftig blos ein reines Verlangen nach Deiner Gegenwart, das ich Dir ausdrücke, und nicht gemeynt Dich zu ängstigen. Kannst Du mich denn für so gänzlich verkehrt halten, daß, nachdem Du mir alle äußre Ruhe widergegeben, deren ich noch fähig bin, ich <span class="weight-bold ">Dich</span> drängen wolle dies und jenes zu thun und Dich an mich zu bannen? Ich bin froh, wenn es Dir irgendwo gefällt, wenn Du irgendwo einen Zweck, der Dir lieb ist, erreichen kannst. Du hast Dir meine Fragen zugezogen, weil Du mir nie gesagt hast, daß Du so spät erst kämest, und ich Dich eigentlich von Woche zu Woche erwartete, indem Du das Kommen selbst nur von Woche zu Woche, und nicht so consequent zu verzögern schienest, wie Du thust. Nun weiß ich es, nun will ich mich auch nicht mehr darum bekümmern. Kommen Sie, wann Sie wollen, Sie werden uns immer zu Hause finden. Bringe nur außer demjenigen, was ich schon bey Dir bestellt habe, den <span class="index-43 tp-23024 ">Schleyermacher</span> mit, an dem uns plözlich ein neues Licht und Interesse aufgegangen ist. <span class="index-62 tp-23025 ">Schelling</span> wird Dir darüber innerhalb der nächsten sechs Wochen einen Brief schreiben; er sagte zwar, es sollte innerhalb der nächsten 6 Tage geschehn.<br><br>d. 10 Jun.<br>Gewollt hab ich, aber nicht gekonnt am lezten Postag ‒ Mir war nicht wohl schon vorher; nun überfiel es mich so, daß ich die Feder liegen lassen muste, und ich hoffe, Du wirst auch einmal ein wenig betreten nach einen Brief von mir ausgesehn haben.<br><br>d. 11 Juni.<br>Die paar kühleren Tage haben mich wieder aus dem Gleis gebracht. <span class="index-4255 tp-22961 ">Kilian</span> hat mir übrigens nichts verordnet als ein regelmäßiges dreymaliges Glas Bischoff von frischen Pomeranzen; ich kann nicht anders als dieses als eine mystische geistliche Verordnung ansehn; man kann auf diesem Wege erstlich zum Pabst durch den Bischoff, und durch die Dreyfachheit zum Gotte werden. Ein Bestreben, wohin auch übrigens meine ganze Lebensweise, mein Thun und Nichts thun abzielt. ‒ <span class="index-1929 tp-22963 ">Luise</span> ist seit einigen Tagen in <span class="index-58 tp-22962 ">Weimar</span> bei <span class="index-4338 tp-23026 ">Ludekus</span>. Mein Zustand hat mich abgehalten gestern hinüber zu fahren, wo <span class="index-3128 tp-22964 ">Maria Stuart</span> gegeben wurde. Da <span class="index-73 tp-22965 ">die Jagemann</span> und <span class="index-3150 tp-23028 ">Vohs</span> jetzt bittre Feindinnen sind, so müssen sie mit einer ganz treffenden Persönlichkeit, ihre übrige Persönlichkeit dazu gerechnet, diese Rollen spielen. ‒ <span class="index-137 tp-22966 ">Goethe</span> ist vorige Woche abgereiset, nachdem er <span class="index-4339 tp-23029 ">seinen Sohn</span> vorher hat legitimiren lassen, und nur diesen und seinen Geist hat er mitgenommen. Die Weimaraner behaupten, Goethens Finanzen wären in einem sehr schlechten Zustande, und zwar durch <span class="index-4340 tp-23030 ">die Vulpius</span>, die ihre Unordentlichkeit und ganze Sippschaft mit ihnen nähret. Sie hat am Tage nach G. Abreise ihren Leuten in G. besten Zimmern ein Fest gegeben, dessen <span class="weight-bold ">Evan Evoe</span> in der ganzen Gegend umher erschollen ist. O das Unkraut, die Weiber! G. ist über <span class="index-2 tp-22967 ">Goettingen</span> gegangen und kann auf dem nehmlichen Wege nachher sehr gut <span class="index-4330 tp-23031 ">Soeder</span> berühren. Ich werde <span class="index-5747 tp-47192 ">Brabeck</span> einen Wink davon geben lassen. ‒ Noch zeigt sich kein <span class="index-56 tp-22968 ">Fr. Tiek</span>. Ist es denn möglich, daß <span class="index-48 tp-22969 ">Ludwig</span> <span class="index-2048 tp-22970 ">den </span><span class="index-2048 tp-22970 weight-bold ">Donquixote</span> noch nicht vollendete, wie es in Buchläden bey der Nachfrage heißt: „Noch nicht fertig“. Warum zieht T. nicht lieber ganz hieher, damit er in einiger Obhut sich befände? In <span class="index-13 tp-23032 ">Dresden</span> hat er wieder die herrlichste Gelegenheit zum Müssiggehen.<br>Mit <span class="index-4315 tp-22972 ">Friedrich Bohn</span> hatte ich wirklich schon der Länge nach von <span class="index-67 tp-22971 ">Unger</span> gesprochen, wie Dein Brief kam. Er sieht alles ein und zweifelt keinen Augenblick an dem unmittelbarsten Einfluß von <span class="index-4271 tp-22973 ">Vieweg</span> und <span class="index-380 tp-47193 ">der Unger</span>. Doch stellt er sichs nicht anders vor, als daß ihr wieder überein kommt, und es kann auch nicht anders nach allen Spuren seyn, Unger muß sich dahin geäußert haben. Daß es mit <span class="index-344 tp-22975 ">dem </span><span class="index-344 tp-22975 index-4 tp-22974 weight-bold ">Shakespear</span> nicht ginge, habe Unger bis dahin nie merken lassen, und der erste Beginn eurer Händel bewiese ja auch eben das Gegentheil. Ich konnte gegen Bohn doch nichts thun als ihn in den rechten Gesichtspunkt stellen. Denn ich habe eine dergleichen Epistel, wie ich sie Dir beschrieb, an <span class="index-3102 tp-47194 ">die Vieweg</span> ergehn lassen, worinn ich zulezt leichthin sage, wenn Vieweg den vielen chemischen Plunder nicht hätte, so sollte <span class="weight-bold ">er</span> den <span class="weight-bold ">Shak</span>. nehmen, denn die Unternehmung wär doch so solid wie die Bibel oder <span class="index-333 tp-22977 index-273 tp-22978 index-271 tp-22976 ">Vossens</span><span class="index-333 tp-22977 index-273 tp-22978 "> Homer</span> und nicht so theuer wie der lezte. ‒ Da nun Bohn Vieweg spricht bey der Durchreise, so muste ich es sehr vermeiden Bohn den leisesten Antrag zu machen. ‒ Es ist sehr wahrscheinlich, daß Vieweg und <span class="index-380 tp-22979 ">die Unger</span> Ungers Advokaten instruiren, nicht er selber, und diese es nun, einmal unternommen, gern aufs Äußerste trieben. Was <span class="index-539 tp-22980 weight-bold ">Cottas</span> Mittleramt betrift, so thut die Entfernung nicht viel dazu. Mit Einem laconischen Briefe könte die Hauptsache gethan werden. Eile ist nicht vonnöthen, da durch die spätere Erscheinung <span class="index-350 tp-22981 ">des 8ten Bandes</span> jede Pause vor dem weiteren Publikum gedeckt ist. Aber leider hängt jetzt allzu viel an der Entscheidung des Processes, und wer kann den Richtern trauen! Man muß in alle Wege ganz unerschütterlich bleiben, sonst behielte <span class="index-4249 tp-22982 ">die Rahtmama Campe</span> doch Recht, daß einen die Feinde bis zu einem beschwerlichen Mismuth herunter quälen könnten, indem alles solches freylich ihr mittelbares Gewebe ist ‒ und dafür schüzen uns die Götter! Mag es den Hunden immer wohlgehn, ich glaube an ein geistlich ewig Theil.<br>Und zudem wird es auch äußerlich schon wieder anders werden. Wir wollen nur eine Weile still sitzen und es abwarten. Ich lese derweil <span class="index-146 tp-22983 index-4341 tp-23036 ">Platon</span><span class="index-4341 tp-23036 "> vom Gerechten</span>. <span class="index-4342 tp-23037 ">Ein gewisser Wolf</span> hat ihn neu übersetzt. (Ein gewisser ‒ von dem rechten könnte nur ein Narr so sprechen.) Sage mir, wann wird <span class="index-275 tp-23034 ">der </span><span class="index-275 tp-23034 index-43 tp-22984 ">Schleyermacher</span><span class="index-275 tp-23034 ">-</span><span class="index-275 tp-23034 index-8 tp-23035 ">Friedrichsche</span><span class="index-275 tp-23034 "> Plato</span> erscheinen? Ich sehne mich danach.<br>Hast Du Dir schon etwas vom <span class="index-1411 tp-22985 index-1412 tp-23038 ">Euripides</span> ausgewählt? <span class="index-2637 tp-23039 ">Die Phädra</span> müste <span class="index-54 tp-42074 ">der Meyer</span> sehr glücken können. Ihr thätet wohl, diese Frau noch zu einer lebendigen Plastik und redelosen Mimik auszubilden. Wer könnte es ihr wehren oeffentlich solche Vorstellungen zu geben? Und diese Natur erreichte mit eurer Hülfe noch ihre eigentliche Bestimmung, ehe denn sie zu Grund ginge.<br>Lieber Freund, ich habe Dir auch eine kleine Dilettantin zuzuführen. Ich bin <span class="index-4288 tp-22986 weight-bold ">Cécilen</span> auf die Spur gekommen, daß sie innerlich ziemlich geschäftig ist, und schicke Dir hier einige Sachen, von denen sie noch nicht weiß, daß ich sie habe. Sie hat vermuthlich ganze Vorräthe. Es ist hier allerdings väterliches Talent, das sich, mit mehr Seele vereinigt, vielleicht würde rühmen können besser zu seyn als unsre Väter. Aber ich wäre dafür es noch in der Stille gewähren zu lassen. Man muß strenge mit der hofnungsvollen Jugend verfahren und den <span class="weight-bold ">facilen</span> Aufmunterungen das Gegengewicht halten. Meyer hat über sie geäußert, daß er ihr rathen würde sich dem Kupferstechen zu widmen ‒ er hat die Idee mit <span class="index-1958 tp-23043 ">Tischbein</span> besonders gemisbilligt, der gar kein Künstler sey usw. Du kennst das, allein ich will doch ordentlich mit ihm über sie sprechen, wenn wir vielleicht <span class="index-1929 tp-23044 ">Luise</span> von Weimar abholen. <span class="index-3117 tp-22987 ">Julchen</span> nimmt sich recht gut; ich wünschte nur, ihr zuweilen eine kleine Zerstreuung verschaffen zu können, an die hier jetzt fast gar nicht zu denken ist. Mädchen von ihrem Alter giebt es gar nicht. Demohngeachtet scheint sie sehr gern hier zu seyn und es blickt oft eine recht hübsche Theilnehmung an unsern weisen Gesprächen bey ihr durch, besonders wenn Schelling auf Spaziergängen in Offenbarungen geräth, ZB. ‒ daß ich des gestrigen erwähne ‒ erklärt, warum die Natur den Vögeln, die in metallischen Farben brennen, die Stimme und den andern die Schönheit versagt hat. Sie verspricht sich auch nicht wenig davon, wenn Du kommen und ihr die <span class="weight-bold ">Cour</span> machen wirst.<br>Auf die Anfrage beyliegendes Zettelchens hab ich beygeschriebne Antwort erhalten. Bald drauf schickte <span class="index-8 tp-22988 ">Friedrich</span> noch einen Korb voll Bücher, worauf ich bemerkte: mit <span class="index-4344 tp-23041 ">den Volksmährchen</span> verhielte es sich so, daß Du die Erstattung in <span class="weight-bold ">natura</span> wünschtest und ich ihn nur habe errinren wollen. Dieses in <span class="weight-bold ">natura</span> ist sehr buchstäblich genommen worden, denn er hat <span class="index-1928 tp-23042 ">Philipps</span> Exemplar geschickt, Du kanst denken, in welchem Zustand. Indessen besser das als keines. Die Bücher sollen sie wenigstens alle hergeben, da ich so vieler andren Dinge Nachfrage unterdrücken muß, um mich in keinen niedrigen Streit zu verwickeln. Bücher sind ewig, die kann man wiederfordern, aber Bettücher nicht.<br>–––––<br>Gestern begegneten wir auf einem kurzem Spaziergange, den ich mit <span class="index-62 tp-22989 ">Schelling</span> und <span class="index-3117 tp-22990 ">Julchen</span> unternahm,<span class="index-242 tp-22994 "> Hufeland</span> und <span class="index-244 tp-22991 ">Schütz</span> zusammen. Das hättest Du sehn sollen, wie sich die Literatur an die Seite schob. Ich habe <span class="index-242 tp-22992 ">Hufeland</span> noch nicht gesprochen. <span class="index-2935 tp-22993 weight-bold ">Sie</span> war doch etwas beklommen bey mir; es ist möglich, daß sie mich aus Beklommenheit nicht eigends einlud sie nun auch zu besuchen, was ich abwarten wollte. Indeß wenn ich im Stande bin, geh ich doch wohl noch hin, ehe sie mit <span class="index-4268 tp-22996 ">der Niethammer</span> nach <span class="index-334 tp-22995 weight-bold ">Liebenstein</span> reiset, denn die überflüssigen Spannungen hab ich nicht Willens fortzuspinnen.<br><br>d. 12 Jun.<br>Ich habe obbemeldeten Vorsaz gestern gleich noch ausgeführt, da sie Morgen reiset, und ließ es sagen, worauf sie mich denn bestens empfieng, aber ihr Gemahl erschien nicht, als nicht zu Hause seyend. <span class="index-641 tp-22997 ">Gries</span> sagt aus, daß <span class="index-1406 tp-22998 weight-bold ">Bothe</span><span class="weight-bold ">,</span> der sich in <span class="index-1633 tp-23000 ">Erfurt</span> aufhält, jetzt alle belletristischen Recensionen <span class="index-1192 tp-73975 ">der ALZ.</span> bestreitet; wenn er es nicht als Facktum von Hufeland gehört hätte, so würde ich daran zweifeln, weil in <span class="index-4273 tp-23001 ">der Gigantomachie</span> Briareus doch ebenfals paradirt und <span class="index-1406 tp-56876 ">Bothes</span> Übersetzungen aus dem Griechischen kürzlich billigermaßen getadelt wurden. Das Einschicken <span class="index-3116 tp-23046 ">Deiner Erklärung</span>, die mir indeß doch mehr eine locale Maasregel für Berlin als eine algemeine zu seyn scheint, hat Schelling besorgt und wenigstens nicht die Antwort erhalten, daß sie sie nicht einrücken wollten.<br>Da Schelling sicher heut wieder nicht zum Schreiben komt, so will ich nur sagen, daß er erst jetzt <span class="index-148 tp-23047 ">die Reden über die Religion</span>, die er damals nur flüchtig angesehn hat, ließt, daß sie ihn vielleicht mehr wie Einen von euch festfassen (doch ist er noch nicht an der lezten) und er sie als etwas durch und durch Gebildetes und Vollendetes betrachtet bis zum Entzücken daran, aber ich will ihm weiter nichts vorweg nehmen, da er selbst schreiben will. Siehe doch zu, ob Du noch eines Velin Exemplares für ihn habhaft werden kannst, er will sie sich kaufen. Könnte denn <span class="index-43 tp-23002 ">der Schleiermacher</span> nicht wirklich ein bischen mit Dir herkommen? Lade ihn auch von Meinetwegen ein ‒ wenn <span class="weight-bold ">er</span> nicht hieher komt, so wird aus unsrer Bekantschaft nichts, denn schwerlich wird das Brandenburger Thor mein Antliz schauen. Das Heft mit der <span class="index-777 tp-47196 ">Identität</span> gedenk ich Dir eben nicht zu schicken, denn obgleich eine griechische Tragödie mit der Identität sehr identisch ist, so will ich Dich doch an die Tragödie als eine einzelne Totalität verwiesen haben. Besitzt denn Schleiermacher <span class="index-5663 tp-47195 ">diese Hefte </span>nicht? Wie kann ich auch wissen, wann Dir Friedrich <span class="index-1438 tp-23049 ">die Charakteristiken</span> schickt! Kurz, daraus wird nichts. Wegen <span class="index-4345 tp-23048 ">des Fränkischen Lustgärtleins</span> will ich Sorge tragen, es wäre schon geschehn, wenn ich nicht auf eine Antwort von <span class="index-245 tp-23003 ">Marcus</span> gewartet hätte, die aber nicht kommt. Sollte sie <span class="index-243 tp-23004 ">die Paulus</span> aufgefangen haben? <span class="weight-bold ">Apropos</span>, wohin reiset denn Friedrich? Etwa auch nach dem Frankenlande, mit dem Schneider? (Das ist unsre <span class="weight-bold ">Chiffre</span> für <span class="index-186 tp-23005 ">Paulus</span>. <span class="index-31 tp-23006 index-637 tp-23007 ">Frommans</span> heißen die Semmeley, weil die Kinder aussehn wie Semmeln, denen man Nase und Augen und Mund aufgemahlt hat, und alles dort wie mit Semmeln gestopft.) Hiebey wäre ich fast neugierig zu wissen, wie Friedrich es möglich macht zu reisen, aus eigner Machtsvollkommenheit einmal nicht. Denn vor ein paar Tagen ist noch <span class="index-4335 tp-23008 ">Gabler</span> zu Schelling gekommen zusammt einer Correspondenz, die er mit Friedrich führt, von der sich Schelling indessen die Lektüre verbat. Er will das Geld wiederhaben, das er Friedrich vorgeschossen, weil aus dem Buch nichts wird vor der Hand; 50 rh. hat ihm Friedrich wirklich schon wieder gegeben, wegen des übrigen, noch an 100 rh., wolte ihn Gabler verklagen und Schadloshaltung, nemlich Interressen, haben. Schelling hat ihm das denn wiederrathen um der Philosophie ein Ärgerniß zu ersparen. Das Schlimme ist, daß Friedrich dem Gabler just im voraus hat abgelockt, was er Schelling längst hintennach schuldig ist. ‒ In dieser Weise erschien auch <span class="index-4346 tp-23053 ">Hr. Zapf</span> und wollte mich wegen Weines anzapfen, den Du nicht getrunken hast; ich schickte ihn mit der vorgefundnen Note zu Friedrich und er ist denn auch nicht wiedergekommen. 10 rh. für Holz von 1800 habe ich bezahlen müssen. 4 <span class="weight-bold ">Louisdʼor</span> für <span class="index-4230 tp-23051 ">Succow</span> waren nach unsrer hiesigen Meinung hinreichend, so wie 12 für Hufeland. Es ist mir lieb, daß <span class="index-1928 tp-23052 ">Philipp</span> Dir noch das Geld assignirt hat. Ich habe noch nichts wieder von dorther vernommen.<br>Hast Du den Fischer von Hirschfeld nicht in Berlin gesehn. <span class="index-218 tp-23050 ">Brinkmann</span> werdet Ihr nun bald wieder besitzen.<br>–––––<br>Lieber Schlegel, ich sitze an Deinem Schreibtisch, weil unten rein gemacht wird, es ist aber so kühl, daß mir die Hand steif ist. So war es vor dem Jahr auch. Es ist heute Fronleichnamstag.<br>Wie viel an der Witterung eines Jahres hängt ‒ bis alles gleichgültig geworden ist.<br>Fast möchte ich Dir den Brief schicken, der von der Reise dieses Tages erzählt, denn da liegt ja das <span class="weight-bold ">offne</span> Paket mit meinen und <span class="index-30 tp-23011 ">ihren</span> Briefen vor mir. Gestalte es zum Gedicht in Deiner Seele, wie wir auf dem Blumenbestreueten Wege in den Tod gingen. Gedenke des Hügels am Mayn mit den drey Bildern von weißen Stein und den Unterschriften, die höchste Liebe, der höchste Schmerz, das höchste Mitleid ‒ Gedenke <span class="index-23 tp-23012 ">der schwerdtdurchbohrten Mutter</span>, dieses ist das Fest vom Tode ihres einzigen Lieblings. Aber auch sie bleibt nicht auf Erden, und ist schon nicht mehr auf Erden, auch sie nimmt der Himmel auf.<br>Wenn Du einmal gesammelt bist, dann öffne den Brief, den ich wirklich will beylegen, und dichte einmal wieder und trachte nach <span class="index-30 tp-23014 ">dem Kinde</span> und für <span class="index-23 tp-23013 ">die Mutter</span>.<br>Wir thun das Mögliche um uns aufrecht zu erhalten, und Schelling ist gut, er stärkt meine Seele in diesem Kampf und stellt mich auf den höchsten Punkt des Seyns, selbst körperlich bis in die Gruft gebeugt.<br>–––––<br>Ich will noch von fremden Dingen mit Dir sprechen um mir einen Übergang zur Ruhe zu bahnen, von einem Eindruck, den ich kürzlich empfangen habe. Unter den zurück erhaltnen Büchern befand sich <span class="index-4337 tp-23016 index-271 tp-23015 ">Vossens</span><span class="index-4337 tp-23016 "> Äneis</span>, und zum erstenmal hab ich denn eine Idee von diesem Werk bekommen, über die ich ganz erstaunen mußte. Niemals habe ich es mir so schlecht denken können. Erstlich dünkt es mich ganz und gar nicht episch ‒ es ist nirgends ein heitres Verweilen, sondern eine solche Rastlosigkeit und Leidenschaftlichkeit, daß mir moderner wie modern dabey zu Sinne wird. Und das ist dem Homer nachgebildet? Nun so erkennen wir ihn doch jetzt viel besser. Ich finde <span class="index-50 tp-23017 ">Kotzebue</span> darin ‒ ausgenommen den Respekt vor Arbeit und Kunst, der aus dem Machwerk und der Künstlichkeit hervorleuchtet ‒ Was ist das für ein Gewimmel von unnützen Thun und Treiben und von wahren nordischen Gespenstererscheinungen. Die Beziehung auf Roma ist das beste darin, aber wie unepisch. ‒ Wieder ist mir ein Licht aufgegangen, wie bey alle dem <span class="index-3189 tp-23018 ">der Virgil</span> <span class="index-35 tp-23019 ">den Dante</span> veranlaßt hat. Im <span class="index-1611 tp-23020 ">Klopstock</span> ist die Nachbildung sehr stark. Es freute mich, mich eines Winkes von <span class="index-137 tp-23021 ">Goethe</span> zu entsinnen, wo er bey Gelegenheit <span class="index-4347 tp-23054 ">des Laokoon</span> die Stelle im Dichter so tief herabwürdigt und alle Vergleichung mit jenem Kunstwerk verbittet.<br>Wunderbar, wie an diesen schlechten Virgilius sich wieder das Höchste der wiedererstehenden Kunst knüpfte und aus dem Unreinen Dante hervorging mit seiner Dramatik und Plastik. Aber ganz rein ist doch keine Gattung wieder zum Vorschein gekommen, besonders die epische nicht, höchstens die lyrische (im <span class="index-36 tp-23055 ">Petrarca</span>) als die schwächste. Nimm es nicht übel, daß ich Dir bekannte Dinge hererzähle, mir sind sie neu und selbst gefunden.<br>Man muß Gott preisen, daß es solche unermüdliche Leute wie <span class="index-271 tp-23056 ">Voß</span> in der Welt giebt, die eigends dazu organisirt sind den Homeros und auch den Virgilius zu übersetzen.<br>Immer jammerts mich, daß <span class="index-8 tp-23022 ">Friedrich</span> statt allem fast, was er seitdem gethan, nicht <span class="index-1466 tp-23023 ">die Geschichte der griechischen und römischen Poesie</span> vollendet hat. Das ist doch seine rechte Bestimmung und ich habe jetzt wieder das Fragment mit Freuden gelesen.<br>Leb wohl, ich muß schließen, denn mein Kopf ist so schwer, daß er sich hinzulegen sehnet.', 'isaprint' => true, 'isnewtranslation' => false, 'statemsg' => 'betamsg13', 'cittitle' => '', 'description' => 'Caroline von Schelling an August Wilhelm von Schlegel am 7. bis 12. 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Es folgten Aufenthalte in Gotha, Dresden und die Heirat mit AWS, den sie bereits in Göttingen kennengelernt hatte. In Jena war Caroline wichtiger Teil des frühromantischen Kreises, der im Schlegelschen Haus in der Leutragasse 5 zusammentraf. Die Scheidung von AWS erfolgte im Jahr 1803; im selben Jahr heiratete sie den Philosophen Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling. Mit ihm zog sie nach Würzburg und München. 1809 erkrankte sie an der Ruhr und verstarb.', '39_geschlecht' => 'w', '39_beziehung' => 'Caroline von Schelling war die erste Ehefrau Schlegels; die Ehe wurde 1803 geschieden. 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[1801].<br>Aus Deinem Schreiben will erhellen, als ob einige Stellen des meinigen Dir nicht allerdings angenehm gewesen ‒ unterthänigst zu dienen ‒ solches haben mir Dieselben wohl vergolten, denn große Strecken von Dero haben mir eine fast unannehmliche Empfindung verursacht, und wollen solches hiemit kurz abbrechen. Du nimmst meine kleinen Oppositionen gar nicht als wie solche, die in der Gegenwart allein vor sich gehn, sondern addirst stets alle vergangnen hinzu, da wird denn solch ein Ding daraus, aber aus vielen kleinen Unarten wird noch keine große, und ich bin nicht so schlimm, wie Du sagst, besonders nicht so spezifik gegen Dich, es ist eine allgemeine Manier, und sie gereute mich, so wie ich sie gegen Dich geübt hatte, ich ließ sie blos stehn, weil das Ausstreichen verdächtig aussieht, und ich dachte ‒ nun ‒ Du würdest das selbst schon gehörig ausstreichen, welches Du denn auch, nicht sowohl in Gnaden, als vielmehr in Ungnaden gethan hast. Ich kann weiter nichts thun als mir solches mit Anmuth gefallen lassen. Überdieses seh ich die Stärke Deiner Gründe ein, und zweifle auch keineswegs an der Stärke Deiner Mittel überhaupt, denn seit meinem ehemaligen Unglauben haben sich diese, und meine Einsichten zugleich, ins Unendliche vergrößert. Bedenke doch, ich war damals in Sachen der Kunst ja ein ganz unmündig Kind und in der Irre gehendes Lämmlein. Mache, was Du wilst, mein allerholdester Freund, und es wird wohl gemacht seyn. Ich ertheile Dir meine besondre Vergünstigung dazu, und das kann mir ohndas nicht einfallen die Bearbeitung einer griechischen Tragödie fürs Theater für ein verfehltes Unternehmen zu halten, womit Du doch anfangen zu wollen scheinst. Was meine sogenannte spöttische Bemerkung betrift, so schwör ich und betheur es sehr, sie kam mir gar nicht so vor, sondern blos pfiffig, und sie muß sich auf dem Papier anders ausgenommen haben, als wahrscheinlich von meinen Lippen. Was wilst Du nun noch? Aber <span class="weight-bold ">ich</span> will noch etwas, denn ich bin böse, daß Du mich so gar sehr misverstehst in Absicht Deines Bleibens in <span class="index-15 tp-22960 ">Berlin</span>. Wenn ich Dich einlade zu kommen, so ist es wahrhaftig blos ein reines Verlangen nach Deiner Gegenwart, das ich Dir ausdrücke, und nicht gemeynt Dich zu ängstigen. Kannst Du mich denn für so gänzlich verkehrt halten, daß, nachdem Du mir alle äußre Ruhe widergegeben, deren ich noch fähig bin, ich <span class="weight-bold ">Dich</span> drängen wolle dies und jenes zu thun und Dich an mich zu bannen? Ich bin froh, wenn es Dir irgendwo gefällt, wenn Du irgendwo einen Zweck, der Dir lieb ist, erreichen kannst. Du hast Dir meine Fragen zugezogen, weil Du mir nie gesagt hast, daß Du so spät erst kämest, und ich Dich eigentlich von Woche zu Woche erwartete, indem Du das Kommen selbst nur von Woche zu Woche, und nicht so consequent zu verzögern schienest, wie Du thust. Nun weiß ich es, nun will ich mich auch nicht mehr darum bekümmern. Kommen Sie, wann Sie wollen, Sie werden uns immer zu Hause finden. Bringe nur außer demjenigen, was ich schon bey Dir bestellt habe, den <span class="index-43 tp-23024 ">Schleyermacher</span> mit, an dem uns plözlich ein neues Licht und Interesse aufgegangen ist. <span class="index-62 tp-23025 ">Schelling</span> wird Dir darüber innerhalb der nächsten sechs Wochen einen Brief schreiben; er sagte zwar, es sollte innerhalb der nächsten 6 Tage geschehn.<br><br>d. 10 Jun.<br>Gewollt hab ich, aber nicht gekonnt am lezten Postag ‒ Mir war nicht wohl schon vorher; nun überfiel es mich so, daß ich die Feder liegen lassen muste, und ich hoffe, Du wirst auch einmal ein wenig betreten nach einen Brief von mir ausgesehn haben.<br><br>d. 11 Juni.<br>Die paar kühleren Tage haben mich wieder aus dem Gleis gebracht. <span class="index-4255 tp-22961 ">Kilian</span> hat mir übrigens nichts verordnet als ein regelmäßiges dreymaliges Glas Bischoff von frischen Pomeranzen; ich kann nicht anders als dieses als eine mystische geistliche Verordnung ansehn; man kann auf diesem Wege erstlich zum Pabst durch den Bischoff, und durch die Dreyfachheit zum Gotte werden. Ein Bestreben, wohin auch übrigens meine ganze Lebensweise, mein Thun und Nichts thun abzielt. ‒ <span class="index-1929 tp-22963 ">Luise</span> ist seit einigen Tagen in <span class="index-58 tp-22962 ">Weimar</span> bei <span class="index-4338 tp-23026 ">Ludekus</span>. Mein Zustand hat mich abgehalten gestern hinüber zu fahren, wo <span class="index-3128 tp-22964 ">Maria Stuart</span> gegeben wurde. Da <span class="index-73 tp-22965 ">die Jagemann</span> und <span class="index-3150 tp-23028 ">Vohs</span> jetzt bittre Feindinnen sind, so müssen sie mit einer ganz treffenden Persönlichkeit, ihre übrige Persönlichkeit dazu gerechnet, diese Rollen spielen. ‒ <span class="index-137 tp-22966 ">Goethe</span> ist vorige Woche abgereiset, nachdem er <span class="index-4339 tp-23029 ">seinen Sohn</span> vorher hat legitimiren lassen, und nur diesen und seinen Geist hat er mitgenommen. Die Weimaraner behaupten, Goethens Finanzen wären in einem sehr schlechten Zustande, und zwar durch <span class="index-4340 tp-23030 ">die Vulpius</span>, die ihre Unordentlichkeit und ganze Sippschaft mit ihnen nähret. Sie hat am Tage nach G. Abreise ihren Leuten in G. besten Zimmern ein Fest gegeben, dessen <span class="weight-bold ">Evan Evoe</span> in der ganzen Gegend umher erschollen ist. O das Unkraut, die Weiber! G. ist über <span class="index-2 tp-22967 ">Goettingen</span> gegangen und kann auf dem nehmlichen Wege nachher sehr gut <span class="index-4330 tp-23031 ">Soeder</span> berühren. Ich werde <span class="index-5747 tp-47192 ">Brabeck</span> einen Wink davon geben lassen. ‒ Noch zeigt sich kein <span class="index-56 tp-22968 ">Fr. Tiek</span>. Ist es denn möglich, daß <span class="index-48 tp-22969 ">Ludwig</span> <span class="index-2048 tp-22970 ">den </span><span class="index-2048 tp-22970 weight-bold ">Donquixote</span> noch nicht vollendete, wie es in Buchläden bey der Nachfrage heißt: „Noch nicht fertig“. Warum zieht T. nicht lieber ganz hieher, damit er in einiger Obhut sich befände? In <span class="index-13 tp-23032 ">Dresden</span> hat er wieder die herrlichste Gelegenheit zum Müssiggehen.