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April 1811.<br>Ich beantworte Ihren werthen Brief vom 19. März, mit umgehender Post mein theurer Freund; könnte ich, so wie ich <span class="underline-1 ">wollte</span> <span class="underline-1 ">und wünschte</span> Sie vernähmen ein Sonores <span class="underline-1 ">ja</span>! Ach mein Freund, ich bin in einer unangenehmen Lage; welche Alternation! an sich selbst, oder an seinen Freund Treu loß sein zu müssen! In der That mein Freund, dies ist mein Fall. Begnügen Sie sich, diesmal mir, ungefragt eine Bitte zu gewähren; um <span class="index-67 tp-41321 ">Ihres verstorbnen Freundes Unger</span>, und um unsres so vieljähriges Verhältniß Willen, gewähren sie mir. Ich kann mich jezt, besondrer Verhältnisse wegen, nicht erklären; erst nach <span class="index-6043 tp-41323 ">der </span><span class="index-6043 tp-41323 index-22 tp-41322 ">Leipziger</span><span class="index-6043 tp-41323 "> Jubilate Messe</span> vermag ichs. Wollen Sie so lange warten? Vieleicht kann ich Ihnen früher noch, ein zustimmendes ja schicken. Aber, früher vermag ichs nicht. Gewiß, ist Ihre Lage nicht so dringend, daß es Ihnen auf diese kurze Zeit ankäme: mir aber liegt viel sehr viel daran. Ich bin so stolz, Ihre Verlegerin zu sein, so lange es dem Himmel noch gefällt, mich in dieser Pein einzuklemmen. Lassen Sie nicht zu, daß ich ein Gespötte der Litterarischen Troßbuben werde, und daß sie ein Jubilirens über mich erheben: schon machen sich alle, die mit an den <span class="index-4 tp-41324 ">Shakespear</span> zerren und züglen sehr laut; und freuen sich, mir den Rang abgelaufen zu haben. Auch <span class="index-48 tp-41325 ">Tieck</span> hat sich aufgemacht, und <span class="index-2047 tp-41343 ">Stücke der alten englischen Bühne</span> bei <span class="index-5926 tp-41326 family-courier ">Reimer</span> zu Tage gefördert. Unter andern, <span class="index-2046 tp-41329 index-5621 tp-41328 ">den schon von </span><span class="index-2046 tp-41329 index-5621 tp-41328 index-766 tp-41327 family-courier ">A W. Schlegel</span><span class="index-2046 tp-41329 index-5621 tp-41328 "> übersezten König Johann</span>. Da hätte ich zu Tieck sagen mögen. Auch du mein Brutus? – Aber ich lasse sie, und kamm stolz daher mit <span class="index-1399 tp-41330 ">meinen Richard den Dritten</span> geschritten: rufend: hier sind <span class="underline-1 ">wir</span>! In der That mein Freund, Sie würden sich an, <span class="notice-19656 ">[2]</span> sich, und Ihren Deutschen Landsleuten versündigen, giengen sie auf der ruhmvollen Bahn nicht weiter: den <span class="index-272 tp-41331 ">die Erscheinung </span><span class="index-272 tp-41331 underline-1 ">dieser ersten Abtheilung</span>, hat eine sehr angenehme Sensation erregt, und die Gegeneinanderstellung in den Recensionen, dürfte Ihren Nebenbuhlern eben nicht zu schmeichelhaft und aufmunternd gewesen sein. Noch habe ich meinem Berufe nicht Geschmak u Interresse genug angewonnen, als daß Sie glauben müßten, hier spräche die Verlegerin. Es ist mir warrlich um die Sache; und auch ein wenig – um Ehre. –<br>Ich habe nun freilich keinen Begrif davon, wie <span class="index-339 tp-90883 ">ein Werk über die deutsche Litteratur</span>, so grausam beleidigen <span class="offset-4 ">kann,</span>, und so grausam gerügt werden muß! Freilich würde auch hier, es anstoß gefunden haben; unsre Censur ist jezt sehr allerte; und die Herren mit den langen Fingern, reichen auch hier her; überdieß bluten wir noch zu heftig, um den schlafenden Löwen nicht gern seine Ruhe zu gönnen. – Sollte aber <span class="index-222 tp-41332 ">Ihre edle Freundin</span>, mich beehren, mit einem Erzeugniß ihres hohen Geistes; nun den? den werden sie die arme Berlinerin dankbar finden.