<br>Mit <span class="index-4315 tp-22972 ">Friedrich Bohn</span> hatte ich wirklich schon der Länge nach von <span class="index-67 tp-22971 ">Unger</span> gesprochen, wie Dein Brief kam. Er sieht alles ein und zweifelt keinen Augenblick an dem unmittelbarsten Einfluß von <span class="index-4271 tp-22973 ">Vieweg</span> und <span class="index-380 tp-47193 ">der Unger</span>. Doch stellt er sichs nicht anders vor, als daß ihr wieder überein kommt, und es kann auch nicht anders nach allen Spuren seyn, Unger muß sich dahin geäußert haben. Daß es mit <span class="index-344 tp-22975 ">dem </span><span class="index-344 tp-22975 index-4 tp-22974 weight-bold ">Shakespear</span> nicht ginge, habe Unger bis dahin nie merken lassen, und der erste Beginn eurer Händel bewiese ja auch eben das Gegentheil. Ich konnte gegen Bohn doch nichts thun als ihn in den rechten Gesichtspunkt stellen. Denn ich habe eine dergleichen Epistel, wie ich sie Dir beschrieb, an <span class="index-3102 tp-47194 ">die Vieweg</span> ergehn lassen, worinn ich zulezt leichthin sage, wenn Vieweg den vielen chemischen Plunder nicht hätte, so sollte <span class="weight-bold ">er</span> den <span class="weight-bold ">Shak</span>. nehmen, denn die Unternehmung wär doch so solid wie die Bibel oder <span class="index-333 tp-22977 index-273 tp-22978 index-271 tp-22976 ">Vossens</span><span class="index-333 tp-22977 index-273 tp-22978 "> Homer</span> und nicht so theuer wie der lezte. ‒ Da nun Bohn Vieweg spricht bey der Durchreise, so muste ich es sehr vermeiden Bohn den leisesten Antrag zu machen. ‒ Es ist sehr wahrscheinlich, daß Vieweg und <span class="index-380 tp-22979 ">die Unger</span> Ungers Advokaten instruiren, nicht er selber, und diese es nun, einmal unternommen, gern aufs Äußerste trieben. Was <span class="index-539 tp-22980 weight-bold ">Cottas</span> Mittleramt betrift, so thut die Entfernung nicht viel dazu. Mit Einem laconischen Briefe könte die Hauptsache gethan werden. Eile ist nicht vonnöthen, da durch die spätere Erscheinung <span class="index-350 tp-22981 ">des 8ten Bandes</span> jede Pause vor dem weiteren Publikum gedeckt ist. Aber leider hängt jetzt allzu viel an der Entscheidung des Processes, und wer kann den Richtern trauen! Man muß in alle Wege ganz unerschütterlich bleiben, sonst behielte <span class="index-4249 tp-22982 ">die Rahtmama Campe</span> doch Recht, daß einen die Feinde bis zu einem beschwerlichen Mismuth herunter quälen könnten, indem alles solches freylich ihr mittelbares Gewebe ist ‒ und dafür schüzen uns die Götter! Mag es den Hunden immer wohlgehn, ich glaube an ein geistlich ewig Theil.<br>Und zudem wird es auch äußerlich schon wieder anders werden. Wir wollen nur eine Weile still sitzen und es abwarten. Ich lese derweil <span class="index-146 tp-22983 index-4341 tp-23036 ">Platon</span><span class="index-4341 tp-23036 "> vom Gerechten</span>. <span class="index-4342 tp-23037 ">Ein gewisser Wolf</span> hat ihn neu übersetzt. (Ein gewisser ‒ von dem rechten könnte nur ein Narr so sprechen.) Sage mir, wann wird <span class="index-275 tp-23034 ">der </span><span class="index-275 tp-23034 index-43 tp-22984 ">Schleyermacher</span><span class="index-275 tp-23034 ">-</span><span class="index-275 tp-23034 index-8 tp-23035 ">Friedrichsche</span><span class="index-275 tp-23034 "> Plato</span> erscheinen? Ich sehne mich danach.<br>Hast Du Dir schon etwas vom <span class="index-1411 tp-22985 index-1412 tp-23038 ">Euripides</span> ausgewählt? <span class="index-2637 tp-23039 ">Die Phädra</span> müste <span class="index-54 tp-42074 ">der Meyer</span> sehr glücken können. Ihr thätet wohl, diese Frau noch zu einer lebendigen Plastik und redelosen Mimik auszubilden. Wer könnte es ihr wehren oeffentlich solche Vorstellungen zu geben? Und diese Natur erreichte mit eurer Hülfe noch ihre eigentliche Bestimmung, ehe denn sie zu Grund ginge.<br>Lieber Freund, ich habe Dir auch eine kleine Dilettantin zuzuführen. Ich bin <span class="index-4288 tp-22986 weight-bold ">Cécilen</span> auf die Spur gekommen, daß sie innerlich ziemlich geschäftig ist, und schicke Dir hier einige Sachen, von denen sie noch nicht weiß, daß ich sie habe. Sie hat vermuthlich ganze Vorräthe. Es ist hier allerdings väterliches Talent, das sich, mit mehr Seele vereinigt, vielleicht würde rühmen können besser zu seyn als unsre Väter. Aber ich wäre dafür es noch in der Stille gewähren zu lassen. Man muß strenge mit der hofnungsvollen Jugend verfahren und den <span class="weight-bold ">facilen</span> Aufmunterungen das Gegengewicht halten. Meyer hat über sie geäußert, daß er ihr rathen würde sich dem Kupferstechen zu widmen ‒ er hat die Idee mit <span class="index-1958 tp-23043 ">Tischbein</span> besonders gemisbilligt, der gar kein Künstler sey usw. Du kennst das, allein ich will doch ordentlich mit ihm über sie sprechen, wenn wir vielleicht <span class="index-1929 tp-23044 ">Luise</span> von Weimar abholen. <span class="index-3117 tp-22987 ">Julchen</span> nimmt sich recht gut; ich wünschte nur, ihr zuweilen eine kleine Zerstreuung verschaffen zu können, an die hier jetzt fast gar nicht zu denken ist. Mädchen von ihrem Alter giebt es gar nicht. Demohngeachtet scheint sie sehr gern hier zu seyn und es blickt oft eine recht hübsche Theilnehmung an unsern weisen Gesprächen bey ihr durch, besonders wenn Schelling auf Spaziergängen in Offenbarungen geräth, ZB. ‒ daß ich des gestrigen erwähne ‒ erklärt, warum die Natur den Vögeln, die in metallischen Farben brennen, die Stimme und den andern die Schönheit versagt hat. Sie verspricht sich auch nicht wenig davon, wenn Du kommen und ihr die <span class="weight-bold ">Cour</span> machen wirst.<br>Auf die Anfrage beyliegendes Zettelchens hab ich beygeschriebne Antwort erhalten. Bald drauf schickte <span class="index-8 tp-22988 ">Friedrich</span> noch einen Korb voll Bücher, worauf ich bemerkte: mit <span class="index-4344 tp-23041 ">den Volksmährchen</span> verhielte es sich so, daß Du die Erstattung in <span class="weight-bold ">natura</span> wünschtest und ich ihn nur habe errinren wollen. Dieses in <span class="weight-bold ">natura</span> ist sehr buchstäblich genommen worden, denn er hat <span class="index-1928 tp-23042 ">Philipps</span> Exemplar geschickt, Du kanst denken, in welchem Zustand. Indessen besser das als keines. Die Bücher sollen sie wenigstens alle hergeben, da ich so vieler andren Dinge Nachfrage unterdrücken muß, um mich in keinen niedrigen Streit zu verwickeln. Bücher sind ewig, die kann man wiederfordern, aber Bettücher nicht.<br>–––––<br>Gestern begegneten wir auf einem kurzem Spaziergange, den ich mit <span class="index-62 tp-22989 ">Schelling</span> und <span class="index-3117 tp-22990 ">Julchen</span> unternahm,<span class="index-242 tp-22994 "> Hufeland</span> und <span class="index-244 tp-22991 ">Schütz</span> zusammen. Das hättest Du sehn sollen, wie sich die Literatur an die Seite schob. Ich habe <span class="index-242 tp-22992 ">Hufeland</span> noch nicht gesprochen. <span class="index-2935 tp-22993 weight-bold ">Sie</span> war doch etwas beklommen bey mir; es ist möglich, daß sie mich aus Beklommenheit nicht eigends einlud sie nun auch zu besuchen, was ich abwarten wollte. Indeß wenn ich im Stande bin, geh ich doch wohl noch hin, ehe sie mit <span class="index-4268 tp-22996 ">der Niethammer</span> nach <span class="index-334 tp-22995 weight-bold ">Liebenstein</span> reiset, denn die überflüssigen Spannungen hab ich nicht Willens fortzuspinnen.<br><br>d. 12 Jun.<br>Ich habe obbemeldeten Vorsaz gestern gleich noch ausgeführt, da sie Morgen reiset, und ließ es sagen, worauf sie mich denn bestens empfieng, aber ihr Gemahl erschien nicht, als nicht zu Hause seyend. <span class="index-641 tp-22997 ">Gries</span> sagt aus, daß <span class="index-1406 tp-22998 weight-bold ">Bothe</span><span class="weight-bold ">,</span> der sich in <span class="index-1633 tp-23000 ">Erfurt</span> aufhält, jetzt alle belletristischen Recensionen <span class="index-1192 tp-73975 ">der ALZ.</span> bestreitet; wenn er es nicht als Facktum von Hufeland gehört hätte, so würde ich daran zweifeln, weil in <span class="index-4273 tp-23001 ">der Gigantomachie</span> Briareus doch ebenfals paradirt und <span class="index-1406 tp-56876 ">Bothes</span> Übersetzungen aus dem Griechischen kürzlich billigermaßen getadelt wurden. Das Einschicken <span class="index-3116 tp-23046 ">Deiner Erklärung</span>, die mir indeß doch mehr eine locale Maasregel für Berlin als eine algemeine zu seyn scheint, hat Schelling besorgt und wenigstens nicht die Antwort erhalten, daß sie sie nicht einrücken wollten.<br>Da Schelling sicher heut wieder nicht zum Schreiben komt, so will ich nur sagen, daß er erst jetzt <span class="index-148 tp-23047 ">die Reden über die Religion</span>, die er damals nur flüchtig angesehn hat, ließt, daß sie ihn vielleicht mehr wie Einen von euch festfassen (doch ist er noch nicht an der lezten) und er sie als etwas durch und durch Gebildetes und Vollendetes betrachtet bis zum Entzücken daran, aber ich will ihm weiter nichts vorweg nehmen, da er selbst schreiben will. Siehe doch zu, ob Du noch eines Velin Exemplares für ihn habhaft werden kannst, er will sie sich kaufen. Könnte denn <span class="index-43 tp-23002 ">der Schleiermacher</span> nicht wirklich ein bischen mit Dir herkommen? Lade ihn auch von Meinetwegen ein ‒ wenn <span class="weight-bold ">er</span> nicht hieher komt, so wird aus unsrer Bekantschaft nichts, denn schwerlich wird das Brandenburger Thor mein Antliz schauen. Das Heft mit der <span class="index-777 tp-47196 ">Identität</span> gedenk ich Dir eben nicht zu schicken, denn obgleich eine griechische Tragödie mit der Identität sehr identisch ist, so will ich Dich doch an die Tragödie als eine einzelne Totalität verwiesen haben. Besitzt denn Schleiermacher <span class="index-5663 tp-47195 ">diese Hefte </span>nicht? Wie kann ich auch wissen, wann Dir Friedrich <span class="index-1438 tp-23049 ">die Charakteristiken</span> schickt! Kurz, daraus wird nichts. Wegen <span class="index-4345 tp-23048 ">des Fränkischen Lustgärtleins</span> will ich Sorge tragen, es wäre schon geschehn, wenn ich nicht auf eine Antwort von <span class="index-245 tp-23003 ">Marcus</span> gewartet hätte, die aber nicht kommt. Sollte sie <span class="index-243 tp-23004 ">die Paulus</span> aufgefangen haben? <span class="weight-bold ">Apropos</span>, wohin reiset denn Friedrich? Etwa auch nach dem Frankenlande, mit dem Schneider? (Das ist unsre <span class="weight-bold ">Chiffre</span> für <span class="index-186 tp-23005 ">Paulus</span>. <span class="index-31 tp-23006 index-637 tp-23007 ">Frommans</span> heißen die Semmeley, weil die Kinder aussehn wie Semmeln, denen man Nase und Augen und Mund aufgemahlt hat, und alles dort wie mit Semmeln gestopft.) Hiebey wäre ich fast neugierig zu wissen, wie Friedrich es möglich macht zu reisen, aus eigner Machtsvollkommenheit einmal nicht. Denn vor ein paar Tagen ist noch <span class="index-4335 tp-23008 ">Gabler</span> zu Schelling gekommen zusammt einer Correspondenz, die er mit Friedrich führt, von der sich Schelling indessen die Lektüre verbat. Er will das Geld wiederhaben, das er Friedrich vorgeschossen, weil aus dem Buch nichts wird vor der Hand; 50 rh. hat ihm Friedrich wirklich schon wieder gegeben, wegen des übrigen, noch an 100 rh., wolte ihn Gabler verklagen und Schadloshaltung, nemlich Interressen, haben. Schelling hat ihm das denn wiederrathen um der Philosophie ein Ärgerniß zu ersparen. Das Schlimme ist, daß Friedrich dem Gabler just im voraus hat abgelockt, was er Schelling längst hintennach schuldig ist. ‒ In dieser Weise erschien auch <span class="index-4346 tp-23053 ">Hr. Zapf</span> und wollte mich wegen Weines anzapfen, den Du nicht getrunken hast; ich schickte ihn mit der vorgefundnen Note zu Friedrich und er ist denn auch nicht wiedergekommen. 10 rh. für Holz von 1800 habe ich bezahlen müssen. 4 <span class="weight-bold ">Louisdʼor</span> für <span class="index-4230 tp-23051 ">Succow</span> waren nach unsrer hiesigen Meinung hinreichend, so wie 12 für Hufeland. Es ist mir lieb, daß <span class="index-1928 tp-23052 ">Philipp</span> Dir noch das Geld assignirt hat. Ich habe noch nichts wieder von dorther vernommen.<br>Hast Du den Fischer von Hirschfeld nicht in Berlin gesehn. <span class="index-218 tp-23050 ">Brinkmann</span> werdet Ihr nun bald wieder besitzen.<br>–––––<br>Lieber Schlegel, ich sitze an Deinem Schreibtisch, weil unten rein gemacht wird, es ist aber so kühl, daß mir die Hand steif ist. So war es vor dem Jahr auch. Es ist heute Fronleichnamstag.<br>Wie viel an der Witterung eines Jahres hängt ‒ bis alles gleichgültig geworden ist.<br>Fast möchte ich Dir den Brief schicken, der von der Reise dieses Tages erzählt, denn da liegt ja das <span class="weight-bold ">offne</span> Paket mit meinen und <span class="index-30 tp-23011 ">ihren</span> Briefen vor mir. Gestalte es zum Gedicht in Deiner Seele, wie wir auf dem Blumenbestreueten Wege in den Tod gingen. Gedenke des Hügels am Mayn mit den drey Bildern von weißen Stein und den Unterschriften, die höchste Liebe, der höchste Schmerz, das höchste Mitleid ‒ Gedenke <span class="index-23 tp-23012 ">der schwerdtdurchbohrten Mutter</span>, dieses ist das Fest vom Tode ihres einzigen Lieblings. Aber auch sie bleibt nicht auf Erden, und ist schon nicht mehr auf Erden, auch sie nimmt der Himmel auf.<br>Wenn Du einmal gesammelt bist, dann öffne den Brief, den ich wirklich will beylegen, und dichte einmal wieder und trachte nach <span class="index-30 tp-23014 ">dem Kinde</span> und für <span class="index-23 tp-23013 ">die Mutter</span>.<br>Wir thun das Mögliche um uns aufrecht zu erhalten, und Schelling ist gut, er stärkt meine Seele in diesem Kampf und stellt mich auf den höchsten Punkt des Seyns, selbst körperlich bis in die Gruft gebeugt.<br>–––––<br>Ich will noch von fremden Dingen mit Dir sprechen um mir einen Übergang zur Ruhe zu bahnen, von einem Eindruck, den ich kürzlich empfangen habe. Unter den zurück erhaltnen Büchern befand sich <span class="index-4337 tp-23016 index-271 tp-23015 ">Vossens</span><span class="index-4337 tp-23016 "> Äneis</span>, und zum erstenmal hab ich denn eine Idee von diesem Werk bekommen, über die ich ganz erstaunen mußte. Niemals habe ich es mir so schlecht denken können. Erstlich dünkt es mich ganz und gar nicht episch ‒ es ist nirgends ein heitres Verweilen, sondern eine solche Rastlosigkeit und Leidenschaftlichkeit, daß mir moderner wie modern dabey zu Sinne wird. Und das ist dem Homer nachgebildet? Nun so erkennen wir ihn doch jetzt viel besser. Ich finde <span class="index-50 tp-23017 ">Kotzebue</span> darin ‒ ausgenommen den Respekt vor Arbeit und Kunst, der aus dem Machwerk und der Künstlichkeit hervorleuchtet ‒ Was ist das für ein Gewimmel von unnützen Thun und Treiben und von wahren nordischen Gespenstererscheinungen. Die Beziehung auf Roma ist das beste darin, aber wie unepisch. ‒ Wieder ist mir ein Licht aufgegangen, wie bey alle dem <span class="index-3189 tp-23018 ">der Virgil</span> <span class="index-35 tp-23019 ">den Dante</span> veranlaßt hat. Im <span class="index-1611 tp-23020 ">Klopstock</span> ist die Nachbildung sehr stark. Es freute mich, mich eines Winkes von <span class="index-137 tp-23021 ">Goethe</span> zu entsinnen, wo er bey Gelegenheit <span class="index-4347 tp-23054 ">des Laokoon</span> die Stelle im Dichter so tief herabwürdigt und alle Vergleichung mit jenem Kunstwerk verbittet.<br>Wunderbar, wie an diesen schlechten Virgilius sich wieder das Höchste der wiedererstehenden Kunst knüpfte und aus dem Unreinen Dante hervorging mit seiner Dramatik und Plastik. Aber ganz rein ist doch keine Gattung wieder zum Vorschein gekommen, besonders die epische nicht, höchstens die lyrische (im <span class="index-36 tp-23055 ">Petrarca</span>) als die schwächste. Nimm es nicht übel, daß ich Dir bekannte Dinge hererzähle, mir sind sie neu und selbst gefunden.<br>Man muß Gott preisen, daß es solche unermüdliche Leute wie <span class="index-271 tp-23056 ">Voß</span> in der Welt giebt, die eigends dazu organisirt sind den Homeros und auch den Virgilius zu übersetzen.<br>Immer jammerts mich, daß <span class="index-8 tp-23022 ">Friedrich</span> statt allem fast, was er seitdem gethan, nicht <span class="index-1466 tp-23023 ">die Geschichte der griechischen und römischen Poesie</span> vollendet hat. Das ist doch seine rechte Bestimmung und ich habe jetzt wieder das Fragment mit Freuden gelesen.<br>Leb wohl, ich muß schließen, denn mein Kopf ist so schwer, daß er sich hinzulegen sehnet.', '36_xml' => '<p>[<placeName key="12">Jena</placeName>] d. 7ten[‒12.] Jun. [1801].<lb/>Aus Deinem Schreiben will erhellen, als ob einige Stellen des meinigen Dir nicht allerdings angenehm gewesen ‒ unterthänigst zu dienen ‒ solches haben mir Dieselben wohl vergolten, denn große Strecken von Dero haben mir eine fast unannehmliche Empfindung verursacht, und wollen solches hiemit kurz abbrechen. Du nimmst meine kleinen Oppositionen gar nicht als wie solche, die in der Gegenwart allein vor sich gehn, sondern addirst stets alle vergangnen hinzu, da wird denn solch ein Ding daraus, aber aus vielen kleinen Unarten wird noch keine große, und ich bin nicht so schlimm, wie Du sagst, besonders nicht so spezifik gegen Dich, es ist eine allgemeine Manier, und sie gereute mich, so wie ich sie gegen Dich geübt hatte, ich ließ sie blos stehn, weil das Ausstreichen verdächtig aussieht, und ich dachte ‒ nun ‒ Du würdest das selbst schon gehörig ausstreichen, welches Du denn auch, nicht sowohl in Gnaden, als vielmehr in Ungnaden gethan hast. Ich kann weiter nichts thun als mir solches mit Anmuth gefallen lassen. Überdieses seh ich die Stärke Deiner Gründe ein, und zweifle auch keineswegs an der Stärke Deiner Mittel überhaupt, denn seit meinem ehemaligen Unglauben haben sich diese, und meine Einsichten zugleich, ins Unendliche vergrößert. Bedenke doch, ich war damals in Sachen der Kunst ja ein ganz unmündig Kind und in der Irre gehendes Lämmlein. Mache, was Du wilst, mein allerholdester Freund, und es wird wohl gemacht seyn. Ich ertheile Dir meine besondre Vergünstigung dazu, und das kann mir ohndas nicht einfallen die Bearbeitung einer griechischen Tragödie fürs Theater für ein verfehltes Unternehmen zu halten, womit Du doch anfangen zu wollen scheinst. Was meine sogenannte spöttische Bemerkung betrift, so schwör ich und betheur es sehr, sie kam mir gar nicht so vor, sondern blos pfiffig, und sie muß sich auf dem Papier anders ausgenommen haben, als wahrscheinlich von meinen Lippen. Was wilst Du nun noch? Aber <hi rend="weight:bold">ich</hi> will noch etwas, denn ich bin böse, daß Du mich so gar sehr misverstehst in Absicht Deines Bleibens in <placeName key="15">Berlin</placeName>. Wenn ich Dich einlade zu kommen, so ist es wahrhaftig blos ein reines Verlangen nach Deiner Gegenwart, das ich Dir ausdrücke, und nicht gemeynt Dich zu ängstigen. Kannst Du mich denn für so gänzlich verkehrt halten, daß, nachdem Du mir alle äußre Ruhe widergegeben, deren ich noch fähig bin, ich <hi rend="weight:bold">Dich</hi> drängen wolle dies und jenes zu thun und Dich an mich zu bannen? Ich bin froh, wenn es Dir irgendwo gefällt, wenn Du irgendwo einen Zweck, der Dir lieb ist, erreichen kannst. Du hast Dir meine Fragen zugezogen, weil Du mir nie gesagt hast, daß Du so spät erst kämest, und ich Dich eigentlich von Woche zu Woche erwartete, indem Du das Kommen selbst nur von Woche zu Woche, und nicht so consequent zu verzögern schienest, wie Du thust. Nun weiß ich es, nun will ich mich auch nicht mehr darum bekümmern. Kommen Sie, wann Sie wollen, Sie werden uns immer zu Hause finden. Bringe nur außer demjenigen, was ich schon bey Dir bestellt habe, den <persName key="43">Schleyermacher</persName> mit, an dem uns plözlich ein neues Licht und Interesse aufgegangen ist. <persName key="62">Schelling</persName> wird Dir darüber innerhalb der nächsten sechs Wochen einen Brief schreiben; er sagte zwar, es sollte innerhalb der nächsten 6 Tage geschehn.<lb/><lb/>d. 10 Jun.<lb/>Gewollt hab ich, aber nicht gekonnt am lezten Postag ‒ Mir war nicht wohl schon vorher; nun überfiel es mich so, daß ich die Feder liegen lassen muste, und ich hoffe, Du wirst auch einmal ein wenig betreten nach einen Brief von mir ausgesehn haben.<lb/><lb/>d. 11 Juni.<lb/>Die paar kühleren Tage haben mich wieder aus dem Gleis gebracht. <persName key="4255">Kilian</persName> hat mir übrigens nichts verordnet als ein regelmäßiges dreymaliges Glas Bischoff von frischen Pomeranzen; ich kann nicht anders als dieses als eine mystische geistliche Verordnung ansehn; man kann auf diesem Wege erstlich zum Pabst durch den Bischoff, und durch die Dreyfachheit zum Gotte werden. Ein Bestreben, wohin auch übrigens meine ganze Lebensweise, mein Thun und Nichts thun abzielt. ‒ <persName key="1929">Luise</persName> ist seit einigen Tagen in <placeName key="58">Weimar</placeName> bei <persName key="4338">Ludekus</persName>. Mein Zustand hat mich abgehalten gestern hinüber zu fahren, wo <name key="3128" type="work">Maria Stuart</name> gegeben wurde. Da <persName key="73">die Jagemann</persName> und <persName key="3150">Vohs</persName> jetzt bittre Feindinnen sind, so müssen sie mit einer ganz treffenden Persönlichkeit, ihre übrige Persönlichkeit dazu gerechnet, diese Rollen spielen. ‒ <persName key="137">Goethe</persName> ist vorige Woche abgereiset, nachdem er <persName key="4339">seinen Sohn</persName> vorher hat legitimiren lassen, und nur diesen und seinen Geist hat er mitgenommen. Die Weimaraner behaupten, Goethens Finanzen wären in einem sehr schlechten Zustande, und zwar durch <persName key="4340">die Vulpius</persName>, die ihre Unordentlichkeit und ganze Sippschaft mit ihnen nähret. Sie hat am Tage nach G. Abreise ihren Leuten in G. besten Zimmern ein Fest gegeben, dessen <hi rend="weight:bold">Evan Evoe</hi> in der ganzen Gegend umher erschollen ist. O das Unkraut, die Weiber! G. ist über <placeName key="2">Goettingen</placeName> gegangen und kann auf dem nehmlichen Wege nachher sehr gut <placeName key="4330">Soeder</placeName> berühren. Ich werde <persName key="5747">Brabeck</persName> einen Wink davon geben lassen. ‒ Noch zeigt sich kein <persName key="56">Fr. Tiek</persName>. Ist es denn möglich, daß <persName key="48">Ludwig</persName> <name key="2048" type="work">den <hi rend="weight:bold">Donquixote</hi></name> noch nicht vollendete, wie es in Buchläden bey der Nachfrage heißt: „Noch nicht fertig“. Warum zieht T. nicht lieber ganz hieher, damit er in einiger Obhut sich befände? In <placeName key="13">Dresden</placeName> hat er wieder die herrlichste Gelegenheit zum Müssiggehen.<lb/>Mit <persName key="4315">Friedrich Bohn</persName> hatte ich wirklich schon der Länge nach von <persName key="67">Unger</persName> gesprochen, wie Dein Brief kam. Er sieht alles ein und zweifelt keinen Augenblick an dem unmittelbarsten Einfluß von <persName key="4271">Vieweg</persName> und <persName key="380">der Unger</persName>. Doch stellt er sichs nicht anders vor, als daß ihr wieder überein kommt, und es kann auch nicht anders nach allen Spuren seyn, Unger muß sich dahin geäußert haben. Daß es mit <name key="344" type="work">dem <persName key="4"><hi rend="weight:bold">Shakespear</hi></persName></name> nicht ginge, habe Unger bis dahin nie merken lassen, und der erste Beginn eurer Händel bewiese ja auch eben das Gegentheil. Ich konnte gegen Bohn doch nichts thun als ihn in den rechten Gesichtspunkt stellen. Denn ich habe eine dergleichen Epistel, wie ich sie Dir beschrieb, an <persName key="3102">die Vieweg</persName> ergehn lassen, worinn ich zulezt leichthin sage, wenn Vieweg den vielen chemischen Plunder nicht hätte, so sollte <hi rend="weight:bold">er</hi> den <hi rend="weight:bold">Shak</hi>. nehmen, denn die Unternehmung wär doch so solid wie die Bibel oder <name key="333" type="work"><name key="273" type="work"><persName key="271">Vossens</persName> Homer</name></name> und nicht so theuer wie der lezte. ‒ Da nun Bohn Vieweg spricht bey der Durchreise, so muste ich es sehr vermeiden Bohn den leisesten Antrag zu machen. ‒ Es ist sehr wahrscheinlich, daß Vieweg und <persName key="380">die Unger</persName> Ungers Advokaten instruiren, nicht er selber, und diese es nun, einmal unternommen, gern aufs Äußerste trieben. Was <persName key="539"><hi rend="weight:bold">Cottas</hi></persName> Mittleramt betrift, so thut die Entfernung nicht viel dazu. Mit Einem laconischen Briefe könte die Hauptsache gethan werden. Eile ist nicht vonnöthen, da durch die spätere Erscheinung <name key="350" type="work">des 8ten Bandes</name> jede Pause vor dem weiteren Publikum gedeckt ist. Aber leider hängt jetzt allzu viel an der Entscheidung des Processes, und wer kann den Richtern trauen! Man muß in alle Wege ganz unerschütterlich bleiben, sonst behielte <persName key="4249">die Rahtmama Campe</persName> doch Recht, daß einen die Feinde bis zu einem beschwerlichen Mismuth herunter quälen könnten, indem alles solches freylich ihr mittelbares Gewebe ist ‒ und dafür schüzen uns die Götter! Mag es den Hunden immer wohlgehn, ich glaube an ein geistlich ewig Theil.<lb/>Und zudem wird es auch äußerlich schon wieder anders werden. Wir wollen nur eine Weile still sitzen und es abwarten. Ich lese derweil <name key="4341" type="work"><persName key="146">Platon</persName> vom Gerechten</name>. <persName key="4342">Ein gewisser Wolf</persName> hat ihn neu übersetzt. (Ein gewisser ‒ von dem rechten könnte nur ein Narr so sprechen.) Sage mir, wann wird <name key="275" type="work">der <persName key="43">Schleyermacher</persName>-<persName key="8">Friedrichsche</persName> Plato</name> erscheinen? Ich sehne mich danach.<lb/>Hast Du Dir schon etwas vom <persName key="1411"><name key="1412" type="work">Euripides</name></persName> ausgewählt? <name key="2637" type="work">Die Phädra</name> müste <persName key="54">der Meyer</persName> sehr glücken können. Ihr thätet wohl, diese Frau noch zu einer lebendigen Plastik und redelosen Mimik auszubilden. Wer könnte es ihr wehren oeffentlich solche Vorstellungen zu geben? Und diese Natur erreichte mit eurer Hülfe noch ihre eigentliche Bestimmung, ehe denn sie zu Grund ginge.<lb/>Lieber Freund, ich habe Dir auch eine kleine Dilettantin zuzuführen. Ich bin <persName key="4288"><hi rend="weight:bold">Cécilen</hi></persName> auf die Spur gekommen, daß sie innerlich ziemlich geschäftig ist, und schicke Dir hier einige Sachen, von denen sie noch nicht weiß, daß ich sie habe. Sie hat vermuthlich ganze Vorräthe. Es ist hier allerdings väterliches Talent, das sich, mit mehr Seele vereinigt, vielleicht würde rühmen können besser zu seyn als unsre Väter. Aber ich wäre dafür es noch in der Stille gewähren zu lassen. Man muß strenge mit der hofnungsvollen Jugend verfahren und den <hi rend="weight:bold">facilen</hi> Aufmunterungen das Gegengewicht halten. Meyer hat über sie geäußert, daß er ihr rathen würde sich dem Kupferstechen zu widmen ‒ er hat die Idee mit <persName key="1958">Tischbein</persName> besonders gemisbilligt, der gar kein Künstler sey usw. Du kennst das, allein ich will doch ordentlich mit ihm über sie sprechen, wenn wir vielleicht <persName key="1929">Luise</persName> von Weimar abholen. <persName key="3117">Julchen</persName> nimmt sich recht gut; ich wünschte nur, ihr zuweilen eine kleine Zerstreuung verschaffen zu können, an die hier jetzt fast gar nicht zu denken ist. Mädchen von ihrem Alter giebt es gar nicht. Demohngeachtet scheint sie sehr gern hier zu seyn und es blickt oft eine recht hübsche Theilnehmung an unsern weisen Gesprächen bey ihr durch, besonders wenn Schelling auf Spaziergängen in Offenbarungen geräth, ZB. ‒ daß ich des gestrigen erwähne ‒ erklärt, warum die Natur den Vögeln, die in metallischen Farben brennen, die Stimme und den andern die Schönheit versagt hat. Sie verspricht sich auch nicht wenig davon, wenn Du kommen und ihr die <hi rend="weight:bold">Cour</hi> machen wirst.<lb/>Auf die Anfrage beyliegendes Zettelchens hab ich beygeschriebne Antwort erhalten. Bald drauf schickte <persName key="8">Friedrich</persName> noch einen Korb voll Bücher, worauf ich bemerkte: mit <name key="4344" type="work">den Volksmährchen</name> verhielte es sich so, daß Du die Erstattung in <hi rend="weight:bold">natura</hi> wünschtest und ich ihn nur habe errinren wollen. Dieses in <hi rend="weight:bold">natura</hi> ist sehr buchstäblich genommen worden, denn er hat <persName key="1928">Philipps</persName> Exemplar geschickt, Du kanst denken, in welchem Zustand. Indessen besser das als keines. Die Bücher sollen sie wenigstens alle hergeben, da ich so vieler andren Dinge Nachfrage unterdrücken muß, um mich in keinen niedrigen Streit zu verwickeln. Bücher sind ewig, die kann man wiederfordern, aber Bettücher nicht.<lb/>–––––<lb/>Gestern begegneten wir auf einem kurzem Spaziergange, den ich mit <persName key="62">Schelling</persName> und <persName key="3117">Julchen</persName> unternahm,<persName key="242"> Hufeland</persName> und <persName key="244">Schütz</persName> zusammen. Das hättest Du sehn sollen, wie sich die Literatur an die Seite schob. Ich habe <persName key="242">Hufeland</persName> noch nicht gesprochen. <persName key="2935"><hi rend="weight:bold">Sie</hi></persName> war doch etwas beklommen bey mir; es ist möglich, daß sie mich aus Beklommenheit nicht eigends einlud sie nun auch zu besuchen, was ich abwarten wollte. Indeß wenn ich im Stande bin, geh ich doch wohl noch hin, ehe sie mit <persName key="4268">der Niethammer</persName> nach <placeName key="334"><hi rend="weight:bold">Liebenstein</hi></placeName> reiset, denn die überflüssigen Spannungen hab ich nicht Willens fortzuspinnen.<lb/><lb/>d. 12 Jun.<lb/>Ich habe obbemeldeten Vorsaz gestern gleich noch ausgeführt, da sie Morgen reiset, und ließ es sagen, worauf sie mich denn bestens empfieng, aber ihr Gemahl erschien nicht, als nicht zu Hause seyend. <persName key="641">Gries</persName> sagt aus, daß <hi rend="weight:bold"><persName key="1406">Bothe</persName>,</hi> der sich in <placeName key="1633">Erfurt</placeName> aufhält, jetzt alle belletristischen Recensionen <name key="1192" type="periodical">der ALZ.</name> bestreitet; wenn er es nicht als Facktum von Hufeland gehört hätte, so würde ich daran zweifeln, weil in <name key="4273" type="work">der Gigantomachie</name> Briareus doch ebenfals paradirt und <persName key="1406">Bothes</persName> Übersetzungen aus dem Griechischen kürzlich billigermaßen getadelt wurden. Das Einschicken <name key="3116" type="work">Deiner Erklärung</name>, die mir indeß doch mehr eine locale Maasregel für Berlin als eine algemeine zu seyn scheint, hat Schelling besorgt und wenigstens nicht die Antwort erhalten, daß sie sie nicht einrücken wollten.<lb/>Da Schelling sicher heut wieder nicht zum Schreiben komt, so will ich nur sagen, daß er erst jetzt <name key="148" type="work">die Reden über die Religion</name>, die er damals nur flüchtig angesehn hat, ließt, daß sie ihn vielleicht mehr wie Einen von euch festfassen (doch ist er noch nicht an der lezten) und er sie als etwas durch und durch Gebildetes und Vollendetes betrachtet bis zum Entzücken daran, aber ich will ihm weiter nichts vorweg nehmen, da er selbst schreiben will. Siehe doch zu, ob Du noch eines Velin Exemplares für ihn habhaft werden kannst, er will sie sich kaufen. Könnte denn <persName key="43">der Schleiermacher</persName> nicht wirklich ein bischen mit Dir herkommen? Lade ihn auch von Meinetwegen ein ‒ wenn <hi rend="weight:bold">er</hi> nicht hieher komt, so wird aus unsrer Bekantschaft nichts, denn schwerlich wird das Brandenburger Thor mein Antliz schauen. Das Heft mit der <name key="777" type="work">Identität</name> gedenk ich Dir eben nicht zu schicken, denn obgleich eine griechische Tragödie mit der Identität sehr identisch ist, so will ich Dich doch an die Tragödie als eine einzelne Totalität verwiesen haben. Besitzt denn Schleiermacher <name key="5663" type="periodical">diese Hefte </name>nicht? Wie kann ich auch wissen, wann Dir Friedrich <name key="1438" type="work">die Charakteristiken</name> schickt! Kurz, daraus wird nichts. Wegen <name key="4345" type="work">des Fränkischen Lustgärtleins</name> will ich Sorge tragen, es wäre schon geschehn, wenn ich nicht auf eine Antwort von <persName key="245">Marcus</persName> gewartet hätte, die aber nicht kommt. Sollte sie <persName key="243">die Paulus</persName> aufgefangen haben? <hi rend="weight:bold">Apropos</hi>, wohin reiset denn Friedrich? Etwa auch nach dem Frankenlande, mit dem Schneider? (Das ist unsre <hi rend="weight:bold">Chiffre</hi> für <persName key="186">Paulus</persName>. <persName key="31"><persName key="637">Frommans</persName></persName> heißen die Semmeley, weil die Kinder aussehn wie Semmeln, denen man Nase und Augen und Mund aufgemahlt hat, und alles dort wie mit Semmeln gestopft.) Hiebey wäre ich fast neugierig zu wissen, wie Friedrich es möglich macht zu reisen, aus eigner Machtsvollkommenheit einmal nicht. Denn vor ein paar Tagen ist noch <persName key="4335">Gabler</persName> zu Schelling gekommen zusammt einer Correspondenz, die er mit Friedrich führt, von der sich Schelling indessen die Lektüre verbat. Er will das Geld wiederhaben, das er Friedrich vorgeschossen, weil aus dem Buch nichts wird vor der Hand; 50 rh. hat ihm Friedrich wirklich schon wieder gegeben, wegen des übrigen, noch an 100 rh., wolte ihn Gabler verklagen und Schadloshaltung, nemlich Interressen, haben. Schelling hat ihm das denn wiederrathen um der Philosophie ein Ärgerniß zu ersparen. Das Schlimme ist, daß Friedrich dem Gabler just im voraus hat abgelockt, was er Schelling längst hintennach schuldig ist. ‒ In dieser Weise erschien auch <persName key="4346">Hr. Zapf</persName> und wollte mich wegen Weines anzapfen, den Du nicht getrunken hast; ich schickte ihn mit der vorgefundnen Note zu Friedrich und er ist denn auch nicht wiedergekommen. 10 rh. für Holz von 1800 habe ich bezahlen müssen. 4 <hi rend="weight:bold">Louisdʼor</hi> für <persName key="4230">Succow</persName> waren nach unsrer hiesigen Meinung hinreichend, so wie 12 für Hufeland. Es ist mir lieb, daß <persName key="1928">Philipp</persName> Dir noch das Geld assignirt hat. Ich habe noch nichts wieder von dorther vernommen.<lb/>Hast Du den Fischer von Hirschfeld nicht in Berlin gesehn. <persName key="218">Brinkmann</persName> werdet Ihr nun bald wieder besitzen.<lb/>–––––<lb/>Lieber Schlegel, ich sitze an Deinem Schreibtisch, weil unten rein gemacht wird, es ist aber so kühl, daß mir die Hand steif ist. So war es vor dem Jahr auch. Es ist heute Fronleichnamstag.<lb/>Wie viel an der Witterung eines Jahres hängt ‒ bis alles gleichgültig geworden ist.<lb/>Fast möchte ich Dir den Brief schicken, der von der Reise dieses Tages erzählt, denn da liegt ja das <hi rend="weight:bold">offne</hi> Paket mit meinen und <persName key="30">ihren</persName> Briefen vor mir. Gestalte es zum Gedicht in Deiner Seele, wie wir auf dem Blumenbestreueten Wege in den Tod gingen. Gedenke des Hügels am Mayn mit den drey Bildern von weißen Stein und den Unterschriften, die höchste Liebe, der höchste Schmerz, das höchste Mitleid ‒ Gedenke <persName key="23">der schwerdtdurchbohrten Mutter</persName>, dieses ist das Fest vom Tode ihres einzigen Lieblings. Aber auch sie bleibt nicht auf Erden, und ist schon nicht mehr auf Erden, auch sie nimmt der Himmel auf.<lb/>Wenn Du einmal gesammelt bist, dann öffne den Brief, den ich wirklich will beylegen, und dichte einmal wieder und trachte nach <persName key="30">dem Kinde</persName> und für <persName key="23">die Mutter</persName>.<lb/>Wir thun das Mögliche um uns aufrecht zu erhalten, und Schelling ist gut, er stärkt meine Seele in diesem Kampf und stellt mich auf den höchsten Punkt des Seyns, selbst körperlich bis in die Gruft gebeugt.<lb/>–––––<lb/>Ich will noch von fremden Dingen mit Dir sprechen um mir einen Übergang zur Ruhe zu bahnen, von einem Eindruck, den ich kürzlich empfangen habe. Unter den zurück erhaltnen Büchern befand sich <name key="4337" type="work"><persName key="271">Vossens</persName> Äneis</name>, und zum erstenmal hab ich denn eine Idee von diesem Werk bekommen, über die ich ganz erstaunen mußte. Niemals habe ich es mir so schlecht denken können. Erstlich dünkt es mich ganz und gar nicht episch ‒ es ist nirgends ein heitres Verweilen, sondern eine solche Rastlosigkeit und Leidenschaftlichkeit, daß mir moderner wie modern dabey zu Sinne wird. Und das ist dem Homer nachgebildet? Nun so erkennen wir ihn doch jetzt viel besser. Ich finde <persName key="50">Kotzebue</persName> darin ‒ ausgenommen den Respekt vor Arbeit und Kunst, der aus dem Machwerk und der Künstlichkeit hervorleuchtet ‒ Was ist das für ein Gewimmel von unnützen Thun und Treiben und von wahren nordischen Gespenstererscheinungen. Die Beziehung auf Roma ist das beste darin, aber wie unepisch. ‒ Wieder ist mir ein Licht aufgegangen, wie bey alle dem <persName key="3189">der Virgil</persName> <persName key="35">den Dante</persName> veranlaßt hat. Im <persName key="1611">Klopstock</persName> ist die Nachbildung sehr stark. Es freute mich, mich eines Winkes von <persName key="137">Goethe</persName> zu entsinnen, wo er bey Gelegenheit <name key="4347" type="work">des Laokoon</name> die Stelle im Dichter so tief herabwürdigt und alle Vergleichung mit jenem Kunstwerk verbittet.<lb/>Wunderbar, wie an diesen schlechten Virgilius sich wieder das Höchste der wiedererstehenden Kunst knüpfte und aus dem Unreinen Dante hervorging mit seiner Dramatik und Plastik. Aber ganz rein ist doch keine Gattung wieder zum Vorschein gekommen, besonders die epische nicht, höchstens die lyrische (im <persName key="36">Petrarca</persName>) als die schwächste. Nimm es nicht übel, daß ich Dir bekannte Dinge hererzähle, mir sind sie neu und selbst gefunden.<lb/>Man muß Gott preisen, daß es solche unermüdliche Leute wie <persName key="271">Voß</persName> in der Welt giebt, die eigends dazu organisirt sind den Homeros und auch den Virgilius zu übersetzen.<lb/>Immer jammerts mich, daß <persName key="8">Friedrich</persName> statt allem fast, was er seitdem gethan, nicht <name key="1466" type="work">die Geschichte der griechischen und römischen Poesie</name> vollendet hat. Das ist doch seine rechte Bestimmung und ich habe jetzt wieder das Fragment mit Freuden gelesen.<lb/>Leb wohl, ich muß schließen, denn mein Kopf ist so schwer, daß er sich hinzulegen sehnet.</p>', '36_xml_standoff' => '[<anchor type="b" n="12" ana="10" xml:id="NidB22959"/>Jena<anchor type="e" n="12" ana="10" xml:id="NidE22959"/>] d. 7ten[‒12.] Jun. [1801].<lb/>Aus Deinem Schreiben will erhellen, als ob einige Stellen des meinigen Dir nicht allerdings angenehm gewesen ‒ unterthänigst zu dienen ‒ solches haben mir Dieselben wohl vergolten, denn große Strecken von Dero haben mir eine fast unannehmliche Empfindung verursacht, und wollen solches hiemit kurz abbrechen. Du nimmst meine kleinen Oppositionen gar nicht als wie solche, die in der Gegenwart allein vor sich gehn, sondern addirst stets alle vergangnen hinzu, da wird denn solch ein Ding daraus, aber aus vielen kleinen Unarten wird noch keine große, und ich bin nicht so schlimm, wie Du sagst, besonders nicht so spezifik gegen Dich, es ist eine allgemeine Manier, und sie gereute mich, so wie ich sie gegen Dich geübt hatte, ich ließ sie blos stehn, weil das Ausstreichen verdächtig aussieht, und ich dachte ‒ nun ‒ Du würdest das selbst schon gehörig ausstreichen, welches Du denn auch, nicht sowohl in Gnaden, als vielmehr in Ungnaden gethan hast. Ich kann weiter nichts thun als mir solches mit Anmuth gefallen lassen. Überdieses seh ich die Stärke Deiner Gründe ein, und zweifle auch keineswegs an der Stärke Deiner Mittel überhaupt, denn seit meinem ehemaligen Unglauben haben sich diese, und meine Einsichten zugleich, ins Unendliche vergrößert. Bedenke doch, ich war damals in Sachen der Kunst ja ein ganz unmündig Kind und in der Irre gehendes Lämmlein. Mache, was Du wilst, mein allerholdester Freund, und es wird wohl gemacht seyn. Ich ertheile Dir meine besondre Vergünstigung dazu, und das kann mir ohndas nicht einfallen die Bearbeitung einer griechischen Tragödie fürs Theater für ein verfehltes Unternehmen zu halten, womit Du doch anfangen zu wollen scheinst. Was meine sogenannte spöttische Bemerkung betrift, so schwör ich und betheur es sehr, sie kam mir gar nicht so vor, sondern blos pfiffig, und sie muß sich auf dem Papier anders ausgenommen haben, als wahrscheinlich von meinen Lippen. Was wilst Du nun noch? Aber <hi rend="weight:bold">ich</hi> will noch etwas, denn ich bin böse, daß Du mich so gar sehr misverstehst in Absicht Deines Bleibens in <anchor type="b" n="15" ana="10" xml:id="NidB22960"/>Berlin<anchor type="e" n="15" ana="10" xml:id="NidE22960"/>. Wenn ich Dich einlade zu kommen, so ist es wahrhaftig blos ein reines Verlangen nach Deiner Gegenwart, das ich Dir ausdrücke, und nicht gemeynt Dich zu ängstigen. Kannst Du mich denn für so gänzlich verkehrt halten, daß, nachdem Du mir alle äußre Ruhe widergegeben, deren ich noch fähig bin, ich <hi rend="weight:bold">Dich</hi> drängen wolle dies und jenes zu thun und Dich an mich zu bannen? Ich bin froh, wenn es Dir irgendwo gefällt, wenn Du irgendwo einen Zweck, der Dir lieb ist, erreichen kannst. Du hast Dir meine Fragen zugezogen, weil Du mir nie gesagt hast, daß Du so spät erst kämest, und ich Dich eigentlich von Woche zu Woche erwartete, indem Du das Kommen selbst nur von Woche zu Woche, und nicht so consequent zu verzögern schienest, wie Du thust. Nun weiß ich es, nun will ich mich auch nicht mehr darum bekümmern. Kommen Sie, wann Sie wollen, Sie werden uns immer zu Hause finden. Bringe nur außer demjenigen, was ich schon bey Dir bestellt habe, den <anchor type="b" n="43" ana="11" xml:id="NidB23024"/>Schleyermacher<anchor type="e" n="43" ana="11" xml:id="NidE23024"/> mit, an dem uns plözlich ein neues Licht und Interesse aufgegangen ist. <anchor type="b" n="62" ana="11" xml:id="NidB23025"/>Schelling<anchor type="e" n="62" ana="11" xml:id="NidE23025"/> wird Dir darüber innerhalb der nächsten sechs Wochen einen Brief schreiben; er sagte zwar, es sollte innerhalb der nächsten 6 Tage geschehn.<lb/><lb/>d. 10 Jun.<lb/>Gewollt hab ich, aber nicht gekonnt am lezten Postag ‒ Mir war nicht wohl schon vorher; nun überfiel es mich so, daß ich die Feder liegen lassen muste, und ich hoffe, Du wirst auch einmal ein wenig betreten nach einen Brief von mir ausgesehn haben.<lb/><lb/>d. 11 Juni.<lb/>Die paar kühleren Tage haben mich wieder aus dem Gleis gebracht. <anchor type="b" n="4255" ana="11" xml:id="NidB22961"/>Kilian<anchor type="e" n="4255" ana="11" xml:id="NidE22961"/> hat mir übrigens nichts verordnet als ein regelmäßiges dreymaliges Glas Bischoff von frischen Pomeranzen; ich kann nicht anders als dieses als eine mystische geistliche Verordnung ansehn; man kann auf diesem Wege erstlich zum Pabst durch den Bischoff, und durch die Dreyfachheit zum Gotte werden. Ein Bestreben, wohin auch übrigens meine ganze Lebensweise, mein Thun und Nichts thun abzielt. ‒ <anchor type="b" n="1929" ana="11" xml:id="NidB22963"/>Luise<anchor type="e" n="1929" ana="11" xml:id="NidE22963"/> ist seit einigen Tagen in <anchor type="b" n="58" ana="10" xml:id="NidB22962"/>Weimar<anchor type="e" n="58" ana="10" xml:id="NidE22962"/> bei <anchor type="b" n="4338" ana="11" xml:id="NidB23026"/>Ludekus<anchor type="e" n="4338" ana="11" xml:id="NidE23026"/>. Mein Zustand hat mich abgehalten gestern hinüber zu fahren, wo <anchor type="b" n="3128" ana="12" xml:id="NidB22964"/>Maria Stuart<anchor type="e" n="3128" ana="12" xml:id="NidE22964"/> gegeben wurde. Da <anchor type="b" n="73" ana="11" xml:id="NidB22965"/>die Jagemann<anchor type="e" n="73" ana="11" xml:id="NidE22965"/> und <anchor type="b" n="3150" ana="11" xml:id="NidB23028"/>Vohs<anchor type="e" n="3150" ana="11" xml:id="NidE23028"/> jetzt bittre Feindinnen sind, so müssen sie mit einer ganz treffenden Persönlichkeit, ihre übrige Persönlichkeit dazu gerechnet, diese Rollen spielen. ‒ <anchor type="b" n="137" ana="11" xml:id="NidB22966"/>Goethe<anchor type="e" n="137" ana="11" xml:id="NidE22966"/> ist vorige Woche abgereiset, nachdem er <anchor type="b" n="4339" ana="11" xml:id="NidB23029"/>seinen Sohn<anchor type="e" n="4339" ana="11" xml:id="NidE23029"/> vorher hat legitimiren lassen, und nur diesen und seinen Geist hat er mitgenommen. Die Weimaraner behaupten, Goethens Finanzen wären in einem sehr schlechten Zustande, und zwar durch <anchor type="b" n="4340" ana="11" xml:id="NidB23030"/>die Vulpius<anchor type="e" n="4340" ana="11" xml:id="NidE23030"/>, die ihre Unordentlichkeit und ganze Sippschaft mit ihnen nähret. Sie hat am Tage nach G. Abreise ihren Leuten in G. besten Zimmern ein Fest gegeben, dessen <hi rend="weight:bold">Evan Evoe</hi> in der ganzen Gegend umher erschollen ist. O das Unkraut, die Weiber! G. ist über <anchor type="b" n="2" ana="10" xml:id="NidB22967"/>Goettingen<anchor type="e" n="2" ana="10" xml:id="NidE22967"/> gegangen und kann auf dem nehmlichen Wege nachher sehr gut <anchor type="b" n="4330" ana="10" xml:id="NidB23031"/>Soeder<anchor type="e" n="4330" ana="10" xml:id="NidE23031"/> berühren. Ich werde <anchor type="b" n="5747" ana="11" xml:id="NidB47192"/>Brabeck<anchor type="e" n="5747" ana="11" xml:id="NidE47192"/> einen Wink davon geben lassen. ‒ Noch zeigt sich kein <anchor type="b" n="56" ana="11" xml:id="NidB22968"/>Fr. Tiek<anchor type="e" n="56" ana="11" xml:id="NidE22968"/>. Ist es denn möglich, daß <anchor type="b" n="48" ana="11" xml:id="NidB22969"/>Ludwig<anchor type="e" n="48" ana="11" xml:id="NidE22969"/> <anchor type="b" n="2048" ana="12" xml:id="NidB22970"/>den <hi rend="weight:bold">Donquixote</hi><anchor type="e" n="2048" ana="12" xml:id="NidE22970"/> noch nicht vollendete, wie es in Buchläden bey der Nachfrage heißt: „Noch nicht fertig“. Warum zieht T. nicht lieber ganz hieher, damit er in einiger Obhut sich befände? In <anchor type="b" n="13" ana="10" xml:id="NidB23032"/>Dresden<anchor type="e" n="13" ana="10" xml:id="NidE23032"/> hat er wieder die herrlichste Gelegenheit zum Müssiggehen.<lb/>Mit <anchor type="b" n="4315" ana="11" xml:id="NidB22972"/>Friedrich Bohn<anchor type="e" n="4315" ana="11" xml:id="NidE22972"/> hatte ich wirklich schon der Länge nach von <anchor type="b" n="67" ana="11" xml:id="NidB22971"/>Unger<anchor type="e" n="67" ana="11" xml:id="NidE22971"/> gesprochen, wie Dein Brief kam. Er sieht alles ein und zweifelt keinen Augenblick an dem unmittelbarsten Einfluß von <anchor type="b" n="4271" ana="11" xml:id="NidB22973"/>Vieweg<anchor type="e" n="4271" ana="11" xml:id="NidE22973"/> und <anchor type="b" n="380" ana="11" xml:id="NidB47193"/>der Unger<anchor type="e" n="380" ana="11" xml:id="NidE47193"/>. Doch stellt er sichs nicht anders vor, als daß ihr wieder überein kommt, und es kann auch nicht anders nach allen Spuren seyn, Unger muß sich dahin geäußert haben. Daß es mit <anchor type="b" n="344" ana="12" xml:id="NidB22975"/>dem <anchor type="b" n="4" ana="11" xml:id="NidB22974"/><hi rend="weight:bold">Shakespear</hi><anchor type="e" n="4" ana="11" xml:id="NidE22974"/><anchor type="e" n="344" ana="12" xml:id="NidE22975"/> nicht ginge, habe Unger bis dahin nie merken lassen, und der erste Beginn eurer Händel bewiese ja auch eben das Gegentheil. Ich konnte gegen Bohn doch nichts thun als ihn in den rechten Gesichtspunkt stellen. Denn ich habe eine dergleichen Epistel, wie ich sie Dir beschrieb, an <anchor type="b" n="3102" ana="11" xml:id="NidB47194"/>die Vieweg<anchor type="e" n="3102" ana="11" xml:id="NidE47194"/> ergehn lassen, worinn ich zulezt leichthin sage, wenn Vieweg den vielen chemischen Plunder nicht hätte, so sollte <hi rend="weight:bold">er</hi> den <hi rend="weight:bold">Shak</hi>. nehmen, denn die Unternehmung wär doch so solid wie die Bibel oder <anchor type="b" n="333" ana="12" xml:id="NidB22977"/><anchor type="b" n="273" ana="12" xml:id="NidB22978"/><anchor type="b" n="271" ana="11" xml:id="NidB22976"/>Vossens<anchor type="e" n="271" ana="11" xml:id="NidE22976"/> Homer<anchor type="e" n="273" ana="12" xml:id="NidE22978"/><anchor type="e" n="333" ana="12" xml:id="NidE22977"/> und nicht so theuer wie der lezte. ‒ Da nun Bohn Vieweg spricht bey der Durchreise, so muste ich es sehr vermeiden Bohn den leisesten Antrag zu machen. ‒ Es ist sehr wahrscheinlich, daß Vieweg und <anchor type="b" n="380" ana="11" xml:id="NidB22979"/>die Unger<anchor type="e" n="380" ana="11" xml:id="NidE22979"/> Ungers Advokaten instruiren, nicht er selber, und diese es nun, einmal unternommen, gern aufs Äußerste trieben. Was <anchor type="b" n="539" ana="11" xml:id="NidB22980"/><hi rend="weight:bold">Cottas</hi><anchor type="e" n="539" ana="11" xml:id="NidE22980"/> Mittleramt betrift, so thut die Entfernung nicht viel dazu. Mit Einem laconischen Briefe könte die Hauptsache gethan werden. Eile ist nicht vonnöthen, da durch die spätere Erscheinung <anchor type="b" n="350" ana="12" xml:id="NidB22981"/>des 8ten Bandes<anchor type="e" n="350" ana="12" xml:id="NidE22981"/> jede Pause vor dem weiteren Publikum gedeckt ist. Aber leider hängt jetzt allzu viel an der Entscheidung des Processes, und wer kann den Richtern trauen! Man muß in alle Wege ganz unerschütterlich bleiben, sonst behielte <anchor type="b" n="4249" ana="11" xml:id="NidB22982"/>die Rahtmama Campe<anchor type="e" n="4249" ana="11" xml:id="NidE22982"/> doch Recht, daß einen die Feinde bis zu einem beschwerlichen Mismuth herunter quälen könnten, indem alles solches freylich ihr mittelbares Gewebe ist ‒ und dafür schüzen uns die Götter! Mag es den Hunden immer wohlgehn, ich glaube an ein geistlich ewig Theil.<lb/>Und zudem wird es auch äußerlich schon wieder anders werden. Wir wollen nur eine Weile still sitzen und es abwarten. Ich lese derweil <anchor type="b" n="4341" ana="12" xml:id="NidB23036"/><anchor type="b" n="146" ana="11" xml:id="NidB22983"/>Platon<anchor type="e" n="146" ana="11" xml:id="NidE22983"/> vom Gerechten<anchor type="e" n="4341" ana="12" xml:id="NidE23036"/>. <anchor type="b" n="4342" ana="11" xml:id="NidB23037"/>Ein gewisser Wolf<anchor type="e" n="4342" ana="11" xml:id="NidE23037"/> hat ihn neu übersetzt. (Ein gewisser ‒ von dem rechten könnte nur ein Narr so sprechen.) Sage mir, wann wird <anchor type="b" n="275" ana="12" xml:id="NidB23034"/>der <anchor type="b" n="43" ana="11" xml:id="NidB22984"/>Schleyermacher<anchor type="e" n="43" ana="11" xml:id="NidE22984"/>-<anchor type="b" n="8" ana="11" xml:id="NidB23035"/>Friedrichsche<anchor type="e" n="8" ana="11" xml:id="NidE23035"/> Plato<anchor type="e" n="275" ana="12" xml:id="NidE23034"/> erscheinen? Ich sehne mich danach.<lb/>Hast Du Dir schon etwas vom <anchor type="b" n="1411" ana="11" xml:id="NidB22985"/><anchor type="b" n="1412" ana="12" xml:id="NidB23038"/>Euripides<anchor type="e" n="1412" ana="12" xml:id="NidE23038"/><anchor type="e" n="1411" ana="11" xml:id="NidE22985"/> ausgewählt? <anchor type="b" n="2637" ana="12" xml:id="NidB23039"/>Die Phädra<anchor type="e" n="2637" ana="12" xml:id="NidE23039"/> müste <anchor type="b" n="54" ana="11" xml:id="NidB42074"/>der Meyer<anchor type="e" n="54" ana="11" xml:id="NidE42074"/> sehr glücken können. Ihr thätet wohl, diese Frau noch zu einer lebendigen Plastik und redelosen Mimik auszubilden. Wer könnte es ihr wehren oeffentlich solche Vorstellungen zu geben? Und diese Natur erreichte mit eurer Hülfe noch ihre eigentliche Bestimmung, ehe denn sie zu Grund ginge.<lb/>Lieber Freund, ich habe Dir auch eine kleine Dilettantin zuzuführen. Ich bin <anchor type="b" n="4288" ana="11" xml:id="NidB22986"/><hi rend="weight:bold">Cécilen</hi><anchor type="e" n="4288" ana="11" xml:id="NidE22986"/> auf die Spur gekommen, daß sie innerlich ziemlich geschäftig ist, und schicke Dir hier einige Sachen, von denen sie noch nicht weiß, daß ich sie habe. Sie hat vermuthlich ganze Vorräthe. Es ist hier allerdings väterliches Talent, das sich, mit mehr Seele vereinigt, vielleicht würde rühmen können besser zu seyn als unsre Väter. Aber ich wäre dafür es noch in der Stille gewähren zu lassen. Man muß strenge mit der hofnungsvollen Jugend verfahren und den <hi rend="weight:bold">facilen</hi> Aufmunterungen das Gegengewicht halten. Meyer hat über sie geäußert, daß er ihr rathen würde sich dem Kupferstechen zu widmen ‒ er hat die Idee mit <anchor type="b" n="1958" ana="11" xml:id="NidB23043"/>Tischbein<anchor type="e" n="1958" ana="11" xml:id="NidE23043"/> besonders gemisbilligt, der gar kein Künstler sey usw. Du kennst das, allein ich will doch ordentlich mit ihm über sie sprechen, wenn wir vielleicht <anchor type="b" n="1929" ana="11" xml:id="NidB23044"/>Luise<anchor type="e" n="1929" ana="11" xml:id="NidE23044"/> von Weimar abholen. <anchor type="b" n="3117" ana="11" xml:id="NidB22987"/>Julchen<anchor type="e" n="3117" ana="11" xml:id="NidE22987"/> nimmt sich recht gut; ich wünschte nur, ihr zuweilen eine kleine Zerstreuung verschaffen zu können, an die hier jetzt fast gar nicht zu denken ist. Mädchen von ihrem Alter giebt es gar nicht. Demohngeachtet scheint sie sehr gern hier zu seyn und es blickt oft eine recht hübsche Theilnehmung an unsern weisen Gesprächen bey ihr durch, besonders wenn Schelling auf Spaziergängen in Offenbarungen geräth, ZB. ‒ daß ich des gestrigen erwähne ‒ erklärt, warum die Natur den Vögeln, die in metallischen Farben brennen, die Stimme und den andern die Schönheit versagt hat. Sie verspricht sich auch nicht wenig davon, wenn Du kommen und ihr die <hi rend="weight:bold">Cour</hi> machen wirst.<lb/>Auf die Anfrage beyliegendes Zettelchens hab ich beygeschriebne Antwort erhalten. Bald drauf schickte <anchor type="b" n="8" ana="11" xml:id="NidB22988"/>Friedrich<anchor type="e" n="8" ana="11" xml:id="NidE22988"/> noch einen Korb voll Bücher, worauf ich bemerkte: mit <anchor type="b" n="4344" ana="12" xml:id="NidB23041"/>den Volksmährchen<anchor type="e" n="4344" ana="12" xml:id="NidE23041"/> verhielte es sich so, daß Du die Erstattung in <hi rend="weight:bold">natura</hi> wünschtest und ich ihn nur habe errinren wollen. Dieses in <hi rend="weight:bold">natura</hi> ist sehr buchstäblich genommen worden, denn er hat <anchor type="b" n="1928" ana="11" xml:id="NidB23042"/>Philipps<anchor type="e" n="1928" ana="11" xml:id="NidE23042"/> Exemplar geschickt, Du kanst denken, in welchem Zustand. Indessen besser das als keines. Die Bücher sollen sie wenigstens alle hergeben, da ich so vieler andren Dinge Nachfrage unterdrücken muß, um mich in keinen niedrigen Streit zu verwickeln. Bücher sind ewig, die kann man wiederfordern, aber Bettücher nicht.<lb/>–––––<lb/>Gestern begegneten wir auf einem kurzem Spaziergange, den ich mit <anchor type="b" n="62" ana="11" xml:id="NidB22989"/>Schelling<anchor type="e" n="62" ana="11" xml:id="NidE22989"/> und <anchor type="b" n="3117" ana="11" xml:id="NidB22990"/>Julchen<anchor type="e" n="3117" ana="11" xml:id="NidE22990"/> unternahm,<anchor type="b" n="242" ana="11" xml:id="NidB22994"/> Hufeland<anchor type="e" n="242" ana="11" xml:id="NidE22994"/> und <anchor type="b" n="244" ana="11" xml:id="NidB22991"/>Schütz<anchor type="e" n="244" ana="11" xml:id="NidE22991"/> zusammen. Das hättest Du sehn sollen, wie sich die Literatur an die Seite schob. Ich habe <anchor type="b" n="242" ana="11" xml:id="NidB22992"/>Hufeland<anchor type="e" n="242" ana="11" xml:id="NidE22992"/> noch nicht gesprochen. <anchor type="b" n="2935" ana="11" xml:id="NidB22993"/><hi rend="weight:bold">Sie</hi><anchor type="e" n="2935" ana="11" xml:id="NidE22993"/> war doch etwas beklommen bey mir; es ist möglich, daß sie mich aus Beklommenheit nicht eigends einlud sie nun auch zu besuchen, was ich abwarten wollte. Indeß wenn ich im Stande bin, geh ich doch wohl noch hin, ehe sie mit <anchor type="b" n="4268" ana="11" xml:id="NidB22996"/>der Niethammer<anchor type="e" n="4268" ana="11" xml:id="NidE22996"/> nach <anchor type="b" n="334" ana="10" xml:id="NidB22995"/><hi rend="weight:bold">Liebenstein</hi><anchor type="e" n="334" ana="10" xml:id="NidE22995"/> reiset, denn die überflüssigen Spannungen hab ich nicht Willens fortzuspinnen.<lb/><lb/>d. 12 Jun.<lb/>Ich habe obbemeldeten Vorsaz gestern gleich noch ausgeführt, da sie Morgen reiset, und ließ es sagen, worauf sie mich denn bestens empfieng, aber ihr Gemahl erschien nicht, als nicht zu Hause seyend. <anchor type="b" n="641" ana="11" xml:id="NidB22997"/>Gries<anchor type="e" n="641" ana="11" xml:id="NidE22997"/> sagt aus, daß <hi rend="weight:bold"><anchor type="b" n="1406" ana="11" xml:id="NidB22998"/>Bothe<anchor type="e" n="1406" ana="11" xml:id="NidE22998"/>,</hi> der sich in <anchor type="b" n="1633" ana="10" xml:id="NidB23000"/>Erfurt<anchor type="e" n="1633" ana="10" xml:id="NidE23000"/> aufhält, jetzt alle belletristischen Recensionen <anchor type="b" n="1192" ana="13" xml:id="NidB73975"/>der ALZ.<anchor type="e" n="1192" ana="13" xml:id="NidE73975"/> bestreitet; wenn er es nicht als Facktum von Hufeland gehört hätte, so würde ich daran zweifeln, weil in <anchor type="b" n="4273" ana="12" xml:id="NidB23001"/>der Gigantomachie<anchor type="e" n="4273" ana="12" xml:id="NidE23001"/> Briareus doch ebenfals paradirt und <anchor type="b" n="1406" ana="11" xml:id="NidB56876"/>Bothes<anchor type="e" n="1406" ana="11" xml:id="NidE56876"/> Übersetzungen aus dem Griechischen kürzlich billigermaßen getadelt wurden. Das Einschicken <anchor type="b" n="3116" ana="12" xml:id="NidB23046"/>Deiner Erklärung<anchor type="e" n="3116" ana="12" xml:id="NidE23046"/>, die mir indeß doch mehr eine locale Maasregel für Berlin als eine algemeine zu seyn scheint, hat Schelling besorgt und wenigstens nicht die Antwort erhalten, daß sie sie nicht einrücken wollten.<lb/>Da Schelling sicher heut wieder nicht zum Schreiben komt, so will ich nur sagen, daß er erst jetzt <anchor type="b" n="148" ana="12" xml:id="NidB23047"/>die Reden über die Religion<anchor type="e" n="148" ana="12" xml:id="NidE23047"/>, die er damals nur flüchtig angesehn hat, ließt, daß sie ihn vielleicht mehr wie Einen von euch festfassen (doch ist er noch nicht an der lezten) und er sie als etwas durch und durch Gebildetes und Vollendetes betrachtet bis zum Entzücken daran, aber ich will ihm weiter nichts vorweg nehmen, da er selbst schreiben will. Siehe doch zu, ob Du noch eines Velin Exemplares für ihn habhaft werden kannst, er will sie sich kaufen. Könnte denn <anchor type="b" n="43" ana="11" xml:id="NidB23002"/>der Schleiermacher<anchor type="e" n="43" ana="11" xml:id="NidE23002"/> nicht wirklich ein bischen mit Dir herkommen? Lade ihn auch von Meinetwegen ein ‒ wenn <hi rend="weight:bold">er</hi> nicht hieher komt, so wird aus unsrer Bekantschaft nichts, denn schwerlich wird das Brandenburger Thor mein Antliz schauen. Das Heft mit der <anchor type="b" n="777" ana="12" xml:id="NidB47196"/>Identität<anchor type="e" n="777" ana="12" xml:id="NidE47196"/> gedenk ich Dir eben nicht zu schicken, denn obgleich eine griechische Tragödie mit der Identität sehr identisch ist, so will ich Dich doch an die Tragödie als eine einzelne Totalität verwiesen haben. Besitzt denn Schleiermacher <anchor type="b" n="5663" ana="13" xml:id="NidB47195"/>diese Hefte <anchor type="e" n="5663" ana="13" xml:id="NidE47195"/>nicht? Wie kann ich auch wissen, wann Dir Friedrich <anchor type="b" n="1438" ana="12" xml:id="NidB23049"/>die Charakteristiken<anchor type="e" n="1438" ana="12" xml:id="NidE23049"/> schickt! Kurz, daraus wird nichts. Wegen <anchor type="b" n="4345" ana="12" xml:id="NidB23048"/>des Fränkischen Lustgärtleins<anchor type="e" n="4345" ana="12" xml:id="NidE23048"/> will ich Sorge tragen, es wäre schon geschehn, wenn ich nicht auf eine Antwort von <anchor type="b" n="245" ana="11" xml:id="NidB23003"/>Marcus<anchor type="e" n="245" ana="11" xml:id="NidE23003"/> gewartet hätte, die aber nicht kommt. Sollte sie <anchor type="b" n="243" ana="11" xml:id="NidB23004"/>die Paulus<anchor type="e" n="243" ana="11" xml:id="NidE23004"/> aufgefangen haben? <hi rend="weight:bold">Apropos</hi>, wohin reiset denn Friedrich? Etwa auch nach dem Frankenlande, mit dem Schneider? (Das ist unsre <hi rend="weight:bold">Chiffre</hi> für <anchor type="b" n="186" ana="11" xml:id="NidB23005"/>Paulus<anchor type="e" n="186" ana="11" xml:id="NidE23005"/>. <anchor type="b" n="31" ana="11" xml:id="NidB23006"/><anchor type="b" n="637" ana="11" xml:id="NidB23007"/>Frommans<anchor type="e" n="637" ana="11" xml:id="NidE23007"/><anchor type="e" n="31" ana="11" xml:id="NidE23006"/> heißen die Semmeley, weil die Kinder aussehn wie Semmeln, denen man Nase und Augen und Mund aufgemahlt hat, und alles dort wie mit Semmeln gestopft.) Hiebey wäre ich fast neugierig zu wissen, wie Friedrich es möglich macht zu reisen, aus eigner Machtsvollkommenheit einmal nicht. Denn vor ein paar Tagen ist noch <anchor type="b" n="4335" ana="11" xml:id="NidB23008"/>Gabler<anchor type="e" n="4335" ana="11" xml:id="NidE23008"/> zu Schelling gekommen zusammt einer Correspondenz, die er mit Friedrich führt, von der sich Schelling indessen die Lektüre verbat. Er will das Geld wiederhaben, das er Friedrich vorgeschossen, weil aus dem Buch nichts wird vor der Hand; 50 rh. hat ihm Friedrich wirklich schon wieder gegeben, wegen des übrigen, noch an 100 rh., wolte ihn Gabler verklagen und Schadloshaltung, nemlich Interressen, haben. Schelling hat ihm das denn wiederrathen um der Philosophie ein Ärgerniß zu ersparen. Das Schlimme ist, daß Friedrich dem Gabler just im voraus hat abgelockt, was er Schelling längst hintennach schuldig ist. ‒ In dieser Weise erschien auch <anchor type="b" n="4346" ana="11" xml:id="NidB23053"/>Hr. Zapf<anchor type="e" n="4346" ana="11" xml:id="NidE23053"/> und wollte mich wegen Weines anzapfen, den Du nicht getrunken hast; ich schickte ihn mit der vorgefundnen Note zu Friedrich und er ist denn auch nicht wiedergekommen. 10 rh. für Holz von 1800 habe ich bezahlen müssen. 4 <hi rend="weight:bold">Louisdʼor</hi> für <anchor type="b" n="4230" ana="11" xml:id="NidB23051"/>Succow<anchor type="e" n="4230" ana="11" xml:id="NidE23051"/> waren nach unsrer hiesigen Meinung hinreichend, so wie 12 für Hufeland. Es ist mir lieb, daß <anchor type="b" n="1928" ana="11" xml:id="NidB23052"/>Philipp<anchor type="e" n="1928" ana="11" xml:id="NidE23052"/> Dir noch das Geld assignirt hat. Ich habe noch nichts wieder von dorther vernommen.<lb/>Hast Du den Fischer von Hirschfeld nicht in Berlin gesehn. <anchor type="b" n="218" ana="11" xml:id="NidB23050"/>Brinkmann<anchor type="e" n="218" ana="11" xml:id="NidE23050"/> werdet Ihr nun bald wieder besitzen.<lb/>–––––<lb/>Lieber Schlegel, ich sitze an Deinem Schreibtisch, weil unten rein gemacht wird, es ist aber so kühl, daß mir die Hand steif ist. So war es vor dem Jahr auch. Es ist heute Fronleichnamstag.<lb/>Wie viel an der Witterung eines Jahres hängt ‒ bis alles gleichgültig geworden ist.<lb/>Fast möchte ich Dir den Brief schicken, der von der Reise dieses Tages erzählt, denn da liegt ja das <hi rend="weight:bold">offne</hi> Paket mit meinen und <anchor type="b" n="30" ana="11" xml:id="NidB23011"/>ihren<anchor type="e" n="30" ana="11" xml:id="NidE23011"/> Briefen vor mir. Gestalte es zum Gedicht in Deiner Seele, wie wir auf dem Blumenbestreueten Wege in den Tod gingen. Gedenke des Hügels am Mayn mit den drey Bildern von weißen Stein und den Unterschriften, die höchste Liebe, der höchste Schmerz, das höchste Mitleid ‒ Gedenke <anchor type="b" n="23" ana="11" xml:id="NidB23012"/>der schwerdtdurchbohrten Mutter<anchor type="e" n="23" ana="11" xml:id="NidE23012"/>, dieses ist das Fest vom Tode ihres einzigen Lieblings. Aber auch sie bleibt nicht auf Erden, und ist schon nicht mehr auf Erden, auch sie nimmt der Himmel auf.<lb/>Wenn Du einmal gesammelt bist, dann öffne den Brief, den ich wirklich will beylegen, und dichte einmal wieder und trachte nach <anchor type="b" n="30" ana="11" xml:id="NidB23014"/>dem Kinde<anchor type="e" n="30" ana="11" xml:id="NidE23014"/> und für <anchor type="b" n="23" ana="11" xml:id="NidB23013"/>die Mutter<anchor type="e" n="23" ana="11" xml:id="NidE23013"/>.<lb/>Wir thun das Mögliche um uns aufrecht zu erhalten, und Schelling ist gut, er stärkt meine Seele in diesem Kampf und stellt mich auf den höchsten Punkt des Seyns, selbst körperlich bis in die Gruft gebeugt.<lb/>–––––<lb/>Ich will noch von fremden Dingen mit Dir sprechen um mir einen Übergang zur Ruhe zu bahnen, von einem Eindruck, den ich kürzlich empfangen habe. Unter den zurück erhaltnen Büchern befand sich <anchor type="b" n="4337" ana="12" xml:id="NidB23016"/><anchor type="b" n="271" ana="11" xml:id="NidB23015"/>Vossens<anchor type="e" n="271" ana="11" xml:id="NidE23015"/> Äneis<anchor type="e" n="4337" ana="12" xml:id="NidE23016"/>, und zum erstenmal hab ich denn eine Idee von diesem Werk bekommen, über die ich ganz erstaunen mußte. Niemals habe ich es mir so schlecht denken können. Erstlich dünkt es mich ganz und gar nicht episch ‒ es ist nirgends ein heitres Verweilen, sondern eine solche Rastlosigkeit und Leidenschaftlichkeit, daß mir moderner wie modern dabey zu Sinne wird. Und das ist dem Homer nachgebildet? Nun so erkennen wir ihn doch jetzt viel besser. Ich finde <anchor type="b" n="50" ana="11" xml:id="NidB23017"/>Kotzebue<anchor type="e" n="50" ana="11" xml:id="NidE23017"/> darin ‒ ausgenommen den Respekt vor Arbeit und Kunst, der aus dem Machwerk und der Künstlichkeit hervorleuchtet ‒ Was ist das für ein Gewimmel von unnützen Thun und Treiben und von wahren nordischen Gespenstererscheinungen. Die Beziehung auf Roma ist das beste darin, aber wie unepisch. ‒ Wieder ist mir ein Licht aufgegangen, wie bey alle dem <anchor type="b" n="3189" ana="11" xml:id="NidB23018"/>der Virgil<anchor type="e" n="3189" ana="11" xml:id="NidE23018"/> <anchor type="b" n="35" ana="11" xml:id="NidB23019"/>den Dante<anchor type="e" n="35" ana="11" xml:id="NidE23019"/> veranlaßt hat. Im <anchor type="b" n="1611" ana="11" xml:id="NidB23020"/>Klopstock<anchor type="e" n="1611" ana="11" xml:id="NidE23020"/> ist die Nachbildung sehr stark. Es freute mich, mich eines Winkes von <anchor type="b" n="137" ana="11" xml:id="NidB23021"/>Goethe<anchor type="e" n="137" ana="11" xml:id="NidE23021"/> zu entsinnen, wo er bey Gelegenheit <anchor type="b" n="4347" ana="12" xml:id="NidB23054"/>des Laokoon<anchor type="e" n="4347" ana="12" xml:id="NidE23054"/> die Stelle im Dichter so tief herabwürdigt und alle Vergleichung mit jenem Kunstwerk verbittet.<lb/>Wunderbar, wie an diesen schlechten Virgilius sich wieder das Höchste der wiedererstehenden Kunst knüpfte und aus dem Unreinen Dante hervorging mit seiner Dramatik und Plastik. Aber ganz rein ist doch keine Gattung wieder zum Vorschein gekommen, besonders die epische nicht, höchstens die lyrische (im <anchor type="b" n="36" ana="11" xml:id="NidB23055"/>Petrarca<anchor type="e" n="36" ana="11" xml:id="NidE23055"/>) als die schwächste. Nimm es nicht übel, daß ich Dir bekannte Dinge hererzähle, mir sind sie neu und selbst gefunden.<lb/>Man muß Gott preisen, daß es solche unermüdliche Leute wie <anchor type="b" n="271" ana="11" xml:id="NidB23056"/>Voß<anchor type="e" n="271" ana="11" xml:id="NidE23056"/> in der Welt giebt, die eigends dazu organisirt sind den Homeros und auch den Virgilius zu übersetzen.<lb/>Immer jammerts mich, daß <anchor type="b" n="8" ana="11" xml:id="NidB23022"/>Friedrich<anchor type="e" n="8" ana="11" xml:id="NidE23022"/> statt allem fast, was er seitdem gethan, nicht <anchor type="b" n="1466" ana="12" xml:id="NidB23023"/>die Geschichte der griechischen und römischen Poesie<anchor type="e" n="1466" ana="12" xml:id="NidE23023"/> vollendet hat. Das ist doch seine rechte Bestimmung und ich habe jetzt wieder das Fragment mit Freuden gelesen.<lb/>Leb wohl, ich muß schließen, denn mein Kopf ist so schwer, daß er sich hinzulegen sehnet.', '36_datengeber' => 'Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek', '36_purl' => '370516575', '36_briefid' => '370516575_CSchellinganAWS_0712061801', '36_absenderort' => array( (int) 0 => array( [maximum depth reached] ) ), '36_adressatort' => array( (int) 0 => array( [maximum depth reached] ) ), '36_absender' => array( (int) 0 => array( [maximum depth reached] ) ), '36_adressat' => array( (int) 0 => array( [maximum depth reached] ) ), '36_leitd' => 'Schelling, Caroline von: Briefe aus der Frühromantik. Nach Georg Waitz vermehrt hg. v. Erich Schmidt. Bd. 2. Leipzig 1913, S. 161‒171 u. 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[1801].<br>Aus Deinem Schreiben will erhellen, als ob einige Stellen des meinigen Dir nicht allerdings angenehm gewesen ‒ unterthänigst zu dienen ‒ solches haben mir Dieselben wohl vergolten, denn große Strecken von Dero haben mir eine fast unannehmliche Empfindung verursacht, und wollen solches hiemit kurz abbrechen. Du nimmst meine kleinen Oppositionen gar nicht als wie solche, die in der Gegenwart allein vor sich gehn, sondern addirst stets alle vergangnen hinzu, da wird denn solch ein Ding daraus, aber aus vielen kleinen Unarten wird noch keine große, und ich bin nicht so schlimm, wie Du sagst, besonders nicht so spezifik gegen Dich, es ist eine allgemeine Manier, und sie gereute mich, so wie ich sie gegen Dich geübt hatte, ich ließ sie blos stehn, weil das Ausstreichen verdächtig aussieht, und ich dachte ‒ nun ‒ Du würdest das selbst schon gehörig ausstreichen, welches Du denn auch, nicht sowohl in Gnaden, als vielmehr in Ungnaden gethan hast. Ich kann weiter nichts thun als mir solches mit Anmuth gefallen lassen. Überdieses seh ich die Stärke Deiner Gründe ein, und zweifle auch keineswegs an der Stärke Deiner Mittel überhaupt, denn seit meinem ehemaligen Unglauben haben sich diese, und meine Einsichten zugleich, ins Unendliche vergrößert. Bedenke doch, ich war damals in Sachen der Kunst ja ein ganz unmündig Kind und in der Irre gehendes Lämmlein. Mache, was Du wilst, mein allerholdester Freund, und es wird wohl gemacht seyn. Ich ertheile Dir meine besondre Vergünstigung dazu, und das kann mir ohndas nicht einfallen die Bearbeitung einer griechischen Tragödie fürs Theater für ein verfehltes Unternehmen zu halten, womit Du doch anfangen zu wollen scheinst. Was meine sogenannte spöttische Bemerkung betrift, so schwör ich und betheur es sehr, sie kam mir gar nicht so vor, sondern blos pfiffig, und sie muß sich auf dem Papier anders ausgenommen haben, als wahrscheinlich von meinen Lippen. Was wilst Du nun noch? Aber <span class="weight-bold ">ich</span> will noch etwas, denn ich bin böse, daß Du mich so gar sehr misverstehst in Absicht Deines Bleibens in <span class="index-15 tp-22960 ">Berlin</span>. Wenn ich Dich einlade zu kommen, so ist es wahrhaftig blos ein reines Verlangen nach Deiner Gegenwart, das ich Dir ausdrücke, und nicht gemeynt Dich zu ängstigen. Kannst Du mich denn für so gänzlich verkehrt halten, daß, nachdem Du mir alle äußre Ruhe widergegeben, deren ich noch fähig bin, ich <span class="weight-bold ">Dich</span> drängen wolle dies und jenes zu thun und Dich an mich zu bannen? Ich bin froh, wenn es Dir irgendwo gefällt, wenn Du irgendwo einen Zweck, der Dir lieb ist, erreichen kannst. Du hast Dir meine Fragen zugezogen, weil Du mir nie gesagt hast, daß Du so spät erst kämest, und ich Dich eigentlich von Woche zu Woche erwartete, indem Du das Kommen selbst nur von Woche zu Woche, und nicht so consequent zu verzögern schienest, wie Du thust. Nun weiß ich es, nun will ich mich auch nicht mehr darum bekümmern. Kommen Sie, wann Sie wollen, Sie werden uns immer zu Hause finden. Bringe nur außer demjenigen, was ich schon bey Dir bestellt habe, den <span class="index-43 tp-23024 ">Schleyermacher</span> mit, an dem uns plözlich ein neues Licht und Interesse aufgegangen ist. <span class="index-62 tp-23025 ">Schelling</span> wird Dir darüber innerhalb der nächsten sechs Wochen einen Brief schreiben; er sagte zwar, es sollte innerhalb der nächsten 6 Tage geschehn.<br><br>d. 10 Jun.<br>Gewollt hab ich, aber nicht gekonnt am lezten Postag ‒ Mir war nicht wohl schon vorher; nun überfiel es mich so, daß ich die Feder liegen lassen muste, und ich hoffe, Du wirst auch einmal ein wenig betreten nach einen Brief von mir ausgesehn haben.<br><br>d. 11 Juni.<br>Die paar kühleren Tage haben mich wieder aus dem Gleis gebracht. <span class="index-4255 tp-22961 ">Kilian</span> hat mir übrigens nichts verordnet als ein regelmäßiges dreymaliges Glas Bischoff von frischen Pomeranzen; ich kann nicht anders als dieses als eine mystische geistliche Verordnung ansehn; man kann auf diesem Wege erstlich zum Pabst durch den Bischoff, und durch die Dreyfachheit zum Gotte werden. Ein Bestreben, wohin auch übrigens meine ganze Lebensweise, mein Thun und Nichts thun abzielt. ‒ <span class="index-1929 tp-22963 ">Luise</span> ist seit einigen Tagen in <span class="index-58 tp-22962 ">Weimar</span> bei <span class="index-4338 tp-23026 ">Ludekus</span>. Mein Zustand hat mich abgehalten gestern hinüber zu fahren, wo <span class="index-3128 tp-22964 ">Maria Stuart</span> gegeben wurde. Da <span class="index-73 tp-22965 ">die Jagemann</span> und <span class="index-3150 tp-23028 ">Vohs</span> jetzt bittre Feindinnen sind, so müssen sie mit einer ganz treffenden Persönlichkeit, ihre übrige Persönlichkeit dazu gerechnet, diese Rollen spielen. ‒ <span class="index-137 tp-22966 ">Goethe</span> ist vorige Woche abgereiset, nachdem er <span class="index-4339 tp-23029 ">seinen Sohn</span> vorher hat legitimiren lassen, und nur diesen und seinen Geist hat er mitgenommen. Die Weimaraner behaupten, Goethens Finanzen wären in einem sehr schlechten Zustande, und zwar durch <span class="index-4340 tp-23030 ">die Vulpius</span>, die ihre Unordentlichkeit und ganze Sippschaft mit ihnen nähret. Sie hat am Tage nach G. Abreise ihren Leuten in G. besten Zimmern ein Fest gegeben, dessen <span class="weight-bold ">Evan Evoe</span> in der ganzen Gegend umher erschollen ist. O das Unkraut, die Weiber! G. ist über <span class="index-2 tp-22967 ">Goettingen</span> gegangen und kann auf dem nehmlichen Wege nachher sehr gut <span class="index-4330 tp-23031 ">Soeder</span> berühren. Ich werde <span class="index-5747 tp-47192 ">Brabeck</span> einen Wink davon geben lassen. ‒ Noch zeigt sich kein <span class="index-56 tp-22968 ">Fr. Tiek</span>. Ist es denn möglich, daß <span class="index-48 tp-22969 ">Ludwig</span> <span class="index-2048 tp-22970 ">den </span><span class="index-2048 tp-22970 weight-bold ">Donquixote</span> noch nicht vollendete, wie es in Buchläden bey der Nachfrage heißt: „Noch nicht fertig“. Warum zieht T. nicht lieber ganz hieher, damit er in einiger Obhut sich befände? In <span class="index-13 tp-23032 ">Dresden</span> hat er wieder die herrlichste Gelegenheit zum Müssiggehen.<br>Mit <span class="index-4315 tp-22972 ">Friedrich Bohn</span> hatte ich wirklich schon der Länge nach von <span class="index-67 tp-22971 ">Unger</span> gesprochen, wie Dein Brief kam. Er sieht alles ein und zweifelt keinen Augenblick an dem unmittelbarsten Einfluß von <span class="index-4271 tp-22973 ">Vieweg</span> und <span class="index-380 tp-47193 ">der Unger</span>. Doch stellt er sichs nicht anders vor, als daß ihr wieder überein kommt, und es kann auch nicht anders nach allen Spuren seyn, Unger muß sich dahin geäußert haben. Daß es mit <span class="index-344 tp-22975 ">dem </span><span class="index-344 tp-22975 index-4 tp-22974 weight-bold ">Shakespear</span> nicht ginge, habe Unger bis dahin nie merken lassen, und der erste Beginn eurer Händel bewiese ja auch eben das Gegentheil. Ich konnte gegen Bohn doch nichts thun als ihn in den rechten Gesichtspunkt stellen. Denn ich habe eine dergleichen Epistel, wie ich sie Dir beschrieb, an <span class="index-3102 tp-47194 ">die Vieweg</span> ergehn lassen, worinn ich zulezt leichthin sage, wenn Vieweg den vielen chemischen Plunder nicht hätte, so sollte <span class="weight-bold ">er</span> den <span class="weight-bold ">Shak</span>. nehmen, denn die Unternehmung wär doch so solid wie die Bibel oder <span class="index-333 tp-22977 index-273 tp-22978 index-271 tp-22976 ">Vossens</span><span class="index-333 tp-22977 index-273 tp-22978 "> Homer</span> und nicht so theuer wie der lezte. ‒ Da nun Bohn Vieweg spricht bey der Durchreise, so muste ich es sehr vermeiden Bohn den leisesten Antrag zu machen. ‒ Es ist sehr wahrscheinlich, daß Vieweg und <span class="index-380 tp-22979 ">die Unger</span> Ungers Advokaten instruiren, nicht er selber, und diese es nun, einmal unternommen, gern aufs Äußerste trieben. Was <span class="index-539 tp-22980 weight-bold ">Cottas</span> Mittleramt betrift, so thut die Entfernung nicht viel dazu. Mit Einem laconischen Briefe könte die Hauptsache gethan werden. Eile ist nicht vonnöthen, da durch die spätere Erscheinung <span class="index-350 tp-22981 ">des 8ten Bandes</span> jede Pause vor dem weiteren Publikum gedeckt ist. Aber leider hängt jetzt allzu viel an der Entscheidung des Processes, und wer kann den Richtern trauen! Man muß in alle Wege ganz unerschütterlich bleiben, sonst behielte <span class="index-4249 tp-22982 ">die Rahtmama Campe</span> doch Recht, daß einen die Feinde bis zu einem beschwerlichen Mismuth herunter quälen könnten, indem alles solches freylich ihr mittelbares Gewebe ist ‒ und dafür schüzen uns die Götter! Mag es den Hunden immer wohlgehn, ich glaube an ein geistlich ewig Theil.<br>Und zudem wird es auch äußerlich schon wieder anders werden. Wir wollen nur eine Weile still sitzen und es abwarten. Ich lese derweil <span class="index-146 tp-22983 index-4341 tp-23036 ">Platon</span><span class="index-4341 tp-23036 "> vom Gerechten</span>. <span class="index-4342 tp-23037 ">Ein gewisser Wolf</span> hat ihn neu übersetzt. (Ein gewisser ‒ von dem rechten könnte nur ein Narr so sprechen.) Sage mir, wann wird <span class="index-275 tp-23034 ">der </span><span class="index-275 tp-23034 index-43 tp-22984 ">Schleyermacher</span><span class="index-275 tp-23034 ">-</span><span class="index-275 tp-23034 index-8 tp-23035 ">Friedrichsche</span><span class="index-275 tp-23034 "> Plato</span> erscheinen? Ich sehne mich danach.<br>Hast Du Dir schon etwas vom <span class="index-1411 tp-22985 index-1412 tp-23038 ">Euripides</span> ausgewählt? <span class="index-2637 tp-23039 ">Die Phädra</span> müste <span class="index-54 tp-42074 ">der Meyer</span> sehr glücken können. Ihr thätet wohl, diese Frau noch zu einer lebendigen Plastik und redelosen Mimik auszubilden. Wer könnte es ihr wehren oeffentlich solche Vorstellungen zu geben? Und diese Natur erreichte mit eurer Hülfe noch ihre eigentliche Bestimmung, ehe denn sie zu Grund ginge.<br>Lieber Freund, ich habe Dir auch eine kleine Dilettantin zuzuführen. Ich bin <span class="index-4288 tp-22986 weight-bold ">Cécilen</span> auf die Spur gekommen, daß sie innerlich ziemlich geschäftig ist, und schicke Dir hier einige Sachen, von denen sie noch nicht weiß, daß ich sie habe. Sie hat vermuthlich ganze Vorräthe. Es ist hier allerdings väterliches Talent, das sich, mit mehr Seele vereinigt, vielleicht würde rühmen können besser zu seyn als unsre Väter. Aber ich wäre dafür es noch in der Stille gewähren zu lassen. Man muß strenge mit der hofnungsvollen Jugend verfahren und den <span class="weight-bold ">facilen</span> Aufmunterungen das Gegengewicht halten. Meyer hat über sie geäußert, daß er ihr rathen würde sich dem Kupferstechen zu widmen ‒ er hat die Idee mit <span class="index-1958 tp-23043 ">Tischbein</span> besonders gemisbilligt, der gar kein Künstler sey usw. Du kennst das, allein ich will doch ordentlich mit ihm über sie sprechen, wenn wir vielleicht <span class="index-1929 tp-23044 ">Luise</span> von Weimar abholen. <span class="index-3117 tp-22987 ">Julchen</span> nimmt sich recht gut; ich wünschte nur, ihr zuweilen eine kleine Zerstreuung verschaffen zu können, an die hier jetzt fast gar nicht zu denken ist. Mädchen von ihrem Alter giebt es gar nicht. Demohngeachtet scheint sie sehr gern hier zu seyn und es blickt oft eine recht hübsche Theilnehmung an unsern weisen Gesprächen bey ihr durch, besonders wenn Schelling auf Spaziergängen in Offenbarungen geräth, ZB. ‒ daß ich des gestrigen erwähne ‒ erklärt, warum die Natur den Vögeln, die in metallischen Farben brennen, die Stimme und den andern die Schönheit versagt hat. Sie verspricht sich auch nicht wenig davon, wenn Du kommen und ihr die <span class="weight-bold ">Cour</span> machen wirst.<br>Auf die Anfrage beyliegendes Zettelchens hab ich beygeschriebne Antwort erhalten. Bald drauf schickte <span class="index-8 tp-22988 ">Friedrich</span> noch einen Korb voll Bücher, worauf ich bemerkte: mit <span class="index-4344 tp-23041 ">den Volksmährchen</span> verhielte es sich so, daß Du die Erstattung in <span class="weight-bold ">natura</span> wünschtest und ich ihn nur habe errinren wollen. Dieses in <span class="weight-bold ">natura</span> ist sehr buchstäblich genommen worden, denn er hat <span class="index-1928 tp-23042 ">Philipps</span> Exemplar geschickt, Du kanst denken, in welchem Zustand. Indessen besser das als keines. Die Bücher sollen sie wenigstens alle hergeben, da ich so vieler andren Dinge Nachfrage unterdrücken muß, um mich in keinen niedrigen Streit zu verwickeln. Bücher sind ewig, die kann man wiederfordern, aber Bettücher nicht.<br>–––––<br>Gestern begegneten wir auf einem kurzem Spaziergange, den ich mit <span class="index-62 tp-22989 ">Schelling</span> und <span class="index-3117 tp-22990 ">Julchen</span> unternahm,<span class="index-242 tp-22994 "> Hufeland</span> und <span class="index-244 tp-22991 ">Schütz</span> zusammen. Das hättest Du sehn sollen, wie sich die Literatur an die Seite schob. Ich habe <span class="index-242 tp-22992 ">Hufeland</span> noch nicht gesprochen. <span class="index-2935 tp-22993 weight-bold ">Sie</span> war doch etwas beklommen bey mir; es ist möglich, daß sie mich aus Beklommenheit nicht eigends einlud sie nun auch zu besuchen, was ich abwarten wollte. Indeß wenn ich im Stande bin, geh ich doch wohl noch hin, ehe sie mit <span class="index-4268 tp-22996 ">der Niethammer</span> nach <span class="index-334 tp-22995 weight-bold ">Liebenstein</span> reiset, denn die überflüssigen Spannungen hab ich nicht Willens fortzuspinnen.<br><br>d. 12 Jun.<br>Ich habe obbemeldeten Vorsaz gestern gleich noch ausgeführt, da sie Morgen reiset, und ließ es sagen, worauf sie mich denn bestens empfieng, aber ihr Gemahl erschien nicht, als nicht zu Hause seyend. <span class="index-641 tp-22997 ">Gries</span> sagt aus, daß <span class="index-1406 tp-22998 weight-bold ">Bothe</span><span class="weight-bold ">,</span> der sich in <span class="index-1633 tp-23000 ">Erfurt</span> aufhält, jetzt alle belletristischen Recensionen <span class="index-1192 tp-73975 ">der ALZ.</span> bestreitet; wenn er es nicht als Facktum von Hufeland gehört hätte, so würde ich daran zweifeln, weil in <span class="index-4273 tp-23001 ">der Gigantomachie</span> Briareus doch ebenfals paradirt und <span class="index-1406 tp-56876 ">Bothes</span> Übersetzungen aus dem Griechischen kürzlich billigermaßen getadelt wurden. Das Einschicken <span class="index-3116 tp-23046 ">Deiner Erklärung</span>, die mir indeß doch mehr eine locale Maasregel für Berlin als eine algemeine zu seyn scheint, hat Schelling besorgt und wenigstens nicht die Antwort erhalten, daß sie sie nicht einrücken wollten.<br>Da Schelling sicher heut wieder nicht zum Schreiben komt, so will ich nur sagen, daß er erst jetzt <span class="index-148 tp-23047 ">die Reden über die Religion</span>, die er damals nur flüchtig angesehn hat, ließt, daß sie ihn vielleicht mehr wie Einen von euch festfassen (doch ist er noch nicht an der lezten) und er sie als etwas durch und durch Gebildetes und Vollendetes betrachtet bis zum Entzücken daran, aber ich will ihm weiter nichts vorweg nehmen, da er selbst schreiben will. Siehe doch zu, ob Du noch eines Velin Exemplares für ihn habhaft werden kannst, er will sie sich kaufen. Könnte denn <span class="index-43 tp-23002 ">der Schleiermacher</span> nicht wirklich ein bischen mit Dir herkommen? Lade ihn auch von Meinetwegen ein ‒ wenn <span class="weight-bold ">er</span> nicht hieher komt, so wird aus unsrer Bekantschaft nichts, denn schwerlich wird das Brandenburger Thor mein Antliz schauen. Das Heft mit der <span class="index-777 tp-47196 ">Identität</span> gedenk ich Dir eben nicht zu schicken, denn obgleich eine griechische Tragödie mit der Identität sehr identisch ist, so will ich Dich doch an die Tragödie als eine einzelne Totalität verwiesen haben. Besitzt denn Schleiermacher <span class="index-5663 tp-47195 ">diese Hefte </span>nicht? Wie kann ich auch wissen, wann Dir Friedrich <span class="index-1438 tp-23049 ">die Charakteristiken</span> schickt! Kurz, daraus wird nichts. Wegen <span class="index-4345 tp-23048 ">des Fränkischen Lustgärtleins</span> will ich Sorge tragen, es wäre schon geschehn, wenn ich nicht auf eine Antwort von <span class="index-245 tp-23003 ">Marcus</span> gewartet hätte, die aber nicht kommt. Sollte sie <span class="index-243 tp-23004 ">die Paulus</span> aufgefangen haben? <span class="weight-bold ">Apropos</span>, wohin reiset denn Friedrich? Etwa auch nach dem Frankenlande, mit dem Schneider? (Das ist unsre <span class="weight-bold ">Chiffre</span> für <span class="index-186 tp-23005 ">Paulus</span>. <span class="index-31 tp-23006 index-637 tp-23007 ">Frommans</span> heißen die Semmeley, weil die Kinder aussehn wie Semmeln, denen man Nase und Augen und Mund aufgemahlt hat, und alles dort wie mit Semmeln gestopft.) Hiebey wäre ich fast neugierig zu wissen, wie Friedrich es möglich macht zu reisen, aus eigner Machtsvollkommenheit einmal nicht. Denn vor ein paar Tagen ist noch <span class="index-4335 tp-23008 ">Gabler</span> zu Schelling gekommen zusammt einer Correspondenz, die er mit Friedrich führt, von der sich Schelling indessen die Lektüre verbat. Er will das Geld wiederhaben, das er Friedrich vorgeschossen, weil aus dem Buch nichts wird vor der Hand; 50 rh. hat ihm Friedrich wirklich schon wieder gegeben, wegen des übrigen, noch an 100 rh., wolte ihn Gabler verklagen und Schadloshaltung, nemlich Interressen, haben. Schelling hat ihm das denn wiederrathen um der Philosophie ein Ärgerniß zu ersparen. Das Schlimme ist, daß Friedrich dem Gabler just im voraus hat abgelockt, was er Schelling längst hintennach schuldig ist. ‒ In dieser Weise erschien auch <span class="index-4346 tp-23053 ">Hr. Zapf</span> und wollte mich wegen Weines anzapfen, den Du nicht getrunken hast; ich schickte ihn mit der vorgefundnen Note zu Friedrich und er ist denn auch nicht wiedergekommen. 10 rh. für Holz von 1800 habe ich bezahlen müssen. 4 <span class="weight-bold ">Louisdʼor</span> für <span class="index-4230 tp-23051 ">Succow</span> waren nach unsrer hiesigen Meinung hinreichend, so wie 12 für Hufeland. Es ist mir lieb, daß <span class="index-1928 tp-23052 ">Philipp</span> Dir noch das Geld assignirt hat. Ich habe noch nichts wieder von dorther vernommen.<br>Hast Du den Fischer von Hirschfeld nicht in Berlin gesehn. <span class="index-218 tp-23050 ">Brinkmann</span> werdet Ihr nun bald wieder besitzen.<br>–––––<br>Lieber Schlegel, ich sitze an Deinem Schreibtisch, weil unten rein gemacht wird, es ist aber so kühl, daß mir die Hand steif ist. So war es vor dem Jahr auch. Es ist heute Fronleichnamstag.<br>Wie viel an der Witterung eines Jahres hängt ‒ bis alles gleichgültig geworden ist.<br>Fast möchte ich Dir den Brief schicken, der von der Reise dieses Tages erzählt, denn da liegt ja das <span class="weight-bold ">offne</span> Paket mit meinen und <span class="index-30 tp-23011 ">ihren</span> Briefen vor mir. Gestalte es zum Gedicht in Deiner Seele, wie wir auf dem Blumenbestreueten Wege in den Tod gingen. Gedenke des Hügels am Mayn mit den drey Bildern von weißen Stein und den Unterschriften, die höchste Liebe, der höchste Schmerz, das höchste Mitleid ‒ Gedenke <span class="index-23 tp-23012 ">der schwerdtdurchbohrten Mutter</span>, dieses ist das Fest vom Tode ihres einzigen Lieblings. Aber auch sie bleibt nicht auf Erden, und ist schon nicht mehr auf Erden, auch sie nimmt der Himmel auf.<br>Wenn Du einmal gesammelt bist, dann öffne den Brief, den ich wirklich will beylegen, und dichte einmal wieder und trachte nach <span class="index-30 tp-23014 ">dem Kinde</span> und für <span class="index-23 tp-23013 ">die Mutter</span>.<br>Wir thun das Mögliche um uns aufrecht zu erhalten, und Schelling ist gut, er stärkt meine Seele in diesem Kampf und stellt mich auf den höchsten Punkt des Seyns, selbst körperlich bis in die Gruft gebeugt.<br>–––––<br>Ich will noch von fremden Dingen mit Dir sprechen um mir einen Übergang zur Ruhe zu bahnen, von einem Eindruck, den ich kürzlich empfangen habe. Unter den zurück erhaltnen Büchern befand sich <span class="index-4337 tp-23016 index-271 tp-23015 ">Vossens</span><span class="index-4337 tp-23016 "> Äneis</span>, und zum erstenmal hab ich denn eine Idee von diesem Werk bekommen, über die ich ganz erstaunen mußte. Niemals habe ich es mir so schlecht denken können. Erstlich dünkt es mich ganz und gar nicht episch ‒ es ist nirgends ein heitres Verweilen, sondern eine solche Rastlosigkeit und Leidenschaftlichkeit, daß mir moderner wie modern dabey zu Sinne wird. Und das ist dem Homer nachgebildet? Nun so erkennen wir ihn doch jetzt viel besser. Ich finde <span class="index-50 tp-23017 ">Kotzebue</span> darin ‒ ausgenommen den Respekt vor Arbeit und Kunst, der aus dem Machwerk und der Künstlichkeit hervorleuchtet ‒ Was ist das für ein Gewimmel von unnützen Thun und Treiben und von wahren nordischen Gespenstererscheinungen. Die Beziehung auf Roma ist das beste darin, aber wie unepisch. ‒ Wieder ist mir ein Licht aufgegangen, wie bey alle dem <span class="index-3189 tp-23018 ">der Virgil</span> <span class="index-35 tp-23019 ">den Dante</span> veranlaßt hat. Im <span class="index-1611 tp-23020 ">Klopstock</span> ist die Nachbildung sehr stark. Es freute mich, mich eines Winkes von <span class="index-137 tp-23021 ">Goethe</span> zu entsinnen, wo er bey Gelegenheit <span class="index-4347 tp-23054 ">des Laokoon</span> die Stelle im Dichter so tief herabwürdigt und alle Vergleichung mit jenem Kunstwerk verbittet.<br>Wunderbar, wie an diesen schlechten Virgilius sich wieder das Höchste der wiedererstehenden Kunst knüpfte und aus dem Unreinen Dante hervorging mit seiner Dramatik und Plastik. Aber ganz rein ist doch keine Gattung wieder zum Vorschein gekommen, besonders die epische nicht, höchstens die lyrische (im <span class="index-36 tp-23055 ">Petrarca</span>) als die schwächste. Nimm es nicht übel, daß ich Dir bekannte Dinge hererzähle, mir sind sie neu und selbst gefunden.<br>Man muß Gott preisen, daß es solche unermüdliche Leute wie <span class="index-271 tp-23056 ">Voß</span> in der Welt giebt, die eigends dazu organisirt sind den Homeros und auch den Virgilius zu übersetzen.<br>Immer jammerts mich, daß <span class="index-8 tp-23022 ">Friedrich</span> statt allem fast, was er seitdem gethan, nicht <span class="index-1466 tp-23023 ">die Geschichte der griechischen und römischen Poesie</span> vollendet hat. Das ist doch seine rechte Bestimmung und ich habe jetzt wieder das Fragment mit Freuden gelesen.<br>Leb wohl, ich muß schließen, denn mein Kopf ist so schwer, daß er sich hinzulegen sehnet.' $isaprint = true $isnewtranslation = false $statemsg = 'betamsg13' $cittitle = '' $description = 'Caroline von Schelling an August Wilhelm von Schlegel am 7. bis 12. 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Es folgten Aufenthalte in Gotha, Dresden und die Heirat mit AWS, den sie bereits in Göttingen kennengelernt hatte. In Jena war Caroline wichtiger Teil des frühromantischen Kreises, der im Schlegelschen Haus in der Leutragasse 5 zusammentraf. Die Scheidung von AWS erfolgte im Jahr 1803; im selben Jahr heiratete sie den Philosophen Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling. Mit ihm zog sie nach Würzburg und München. 1809 erkrankte sie an der Ruhr und verstarb.', '39_geschlecht' => 'w', '39_beziehung' => 'Caroline von Schelling war die erste Ehefrau Schlegels; die Ehe wurde 1803 geschieden. 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[1801].<br>Aus Deinem Schreiben will erhellen, als ob einige Stellen des meinigen Dir nicht allerdings angenehm gewesen ‒ unterthänigst zu dienen ‒ solches haben mir Dieselben wohl vergolten, denn große Strecken von Dero haben mir eine fast unannehmliche Empfindung verursacht, und wollen solches hiemit kurz abbrechen. Du nimmst meine kleinen Oppositionen gar nicht als wie solche, die in der Gegenwart allein vor sich gehn, sondern addirst stets alle vergangnen hinzu, da wird denn solch ein Ding daraus, aber aus vielen kleinen Unarten wird noch keine große, und ich bin nicht so schlimm, wie Du sagst, besonders nicht so spezifik gegen Dich, es ist eine allgemeine Manier, und sie gereute mich, so wie ich sie gegen Dich geübt hatte, ich ließ sie blos stehn, weil das Ausstreichen verdächtig aussieht, und ich dachte ‒ nun ‒ Du würdest das selbst schon gehörig ausstreichen, welches Du denn auch, nicht sowohl in Gnaden, als vielmehr in Ungnaden gethan hast. Ich kann weiter nichts thun als mir solches mit Anmuth gefallen lassen. Überdieses seh ich die Stärke Deiner Gründe ein, und zweifle auch keineswegs an der Stärke Deiner Mittel überhaupt, denn seit meinem ehemaligen Unglauben haben sich diese, und meine Einsichten zugleich, ins Unendliche vergrößert. Bedenke doch, ich war damals in Sachen der Kunst ja ein ganz unmündig Kind und in der Irre gehendes Lämmlein. Mache, was Du wilst, mein allerholdester Freund, und es wird wohl gemacht seyn. Ich ertheile Dir meine besondre Vergünstigung dazu, und das kann mir ohndas nicht einfallen die Bearbeitung einer griechischen Tragödie fürs Theater für ein verfehltes Unternehmen zu halten, womit Du doch anfangen zu wollen scheinst. Was meine sogenannte spöttische Bemerkung betrift, so schwör ich und betheur es sehr, sie kam mir gar nicht so vor, sondern blos pfiffig, und sie muß sich auf dem Papier anders ausgenommen haben, als wahrscheinlich von meinen Lippen. Was wilst Du nun noch? Aber <span class="weight-bold ">ich</span> will noch etwas, denn ich bin böse, daß Du mich so gar sehr misverstehst in Absicht Deines Bleibens in <span class="index-15 tp-22960 ">Berlin</span>. Wenn ich Dich einlade zu kommen, so ist es wahrhaftig blos ein reines Verlangen nach Deiner Gegenwart, das ich Dir ausdrücke, und nicht gemeynt Dich zu ängstigen. Kannst Du mich denn für so gänzlich verkehrt halten, daß, nachdem Du mir alle äußre Ruhe widergegeben, deren ich noch fähig bin, ich <span class="weight-bold ">Dich</span> drängen wolle dies und jenes zu thun und Dich an mich zu bannen? Ich bin froh, wenn es Dir irgendwo gefällt, wenn Du irgendwo einen Zweck, der Dir lieb ist, erreichen kannst. Du hast Dir meine Fragen zugezogen, weil Du mir nie gesagt hast, daß Du so spät erst kämest, und ich Dich eigentlich von Woche zu Woche erwartete, indem Du das Kommen selbst nur von Woche zu Woche, und nicht so consequent zu verzögern schienest, wie Du thust. Nun weiß ich es, nun will ich mich auch nicht mehr darum bekümmern. Kommen Sie, wann Sie wollen, Sie werden uns immer zu Hause finden. Bringe nur außer demjenigen, was ich schon bey Dir bestellt habe, den <span class="index-43 tp-23024 ">Schleyermacher</span> mit, an dem uns plözlich ein neues Licht und Interesse aufgegangen ist. <span class="index-62 tp-23025 ">Schelling</span> wird Dir darüber innerhalb der nächsten sechs Wochen einen Brief schreiben; er sagte zwar, es sollte innerhalb der nächsten 6 Tage geschehn.<br><br>d. 10 Jun.<br>Gewollt hab ich, aber nicht gekonnt am lezten Postag ‒ Mir war nicht wohl schon vorher; nun überfiel es mich so, daß ich die Feder liegen lassen muste, und ich hoffe, Du wirst auch einmal ein wenig betreten nach einen Brief von mir ausgesehn haben.<br><br>d. 11 Juni.<br>Die paar kühleren Tage haben mich wieder aus dem Gleis gebracht. <span class="index-4255 tp-22961 ">Kilian</span> hat mir übrigens nichts verordnet als ein regelmäßiges dreymaliges Glas Bischoff von frischen Pomeranzen; ich kann nicht anders als dieses als eine mystische geistliche Verordnung ansehn; man kann auf diesem Wege erstlich zum Pabst durch den Bischoff, und durch die Dreyfachheit zum Gotte werden. Ein Bestreben, wohin auch übrigens meine ganze Lebensweise, mein Thun und Nichts thun abzielt. ‒ <span class="index-1929 tp-22963 ">Luise</span> ist seit einigen Tagen in <span class="index-58 tp-22962 ">Weimar</span> bei <span class="index-4338 tp-23026 ">Ludekus</span>. Mein Zustand hat mich abgehalten gestern hinüber zu fahren, wo <span class="index-3128 tp-22964 ">Maria Stuart</span> gegeben wurde. Da <span class="index-73 tp-22965 ">die Jagemann</span> und <span class="index-3150 tp-23028 ">Vohs</span> jetzt bittre Feindinnen sind, so müssen sie mit einer ganz treffenden Persönlichkeit, ihre übrige Persönlichkeit dazu gerechnet, diese Rollen spielen. ‒ <span class="index-137 tp-22966 ">Goethe</span> ist vorige Woche abgereiset, nachdem er <span class="index-4339 tp-23029 ">seinen Sohn</span> vorher hat legitimiren lassen, und nur diesen und seinen Geist hat er mitgenommen. Die Weimaraner behaupten, Goethens Finanzen wären in einem sehr schlechten Zustande, und zwar durch <span class="index-4340 tp-23030 ">die Vulpius</span>, die ihre Unordentlichkeit und ganze Sippschaft mit ihnen nähret. Sie hat am Tage nach G. Abreise ihren Leuten in G. besten Zimmern ein Fest gegeben, dessen <span class="weight-bold ">Evan Evoe</span> in der ganzen Gegend umher erschollen ist. O das Unkraut, die Weiber! G. ist über <span class="index-2 tp-22967 ">Goettingen</span> gegangen und kann auf dem nehmlichen Wege nachher sehr gut <span class="index-4330 tp-23031 ">Soeder</span> berühren. Ich werde <span class="index-5747 tp-47192 ">Brabeck</span> einen Wink davon geben lassen. ‒ Noch zeigt sich kein <span class="index-56 tp-22968 ">Fr. Tiek</span>. Ist es denn möglich, daß <span class="index-48 tp-22969 ">Ludwig</span> <span class="index-2048 tp-22970 ">den </span><span class="index-2048 tp-22970 weight-bold ">Donquixote</span> noch nicht vollendete, wie es in Buchläden bey der Nachfrage heißt: „Noch nicht fertig“. Warum zieht T. nicht lieber ganz hieher, damit er in einiger Obhut sich befände? In <span class="index-13 tp-23032 ">Dresden</span> hat er wieder die herrlichste Gelegenheit zum Müssiggehen.<br>Mit <span class="index-4315 tp-22972 ">Friedrich Bohn</span> hatte ich wirklich schon der Länge nach von <span class="index-67 tp-22971 ">Unger</span> gesprochen, wie Dein Brief kam. Er sieht alles ein und zweifelt keinen Augenblick an dem unmittelbarsten Einfluß von <span class="index-4271 tp-22973 ">Vieweg</span> und <span class="index-380 tp-47193 ">der Unger</span>. Doch stellt er sichs nicht anders vor, als daß ihr wieder überein kommt, und es kann auch nicht anders nach allen Spuren seyn, Unger muß sich dahin geäußert haben. Daß es mit <span class="index-344 tp-22975 ">dem </span><span class="index-344 tp-22975 index-4 tp-22974 weight-bold ">Shakespear</span> nicht ginge, habe Unger bis dahin nie merken lassen, und der erste Beginn eurer Händel bewiese ja auch eben das Gegentheil. Ich konnte gegen Bohn doch nichts thun als ihn in den rechten Gesichtspunkt stellen. Denn ich habe eine dergleichen Epistel, wie ich sie Dir beschrieb, an <span class="index-3102 tp-47194 ">die Vieweg</span> ergehn lassen, worinn ich zulezt leichthin sage, wenn Vieweg den vielen chemischen Plunder nicht hätte, so sollte <span class="weight-bold ">er</span> den <span class="weight-bold ">Shak</span>. nehmen, denn die Unternehmung wär doch so solid wie die Bibel oder <span class="index-333 tp-22977 index-273 tp-22978 index-271 tp-22976 ">Vossens</span><span class="index-333 tp-22977 index-273 tp-22978 "> Homer</span> und nicht so theuer wie der lezte. ‒ Da nun Bohn Vieweg spricht bey der Durchreise, so muste ich es sehr vermeiden Bohn den leisesten Antrag zu machen. ‒ Es ist sehr wahrscheinlich, daß Vieweg und <span class="index-380 tp-22979 ">die Unger</span> Ungers Advokaten instruiren, nicht er selber, und diese es nun, einmal unternommen, gern aufs Äußerste trieben. Was <span class="index-539 tp-22980 weight-bold ">Cottas</span> Mittleramt betrift, so thut die Entfernung nicht viel dazu. Mit Einem laconischen Briefe könte die Hauptsache gethan werden. Eile ist nicht vonnöthen, da durch die spätere Erscheinung <span class="index-350 tp-22981 ">des 8ten Bandes</span> jede Pause vor dem weiteren Publikum gedeckt ist. Aber leider hängt jetzt allzu viel an der Entscheidung des Processes, und wer kann den Richtern trauen! Man muß in alle Wege ganz unerschütterlich bleiben, sonst behielte <span class="index-4249 tp-22982 ">die Rahtmama Campe</span> doch Recht, daß einen die Feinde bis zu einem beschwerlichen Mismuth herunter quälen könnten, indem alles solches freylich ihr mittelbares Gewebe ist ‒ und dafür schüzen uns die Götter! Mag es den Hunden immer wohlgehn, ich glaube an ein geistlich ewig Theil.<br>Und zudem wird es auch äußerlich schon wieder anders werden. Wir wollen nur eine Weile still sitzen und es abwarten. Ich lese derweil <span class="index-146 tp-22983 index-4341 tp-23036 ">Platon</span><span class="index-4341 tp-23036 "> vom Gerechten</span>. <span class="index-4342 tp-23037 ">Ein gewisser Wolf</span> hat ihn neu übersetzt. (Ein gewisser ‒ von dem rechten könnte nur ein Narr so sprechen.) Sage mir, wann wird <span class="index-275 tp-23034 ">der </span><span class="index-275 tp-23034 index-43 tp-22984 ">Schleyermacher</span><span class="index-275 tp-23034 ">-</span><span class="index-275 tp-23034 index-8 tp-23035 ">Friedrichsche</span><span class="index-275 tp-23034 "> Plato</span> erscheinen? Ich sehne mich danach.<br>Hast Du Dir schon etwas vom <span class="index-1411 tp-22985 index-1412 tp-23038 ">Euripides</span> ausgewählt? <span class="index-2637 tp-23039 ">Die Phädra</span> müste <span class="index-54 tp-42074 ">der Meyer</span> sehr glücken können. Ihr thätet wohl, diese Frau noch zu einer lebendigen Plastik und redelosen Mimik auszubilden. Wer könnte es ihr wehren oeffentlich solche Vorstellungen zu geben? Und diese Natur erreichte mit eurer Hülfe noch ihre eigentliche Bestimmung, ehe denn sie zu Grund ginge.<br>Lieber Freund, ich habe Dir auch eine kleine Dilettantin zuzuführen. Ich bin <span class="index-4288 tp-22986 weight-bold ">Cécilen</span> auf die Spur gekommen, daß sie innerlich ziemlich geschäftig ist, und schicke Dir hier einige Sachen, von denen sie noch nicht weiß, daß ich sie habe. Sie hat vermuthlich ganze Vorräthe. Es ist hier allerdings väterliches Talent, das sich, mit mehr Seele vereinigt, vielleicht würde rühmen können besser zu seyn als unsre Väter. Aber ich wäre dafür es noch in der Stille gewähren zu lassen. Man muß strenge mit der hofnungsvollen Jugend verfahren und den <span class="weight-bold ">facilen</span> Aufmunterungen das Gegengewicht halten. Meyer hat über sie geäußert, daß er ihr rathen würde sich dem Kupferstechen zu widmen ‒ er hat die Idee mit <span class="index-1958 tp-23043 ">Tischbein</span> besonders gemisbilligt, der gar kein Künstler sey usw. Du kennst das, allein ich will doch ordentlich mit ihm über sie sprechen, wenn wir vielleicht <span class="index-1929 tp-23044 ">Luise</span> von Weimar abholen. <span class="index-3117 tp-22987 ">Julchen</span> nimmt sich recht gut; ich wünschte nur, ihr zuweilen eine kleine Zerstreuung verschaffen zu können, an die hier jetzt fast gar nicht zu denken ist. Mädchen von ihrem Alter giebt es gar nicht. Demohngeachtet scheint sie sehr gern hier zu seyn und es blickt oft eine recht hübsche Theilnehmung an unsern weisen Gesprächen bey ihr durch, besonders wenn Schelling auf Spaziergängen in Offenbarungen geräth, ZB. ‒ daß ich des gestrigen erwähne ‒ erklärt, warum die Natur den Vögeln, die in metallischen Farben brennen, die Stimme und den andern die Schönheit versagt hat. Sie verspricht sich auch nicht wenig davon, wenn Du kommen und ihr die <span class="weight-bold ">Cour</span> machen wirst.<br>Auf die Anfrage beyliegendes Zettelchens hab ich beygeschriebne Antwort erhalten. Bald drauf schickte <span class="index-8 tp-22988 ">Friedrich</span> noch einen Korb voll Bücher, worauf ich bemerkte: mit <span class="index-4344 tp-23041 ">den Volksmährchen</span> verhielte es sich so, daß Du die Erstattung in <span class="weight-bold ">natura</span> wünschtest und ich ihn nur habe errinren wollen. Dieses in <span class="weight-bold ">natura</span> ist sehr buchstäblich genommen worden, denn er hat <span class="index-1928 tp-23042 ">Philipps</span> Exemplar geschickt, Du kanst denken, in welchem Zustand. Indessen besser das als keines. Die Bücher sollen sie wenigstens alle hergeben, da ich so vieler andren Dinge Nachfrage unterdrücken muß, um mich in keinen niedrigen Streit zu verwickeln. Bücher sind ewig, die kann man wiederfordern, aber Bettücher nicht.<br>–––––<br>Gestern begegneten wir auf einem kurzem Spaziergange, den ich mit <span class="index-62 tp-22989 ">Schelling</span> und <span class="index-3117 tp-22990 ">Julchen</span> unternahm,<span class="index-242 tp-22994 "> Hufeland</span> und <span class="index-244 tp-22991 ">Schütz</span> zusammen. Das hättest Du sehn sollen, wie sich die Literatur an die Seite schob. Ich habe <span class="index-242 tp-22992 ">Hufeland</span> noch nicht gesprochen. <span class="index-2935 tp-22993 weight-bold ">Sie</span> war doch etwas beklommen bey mir; es ist möglich, daß sie mich aus Beklommenheit nicht eigends einlud sie nun auch zu besuchen, was ich abwarten wollte. Indeß wenn ich im Stande bin, geh ich doch wohl noch hin, ehe sie mit <span class="index-4268 tp-22996 ">der Niethammer</span> nach <span class="index-334 tp-22995 weight-bold ">Liebenstein</span> reiset, denn die überflüssigen Spannungen hab ich nicht Willens fortzuspinnen.<br><br>d. 12 Jun.<br>Ich habe obbemeldeten Vorsaz gestern gleich noch ausgeführt, da sie Morgen reiset, und ließ es sagen, worauf sie mich denn bestens empfieng, aber ihr Gemahl erschien nicht, als nicht zu Hause seyend. <span class="index-641 tp-22997 ">Gries</span> sagt aus, daß <span class="index-1406 tp-22998 weight-bold ">Bothe</span><span class="weight-bold ">,</span> der sich in <span class="index-1633 tp-23000 ">Erfurt</span> aufhält, jetzt alle belletristischen Recensionen <span class="index-1192 tp-73975 ">der ALZ.</span> bestreitet; wenn er es nicht als Facktum von Hufeland gehört hätte, so würde ich daran zweifeln, weil in <span class="index-4273 tp-23001 ">der Gigantomachie</span> Briareus doch ebenfals paradirt und <span class="index-1406 tp-56876 ">Bothes</span> Übersetzungen aus dem Griechischen kürzlich billigermaßen getadelt wurden. Das Einschicken <span class="index-3116 tp-23046 ">Deiner Erklärung</span>, die mir indeß doch mehr eine locale Maasregel für Berlin als eine algemeine zu seyn scheint, hat Schelling besorgt und wenigstens nicht die Antwort erhalten, daß sie sie nicht einrücken wollten.<br>Da Schelling sicher heut wieder nicht zum Schreiben komt, so will ich nur sagen, daß er erst jetzt <span class="index-148 tp-23047 ">die Reden über die Religion</span>, die er damals nur flüchtig angesehn hat, ließt, daß sie ihn vielleicht mehr wie Einen von euch festfassen (doch ist er noch nicht an der lezten) und er sie als etwas durch und durch Gebildetes und Vollendetes betrachtet bis zum Entzücken daran, aber ich will ihm weiter nichts vorweg nehmen, da er selbst schreiben will. Siehe doch zu, ob Du noch eines Velin Exemplares für ihn habhaft werden kannst, er will sie sich kaufen. Könnte denn <span class="index-43 tp-23002 ">der Schleiermacher</span> nicht wirklich ein bischen mit Dir herkommen? Lade ihn auch von Meinetwegen ein ‒ wenn <span class="weight-bold ">er</span> nicht hieher komt, so wird aus unsrer Bekantschaft nichts, denn schwerlich wird das Brandenburger Thor mein Antliz schauen. Das Heft mit der <span class="index-777 tp-47196 ">Identität</span> gedenk ich Dir eben nicht zu schicken, denn obgleich eine griechische Tragödie mit der Identität sehr identisch ist, so will ich Dich doch an die Tragödie als eine einzelne Totalität verwiesen haben. Besitzt denn Schleiermacher <span class="index-5663 tp-47195 ">diese Hefte </span>nicht? Wie kann ich auch wissen, wann Dir Friedrich <span class="index-1438 tp-23049 ">die Charakteristiken</span> schickt! Kurz, daraus wird nichts. Wegen <span class="index-4345 tp-23048 ">des Fränkischen Lustgärtleins</span> will ich Sorge tragen, es wäre schon geschehn, wenn ich nicht auf eine Antwort von <span class="index-245 tp-23003 ">Marcus</span> gewartet hätte, die aber nicht kommt. Sollte sie <span class="index-243 tp-23004 ">die Paulus</span> aufgefangen haben? <span class="weight-bold ">Apropos</span>, wohin reiset denn Friedrich? Etwa auch nach dem Frankenlande, mit dem Schneider? (Das ist unsre <span class="weight-bold ">Chiffre</span> für <span class="index-186 tp-23005 ">Paulus</span>. <span class="index-31 tp-23006 index-637 tp-23007 ">Frommans</span> heißen die Semmeley, weil die Kinder aussehn wie Semmeln, denen man Nase und Augen und Mund aufgemahlt hat, und alles dort wie mit Semmeln gestopft.) Hiebey wäre ich fast neugierig zu wissen, wie Friedrich es möglich macht zu reisen, aus eigner Machtsvollkommenheit einmal nicht. Denn vor ein paar Tagen ist noch <span class="index-4335 tp-23008 ">Gabler</span> zu Schelling gekommen zusammt einer Correspondenz, die er mit Friedrich führt, von der sich Schelling indessen die Lektüre verbat. Er will das Geld wiederhaben, das er Friedrich vorgeschossen, weil aus dem Buch nichts wird vor der Hand; 50 rh. hat ihm Friedrich wirklich schon wieder gegeben, wegen des übrigen, noch an 100 rh., wolte ihn Gabler verklagen und Schadloshaltung, nemlich Interressen, haben. Schelling hat ihm das denn wiederrathen um der Philosophie ein Ärgerniß zu ersparen. Das Schlimme ist, daß Friedrich dem Gabler just im voraus hat abgelockt, was er Schelling längst hintennach schuldig ist. ‒ In dieser Weise erschien auch <span class="index-4346 tp-23053 ">Hr. Zapf</span> und wollte mich wegen Weines anzapfen, den Du nicht getrunken hast; ich schickte ihn mit der vorgefundnen Note zu Friedrich und er ist denn auch nicht wiedergekommen. 10 rh. für Holz von 1800 habe ich bezahlen müssen. 4 <span class="weight-bold ">Louisdʼor</span> für <span class="index-4230 tp-23051 ">Succow</span> waren nach unsrer hiesigen Meinung hinreichend, so wie 12 für Hufeland. Es ist mir lieb, daß <span class="index-1928 tp-23052 ">Philipp</span> Dir noch das Geld assignirt hat. Ich habe noch nichts wieder von dorther vernommen.<br>Hast Du den Fischer von Hirschfeld nicht in Berlin gesehn. <span class="index-218 tp-23050 ">Brinkmann</span> werdet Ihr nun bald wieder besitzen.<br>–––––<br>Lieber Schlegel, ich sitze an Deinem Schreibtisch, weil unten rein gemacht wird, es ist aber so kühl, daß mir die Hand steif ist. So war es vor dem Jahr auch. Es ist heute Fronleichnamstag.<br>Wie viel an der Witterung eines Jahres hängt ‒ bis alles gleichgültig geworden ist.<br>Fast möchte ich Dir den Brief schicken, der von der Reise dieses Tages erzählt, denn da liegt ja das <span class="weight-bold ">offne</span> Paket mit meinen und <span class="index-30 tp-23011 ">ihren</span> Briefen vor mir. Gestalte es zum Gedicht in Deiner Seele, wie wir auf dem Blumenbestreueten Wege in den Tod gingen. Gedenke des Hügels am Mayn mit den drey Bildern von weißen Stein und den Unterschriften, die höchste Liebe, der höchste Schmerz, das höchste Mitleid ‒ Gedenke <span class="index-23 tp-23012 ">der schwerdtdurchbohrten Mutter</span>, dieses ist das Fest vom Tode ihres einzigen Lieblings. Aber auch sie bleibt nicht auf Erden, und ist schon nicht mehr auf Erden, auch sie nimmt der Himmel auf.<br>Wenn Du einmal gesammelt bist, dann öffne den Brief, den ich wirklich will beylegen, und dichte einmal wieder und trachte nach <span class="index-30 tp-23014 ">dem Kinde</span> und für <span class="index-23 tp-23013 ">die Mutter</span>.<br>Wir thun das Mögliche um uns aufrecht zu erhalten, und Schelling ist gut, er stärkt meine Seele in diesem Kampf und stellt mich auf den höchsten Punkt des Seyns, selbst körperlich bis in die Gruft gebeugt.<br>–––––<br>Ich will noch von fremden Dingen mit Dir sprechen um mir einen Übergang zur Ruhe zu bahnen, von einem Eindruck, den ich kürzlich empfangen habe. Unter den zurück erhaltnen Büchern befand sich <span class="index-4337 tp-23016 index-271 tp-23015 ">Vossens</span><span class="index-4337 tp-23016 "> Äneis</span>, und zum erstenmal hab ich denn eine Idee von diesem Werk bekommen, über die ich ganz erstaunen mußte. Niemals habe ich es mir so schlecht denken können. Erstlich dünkt es mich ganz und gar nicht episch ‒ es ist nirgends ein heitres Verweilen, sondern eine solche Rastlosigkeit und Leidenschaftlichkeit, daß mir moderner wie modern dabey zu Sinne wird. Und das ist dem Homer nachgebildet? Nun so erkennen wir ihn doch jetzt viel besser. Ich finde <span class="index-50 tp-23017 ">Kotzebue</span> darin ‒ ausgenommen den Respekt vor Arbeit und Kunst, der aus dem Machwerk und der Künstlichkeit hervorleuchtet ‒ Was ist das für ein Gewimmel von unnützen Thun und Treiben und von wahren nordischen Gespenstererscheinungen. Die Beziehung auf Roma ist das beste darin, aber wie unepisch. ‒ Wieder ist mir ein Licht aufgegangen, wie bey alle dem <span class="index-3189 tp-23018 ">der Virgil</span> <span class="index-35 tp-23019 ">den Dante</span> veranlaßt hat. Im <span class="index-1611 tp-23020 ">Klopstock</span> ist die Nachbildung sehr stark. Es freute mich, mich eines Winkes von <span class="index-137 tp-23021 ">Goethe</span> zu entsinnen, wo er bey Gelegenheit <span class="index-4347 tp-23054 ">des Laokoon</span> die Stelle im Dichter so tief herabwürdigt und alle Vergleichung mit jenem Kunstwerk verbittet.<br>Wunderbar, wie an diesen schlechten Virgilius sich wieder das Höchste der wiedererstehenden Kunst knüpfte und aus dem Unreinen Dante hervorging mit seiner Dramatik und Plastik. Aber ganz rein ist doch keine Gattung wieder zum Vorschein gekommen, besonders die epische nicht, höchstens die lyrische (im <span class="index-36 tp-23055 ">Petrarca</span>) als die schwächste. Nimm es nicht übel, daß ich Dir bekannte Dinge hererzähle, mir sind sie neu und selbst gefunden.<br>Man muß Gott preisen, daß es solche unermüdliche Leute wie <span class="index-271 tp-23056 ">Voß</span> in der Welt giebt, die eigends dazu organisirt sind den Homeros und auch den Virgilius zu übersetzen.<br>Immer jammerts mich, daß <span class="index-8 tp-23022 ">Friedrich</span> statt allem fast, was er seitdem gethan, nicht <span class="index-1466 tp-23023 ">die Geschichte der griechischen und römischen Poesie</span> vollendet hat. Das ist doch seine rechte Bestimmung und ich habe jetzt wieder das Fragment mit Freuden gelesen.<br>Leb wohl, ich muß schließen, denn mein Kopf ist so schwer, daß er sich hinzulegen sehnet.', '36_xml' => '<p>[<placeName key="12">Jena</placeName>] d. 7ten[‒12.] Jun. [1801].<lb/>Aus Deinem Schreiben will erhellen, als ob einige Stellen des meinigen Dir nicht allerdings angenehm gewesen ‒ unterthänigst zu dienen ‒ solches haben mir Dieselben wohl vergolten, denn große Strecken von Dero haben mir eine fast unannehmliche Empfindung verursacht, und wollen solches hiemit kurz abbrechen. Du nimmst meine kleinen Oppositionen gar nicht als wie solche, die in der Gegenwart allein vor sich gehn, sondern addirst stets alle vergangnen hinzu, da wird denn solch ein Ding daraus, aber aus vielen kleinen Unarten wird noch keine große, und ich bin nicht so schlimm, wie Du sagst, besonders nicht so spezifik gegen Dich, es ist eine allgemeine Manier, und sie gereute mich, so wie ich sie gegen Dich geübt hatte, ich ließ sie blos stehn, weil das Ausstreichen verdächtig aussieht, und ich dachte ‒ nun ‒ Du würdest das selbst schon gehörig ausstreichen, welches Du denn auch, nicht sowohl in Gnaden, als vielmehr in Ungnaden gethan hast. Ich kann weiter nichts thun als mir solches mit Anmuth gefallen lassen. Überdieses seh ich die Stärke Deiner Gründe ein, und zweifle auch keineswegs an der Stärke Deiner Mittel überhaupt, denn seit meinem ehemaligen Unglauben haben sich diese, und meine Einsichten zugleich, ins Unendliche vergrößert. Bedenke doch, ich war damals in Sachen der Kunst ja ein ganz unmündig Kind und in der Irre gehendes Lämmlein. Mache, was Du wilst, mein allerholdester Freund, und es wird wohl gemacht seyn. Ich ertheile Dir meine besondre Vergünstigung dazu, und das kann mir ohndas nicht einfallen die Bearbeitung einer griechischen Tragödie fürs Theater für ein verfehltes Unternehmen zu halten, womit Du doch anfangen zu wollen scheinst. Was meine sogenannte spöttische Bemerkung betrift, so schwör ich und betheur es sehr, sie kam mir gar nicht so vor, sondern blos pfiffig, und sie muß sich auf dem Papier anders ausgenommen haben, als wahrscheinlich von meinen Lippen. Was wilst Du nun noch? Aber <hi rend="weight:bold">ich</hi> will noch etwas, denn ich bin böse, daß Du mich so gar sehr misverstehst in Absicht Deines Bleibens in <placeName key="15">Berlin</placeName>. Wenn ich Dich einlade zu kommen, so ist es wahrhaftig blos ein reines Verlangen nach Deiner Gegenwart, das ich Dir ausdrücke, und nicht gemeynt Dich zu ängstigen. Kannst Du mich denn für so gänzlich verkehrt halten, daß, nachdem Du mir alle äußre Ruhe widergegeben, deren ich noch fähig bin, ich <hi rend="weight:bold">Dich</hi> drängen wolle dies und jenes zu thun und Dich an mich zu bannen? Ich bin froh, wenn es Dir irgendwo gefällt, wenn Du irgendwo einen Zweck, der Dir lieb ist, erreichen kannst. Du hast Dir meine Fragen zugezogen, weil Du mir nie gesagt hast, daß Du so spät erst kämest, und ich Dich eigentlich von Woche zu Woche erwartete, indem Du das Kommen selbst nur von Woche zu Woche, und nicht so consequent zu verzögern schienest, wie Du thust. Nun weiß ich es, nun will ich mich auch nicht mehr darum bekümmern. Kommen Sie, wann Sie wollen, Sie werden uns immer zu Hause finden. Bringe nur außer demjenigen, was ich schon bey Dir bestellt habe, den <persName key="43">Schleyermacher</persName> mit, an dem uns plözlich ein neues Licht und Interesse aufgegangen ist. <persName key="62">Schelling</persName> wird Dir darüber innerhalb der nächsten sechs Wochen einen Brief schreiben; er sagte zwar, es sollte innerhalb der nächsten 6 Tage geschehn.<lb/><lb/>d. 10 Jun.<lb/>Gewollt hab ich, aber nicht gekonnt am lezten Postag ‒ Mir war nicht wohl schon vorher; nun überfiel es mich so, daß ich die Feder liegen lassen muste, und ich hoffe, Du wirst auch einmal ein wenig betreten nach einen Brief von mir ausgesehn haben.<lb/><lb/>d. 11 Juni.<lb/>Die paar kühleren Tage haben mich wieder aus dem Gleis gebracht. <persName key="4255">Kilian</persName> hat mir übrigens nichts verordnet als ein regelmäßiges dreymaliges Glas Bischoff von frischen Pomeranzen; ich kann nicht anders als dieses als eine mystische geistliche Verordnung ansehn; man kann auf diesem Wege erstlich zum Pabst durch den Bischoff, und durch die Dreyfachheit zum Gotte werden. Ein Bestreben, wohin auch übrigens meine ganze Lebensweise, mein Thun und Nichts thun abzielt. ‒ <persName key="1929">Luise</persName> ist seit einigen Tagen in <placeName key="58">Weimar</placeName> bei <persName key="4338">Ludekus</persName>. Mein Zustand hat mich abgehalten gestern hinüber zu fahren, wo <name key="3128" type="work">Maria Stuart</name> gegeben wurde. Da <persName key="73">die Jagemann</persName> und <persName key="3150">Vohs</persName> jetzt bittre Feindinnen sind, so müssen sie mit einer ganz treffenden Persönlichkeit, ihre übrige Persönlichkeit dazu gerechnet, diese Rollen spielen. ‒ <persName key="137">Goethe</persName> ist vorige Woche abgereiset, nachdem er <persName key="4339">seinen Sohn</persName> vorher hat legitimiren lassen, und nur diesen und seinen Geist hat er mitgenommen. Die Weimaraner behaupten, Goethens Finanzen wären in einem sehr schlechten Zustande, und zwar durch <persName key="4340">die Vulpius</persName>, die ihre Unordentlichkeit und ganze Sippschaft mit ihnen nähret. Sie hat am Tage nach G. Abreise ihren Leuten in G. besten Zimmern ein Fest gegeben, dessen <hi rend="weight:bold">Evan Evoe</hi> in der ganzen Gegend umher erschollen ist. O das Unkraut, die Weiber! G. ist über <placeName key="2">Goettingen</placeName> gegangen und kann auf dem nehmlichen Wege nachher sehr gut <placeName key="4330">Soeder</placeName> berühren. Ich werde <persName key="5747">Brabeck</persName> einen Wink davon geben lassen. ‒ Noch zeigt sich kein <persName key="56">Fr. Tiek</persName>. Ist es denn möglich, daß <persName key="48">Ludwig</persName> <name key="2048" type="work">den <hi rend="weight:bold">Donquixote</hi></name> noch nicht vollendete, wie es in Buchläden bey der Nachfrage heißt: „Noch nicht fertig“. Warum zieht T. nicht lieber ganz hieher, damit er in einiger Obhut sich befände? In <placeName key="13">Dresden</placeName> hat er wieder die herrlichste Gelegenheit zum Müssiggehen.<lb/>Mit <persName key="4315">Friedrich Bohn</persName> hatte ich wirklich schon der Länge nach von <persName key="67">Unger</persName> gesprochen, wie Dein Brief kam. Er sieht alles ein und zweifelt keinen Augenblick an dem unmittelbarsten Einfluß von <persName key="4271">Vieweg</persName> und <persName key="380">der Unger</persName>. Doch stellt er sichs nicht anders vor, als daß ihr wieder überein kommt, und es kann auch nicht anders nach allen Spuren seyn, Unger muß sich dahin geäußert haben. Daß es mit <name key="344" type="work">dem <persName key="4"><hi rend="weight:bold">Shakespear</hi></persName></name> nicht ginge, habe Unger bis dahin nie merken lassen, und der erste Beginn eurer Händel bewiese ja auch eben das Gegentheil. Ich konnte gegen Bohn doch nichts thun als ihn in den rechten Gesichtspunkt stellen. Denn ich habe eine dergleichen Epistel, wie ich sie Dir beschrieb, an <persName key="3102">die Vieweg</persName> ergehn lassen, worinn ich zulezt leichthin sage, wenn Vieweg den vielen chemischen Plunder nicht hätte, so sollte <hi rend="weight:bold">er</hi> den <hi rend="weight:bold">Shak</hi>. nehmen, denn die Unternehmung wär doch so solid wie die Bibel oder <name key="333" type="work"><name key="273" type="work"><persName key="271">Vossens</persName> Homer</name></name> und nicht so theuer wie der lezte. ‒ Da nun Bohn Vieweg spricht bey der Durchreise, so muste ich es sehr vermeiden Bohn den leisesten Antrag zu machen. ‒ Es ist sehr wahrscheinlich, daß Vieweg und <persName key="380">die Unger</persName> Ungers Advokaten instruiren, nicht er selber, und diese es nun, einmal unternommen, gern aufs Äußerste trieben. Was <persName key="539"><hi rend="weight:bold">Cottas</hi></persName> Mittleramt betrift, so thut die Entfernung nicht viel dazu. Mit Einem laconischen Briefe könte die Hauptsache gethan werden. Eile ist nicht vonnöthen, da durch die spätere Erscheinung <name key="350" type="work">des 8ten Bandes</name> jede Pause vor dem weiteren Publikum gedeckt ist. Aber leider hängt jetzt allzu viel an der Entscheidung des Processes, und wer kann den Richtern trauen! Man muß in alle Wege ganz unerschütterlich bleiben, sonst behielte <persName key="4249">die Rahtmama Campe</persName> doch Recht, daß einen die Feinde bis zu einem beschwerlichen Mismuth herunter quälen könnten, indem alles solches freylich ihr mittelbares Gewebe ist ‒ und dafür schüzen uns die Götter! Mag es den Hunden immer wohlgehn, ich glaube an ein geistlich ewig Theil.<lb/>Und zudem wird es auch äußerlich schon wieder anders werden. Wir wollen nur eine Weile still sitzen und es abwarten. Ich lese derweil <name key="4341" type="work"><persName key="146">Platon</persName> vom Gerechten</name>. <persName key="4342">Ein gewisser Wolf</persName> hat ihn neu übersetzt. (Ein gewisser ‒ von dem rechten könnte nur ein Narr so sprechen.) Sage mir, wann wird <name key="275" type="work">der <persName key="43">Schleyermacher</persName>-<persName key="8">Friedrichsche</persName> Plato</name> erscheinen? Ich sehne mich danach.<lb/>Hast Du Dir schon etwas vom <persName key="1411"><name key="1412" type="work">Euripides</name></persName> ausgewählt? <name key="2637" type="work">Die Phädra</name> müste <persName key="54">der Meyer</persName> sehr glücken können. Ihr thätet wohl, diese Frau noch zu einer lebendigen Plastik und redelosen Mimik auszubilden. Wer könnte es ihr wehren oeffentlich solche Vorstellungen zu geben? Und diese Natur erreichte mit eurer Hülfe noch ihre eigentliche Bestimmung, ehe denn sie zu Grund ginge.<lb/>Lieber Freund, ich habe Dir auch eine kleine Dilettantin zuzuführen. Ich bin <persName key="4288"><hi rend="weight:bold">Cécilen</hi></persName> auf die Spur gekommen, daß sie innerlich ziemlich geschäftig ist, und schicke Dir hier einige Sachen, von denen sie noch nicht weiß, daß ich sie habe. Sie hat vermuthlich ganze Vorräthe. Es ist hier allerdings väterliches Talent, das sich, mit mehr Seele vereinigt, vielleicht würde rühmen können besser zu seyn als unsre Väter. Aber ich wäre dafür es noch in der Stille gewähren zu lassen. Man muß strenge mit der hofnungsvollen Jugend verfahren und den <hi rend="weight:bold">facilen</hi> Aufmunterungen das Gegengewicht halten. Meyer hat über sie geäußert, daß er ihr rathen würde sich dem Kupferstechen zu widmen ‒ er hat die Idee mit <persName key="1958">Tischbein</persName> besonders gemisbilligt, der gar kein Künstler sey usw. Du kennst das, allein ich will doch ordentlich mit ihm über sie sprechen, wenn wir vielleicht <persName key="1929">Luise</persName> von Weimar abholen. <persName key="3117">Julchen</persName> nimmt sich recht gut; ich wünschte nur, ihr zuweilen eine kleine Zerstreuung verschaffen zu können, an die hier jetzt fast gar nicht zu denken ist. Mädchen von ihrem Alter giebt es gar nicht. Demohngeachtet scheint sie sehr gern hier zu seyn und es blickt oft eine recht hübsche Theilnehmung an unsern weisen Gesprächen bey ihr durch, besonders wenn Schelling auf Spaziergängen in Offenbarungen geräth, ZB. ‒ daß ich des gestrigen erwähne ‒ erklärt, warum die Natur den Vögeln, die in metallischen Farben brennen, die Stimme und den andern die Schönheit versagt hat. Sie verspricht sich auch nicht wenig davon, wenn Du kommen und ihr die <hi rend="weight:bold">Cour</hi> machen wirst.<lb/>Auf die Anfrage beyliegendes Zettelchens hab ich beygeschriebne Antwort erhalten. Bald drauf schickte <persName key="8">Friedrich</persName> noch einen Korb voll Bücher, worauf ich bemerkte: mit <name key="4344" type="work">den Volksmährchen</name> verhielte es sich so, daß Du die Erstattung in <hi rend="weight:bold">natura</hi> wünschtest und ich ihn nur habe errinren wollen. Dieses in <hi rend="weight:bold">natura</hi> ist sehr buchstäblich genommen worden, denn er hat <persName key="1928">Philipps</persName> Exemplar geschickt, Du kanst denken, in welchem Zustand. Indessen besser das als keines. Die Bücher sollen sie wenigstens alle hergeben, da ich so vieler andren Dinge Nachfrage unterdrücken muß, um mich in keinen niedrigen Streit zu verwickeln. Bücher sind ewig, die kann man wiederfordern, aber Bettücher nicht.<lb/>–––––<lb/>Gestern begegneten wir auf einem kurzem Spaziergange, den ich mit <persName key="62">Schelling</persName> und <persName key="3117">Julchen</persName> unternahm,<persName key="242"> Hufeland</persName> und <persName key="244">Schütz</persName> zusammen. Das hättest Du sehn sollen, wie sich die Literatur an die Seite schob. Ich habe <persName key="242">Hufeland</persName> noch nicht gesprochen. <persName key="2935"><hi rend="weight:bold">Sie</hi></persName> war doch etwas beklommen bey mir; es ist möglich, daß sie mich aus Beklommenheit nicht eigends einlud sie nun auch zu besuchen, was ich abwarten wollte. Indeß wenn ich im Stande bin, geh ich doch wohl noch hin, ehe sie mit <persName key="4268">der Niethammer</persName> nach <placeName key="334"><hi rend="weight:bold">Liebenstein</hi></placeName> reiset, denn die überflüssigen Spannungen hab ich nicht Willens fortzuspinnen.<lb/><lb/>d. 12 Jun.<lb/>Ich habe obbemeldeten Vorsaz gestern gleich noch ausgeführt, da sie Morgen reiset, und ließ es sagen, worauf sie mich denn bestens empfieng, aber ihr Gemahl erschien nicht, als nicht zu Hause seyend. <persName key="641">Gries</persName> sagt aus, daß <hi rend="weight:bold"><persName key="1406">Bothe</persName>,</hi> der sich in <placeName key="1633">Erfurt</placeName> aufhält, jetzt alle belletristischen Recensionen <name key="1192" type="periodical">der ALZ.</name> bestreitet; wenn er es nicht als Facktum von Hufeland gehört hätte, so würde ich daran zweifeln, weil in <name key="4273" type="work">der Gigantomachie</name> Briareus doch ebenfals paradirt und <persName key="1406">Bothes</persName> Übersetzungen aus dem Griechischen kürzlich billigermaßen getadelt wurden. Das Einschicken <name key="3116" type="work">Deiner Erklärung</name>, die mir indeß doch mehr eine locale Maasregel für Berlin als eine algemeine zu seyn scheint, hat Schelling besorgt und wenigstens nicht die Antwort erhalten, daß sie sie nicht einrücken wollten.<lb/>Da Schelling sicher heut wieder nicht zum Schreiben komt, so will ich nur sagen, daß er erst jetzt <name key="148" type="work">die Reden über die Religion</name>, die er damals nur flüchtig angesehn hat, ließt, daß sie ihn vielleicht mehr wie Einen von euch festfassen (doch ist er noch nicht an der lezten) und er sie als etwas durch und durch Gebildetes und Vollendetes betrachtet bis zum Entzücken daran, aber ich will ihm weiter nichts vorweg nehmen, da er selbst schreiben will. Siehe doch zu, ob Du noch eines Velin Exemplares für ihn habhaft werden kannst, er will sie sich kaufen. Könnte denn <persName key="43">der Schleiermacher</persName> nicht wirklich ein bischen mit Dir herkommen? Lade ihn auch von Meinetwegen ein ‒ wenn <hi rend="weight:bold">er</hi> nicht hieher komt, so wird aus unsrer Bekantschaft nichts, denn schwerlich wird das Brandenburger Thor mein Antliz schauen. Das Heft mit der <name key="777" type="work">Identität</name> gedenk ich Dir eben nicht zu schicken, denn obgleich eine griechische Tragödie mit der Identität sehr identisch ist, so will ich Dich doch an die Tragödie als eine einzelne Totalität verwiesen haben. Besitzt denn Schleiermacher <name key="5663" type="periodical">diese Hefte </name>nicht? Wie kann ich auch wissen, wann Dir Friedrich <name key="1438" type="work">die Charakteristiken</name> schickt! Kurz, daraus wird nichts. Wegen <name key="4345" type="work">des Fränkischen Lustgärtleins</name> will ich Sorge tragen, es wäre schon geschehn, wenn ich nicht auf eine Antwort von <persName key="245">Marcus</persName> gewartet hätte, die aber nicht kommt. Sollte sie <persName key="243">die Paulus</persName> aufgefangen haben? <hi rend="weight:bold">Apropos</hi>, wohin reiset denn Friedrich? Etwa auch nach dem Frankenlande, mit dem Schneider? (Das ist unsre <hi rend="weight:bold">Chiffre</hi> für <persName key="186">Paulus</persName>. <persName key="31"><persName key="637">Frommans</persName></persName> heißen die Semmeley, weil die Kinder aussehn wie Semmeln, denen man Nase und Augen und Mund aufgemahlt hat, und alles dort wie mit Semmeln gestopft.) Hiebey wäre ich fast neugierig zu wissen, wie Friedrich es möglich macht zu reisen, aus eigner Machtsvollkommenheit einmal nicht. Denn vor ein paar Tagen ist noch <persName key="4335">Gabler</persName> zu Schelling gekommen zusammt einer Correspondenz, die er mit Friedrich führt, von der sich Schelling indessen die Lektüre verbat. Er will das Geld wiederhaben, das er Friedrich vorgeschossen, weil aus dem Buch nichts wird vor der Hand; 50 rh. hat ihm Friedrich wirklich schon wieder gegeben, wegen des übrigen, noch an 100 rh., wolte ihn Gabler verklagen und Schadloshaltung, nemlich Interressen, haben. Schelling hat ihm das denn wiederrathen um der Philosophie ein Ärgerniß zu ersparen. Das Schlimme ist, daß Friedrich dem Gabler just im voraus hat abgelockt, was er Schelling längst hintennach schuldig ist. ‒ In dieser Weise erschien auch <persName key="4346">Hr. Zapf</persName> und wollte mich wegen Weines anzapfen, den Du nicht getrunken hast; ich schickte ihn mit der vorgefundnen Note zu Friedrich und er ist denn auch nicht wiedergekommen. 10 rh. für Holz von 1800 habe ich bezahlen müssen. 4 <hi rend="weight:bold">Louisdʼor</hi> für <persName key="4230">Succow</persName> waren nach unsrer hiesigen Meinung hinreichend, so wie 12 für Hufeland. Es ist mir lieb, daß <persName key="1928">Philipp</persName> Dir noch das Geld assignirt hat. Ich habe noch nichts wieder von dorther vernommen.<lb/>Hast Du den Fischer von Hirschfeld nicht in Berlin gesehn. <persName key="218">Brinkmann</persName> werdet Ihr nun bald wieder besitzen.<lb/>–––––<lb/>Lieber Schlegel, ich sitze an Deinem Schreibtisch, weil unten rein gemacht wird, es ist aber so kühl, daß mir die Hand steif ist. So war es vor dem Jahr auch. Es ist heute Fronleichnamstag.<lb/>Wie viel an der Witterung eines Jahres hängt ‒ bis alles gleichgültig geworden ist.<lb/>Fast möchte ich Dir den Brief schicken, der von der Reise dieses Tages erzählt, denn da liegt ja das <hi rend="weight:bold">offne</hi> Paket mit meinen und <persName key="30">ihren</persName> Briefen vor mir. Gestalte es zum Gedicht in Deiner Seele, wie wir auf dem Blumenbestreueten Wege in den Tod gingen. Gedenke des Hügels am Mayn mit den drey Bildern von weißen Stein und den Unterschriften, die höchste Liebe, der höchste Schmerz, das höchste Mitleid ‒ Gedenke <persName key="23">der schwerdtdurchbohrten Mutter</persName>, dieses ist das Fest vom Tode ihres einzigen Lieblings. Aber auch sie bleibt nicht auf Erden, und ist schon nicht mehr auf Erden, auch sie nimmt der Himmel auf.<lb/>Wenn Du einmal gesammelt bist, dann öffne den Brief, den ich wirklich will beylegen, und dichte einmal wieder und trachte nach <persName key="30">dem Kinde</persName> und für <persName key="23">die Mutter</persName>.<lb/>Wir thun das Mögliche um uns aufrecht zu erhalten, und Schelling ist gut, er stärkt meine Seele in diesem Kampf und stellt mich auf den höchsten Punkt des Seyns, selbst körperlich bis in die Gruft gebeugt.<lb/>–––––<lb/>Ich will noch von fremden Dingen mit Dir sprechen um mir einen Übergang zur Ruhe zu bahnen, von einem Eindruck, den ich kürzlich empfangen habe. Unter den zurück erhaltnen Büchern befand sich <name key="4337" type="work"><persName key="271">Vossens</persName> Äneis</name>, und zum erstenmal hab ich denn eine Idee von diesem Werk bekommen, über die ich ganz erstaunen mußte. Niemals habe ich es mir so schlecht denken können. Erstlich dünkt es mich ganz und gar nicht episch ‒ es ist nirgends ein heitres Verweilen, sondern eine solche Rastlosigkeit und Leidenschaftlichkeit, daß mir moderner wie modern dabey zu Sinne wird. Und das ist dem Homer nachgebildet? Nun so erkennen wir ihn doch jetzt viel besser. Ich finde <persName key="50">Kotzebue</persName> darin ‒ ausgenommen den Respekt vor Arbeit und Kunst, der aus dem Machwerk und der Künstlichkeit hervorleuchtet ‒ Was ist das für ein Gewimmel von unnützen Thun und Treiben und von wahren nordischen Gespenstererscheinungen. Die Beziehung auf Roma ist das beste darin, aber wie unepisch. ‒ Wieder ist mir ein Licht aufgegangen, wie bey alle dem <persName key="3189">der Virgil</persName> <persName key="35">den Dante</persName> veranlaßt hat. Im <persName key="1611">Klopstock</persName> ist die Nachbildung sehr stark. Es freute mich, mich eines Winkes von <persName key="137">Goethe</persName> zu entsinnen, wo er bey Gelegenheit <name key="4347" type="work">des Laokoon</name> die Stelle im Dichter so tief herabwürdigt und alle Vergleichung mit jenem Kunstwerk verbittet.<lb/>Wunderbar, wie an diesen schlechten Virgilius sich wieder das Höchste der wiedererstehenden Kunst knüpfte und aus dem Unreinen Dante hervorging mit seiner Dramatik und Plastik. Aber ganz rein ist doch keine Gattung wieder zum Vorschein gekommen, besonders die epische nicht, höchstens die lyrische (im <persName key="36">Petrarca</persName>) als die schwächste. Nimm es nicht übel, daß ich Dir bekannte Dinge hererzähle, mir sind sie neu und selbst gefunden.<lb/>Man muß Gott preisen, daß es solche unermüdliche Leute wie <persName key="271">Voß</persName> in der Welt giebt, die eigends dazu organisirt sind den Homeros und auch den Virgilius zu übersetzen.<lb/>Immer jammerts mich, daß <persName key="8">Friedrich</persName> statt allem fast, was er seitdem gethan, nicht <name key="1466" type="work">die Geschichte der griechischen und römischen Poesie</name> vollendet hat. Das ist doch seine rechte Bestimmung und ich habe jetzt wieder das Fragment mit Freuden gelesen.<lb/>Leb wohl, ich muß schließen, denn mein Kopf ist so schwer, daß er sich hinzulegen sehnet.</p>', '36_xml_standoff' => '[<anchor type="b" n="12" ana="10" xml:id="NidB22959"/>Jena<anchor type="e" n="12" ana="10" xml:id="NidE22959"/>] d. 7ten[‒12.] Jun. 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Ich kann weiter nichts thun als mir solches mit Anmuth gefallen lassen. Überdieses seh ich die Stärke Deiner Gründe ein, und zweifle auch keineswegs an der Stärke Deiner Mittel überhaupt, denn seit meinem ehemaligen Unglauben haben sich diese, und meine Einsichten zugleich, ins Unendliche vergrößert. Bedenke doch, ich war damals in Sachen der Kunst ja ein ganz unmündig Kind und in der Irre gehendes Lämmlein. Mache, was Du wilst, mein allerholdester Freund, und es wird wohl gemacht seyn. Ich ertheile Dir meine besondre Vergünstigung dazu, und das kann mir ohndas nicht einfallen die Bearbeitung einer griechischen Tragödie fürs Theater für ein verfehltes Unternehmen zu halten, womit Du doch anfangen zu wollen scheinst. Was meine sogenannte spöttische Bemerkung betrift, so schwör ich und betheur es sehr, sie kam mir gar nicht so vor, sondern blos pfiffig, und sie muß sich auf dem Papier anders ausgenommen haben, als wahrscheinlich von meinen Lippen. Was wilst Du nun noch? 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Du hast Dir meine Fragen zugezogen, weil Du mir nie gesagt hast, daß Du so spät erst kämest, und ich Dich eigentlich von Woche zu Woche erwartete, indem Du das Kommen selbst nur von Woche zu Woche, und nicht so consequent zu verzögern schienest, wie Du thust. Nun weiß ich es, nun will ich mich auch nicht mehr darum bekümmern. Kommen Sie, wann Sie wollen, Sie werden uns immer zu Hause finden. Bringe nur außer demjenigen, was ich schon bey Dir bestellt habe, den <anchor type="b" n="43" ana="11" xml:id="NidB23024"/>Schleyermacher<anchor type="e" n="43" ana="11" xml:id="NidE23024"/> mit, an dem uns plözlich ein neues Licht und Interesse aufgegangen ist. <anchor type="b" n="62" ana="11" xml:id="NidB23025"/>Schelling<anchor type="e" n="62" ana="11" xml:id="NidE23025"/> wird Dir darüber innerhalb der nächsten sechs Wochen einen Brief schreiben; er sagte zwar, es sollte innerhalb der nächsten 6 Tage geschehn.<lb/><lb/>d. 10 Jun.<lb/>Gewollt hab ich, aber nicht gekonnt am lezten Postag ‒ Mir war nicht wohl schon vorher; nun überfiel es mich so, daß ich die Feder liegen lassen muste, und ich hoffe, Du wirst auch einmal ein wenig betreten nach einen Brief von mir ausgesehn haben.<lb/><lb/>d. 11 Juni.<lb/>Die paar kühleren Tage haben mich wieder aus dem Gleis gebracht. <anchor type="b" n="4255" ana="11" xml:id="NidB22961"/>Kilian<anchor type="e" n="4255" ana="11" xml:id="NidE22961"/> hat mir übrigens nichts verordnet als ein regelmäßiges dreymaliges Glas Bischoff von frischen Pomeranzen; ich kann nicht anders als dieses als eine mystische geistliche Verordnung ansehn; man kann auf diesem Wege erstlich zum Pabst durch den Bischoff, und durch die Dreyfachheit zum Gotte werden. Ein Bestreben, wohin auch übrigens meine ganze Lebensweise, mein Thun und Nichts thun abzielt. ‒ <anchor type="b" n="1929" ana="11" xml:id="NidB22963"/>Luise<anchor type="e" n="1929" ana="11" xml:id="NidE22963"/> ist seit einigen Tagen in <anchor type="b" n="58" ana="10" xml:id="NidB22962"/>Weimar<anchor type="e" n="58" ana="10" xml:id="NidE22962"/> bei <anchor type="b" n="4338" ana="11" xml:id="NidB23026"/>Ludekus<anchor type="e" n="4338" ana="11" xml:id="NidE23026"/>. Mein Zustand hat mich abgehalten gestern hinüber zu fahren, wo <anchor type="b" n="3128" ana="12" xml:id="NidB22964"/>Maria Stuart<anchor type="e" n="3128" ana="12" xml:id="NidE22964"/> gegeben wurde. Da <anchor type="b" n="73" ana="11" xml:id="NidB22965"/>die Jagemann<anchor type="e" n="73" ana="11" xml:id="NidE22965"/> und <anchor type="b" n="3150" ana="11" xml:id="NidB23028"/>Vohs<anchor type="e" n="3150" ana="11" xml:id="NidE23028"/> jetzt bittre Feindinnen sind, so müssen sie mit einer ganz treffenden Persönlichkeit, ihre übrige Persönlichkeit dazu gerechnet, diese Rollen spielen. ‒ <anchor type="b" n="137" ana="11" xml:id="NidB22966"/>Goethe<anchor type="e" n="137" ana="11" xml:id="NidE22966"/> ist vorige Woche abgereiset, nachdem er <anchor type="b" n="4339" ana="11" xml:id="NidB23029"/>seinen Sohn<anchor type="e" n="4339" ana="11" xml:id="NidE23029"/> vorher hat legitimiren lassen, und nur diesen und seinen Geist hat er mitgenommen. Die Weimaraner behaupten, Goethens Finanzen wären in einem sehr schlechten Zustande, und zwar durch <anchor type="b" n="4340" ana="11" xml:id="NidB23030"/>die Vulpius<anchor type="e" n="4340" ana="11" xml:id="NidE23030"/>, die ihre Unordentlichkeit und ganze Sippschaft mit ihnen nähret. Sie hat am Tage nach G. Abreise ihren Leuten in G. besten Zimmern ein Fest gegeben, dessen <hi rend="weight:bold">Evan Evoe</hi> in der ganzen Gegend umher erschollen ist. O das Unkraut, die Weiber! G. ist über <anchor type="b" n="2" ana="10" xml:id="NidB22967"/>Goettingen<anchor type="e" n="2" ana="10" xml:id="NidE22967"/> gegangen und kann auf dem nehmlichen Wege nachher sehr gut <anchor type="b" n="4330" ana="10" xml:id="NidB23031"/>Soeder<anchor type="e" n="4330" ana="10" xml:id="NidE23031"/> berühren. Ich werde <anchor type="b" n="5747" ana="11" xml:id="NidB47192"/>Brabeck<anchor type="e" n="5747" ana="11" xml:id="NidE47192"/> einen Wink davon geben lassen. ‒ Noch zeigt sich kein <anchor type="b" n="56" ana="11" xml:id="NidB22968"/>Fr. Tiek<anchor type="e" n="56" ana="11" xml:id="NidE22968"/>. Ist es denn möglich, daß <anchor type="b" n="48" ana="11" xml:id="NidB22969"/>Ludwig<anchor type="e" n="48" ana="11" xml:id="NidE22969"/> <anchor type="b" n="2048" ana="12" xml:id="NidB22970"/>den <hi rend="weight:bold">Donquixote</hi><anchor type="e" n="2048" ana="12" xml:id="NidE22970"/> noch nicht vollendete, wie es in Buchläden bey der Nachfrage heißt: „Noch nicht fertig“. Warum zieht T. nicht lieber ganz hieher, damit er in einiger Obhut sich befände? In <anchor type="b" n="13" ana="10" xml:id="NidB23032"/>Dresden<anchor type="e" n="13" ana="10" xml:id="NidE23032"/> hat er wieder die herrlichste Gelegenheit zum Müssiggehen.<lb/>Mit <anchor type="b" n="4315" ana="11" xml:id="NidB22972"/>Friedrich Bohn<anchor type="e" n="4315" ana="11" xml:id="NidE22972"/> hatte ich wirklich schon der Länge nach von <anchor type="b" n="67" ana="11" xml:id="NidB22971"/>Unger<anchor type="e" n="67" ana="11" xml:id="NidE22971"/> gesprochen, wie Dein Brief kam. Er sieht alles ein und zweifelt keinen Augenblick an dem unmittelbarsten Einfluß von <anchor type="b" n="4271" ana="11" xml:id="NidB22973"/>Vieweg<anchor type="e" n="4271" ana="11" xml:id="NidE22973"/> und <anchor type="b" n="380" ana="11" xml:id="NidB47193"/>der Unger<anchor type="e" n="380" ana="11" xml:id="NidE47193"/>. Doch stellt er sichs nicht anders vor, als daß ihr wieder überein kommt, und es kann auch nicht anders nach allen Spuren seyn, Unger muß sich dahin geäußert haben. Daß es mit <anchor type="b" n="344" ana="12" xml:id="NidB22975"/>dem <anchor type="b" n="4" ana="11" xml:id="NidB22974"/><hi rend="weight:bold">Shakespear</hi><anchor type="e" n="4" ana="11" xml:id="NidE22974"/><anchor type="e" n="344" ana="12" xml:id="NidE22975"/> nicht ginge, habe Unger bis dahin nie merken lassen, und der erste Beginn eurer Händel bewiese ja auch eben das Gegentheil. Ich konnte gegen Bohn doch nichts thun als ihn in den rechten Gesichtspunkt stellen. Denn ich habe eine dergleichen Epistel, wie ich sie Dir beschrieb, an <anchor type="b" n="3102" ana="11" xml:id="NidB47194"/>die Vieweg<anchor type="e" n="3102" ana="11" xml:id="NidE47194"/> ergehn lassen, worinn ich zulezt leichthin sage, wenn Vieweg den vielen chemischen Plunder nicht hätte, so sollte <hi rend="weight:bold">er</hi> den <hi rend="weight:bold">Shak</hi>. nehmen, denn die Unternehmung wär doch so solid wie die Bibel oder <anchor type="b" n="333" ana="12" xml:id="NidB22977"/><anchor type="b" n="273" ana="12" xml:id="NidB22978"/><anchor type="b" n="271" ana="11" xml:id="NidB22976"/>Vossens<anchor type="e" n="271" ana="11" xml:id="NidE22976"/> Homer<anchor type="e" n="273" ana="12" xml:id="NidE22978"/><anchor type="e" n="333" ana="12" xml:id="NidE22977"/> und nicht so theuer wie der lezte. ‒ Da nun Bohn Vieweg spricht bey der Durchreise, so muste ich es sehr vermeiden Bohn den leisesten Antrag zu machen. ‒ Es ist sehr wahrscheinlich, daß Vieweg und <anchor type="b" n="380" ana="11" xml:id="NidB22979"/>die Unger<anchor type="e" n="380" ana="11" xml:id="NidE22979"/> Ungers Advokaten instruiren, nicht er selber, und diese es nun, einmal unternommen, gern aufs Äußerste trieben. Was <anchor type="b" n="539" ana="11" xml:id="NidB22980"/><hi rend="weight:bold">Cottas</hi><anchor type="e" n="539" ana="11" xml:id="NidE22980"/> Mittleramt betrift, so thut die Entfernung nicht viel dazu. Mit Einem laconischen Briefe könte die Hauptsache gethan werden. Eile ist nicht vonnöthen, da durch die spätere Erscheinung <anchor type="b" n="350" ana="12" xml:id="NidB22981"/>des 8ten Bandes<anchor type="e" n="350" ana="12" xml:id="NidE22981"/> jede Pause vor dem weiteren Publikum gedeckt ist. Aber leider hängt jetzt allzu viel an der Entscheidung des Processes, und wer kann den Richtern trauen! Man muß in alle Wege ganz unerschütterlich bleiben, sonst behielte <anchor type="b" n="4249" ana="11" xml:id="NidB22982"/>die Rahtmama Campe<anchor type="e" n="4249" ana="11" xml:id="NidE22982"/> doch Recht, daß einen die Feinde bis zu einem beschwerlichen Mismuth herunter quälen könnten, indem alles solches freylich ihr mittelbares Gewebe ist ‒ und dafür schüzen uns die Götter! Mag es den Hunden immer wohlgehn, ich glaube an ein geistlich ewig Theil.<lb/>Und zudem wird es auch äußerlich schon wieder anders werden. Wir wollen nur eine Weile still sitzen und es abwarten. Ich lese derweil <anchor type="b" n="4341" ana="12" xml:id="NidB23036"/><anchor type="b" n="146" ana="11" xml:id="NidB22983"/>Platon<anchor type="e" n="146" ana="11" xml:id="NidE22983"/> vom Gerechten<anchor type="e" n="4341" ana="12" xml:id="NidE23036"/>. <anchor type="b" n="4342" ana="11" xml:id="NidB23037"/>Ein gewisser Wolf<anchor type="e" n="4342" ana="11" xml:id="NidE23037"/> hat ihn neu übersetzt. (Ein gewisser ‒ von dem rechten könnte nur ein Narr so sprechen.) Sage mir, wann wird <anchor type="b" n="275" ana="12" xml:id="NidB23034"/>der <anchor type="b" n="43" ana="11" xml:id="NidB22984"/>Schleyermacher<anchor type="e" n="43" ana="11" xml:id="NidE22984"/>-<anchor type="b" n="8" ana="11" xml:id="NidB23035"/>Friedrichsche<anchor type="e" n="8" ana="11" xml:id="NidE23035"/> Plato<anchor type="e" n="275" ana="12" xml:id="NidE23034"/> erscheinen? Ich sehne mich danach.<lb/>Hast Du Dir schon etwas vom <anchor type="b" n="1411" ana="11" xml:id="NidB22985"/><anchor type="b" n="1412" ana="12" xml:id="NidB23038"/>Euripides<anchor type="e" n="1412" ana="12" xml:id="NidE23038"/><anchor type="e" n="1411" ana="11" xml:id="NidE22985"/> ausgewählt? <anchor type="b" n="2637" ana="12" xml:id="NidB23039"/>Die Phädra<anchor type="e" n="2637" ana="12" xml:id="NidE23039"/> müste <anchor type="b" n="54" ana="11" xml:id="NidB42074"/>der Meyer<anchor type="e" n="54" ana="11" xml:id="NidE42074"/> sehr glücken können. Ihr thätet wohl, diese Frau noch zu einer lebendigen Plastik und redelosen Mimik auszubilden. Wer könnte es ihr wehren oeffentlich solche Vorstellungen zu geben? Und diese Natur erreichte mit eurer Hülfe noch ihre eigentliche Bestimmung, ehe denn sie zu Grund ginge.<lb/>Lieber Freund, ich habe Dir auch eine kleine Dilettantin zuzuführen. Ich bin <anchor type="b" n="4288" ana="11" xml:id="NidB22986"/><hi rend="weight:bold">Cécilen</hi><anchor type="e" n="4288" ana="11" xml:id="NidE22986"/> auf die Spur gekommen, daß sie innerlich ziemlich geschäftig ist, und schicke Dir hier einige Sachen, von denen sie noch nicht weiß, daß ich sie habe. Sie hat vermuthlich ganze Vorräthe. Es ist hier allerdings väterliches Talent, das sich, mit mehr Seele vereinigt, vielleicht würde rühmen können besser zu seyn als unsre Väter. Aber ich wäre dafür es noch in der Stille gewähren zu lassen. Man muß strenge mit der hofnungsvollen Jugend verfahren und den <hi rend="weight:bold">facilen</hi> Aufmunterungen das Gegengewicht halten. Meyer hat über sie geäußert, daß er ihr rathen würde sich dem Kupferstechen zu widmen ‒ er hat die Idee mit <anchor type="b" n="1958" ana="11" xml:id="NidB23043"/>Tischbein<anchor type="e" n="1958" ana="11" xml:id="NidE23043"/> besonders gemisbilligt, der gar kein Künstler sey usw. Du kennst das, allein ich will doch ordentlich mit ihm über sie sprechen, wenn wir vielleicht <anchor type="b" n="1929" ana="11" xml:id="NidB23044"/>Luise<anchor type="e" n="1929" ana="11" xml:id="NidE23044"/> von Weimar abholen. <anchor type="b" n="3117" ana="11" xml:id="NidB22987"/>Julchen<anchor type="e" n="3117" ana="11" xml:id="NidE22987"/> nimmt sich recht gut; ich wünschte nur, ihr zuweilen eine kleine Zerstreuung verschaffen zu können, an die hier jetzt fast gar nicht zu denken ist. Mädchen von ihrem Alter giebt es gar nicht. Demohngeachtet scheint sie sehr gern hier zu seyn und es blickt oft eine recht hübsche Theilnehmung an unsern weisen Gesprächen bey ihr durch, besonders wenn Schelling auf Spaziergängen in Offenbarungen geräth, ZB. ‒ daß ich des gestrigen erwähne ‒ erklärt, warum die Natur den Vögeln, die in metallischen Farben brennen, die Stimme und den andern die Schönheit versagt hat. Sie verspricht sich auch nicht wenig davon, wenn Du kommen und ihr die <hi rend="weight:bold">Cour</hi> machen wirst.<lb/>Auf die Anfrage beyliegendes Zettelchens hab ich beygeschriebne Antwort erhalten. Bald drauf schickte <anchor type="b" n="8" ana="11" xml:id="NidB22988"/>Friedrich<anchor type="e" n="8" ana="11" xml:id="NidE22988"/> noch einen Korb voll Bücher, worauf ich bemerkte: mit <anchor type="b" n="4344" ana="12" xml:id="NidB23041"/>den Volksmährchen<anchor type="e" n="4344" ana="12" xml:id="NidE23041"/> verhielte es sich so, daß Du die Erstattung in <hi rend="weight:bold">natura</hi> wünschtest und ich ihn nur habe errinren wollen. Dieses in <hi rend="weight:bold">natura</hi> ist sehr buchstäblich genommen worden, denn er hat <anchor type="b" n="1928" ana="11" xml:id="NidB23042"/>Philipps<anchor type="e" n="1928" ana="11" xml:id="NidE23042"/> Exemplar geschickt, Du kanst denken, in welchem Zustand. Indessen besser das als keines. Die Bücher sollen sie wenigstens alle hergeben, da ich so vieler andren Dinge Nachfrage unterdrücken muß, um mich in keinen niedrigen Streit zu verwickeln. Bücher sind ewig, die kann man wiederfordern, aber Bettücher nicht.<lb/>–––––<lb/>Gestern begegneten wir auf einem kurzem Spaziergange, den ich mit <anchor type="b" n="62" ana="11" xml:id="NidB22989"/>Schelling<anchor type="e" n="62" ana="11" xml:id="NidE22989"/> und <anchor type="b" n="3117" ana="11" xml:id="NidB22990"/>Julchen<anchor type="e" n="3117" ana="11" xml:id="NidE22990"/> unternahm,<anchor type="b" n="242" ana="11" xml:id="NidB22994"/> Hufeland<anchor type="e" n="242" ana="11" xml:id="NidE22994"/> und <anchor type="b" n="244" ana="11" xml:id="NidB22991"/>Schütz<anchor type="e" n="244" ana="11" xml:id="NidE22991"/> zusammen. Das hättest Du sehn sollen, wie sich die Literatur an die Seite schob. Ich habe <anchor type="b" n="242" ana="11" xml:id="NidB22992"/>Hufeland<anchor type="e" n="242" ana="11" xml:id="NidE22992"/> noch nicht gesprochen. <anchor type="b" n="2935" ana="11" xml:id="NidB22993"/><hi rend="weight:bold">Sie</hi><anchor type="e" n="2935" ana="11" xml:id="NidE22993"/> war doch etwas beklommen bey mir; es ist möglich, daß sie mich aus Beklommenheit nicht eigends einlud sie nun auch zu besuchen, was ich abwarten wollte. Indeß wenn ich im Stande bin, geh ich doch wohl noch hin, ehe sie mit <anchor type="b" n="4268" ana="11" xml:id="NidB22996"/>der Niethammer<anchor type="e" n="4268" ana="11" xml:id="NidE22996"/> nach <anchor type="b" n="334" ana="10" xml:id="NidB22995"/><hi rend="weight:bold">Liebenstein</hi><anchor type="e" n="334" ana="10" xml:id="NidE22995"/> reiset, denn die überflüssigen Spannungen hab ich nicht Willens fortzuspinnen.<lb/><lb/>d. 12 Jun.<lb/>Ich habe obbemeldeten Vorsaz gestern gleich noch ausgeführt, da sie Morgen reiset, und ließ es sagen, worauf sie mich denn bestens empfieng, aber ihr Gemahl erschien nicht, als nicht zu Hause seyend. <anchor type="b" n="641" ana="11" xml:id="NidB22997"/>Gries<anchor type="e" n="641" ana="11" xml:id="NidE22997"/> sagt aus, daß <hi rend="weight:bold"><anchor type="b" n="1406" ana="11" xml:id="NidB22998"/>Bothe<anchor type="e" n="1406" ana="11" xml:id="NidE22998"/>,</hi> der sich in <anchor type="b" n="1633" ana="10" xml:id="NidB23000"/>Erfurt<anchor type="e" n="1633" ana="10" xml:id="NidE23000"/> aufhält, jetzt alle belletristischen Recensionen <anchor type="b" n="1192" ana="13" xml:id="NidB73975"/>der ALZ.<anchor type="e" n="1192" ana="13" xml:id="NidE73975"/> bestreitet; wenn er es nicht als Facktum von Hufeland gehört hätte, so würde ich daran zweifeln, weil in <anchor type="b" n="4273" ana="12" xml:id="NidB23001"/>der Gigantomachie<anchor type="e" n="4273" ana="12" xml:id="NidE23001"/> Briareus doch ebenfals paradirt und <anchor type="b" n="1406" ana="11" xml:id="NidB56876"/>Bothes<anchor type="e" n="1406" ana="11" xml:id="NidE56876"/> Übersetzungen aus dem Griechischen kürzlich billigermaßen getadelt wurden. Das Einschicken <anchor type="b" n="3116" ana="12" xml:id="NidB23046"/>Deiner Erklärung<anchor type="e" n="3116" ana="12" xml:id="NidE23046"/>, die mir indeß doch mehr eine locale Maasregel für Berlin als eine algemeine zu seyn scheint, hat Schelling besorgt und wenigstens nicht die Antwort erhalten, daß sie sie nicht einrücken wollten.<lb/>Da Schelling sicher heut wieder nicht zum Schreiben komt, so will ich nur sagen, daß er erst jetzt <anchor type="b" n="148" ana="12" xml:id="NidB23047"/>die Reden über die Religion<anchor type="e" n="148" ana="12" xml:id="NidE23047"/>, die er damals nur flüchtig angesehn hat, ließt, daß sie ihn vielleicht mehr wie Einen von euch festfassen (doch ist er noch nicht an der lezten) und er sie als etwas durch und durch Gebildetes und Vollendetes betrachtet bis zum Entzücken daran, aber ich will ihm weiter nichts vorweg nehmen, da er selbst schreiben will. Siehe doch zu, ob Du noch eines Velin Exemplares für ihn habhaft werden kannst, er will sie sich kaufen. Könnte denn <anchor type="b" n="43" ana="11" xml:id="NidB23002"/>der Schleiermacher<anchor type="e" n="43" ana="11" xml:id="NidE23002"/> nicht wirklich ein bischen mit Dir herkommen? Lade ihn auch von Meinetwegen ein ‒ wenn <hi rend="weight:bold">er</hi> nicht hieher komt, so wird aus unsrer Bekantschaft nichts, denn schwerlich wird das Brandenburger Thor mein Antliz schauen. Das Heft mit der <anchor type="b" n="777" ana="12" xml:id="NidB47196"/>Identität<anchor type="e" n="777" ana="12" xml:id="NidE47196"/> gedenk ich Dir eben nicht zu schicken, denn obgleich eine griechische Tragödie mit der Identität sehr identisch ist, so will ich Dich doch an die Tragödie als eine einzelne Totalität verwiesen haben. Besitzt denn Schleiermacher <anchor type="b" n="5663" ana="13" xml:id="NidB47195"/>diese Hefte <anchor type="e" n="5663" ana="13" xml:id="NidE47195"/>nicht? Wie kann ich auch wissen, wann Dir Friedrich <anchor type="b" n="1438" ana="12" xml:id="NidB23049"/>die Charakteristiken<anchor type="e" n="1438" ana="12" xml:id="NidE23049"/> schickt! Kurz, daraus wird nichts. Wegen <anchor type="b" n="4345" ana="12" xml:id="NidB23048"/>des Fränkischen Lustgärtleins<anchor type="e" n="4345" ana="12" xml:id="NidE23048"/> will ich Sorge tragen, es wäre schon geschehn, wenn ich nicht auf eine Antwort von <anchor type="b" n="245" ana="11" xml:id="NidB23003"/>Marcus<anchor type="e" n="245" ana="11" xml:id="NidE23003"/> gewartet hätte, die aber nicht kommt. Sollte sie <anchor type="b" n="243" ana="11" xml:id="NidB23004"/>die Paulus<anchor type="e" n="243" ana="11" xml:id="NidE23004"/> aufgefangen haben? <hi rend="weight:bold">Apropos</hi>, wohin reiset denn Friedrich? Etwa auch nach dem Frankenlande, mit dem Schneider? (Das ist unsre <hi rend="weight:bold">Chiffre</hi> für <anchor type="b" n="186" ana="11" xml:id="NidB23005"/>Paulus<anchor type="e" n="186" ana="11" xml:id="NidE23005"/>. <anchor type="b" n="31" ana="11" xml:id="NidB23006"/><anchor type="b" n="637" ana="11" xml:id="NidB23007"/>Frommans<anchor type="e" n="637" ana="11" xml:id="NidE23007"/><anchor type="e" n="31" ana="11" xml:id="NidE23006"/> heißen die Semmeley, weil die Kinder aussehn wie Semmeln, denen man Nase und Augen und Mund aufgemahlt hat, und alles dort wie mit Semmeln gestopft.) Hiebey wäre ich fast neugierig zu wissen, wie Friedrich es möglich macht zu reisen, aus eigner Machtsvollkommenheit einmal nicht. Denn vor ein paar Tagen ist noch <anchor type="b" n="4335" ana="11" xml:id="NidB23008"/>Gabler<anchor type="e" n="4335" ana="11" xml:id="NidE23008"/> zu Schelling gekommen zusammt einer Correspondenz, die er mit Friedrich führt, von der sich Schelling indessen die Lektüre verbat. Er will das Geld wiederhaben, das er Friedrich vorgeschossen, weil aus dem Buch nichts wird vor der Hand; 50 rh. hat ihm Friedrich wirklich schon wieder gegeben, wegen des übrigen, noch an 100 rh., wolte ihn Gabler verklagen und Schadloshaltung, nemlich Interressen, haben. Schelling hat ihm das denn wiederrathen um der Philosophie ein Ärgerniß zu ersparen. Das Schlimme ist, daß Friedrich dem Gabler just im voraus hat abgelockt, was er Schelling längst hintennach schuldig ist. ‒ In dieser Weise erschien auch <anchor type="b" n="4346" ana="11" xml:id="NidB23053"/>Hr. Zapf<anchor type="e" n="4346" ana="11" xml:id="NidE23053"/> und wollte mich wegen Weines anzapfen, den Du nicht getrunken hast; ich schickte ihn mit der vorgefundnen Note zu Friedrich und er ist denn auch nicht wiedergekommen. 10 rh. für Holz von 1800 habe ich bezahlen müssen. 4 <hi rend="weight:bold">Louisdʼor</hi> für <anchor type="b" n="4230" ana="11" xml:id="NidB23051"/>Succow<anchor type="e" n="4230" ana="11" xml:id="NidE23051"/> waren nach unsrer hiesigen Meinung hinreichend, so wie 12 für Hufeland. Es ist mir lieb, daß <anchor type="b" n="1928" ana="11" xml:id="NidB23052"/>Philipp<anchor type="e" n="1928" ana="11" xml:id="NidE23052"/> Dir noch das Geld assignirt hat. Ich habe noch nichts wieder von dorther vernommen.<lb/>Hast Du den Fischer von Hirschfeld nicht in Berlin gesehn. <anchor type="b" n="218" ana="11" xml:id="NidB23050"/>Brinkmann<anchor type="e" n="218" ana="11" xml:id="NidE23050"/> werdet Ihr nun bald wieder besitzen.<lb/>–––––<lb/>Lieber Schlegel, ich sitze an Deinem Schreibtisch, weil unten rein gemacht wird, es ist aber so kühl, daß mir die Hand steif ist. So war es vor dem Jahr auch. Es ist heute Fronleichnamstag.<lb/>Wie viel an der Witterung eines Jahres hängt ‒ bis alles gleichgültig geworden ist.<lb/>Fast möchte ich Dir den Brief schicken, der von der Reise dieses Tages erzählt, denn da liegt ja das <hi rend="weight:bold">offne</hi> Paket mit meinen und <anchor type="b" n="30" ana="11" xml:id="NidB23011"/>ihren<anchor type="e" n="30" ana="11" xml:id="NidE23011"/> Briefen vor mir. Gestalte es zum Gedicht in Deiner Seele, wie wir auf dem Blumenbestreueten Wege in den Tod gingen. Gedenke des Hügels am Mayn mit den drey Bildern von weißen Stein und den Unterschriften, die höchste Liebe, der höchste Schmerz, das höchste Mitleid ‒ Gedenke <anchor type="b" n="23" ana="11" xml:id="NidB23012"/>der schwerdtdurchbohrten Mutter<anchor type="e" n="23" ana="11" xml:id="NidE23012"/>, dieses ist das Fest vom Tode ihres einzigen Lieblings. Aber auch sie bleibt nicht auf Erden, und ist schon nicht mehr auf Erden, auch sie nimmt der Himmel auf.<lb/>Wenn Du einmal gesammelt bist, dann öffne den Brief, den ich wirklich will beylegen, und dichte einmal wieder und trachte nach <anchor type="b" n="30" ana="11" xml:id="NidB23014"/>dem Kinde<anchor type="e" n="30" ana="11" xml:id="NidE23014"/> und für <anchor type="b" n="23" ana="11" xml:id="NidB23013"/>die Mutter<anchor type="e" n="23" ana="11" xml:id="NidE23013"/>.<lb/>Wir thun das Mögliche um uns aufrecht zu erhalten, und Schelling ist gut, er stärkt meine Seele in diesem Kampf und stellt mich auf den höchsten Punkt des Seyns, selbst körperlich bis in die Gruft gebeugt.<lb/>–––––<lb/>Ich will noch von fremden Dingen mit Dir sprechen um mir einen Übergang zur Ruhe zu bahnen, von einem Eindruck, den ich kürzlich empfangen habe. Unter den zurück erhaltnen Büchern befand sich <anchor type="b" n="4337" ana="12" xml:id="NidB23016"/><anchor type="b" n="271" ana="11" xml:id="NidB23015"/>Vossens<anchor type="e" n="271" ana="11" xml:id="NidE23015"/> Äneis<anchor type="e" n="4337" ana="12" xml:id="NidE23016"/>, und zum erstenmal hab ich denn eine Idee von diesem Werk bekommen, über die ich ganz erstaunen mußte. Niemals habe ich es mir so schlecht denken können. Erstlich dünkt es mich ganz und gar nicht episch ‒ es ist nirgends ein heitres Verweilen, sondern eine solche Rastlosigkeit und Leidenschaftlichkeit, daß mir moderner wie modern dabey zu Sinne wird. Und das ist dem Homer nachgebildet? Nun so erkennen wir ihn doch jetzt viel besser. Ich finde <anchor type="b" n="50" ana="11" xml:id="NidB23017"/>Kotzebue<anchor type="e" n="50" ana="11" xml:id="NidE23017"/> darin ‒ ausgenommen den Respekt vor Arbeit und Kunst, der aus dem Machwerk und der Künstlichkeit hervorleuchtet ‒ Was ist das für ein Gewimmel von unnützen Thun und Treiben und von wahren nordischen Gespenstererscheinungen. Die Beziehung auf Roma ist das beste darin, aber wie unepisch. ‒ Wieder ist mir ein Licht aufgegangen, wie bey alle dem <anchor type="b" n="3189" ana="11" xml:id="NidB23018"/>der Virgil<anchor type="e" n="3189" ana="11" xml:id="NidE23018"/> <anchor type="b" n="35" ana="11" xml:id="NidB23019"/>den Dante<anchor type="e" n="35" ana="11" xml:id="NidE23019"/> veranlaßt hat. Im <anchor type="b" n="1611" ana="11" xml:id="NidB23020"/>Klopstock<anchor type="e" n="1611" ana="11" xml:id="NidE23020"/> ist die Nachbildung sehr stark. Es freute mich, mich eines Winkes von <anchor type="b" n="137" ana="11" xml:id="NidB23021"/>Goethe<anchor type="e" n="137" ana="11" xml:id="NidE23021"/> zu entsinnen, wo er bey Gelegenheit <anchor type="b" n="4347" ana="12" xml:id="NidB23054"/>des Laokoon<anchor type="e" n="4347" ana="12" xml:id="NidE23054"/> die Stelle im Dichter so tief herabwürdigt und alle Vergleichung mit jenem Kunstwerk verbittet.<lb/>Wunderbar, wie an diesen schlechten Virgilius sich wieder das Höchste der wiedererstehenden Kunst knüpfte und aus dem Unreinen Dante hervorging mit seiner Dramatik und Plastik. Aber ganz rein ist doch keine Gattung wieder zum Vorschein gekommen, besonders die epische nicht, höchstens die lyrische (im <anchor type="b" n="36" ana="11" xml:id="NidB23055"/>Petrarca<anchor type="e" n="36" ana="11" xml:id="NidE23055"/>) als die schwächste. Nimm es nicht übel, daß ich Dir bekannte Dinge hererzähle, mir sind sie neu und selbst gefunden.<lb/>Man muß Gott preisen, daß es solche unermüdliche Leute wie <anchor type="b" n="271" ana="11" xml:id="NidB23056"/>Voß<anchor type="e" n="271" ana="11" xml:id="NidE23056"/> in der Welt giebt, die eigends dazu organisirt sind den Homeros und auch den Virgilius zu übersetzen.<lb/>Immer jammerts mich, daß <anchor type="b" n="8" ana="11" xml:id="NidB23022"/>Friedrich<anchor type="e" n="8" ana="11" xml:id="NidE23022"/> statt allem fast, was er seitdem gethan, nicht <anchor type="b" n="1466" ana="12" xml:id="NidB23023"/>die Geschichte der griechischen und römischen Poesie<anchor type="e" n="1466" ana="12" xml:id="NidE23023"/> vollendet hat. Das ist doch seine rechte Bestimmung und ich habe jetzt wieder das Fragment mit Freuden gelesen.<lb/>Leb wohl, ich muß schließen, denn mein Kopf ist so schwer, daß er sich hinzulegen sehnet.', '36_datengeber' => 'Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek', '36_purl' => '370516575', '36_briefid' => '370516575_CSchellinganAWS_0712061801', '36_absenderort' => array( (int) 0 => array( 'ID' => '12', 'content' => 'Jena', 'bemerkung' => 'GND:4028557-1', 'altBegriff' => '', 'LmAdd' => array([maximum depth reached]) ) ), '36_adressatort' => array( (int) 0 => array( 'ID' => '15', 'content' => 'Berlin', 'bemerkung' => 'GND:2004272-3', 'altBegriff' => '', 'LmAdd' => array([maximum depth reached]) ) ), '36_absender' => array( (int) 0 => array( 'ID' => '7212', 'content' => 'Caroline von Schelling', 'bemerkung' => '', 'altBegriff' => 'Schelling, Caroline von', 'LmAdd' => array( [maximum depth reached] ) ) ), '36_adressat' => array( (int) 0 => array( 'ID' => '7125', 'content' => 'August Wilhelm von Schlegel', 'bemerkung' => '', 'altBegriff' => 'Schlegel, August Wilhelm von', 'LmAdd' => array( [maximum depth reached] ) ) ), '36_leitd' => 'Schelling, Caroline von: Briefe aus der Frühromantik. 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[Jena] d. 7ten[‒12.] Jun. [1801].
Aus Deinem Schreiben will erhellen, als ob einige Stellen des meinigen Dir nicht allerdings angenehm gewesen ‒ unterthänigst zu dienen ‒ solches haben mir Dieselben wohl vergolten, denn große Strecken von Dero haben mir eine fast unannehmliche Empfindung verursacht, und wollen solches hiemit kurz abbrechen. Du nimmst meine kleinen Oppositionen gar nicht als wie solche, die in der Gegenwart allein vor sich gehn, sondern addirst stets alle vergangnen hinzu, da wird denn solch ein Ding daraus, aber aus vielen kleinen Unarten wird noch keine große, und ich bin nicht so schlimm, wie Du sagst, besonders nicht so spezifik gegen Dich, es ist eine allgemeine Manier, und sie gereute mich, so wie ich sie gegen Dich geübt hatte, ich ließ sie blos stehn, weil das Ausstreichen verdächtig aussieht, und ich dachte ‒ nun ‒ Du würdest das selbst schon gehörig ausstreichen, welches Du denn auch, nicht sowohl in Gnaden, als vielmehr in Ungnaden gethan hast. Ich kann weiter nichts thun als mir solches mit Anmuth gefallen lassen. Überdieses seh ich die Stärke Deiner Gründe ein, und zweifle auch keineswegs an der Stärke Deiner Mittel überhaupt, denn seit meinem ehemaligen Unglauben haben sich diese, und meine Einsichten zugleich, ins Unendliche vergrößert. Bedenke doch, ich war damals in Sachen der Kunst ja ein ganz unmündig Kind und in der Irre gehendes Lämmlein. Mache, was Du wilst, mein allerholdester Freund, und es wird wohl gemacht seyn. Ich ertheile Dir meine besondre Vergünstigung dazu, und das kann mir ohndas nicht einfallen die Bearbeitung einer griechischen Tragödie fürs Theater für ein verfehltes Unternehmen zu halten, womit Du doch anfangen zu wollen scheinst. Was meine sogenannte spöttische Bemerkung betrift, so schwör ich und betheur es sehr, sie kam mir gar nicht so vor, sondern blos pfiffig, und sie muß sich auf dem Papier anders ausgenommen haben, als wahrscheinlich von meinen Lippen. Was wilst Du nun noch? Aber ich will noch etwas, denn ich bin böse, daß Du mich so gar sehr misverstehst in Absicht Deines Bleibens in Berlin. Wenn ich Dich einlade zu kommen, so ist es wahrhaftig blos ein reines Verlangen nach Deiner Gegenwart, das ich Dir ausdrücke, und nicht gemeynt Dich zu ängstigen. Kannst Du mich denn für so gänzlich verkehrt halten, daß, nachdem Du mir alle äußre Ruhe widergegeben, deren ich noch fähig bin, ich Dich drängen wolle dies und jenes zu thun und Dich an mich zu bannen? Ich bin froh, wenn es Dir irgendwo gefällt, wenn Du irgendwo einen Zweck, der Dir lieb ist, erreichen kannst. Du hast Dir meine Fragen zugezogen, weil Du mir nie gesagt hast, daß Du so spät erst kämest, und ich Dich eigentlich von Woche zu Woche erwartete, indem Du das Kommen selbst nur von Woche zu Woche, und nicht so consequent zu verzögern schienest, wie Du thust. Nun weiß ich es, nun will ich mich auch nicht mehr darum bekümmern. Kommen Sie, wann Sie wollen, Sie werden uns immer zu Hause finden. Bringe nur außer demjenigen, was ich schon bey Dir bestellt habe, den Schleyermacher mit, an dem uns plözlich ein neues Licht und Interesse aufgegangen ist. Schelling wird Dir darüber innerhalb der nächsten sechs Wochen einen Brief schreiben; er sagte zwar, es sollte innerhalb der nächsten 6 Tage geschehn.
d. 10 Jun.
Gewollt hab ich, aber nicht gekonnt am lezten Postag ‒ Mir war nicht wohl schon vorher; nun überfiel es mich so, daß ich die Feder liegen lassen muste, und ich hoffe, Du wirst auch einmal ein wenig betreten nach einen Brief von mir ausgesehn haben.
d. 11 Juni.
Die paar kühleren Tage haben mich wieder aus dem Gleis gebracht. Kilian hat mir übrigens nichts verordnet als ein regelmäßiges dreymaliges Glas Bischoff von frischen Pomeranzen; ich kann nicht anders als dieses als eine mystische geistliche Verordnung ansehn; man kann auf diesem Wege erstlich zum Pabst durch den Bischoff, und durch die Dreyfachheit zum Gotte werden. Ein Bestreben, wohin auch übrigens meine ganze Lebensweise, mein Thun und Nichts thun abzielt. ‒ Luise ist seit einigen Tagen in Weimar bei Ludekus. Mein Zustand hat mich abgehalten gestern hinüber zu fahren, wo Maria Stuart gegeben wurde. Da die Jagemann und Vohs jetzt bittre Feindinnen sind, so müssen sie mit einer ganz treffenden Persönlichkeit, ihre übrige Persönlichkeit dazu gerechnet, diese Rollen spielen. ‒ Goethe ist vorige Woche abgereiset, nachdem er seinen Sohn vorher hat legitimiren lassen, und nur diesen und seinen Geist hat er mitgenommen. Die Weimaraner behaupten, Goethens Finanzen wären in einem sehr schlechten Zustande, und zwar durch die Vulpius, die ihre Unordentlichkeit und ganze Sippschaft mit ihnen nähret. Sie hat am Tage nach G. Abreise ihren Leuten in G. besten Zimmern ein Fest gegeben, dessen Evan Evoe in der ganzen Gegend umher erschollen ist. O das Unkraut, die Weiber! G. ist über Goettingen gegangen und kann auf dem nehmlichen Wege nachher sehr gut Soeder berühren. Ich werde Brabeck einen Wink davon geben lassen. ‒ Noch zeigt sich kein Fr. Tiek. Ist es denn möglich, daß Ludwig den Donquixote noch nicht vollendete, wie es in Buchläden bey der Nachfrage heißt: „Noch nicht fertig“. Warum zieht T. nicht lieber ganz hieher, damit er in einiger Obhut sich befände? In Dresden hat er wieder die herrlichste Gelegenheit zum Müssiggehen.
Mit Friedrich Bohn hatte ich wirklich schon der Länge nach von Unger gesprochen, wie Dein Brief kam. Er sieht alles ein und zweifelt keinen Augenblick an dem unmittelbarsten Einfluß von Vieweg und der Unger. Doch stellt er sichs nicht anders vor, als daß ihr wieder überein kommt, und es kann auch nicht anders nach allen Spuren seyn, Unger muß sich dahin geäußert haben. Daß es mit dem Shakespear nicht ginge, habe Unger bis dahin nie merken lassen, und der erste Beginn eurer Händel bewiese ja auch eben das Gegentheil. Ich konnte gegen Bohn doch nichts thun als ihn in den rechten Gesichtspunkt stellen. Denn ich habe eine dergleichen Epistel, wie ich sie Dir beschrieb, an die Vieweg ergehn lassen, worinn ich zulezt leichthin sage, wenn Vieweg den vielen chemischen Plunder nicht hätte, so sollte er den Shak. nehmen, denn die Unternehmung wär doch so solid wie die Bibel oder Vossens Homer und nicht so theuer wie der lezte. ‒ Da nun Bohn Vieweg spricht bey der Durchreise, so muste ich es sehr vermeiden Bohn den leisesten Antrag zu machen. ‒ Es ist sehr wahrscheinlich, daß Vieweg und die Unger Ungers Advokaten instruiren, nicht er selber, und diese es nun, einmal unternommen, gern aufs Äußerste trieben. Was Cottas Mittleramt betrift, so thut die Entfernung nicht viel dazu. Mit Einem laconischen Briefe könte die Hauptsache gethan werden. Eile ist nicht vonnöthen, da durch die spätere Erscheinung des 8ten Bandes jede Pause vor dem weiteren Publikum gedeckt ist. Aber leider hängt jetzt allzu viel an der Entscheidung des Processes, und wer kann den Richtern trauen! Man muß in alle Wege ganz unerschütterlich bleiben, sonst behielte die Rahtmama Campe doch Recht, daß einen die Feinde bis zu einem beschwerlichen Mismuth herunter quälen könnten, indem alles solches freylich ihr mittelbares Gewebe ist ‒ und dafür schüzen uns die Götter! Mag es den Hunden immer wohlgehn, ich glaube an ein geistlich ewig Theil.
Und zudem wird es auch äußerlich schon wieder anders werden. Wir wollen nur eine Weile still sitzen und es abwarten. Ich lese derweil Platon vom Gerechten. Ein gewisser Wolf hat ihn neu übersetzt. (Ein gewisser ‒ von dem rechten könnte nur ein Narr so sprechen.) Sage mir, wann wird der Schleyermacher-Friedrichsche Plato erscheinen? Ich sehne mich danach.
Hast Du Dir schon etwas vom Euripides ausgewählt? Die Phädra müste der Meyer sehr glücken können. Ihr thätet wohl, diese Frau noch zu einer lebendigen Plastik und redelosen Mimik auszubilden. Wer könnte es ihr wehren oeffentlich solche Vorstellungen zu geben? Und diese Natur erreichte mit eurer Hülfe noch ihre eigentliche Bestimmung, ehe denn sie zu Grund ginge.
Lieber Freund, ich habe Dir auch eine kleine Dilettantin zuzuführen. Ich bin Cécilen auf die Spur gekommen, daß sie innerlich ziemlich geschäftig ist, und schicke Dir hier einige Sachen, von denen sie noch nicht weiß, daß ich sie habe. Sie hat vermuthlich ganze Vorräthe. Es ist hier allerdings väterliches Talent, das sich, mit mehr Seele vereinigt, vielleicht würde rühmen können besser zu seyn als unsre Väter. Aber ich wäre dafür es noch in der Stille gewähren zu lassen. Man muß strenge mit der hofnungsvollen Jugend verfahren und den facilen Aufmunterungen das Gegengewicht halten. Meyer hat über sie geäußert, daß er ihr rathen würde sich dem Kupferstechen zu widmen ‒ er hat die Idee mit Tischbein besonders gemisbilligt, der gar kein Künstler sey usw. Du kennst das, allein ich will doch ordentlich mit ihm über sie sprechen, wenn wir vielleicht Luise von Weimar abholen. Julchen nimmt sich recht gut; ich wünschte nur, ihr zuweilen eine kleine Zerstreuung verschaffen zu können, an die hier jetzt fast gar nicht zu denken ist. Mädchen von ihrem Alter giebt es gar nicht. Demohngeachtet scheint sie sehr gern hier zu seyn und es blickt oft eine recht hübsche Theilnehmung an unsern weisen Gesprächen bey ihr durch, besonders wenn Schelling auf Spaziergängen in Offenbarungen geräth, ZB. ‒ daß ich des gestrigen erwähne ‒ erklärt, warum die Natur den Vögeln, die in metallischen Farben brennen, die Stimme und den andern die Schönheit versagt hat. Sie verspricht sich auch nicht wenig davon, wenn Du kommen und ihr die Cour machen wirst.
Auf die Anfrage beyliegendes Zettelchens hab ich beygeschriebne Antwort erhalten. Bald drauf schickte Friedrich noch einen Korb voll Bücher, worauf ich bemerkte: mit den Volksmährchen verhielte es sich so, daß Du die Erstattung in natura wünschtest und ich ihn nur habe errinren wollen. Dieses in natura ist sehr buchstäblich genommen worden, denn er hat Philipps Exemplar geschickt, Du kanst denken, in welchem Zustand. Indessen besser das als keines. Die Bücher sollen sie wenigstens alle hergeben, da ich so vieler andren Dinge Nachfrage unterdrücken muß, um mich in keinen niedrigen Streit zu verwickeln. Bücher sind ewig, die kann man wiederfordern, aber Bettücher nicht.
–––––
Gestern begegneten wir auf einem kurzem Spaziergange, den ich mit Schelling und Julchen unternahm, Hufeland und Schütz zusammen. Das hättest Du sehn sollen, wie sich die Literatur an die Seite schob. Ich habe Hufeland noch nicht gesprochen. Sie war doch etwas beklommen bey mir; es ist möglich, daß sie mich aus Beklommenheit nicht eigends einlud sie nun auch zu besuchen, was ich abwarten wollte. Indeß wenn ich im Stande bin, geh ich doch wohl noch hin, ehe sie mit der Niethammer nach Liebenstein reiset, denn die überflüssigen Spannungen hab ich nicht Willens fortzuspinnen.
d. 12 Jun.
Ich habe obbemeldeten Vorsaz gestern gleich noch ausgeführt, da sie Morgen reiset, und ließ es sagen, worauf sie mich denn bestens empfieng, aber ihr Gemahl erschien nicht, als nicht zu Hause seyend. Gries sagt aus, daß Bothe, der sich in Erfurt aufhält, jetzt alle belletristischen Recensionen der ALZ. bestreitet; wenn er es nicht als Facktum von Hufeland gehört hätte, so würde ich daran zweifeln, weil in der Gigantomachie Briareus doch ebenfals paradirt und Bothes Übersetzungen aus dem Griechischen kürzlich billigermaßen getadelt wurden. Das Einschicken Deiner Erklärung, die mir indeß doch mehr eine locale Maasregel für Berlin als eine algemeine zu seyn scheint, hat Schelling besorgt und wenigstens nicht die Antwort erhalten, daß sie sie nicht einrücken wollten.
Da Schelling sicher heut wieder nicht zum Schreiben komt, so will ich nur sagen, daß er erst jetzt die Reden über die Religion, die er damals nur flüchtig angesehn hat, ließt, daß sie ihn vielleicht mehr wie Einen von euch festfassen (doch ist er noch nicht an der lezten) und er sie als etwas durch und durch Gebildetes und Vollendetes betrachtet bis zum Entzücken daran, aber ich will ihm weiter nichts vorweg nehmen, da er selbst schreiben will. Siehe doch zu, ob Du noch eines Velin Exemplares für ihn habhaft werden kannst, er will sie sich kaufen. Könnte denn der Schleiermacher nicht wirklich ein bischen mit Dir herkommen? Lade ihn auch von Meinetwegen ein ‒ wenn er nicht hieher komt, so wird aus unsrer Bekantschaft nichts, denn schwerlich wird das Brandenburger Thor mein Antliz schauen. Das Heft mit der Identität gedenk ich Dir eben nicht zu schicken, denn obgleich eine griechische Tragödie mit der Identität sehr identisch ist, so will ich Dich doch an die Tragödie als eine einzelne Totalität verwiesen haben. Besitzt denn Schleiermacher diese Hefte nicht? Wie kann ich auch wissen, wann Dir Friedrich die Charakteristiken schickt! Kurz, daraus wird nichts. Wegen des Fränkischen Lustgärtleins will ich Sorge tragen, es wäre schon geschehn, wenn ich nicht auf eine Antwort von Marcus gewartet hätte, die aber nicht kommt. Sollte sie die Paulus aufgefangen haben? Apropos, wohin reiset denn Friedrich? Etwa auch nach dem Frankenlande, mit dem Schneider? (Das ist unsre Chiffre für Paulus. Frommans heißen die Semmeley, weil die Kinder aussehn wie Semmeln, denen man Nase und Augen und Mund aufgemahlt hat, und alles dort wie mit Semmeln gestopft.) Hiebey wäre ich fast neugierig zu wissen, wie Friedrich es möglich macht zu reisen, aus eigner Machtsvollkommenheit einmal nicht. Denn vor ein paar Tagen ist noch Gabler zu Schelling gekommen zusammt einer Correspondenz, die er mit Friedrich führt, von der sich Schelling indessen die Lektüre verbat. Er will das Geld wiederhaben, das er Friedrich vorgeschossen, weil aus dem Buch nichts wird vor der Hand; 50 rh. hat ihm Friedrich wirklich schon wieder gegeben, wegen des übrigen, noch an 100 rh., wolte ihn Gabler verklagen und Schadloshaltung, nemlich Interressen, haben. Schelling hat ihm das denn wiederrathen um der Philosophie ein Ärgerniß zu ersparen. Das Schlimme ist, daß Friedrich dem Gabler just im voraus hat abgelockt, was er Schelling längst hintennach schuldig ist. ‒ In dieser Weise erschien auch Hr. Zapf und wollte mich wegen Weines anzapfen, den Du nicht getrunken hast; ich schickte ihn mit der vorgefundnen Note zu Friedrich und er ist denn auch nicht wiedergekommen. 10 rh. für Holz von 1800 habe ich bezahlen müssen. 4 Louisdʼor für Succow waren nach unsrer hiesigen Meinung hinreichend, so wie 12 für Hufeland. Es ist mir lieb, daß Philipp Dir noch das Geld assignirt hat. Ich habe noch nichts wieder von dorther vernommen.
Hast Du den Fischer von Hirschfeld nicht in Berlin gesehn. Brinkmann werdet Ihr nun bald wieder besitzen.
–––––
Lieber Schlegel, ich sitze an Deinem Schreibtisch, weil unten rein gemacht wird, es ist aber so kühl, daß mir die Hand steif ist. So war es vor dem Jahr auch. Es ist heute Fronleichnamstag.
Wie viel an der Witterung eines Jahres hängt ‒ bis alles gleichgültig geworden ist.
Fast möchte ich Dir den Brief schicken, der von der Reise dieses Tages erzählt, denn da liegt ja das offne Paket mit meinen und ihren Briefen vor mir. Gestalte es zum Gedicht in Deiner Seele, wie wir auf dem Blumenbestreueten Wege in den Tod gingen. Gedenke des Hügels am Mayn mit den drey Bildern von weißen Stein und den Unterschriften, die höchste Liebe, der höchste Schmerz, das höchste Mitleid ‒ Gedenke der schwerdtdurchbohrten Mutter, dieses ist das Fest vom Tode ihres einzigen Lieblings. Aber auch sie bleibt nicht auf Erden, und ist schon nicht mehr auf Erden, auch sie nimmt der Himmel auf.
Wenn Du einmal gesammelt bist, dann öffne den Brief, den ich wirklich will beylegen, und dichte einmal wieder und trachte nach dem Kinde und für die Mutter.
Wir thun das Mögliche um uns aufrecht zu erhalten, und Schelling ist gut, er stärkt meine Seele in diesem Kampf und stellt mich auf den höchsten Punkt des Seyns, selbst körperlich bis in die Gruft gebeugt.
–––––
Ich will noch von fremden Dingen mit Dir sprechen um mir einen Übergang zur Ruhe zu bahnen, von einem Eindruck, den ich kürzlich empfangen habe. Unter den zurück erhaltnen Büchern befand sich Vossens Äneis, und zum erstenmal hab ich denn eine Idee von diesem Werk bekommen, über die ich ganz erstaunen mußte. Niemals habe ich es mir so schlecht denken können. Erstlich dünkt es mich ganz und gar nicht episch ‒ es ist nirgends ein heitres Verweilen, sondern eine solche Rastlosigkeit und Leidenschaftlichkeit, daß mir moderner wie modern dabey zu Sinne wird. Und das ist dem Homer nachgebildet? Nun so erkennen wir ihn doch jetzt viel besser. Ich finde Kotzebue darin ‒ ausgenommen den Respekt vor Arbeit und Kunst, der aus dem Machwerk und der Künstlichkeit hervorleuchtet ‒ Was ist das für ein Gewimmel von unnützen Thun und Treiben und von wahren nordischen Gespenstererscheinungen. Die Beziehung auf Roma ist das beste darin, aber wie unepisch. ‒ Wieder ist mir ein Licht aufgegangen, wie bey alle dem der Virgil den Dante veranlaßt hat. Im Klopstock ist die Nachbildung sehr stark. Es freute mich, mich eines Winkes von Goethe zu entsinnen, wo er bey Gelegenheit des Laokoon die Stelle im Dichter so tief herabwürdigt und alle Vergleichung mit jenem Kunstwerk verbittet.
Wunderbar, wie an diesen schlechten Virgilius sich wieder das Höchste der wiedererstehenden Kunst knüpfte und aus dem Unreinen Dante hervorging mit seiner Dramatik und Plastik. Aber ganz rein ist doch keine Gattung wieder zum Vorschein gekommen, besonders die epische nicht, höchstens die lyrische (im Petrarca) als die schwächste. Nimm es nicht übel, daß ich Dir bekannte Dinge hererzähle, mir sind sie neu und selbst gefunden.
Man muß Gott preisen, daß es solche unermüdliche Leute wie Voß in der Welt giebt, die eigends dazu organisirt sind den Homeros und auch den Virgilius zu übersetzen.
Immer jammerts mich, daß Friedrich statt allem fast, was er seitdem gethan, nicht die Geschichte der griechischen und römischen Poesie vollendet hat. Das ist doch seine rechte Bestimmung und ich habe jetzt wieder das Fragment mit Freuden gelesen.
Leb wohl, ich muß schließen, denn mein Kopf ist so schwer, daß er sich hinzulegen sehnet.
Aus Deinem Schreiben will erhellen, als ob einige Stellen des meinigen Dir nicht allerdings angenehm gewesen ‒ unterthänigst zu dienen ‒ solches haben mir Dieselben wohl vergolten, denn große Strecken von Dero haben mir eine fast unannehmliche Empfindung verursacht, und wollen solches hiemit kurz abbrechen. Du nimmst meine kleinen Oppositionen gar nicht als wie solche, die in der Gegenwart allein vor sich gehn, sondern addirst stets alle vergangnen hinzu, da wird denn solch ein Ding daraus, aber aus vielen kleinen Unarten wird noch keine große, und ich bin nicht so schlimm, wie Du sagst, besonders nicht so spezifik gegen Dich, es ist eine allgemeine Manier, und sie gereute mich, so wie ich sie gegen Dich geübt hatte, ich ließ sie blos stehn, weil das Ausstreichen verdächtig aussieht, und ich dachte ‒ nun ‒ Du würdest das selbst schon gehörig ausstreichen, welches Du denn auch, nicht sowohl in Gnaden, als vielmehr in Ungnaden gethan hast. Ich kann weiter nichts thun als mir solches mit Anmuth gefallen lassen. Überdieses seh ich die Stärke Deiner Gründe ein, und zweifle auch keineswegs an der Stärke Deiner Mittel überhaupt, denn seit meinem ehemaligen Unglauben haben sich diese, und meine Einsichten zugleich, ins Unendliche vergrößert. Bedenke doch, ich war damals in Sachen der Kunst ja ein ganz unmündig Kind und in der Irre gehendes Lämmlein. Mache, was Du wilst, mein allerholdester Freund, und es wird wohl gemacht seyn. Ich ertheile Dir meine besondre Vergünstigung dazu, und das kann mir ohndas nicht einfallen die Bearbeitung einer griechischen Tragödie fürs Theater für ein verfehltes Unternehmen zu halten, womit Du doch anfangen zu wollen scheinst. Was meine sogenannte spöttische Bemerkung betrift, so schwör ich und betheur es sehr, sie kam mir gar nicht so vor, sondern blos pfiffig, und sie muß sich auf dem Papier anders ausgenommen haben, als wahrscheinlich von meinen Lippen. Was wilst Du nun noch? Aber ich will noch etwas, denn ich bin böse, daß Du mich so gar sehr misverstehst in Absicht Deines Bleibens in Berlin. Wenn ich Dich einlade zu kommen, so ist es wahrhaftig blos ein reines Verlangen nach Deiner Gegenwart, das ich Dir ausdrücke, und nicht gemeynt Dich zu ängstigen. Kannst Du mich denn für so gänzlich verkehrt halten, daß, nachdem Du mir alle äußre Ruhe widergegeben, deren ich noch fähig bin, ich Dich drängen wolle dies und jenes zu thun und Dich an mich zu bannen? Ich bin froh, wenn es Dir irgendwo gefällt, wenn Du irgendwo einen Zweck, der Dir lieb ist, erreichen kannst. Du hast Dir meine Fragen zugezogen, weil Du mir nie gesagt hast, daß Du so spät erst kämest, und ich Dich eigentlich von Woche zu Woche erwartete, indem Du das Kommen selbst nur von Woche zu Woche, und nicht so consequent zu verzögern schienest, wie Du thust. Nun weiß ich es, nun will ich mich auch nicht mehr darum bekümmern. Kommen Sie, wann Sie wollen, Sie werden uns immer zu Hause finden. Bringe nur außer demjenigen, was ich schon bey Dir bestellt habe, den Schleyermacher mit, an dem uns plözlich ein neues Licht und Interesse aufgegangen ist. Schelling wird Dir darüber innerhalb der nächsten sechs Wochen einen Brief schreiben; er sagte zwar, es sollte innerhalb der nächsten 6 Tage geschehn.
d. 10 Jun.
Gewollt hab ich, aber nicht gekonnt am lezten Postag ‒ Mir war nicht wohl schon vorher; nun überfiel es mich so, daß ich die Feder liegen lassen muste, und ich hoffe, Du wirst auch einmal ein wenig betreten nach einen Brief von mir ausgesehn haben.
d. 11 Juni.
Die paar kühleren Tage haben mich wieder aus dem Gleis gebracht. Kilian hat mir übrigens nichts verordnet als ein regelmäßiges dreymaliges Glas Bischoff von frischen Pomeranzen; ich kann nicht anders als dieses als eine mystische geistliche Verordnung ansehn; man kann auf diesem Wege erstlich zum Pabst durch den Bischoff, und durch die Dreyfachheit zum Gotte werden. Ein Bestreben, wohin auch übrigens meine ganze Lebensweise, mein Thun und Nichts thun abzielt. ‒ Luise ist seit einigen Tagen in Weimar bei Ludekus. Mein Zustand hat mich abgehalten gestern hinüber zu fahren, wo Maria Stuart gegeben wurde. Da die Jagemann und Vohs jetzt bittre Feindinnen sind, so müssen sie mit einer ganz treffenden Persönlichkeit, ihre übrige Persönlichkeit dazu gerechnet, diese Rollen spielen. ‒ Goethe ist vorige Woche abgereiset, nachdem er seinen Sohn vorher hat legitimiren lassen, und nur diesen und seinen Geist hat er mitgenommen. Die Weimaraner behaupten, Goethens Finanzen wären in einem sehr schlechten Zustande, und zwar durch die Vulpius, die ihre Unordentlichkeit und ganze Sippschaft mit ihnen nähret. Sie hat am Tage nach G. Abreise ihren Leuten in G. besten Zimmern ein Fest gegeben, dessen Evan Evoe in der ganzen Gegend umher erschollen ist. O das Unkraut, die Weiber! G. ist über Goettingen gegangen und kann auf dem nehmlichen Wege nachher sehr gut Soeder berühren. Ich werde Brabeck einen Wink davon geben lassen. ‒ Noch zeigt sich kein Fr. Tiek. Ist es denn möglich, daß Ludwig den Donquixote noch nicht vollendete, wie es in Buchläden bey der Nachfrage heißt: „Noch nicht fertig“. Warum zieht T. nicht lieber ganz hieher, damit er in einiger Obhut sich befände? In Dresden hat er wieder die herrlichste Gelegenheit zum Müssiggehen.
Mit Friedrich Bohn hatte ich wirklich schon der Länge nach von Unger gesprochen, wie Dein Brief kam. Er sieht alles ein und zweifelt keinen Augenblick an dem unmittelbarsten Einfluß von Vieweg und der Unger. Doch stellt er sichs nicht anders vor, als daß ihr wieder überein kommt, und es kann auch nicht anders nach allen Spuren seyn, Unger muß sich dahin geäußert haben. Daß es mit dem Shakespear nicht ginge, habe Unger bis dahin nie merken lassen, und der erste Beginn eurer Händel bewiese ja auch eben das Gegentheil. Ich konnte gegen Bohn doch nichts thun als ihn in den rechten Gesichtspunkt stellen. Denn ich habe eine dergleichen Epistel, wie ich sie Dir beschrieb, an die Vieweg ergehn lassen, worinn ich zulezt leichthin sage, wenn Vieweg den vielen chemischen Plunder nicht hätte, so sollte er den Shak. nehmen, denn die Unternehmung wär doch so solid wie die Bibel oder Vossens Homer und nicht so theuer wie der lezte. ‒ Da nun Bohn Vieweg spricht bey der Durchreise, so muste ich es sehr vermeiden Bohn den leisesten Antrag zu machen. ‒ Es ist sehr wahrscheinlich, daß Vieweg und die Unger Ungers Advokaten instruiren, nicht er selber, und diese es nun, einmal unternommen, gern aufs Äußerste trieben. Was Cottas Mittleramt betrift, so thut die Entfernung nicht viel dazu. Mit Einem laconischen Briefe könte die Hauptsache gethan werden. Eile ist nicht vonnöthen, da durch die spätere Erscheinung des 8ten Bandes jede Pause vor dem weiteren Publikum gedeckt ist. Aber leider hängt jetzt allzu viel an der Entscheidung des Processes, und wer kann den Richtern trauen! Man muß in alle Wege ganz unerschütterlich bleiben, sonst behielte die Rahtmama Campe doch Recht, daß einen die Feinde bis zu einem beschwerlichen Mismuth herunter quälen könnten, indem alles solches freylich ihr mittelbares Gewebe ist ‒ und dafür schüzen uns die Götter! Mag es den Hunden immer wohlgehn, ich glaube an ein geistlich ewig Theil.
Und zudem wird es auch äußerlich schon wieder anders werden. Wir wollen nur eine Weile still sitzen und es abwarten. Ich lese derweil Platon vom Gerechten. Ein gewisser Wolf hat ihn neu übersetzt. (Ein gewisser ‒ von dem rechten könnte nur ein Narr so sprechen.) Sage mir, wann wird der Schleyermacher-Friedrichsche Plato erscheinen? Ich sehne mich danach.
Hast Du Dir schon etwas vom Euripides ausgewählt? Die Phädra müste der Meyer sehr glücken können. Ihr thätet wohl, diese Frau noch zu einer lebendigen Plastik und redelosen Mimik auszubilden. Wer könnte es ihr wehren oeffentlich solche Vorstellungen zu geben? Und diese Natur erreichte mit eurer Hülfe noch ihre eigentliche Bestimmung, ehe denn sie zu Grund ginge.
Lieber Freund, ich habe Dir auch eine kleine Dilettantin zuzuführen. Ich bin Cécilen auf die Spur gekommen, daß sie innerlich ziemlich geschäftig ist, und schicke Dir hier einige Sachen, von denen sie noch nicht weiß, daß ich sie habe. Sie hat vermuthlich ganze Vorräthe. Es ist hier allerdings väterliches Talent, das sich, mit mehr Seele vereinigt, vielleicht würde rühmen können besser zu seyn als unsre Väter. Aber ich wäre dafür es noch in der Stille gewähren zu lassen. Man muß strenge mit der hofnungsvollen Jugend verfahren und den facilen Aufmunterungen das Gegengewicht halten. Meyer hat über sie geäußert, daß er ihr rathen würde sich dem Kupferstechen zu widmen ‒ er hat die Idee mit Tischbein besonders gemisbilligt, der gar kein Künstler sey usw. Du kennst das, allein ich will doch ordentlich mit ihm über sie sprechen, wenn wir vielleicht Luise von Weimar abholen. Julchen nimmt sich recht gut; ich wünschte nur, ihr zuweilen eine kleine Zerstreuung verschaffen zu können, an die hier jetzt fast gar nicht zu denken ist. Mädchen von ihrem Alter giebt es gar nicht. Demohngeachtet scheint sie sehr gern hier zu seyn und es blickt oft eine recht hübsche Theilnehmung an unsern weisen Gesprächen bey ihr durch, besonders wenn Schelling auf Spaziergängen in Offenbarungen geräth, ZB. ‒ daß ich des gestrigen erwähne ‒ erklärt, warum die Natur den Vögeln, die in metallischen Farben brennen, die Stimme und den andern die Schönheit versagt hat. Sie verspricht sich auch nicht wenig davon, wenn Du kommen und ihr die Cour machen wirst.
Auf die Anfrage beyliegendes Zettelchens hab ich beygeschriebne Antwort erhalten. Bald drauf schickte Friedrich noch einen Korb voll Bücher, worauf ich bemerkte: mit den Volksmährchen verhielte es sich so, daß Du die Erstattung in natura wünschtest und ich ihn nur habe errinren wollen. Dieses in natura ist sehr buchstäblich genommen worden, denn er hat Philipps Exemplar geschickt, Du kanst denken, in welchem Zustand. Indessen besser das als keines. Die Bücher sollen sie wenigstens alle hergeben, da ich so vieler andren Dinge Nachfrage unterdrücken muß, um mich in keinen niedrigen Streit zu verwickeln. Bücher sind ewig, die kann man wiederfordern, aber Bettücher nicht.
–––––
Gestern begegneten wir auf einem kurzem Spaziergange, den ich mit Schelling und Julchen unternahm, Hufeland und Schütz zusammen. Das hättest Du sehn sollen, wie sich die Literatur an die Seite schob. Ich habe Hufeland noch nicht gesprochen. Sie war doch etwas beklommen bey mir; es ist möglich, daß sie mich aus Beklommenheit nicht eigends einlud sie nun auch zu besuchen, was ich abwarten wollte. Indeß wenn ich im Stande bin, geh ich doch wohl noch hin, ehe sie mit der Niethammer nach Liebenstein reiset, denn die überflüssigen Spannungen hab ich nicht Willens fortzuspinnen.
d. 12 Jun.
Ich habe obbemeldeten Vorsaz gestern gleich noch ausgeführt, da sie Morgen reiset, und ließ es sagen, worauf sie mich denn bestens empfieng, aber ihr Gemahl erschien nicht, als nicht zu Hause seyend. Gries sagt aus, daß Bothe, der sich in Erfurt aufhält, jetzt alle belletristischen Recensionen der ALZ. bestreitet; wenn er es nicht als Facktum von Hufeland gehört hätte, so würde ich daran zweifeln, weil in der Gigantomachie Briareus doch ebenfals paradirt und Bothes Übersetzungen aus dem Griechischen kürzlich billigermaßen getadelt wurden. Das Einschicken Deiner Erklärung, die mir indeß doch mehr eine locale Maasregel für Berlin als eine algemeine zu seyn scheint, hat Schelling besorgt und wenigstens nicht die Antwort erhalten, daß sie sie nicht einrücken wollten.
Da Schelling sicher heut wieder nicht zum Schreiben komt, so will ich nur sagen, daß er erst jetzt die Reden über die Religion, die er damals nur flüchtig angesehn hat, ließt, daß sie ihn vielleicht mehr wie Einen von euch festfassen (doch ist er noch nicht an der lezten) und er sie als etwas durch und durch Gebildetes und Vollendetes betrachtet bis zum Entzücken daran, aber ich will ihm weiter nichts vorweg nehmen, da er selbst schreiben will. Siehe doch zu, ob Du noch eines Velin Exemplares für ihn habhaft werden kannst, er will sie sich kaufen. Könnte denn der Schleiermacher nicht wirklich ein bischen mit Dir herkommen? Lade ihn auch von Meinetwegen ein ‒ wenn er nicht hieher komt, so wird aus unsrer Bekantschaft nichts, denn schwerlich wird das Brandenburger Thor mein Antliz schauen. Das Heft mit der Identität gedenk ich Dir eben nicht zu schicken, denn obgleich eine griechische Tragödie mit der Identität sehr identisch ist, so will ich Dich doch an die Tragödie als eine einzelne Totalität verwiesen haben. Besitzt denn Schleiermacher diese Hefte nicht? Wie kann ich auch wissen, wann Dir Friedrich die Charakteristiken schickt! Kurz, daraus wird nichts. Wegen des Fränkischen Lustgärtleins will ich Sorge tragen, es wäre schon geschehn, wenn ich nicht auf eine Antwort von Marcus gewartet hätte, die aber nicht kommt. Sollte sie die Paulus aufgefangen haben? Apropos, wohin reiset denn Friedrich? Etwa auch nach dem Frankenlande, mit dem Schneider? (Das ist unsre Chiffre für Paulus. Frommans heißen die Semmeley, weil die Kinder aussehn wie Semmeln, denen man Nase und Augen und Mund aufgemahlt hat, und alles dort wie mit Semmeln gestopft.) Hiebey wäre ich fast neugierig zu wissen, wie Friedrich es möglich macht zu reisen, aus eigner Machtsvollkommenheit einmal nicht. Denn vor ein paar Tagen ist noch Gabler zu Schelling gekommen zusammt einer Correspondenz, die er mit Friedrich führt, von der sich Schelling indessen die Lektüre verbat. Er will das Geld wiederhaben, das er Friedrich vorgeschossen, weil aus dem Buch nichts wird vor der Hand; 50 rh. hat ihm Friedrich wirklich schon wieder gegeben, wegen des übrigen, noch an 100 rh., wolte ihn Gabler verklagen und Schadloshaltung, nemlich Interressen, haben. Schelling hat ihm das denn wiederrathen um der Philosophie ein Ärgerniß zu ersparen. Das Schlimme ist, daß Friedrich dem Gabler just im voraus hat abgelockt, was er Schelling längst hintennach schuldig ist. ‒ In dieser Weise erschien auch Hr. Zapf und wollte mich wegen Weines anzapfen, den Du nicht getrunken hast; ich schickte ihn mit der vorgefundnen Note zu Friedrich und er ist denn auch nicht wiedergekommen. 10 rh. für Holz von 1800 habe ich bezahlen müssen. 4 Louisdʼor für Succow waren nach unsrer hiesigen Meinung hinreichend, so wie 12 für Hufeland. Es ist mir lieb, daß Philipp Dir noch das Geld assignirt hat. Ich habe noch nichts wieder von dorther vernommen.
Hast Du den Fischer von Hirschfeld nicht in Berlin gesehn. Brinkmann werdet Ihr nun bald wieder besitzen.
–––––
Lieber Schlegel, ich sitze an Deinem Schreibtisch, weil unten rein gemacht wird, es ist aber so kühl, daß mir die Hand steif ist. So war es vor dem Jahr auch. Es ist heute Fronleichnamstag.
Wie viel an der Witterung eines Jahres hängt ‒ bis alles gleichgültig geworden ist.
Fast möchte ich Dir den Brief schicken, der von der Reise dieses Tages erzählt, denn da liegt ja das offne Paket mit meinen und ihren Briefen vor mir. Gestalte es zum Gedicht in Deiner Seele, wie wir auf dem Blumenbestreueten Wege in den Tod gingen. Gedenke des Hügels am Mayn mit den drey Bildern von weißen Stein und den Unterschriften, die höchste Liebe, der höchste Schmerz, das höchste Mitleid ‒ Gedenke der schwerdtdurchbohrten Mutter, dieses ist das Fest vom Tode ihres einzigen Lieblings. Aber auch sie bleibt nicht auf Erden, und ist schon nicht mehr auf Erden, auch sie nimmt der Himmel auf.
Wenn Du einmal gesammelt bist, dann öffne den Brief, den ich wirklich will beylegen, und dichte einmal wieder und trachte nach dem Kinde und für die Mutter.
Wir thun das Mögliche um uns aufrecht zu erhalten, und Schelling ist gut, er stärkt meine Seele in diesem Kampf und stellt mich auf den höchsten Punkt des Seyns, selbst körperlich bis in die Gruft gebeugt.
–––––
Ich will noch von fremden Dingen mit Dir sprechen um mir einen Übergang zur Ruhe zu bahnen, von einem Eindruck, den ich kürzlich empfangen habe. Unter den zurück erhaltnen Büchern befand sich Vossens Äneis, und zum erstenmal hab ich denn eine Idee von diesem Werk bekommen, über die ich ganz erstaunen mußte. Niemals habe ich es mir so schlecht denken können. Erstlich dünkt es mich ganz und gar nicht episch ‒ es ist nirgends ein heitres Verweilen, sondern eine solche Rastlosigkeit und Leidenschaftlichkeit, daß mir moderner wie modern dabey zu Sinne wird. Und das ist dem Homer nachgebildet? Nun so erkennen wir ihn doch jetzt viel besser. Ich finde Kotzebue darin ‒ ausgenommen den Respekt vor Arbeit und Kunst, der aus dem Machwerk und der Künstlichkeit hervorleuchtet ‒ Was ist das für ein Gewimmel von unnützen Thun und Treiben und von wahren nordischen Gespenstererscheinungen. Die Beziehung auf Roma ist das beste darin, aber wie unepisch. ‒ Wieder ist mir ein Licht aufgegangen, wie bey alle dem der Virgil den Dante veranlaßt hat. Im Klopstock ist die Nachbildung sehr stark. Es freute mich, mich eines Winkes von Goethe zu entsinnen, wo er bey Gelegenheit des Laokoon die Stelle im Dichter so tief herabwürdigt und alle Vergleichung mit jenem Kunstwerk verbittet.
Wunderbar, wie an diesen schlechten Virgilius sich wieder das Höchste der wiedererstehenden Kunst knüpfte und aus dem Unreinen Dante hervorging mit seiner Dramatik und Plastik. Aber ganz rein ist doch keine Gattung wieder zum Vorschein gekommen, besonders die epische nicht, höchstens die lyrische (im Petrarca) als die schwächste. Nimm es nicht übel, daß ich Dir bekannte Dinge hererzähle, mir sind sie neu und selbst gefunden.
Man muß Gott preisen, daß es solche unermüdliche Leute wie Voß in der Welt giebt, die eigends dazu organisirt sind den Homeros und auch den Virgilius zu übersetzen.
Immer jammerts mich, daß Friedrich statt allem fast, was er seitdem gethan, nicht die Geschichte der griechischen und römischen Poesie vollendet hat. Das ist doch seine rechte Bestimmung und ich habe jetzt wieder das Fragment mit Freuden gelesen.
Leb wohl, ich muß schließen, denn mein Kopf ist so schwer, daß er sich hinzulegen sehnet.