<br>Das altdeutsche wird bei uns, schier zu viel; es ist ein Losen, und ein Singsang umher, worin Leider! ich mit befangen bin; den ich ließ mich durch den Sänger, oder nachsänger <span class="index-194 tp-41333 ">der Nibelungen</span> verleiten, und mehr noch durch die Aussicht, daß, so wenig <span class="index-3351 tp-41349 ">die Sache</span> auch dem gegenwärtigen Geschmack ansprach, sie doch, durch die Vorlesungen die <span class="index-926 tp-41334 ">H. </span><span class="index-926 tp-41334 family-courier ">v</span><span class="index-926 tp-41334 "> d Hagen</span>, über <span class="notice-19658 ">[3]</span> altdeutsche Poesie bei <span class="index-6004 tp-41335 ">hiesiger Universität</span> hält noch gewinnen könen; aber – <span class="family-courier ">tout au contraire</span> Ich sitze mit meinem Niebellungen Lied, wie mit <span class="index-2057 tp-41346 ">dem Journale</span> von <span class="index-547 tp-41336 family-courier ">Docen</span>, <span class="family-courier ">Hagen</span> & <span class="index-1220 tp-41337 ">Büsching</span>, über das altdeutsche, fast auf dem Sande. Von leztem sind kaum 6. Ex abgegangen.<br><span class="index-272 tp-41350 ">Ihre Ex: vom Shakespear</span> sind richtig, an die Addressen abgegeben: auch der Brief am <span class="index-63 tp-41347 ">Hh: </span><span class="index-63 tp-41347 family-courier ">v. Schütz</span> den <span class="index-176 tp-41338 family-courier ">Reimer</span> besorgte. Ich bin beinahe in litterarischer Hinsicht, ganz <span class="family-courier ">desorientirt</span>; den seit Anfang dieses Jahres, habe ich bis jezt her, an ein Nerven Fieber, Tödtlich darnieder gelegen: und kann noch nicht wieder zu Kraft kommen. Gefiele es dem Himmel, mich mal von der häußlichen Bürde zu befreien, an der ich, mit weiblichen Schultern, doch wohl zu schwer trage, mache oder wage ich eine Ausflucht, nach Ihrer Gegend hin: in <span class="family-courier ">Contignon</span> habe ich eine Freundin, die mir ihr Hauß anbietet. In meiner Krankheit, habe ich eine unbestimmte Sehnsucht, nach Fernes & Fremdes. Da kamm ein jüngrer Mann aus Ihrer Gegend zu mir; als er die Gr<span class="notice-45512 ">üne</span>n Savoyischen Gebürge nannte, hatte ich den Gegenstand meiner Sehnsucht gefunden; das war das Ferne & das Fremde. Ach! daß ich Ihre Freundin mir gewinnen könnte. Ihren Geist erreiche ich nie; aber auf mein Herz bin ich stolz: es ist mein eignes; ich gab, ich bildete es mir. Einen Geist wie den meinen haben Tausende ud aber Tausende! Und dies Herz, nennt Sie mit Stolz seinen, meinen Freund und ich mich für immer<br>Ihre <br>herzliche Ergebne<br><span class="family-courier ">Unger</span>.<br><span class="index-198 tp-41339 ">Woltmann</span> der jügst bei der allerneusten Ordnung der Dinge <span class="family-courier ">vis a vis de rien</span> gesezt ist, verläßt Berlin, und erscheint vieleicht in Ihren Gegenden mit <span class="index-662 tp-41340 ">seiner </span><span class="index-662 tp-41340 family-courier ">Donna</span> –<br><span class="notice-19657 ">[4]</span> <span class="family-courier ">A Monsieur<br>Monsieur A. W. Schlegel<br>chés Madame de Staël<br>a<br></span><span class="family-courier index-228 tp-41341 ">Copet</span><span class="family-courier ">.<br>P: </span><span class="family-courier index-280 tp-41342 ">Genève</span><span class="family-courier "><br>D: du Leman</span>' $isaprint = false $isnewtranslation = true $statemsg = 'betamsg23' $cittitle = 'www.august-wilhelm-schlegel.de/briefedigital/briefid/2691' $description = 'Friederike Helene Unger an August Wilhelm von Schlegel am 02.04.1811, Berlin, Coppet' $adressatort = 'Coppet <a class="gndmetadata" target="_blank" href="http://d-nb.info/gnd/1027948-9">GND</a>' $absendeort = 'Berlin <a class="gndmetadata" target="_blank" href="http://d-nb.info/gnd/2004272-3">GND</a>' $date = '02.04.1811' $adressat = array() $adrCitation = 'August Wilhelm von Schlegel' $absender = array( (int) 4709 => array( 'ID' => '4709', 'project' => '1', 'timecreate' => '2014-03-21 13:33:27', 'timelastchg' => '2017-08-15 16:26:52', 'key' => 'AWS-ap-00ij', 'docTyp' => array( 'name' => 'Person', 'id' => '39' ), '39_name' => 'Unger, Friederike Helene', '39_namevar' => 'Rothenburg, Friederike H. von Unger, Friederike Helene Rothenburg, Friederike Helene von', '39_geschlecht' => 'w', '39_toddatum' => '1813-09-29', '39_pdb' => 'GND', '39_lebenwirken' => 'Schriftstellerin, Buchdruckerin, Verlegerin, Übersetzerin Friederike Helene Unger war die Tochter des preußischen Generals Rudolf Graf von Rothenburg und der Marquise de Vieuville. Sie wuchs in Potsdam auf und erhielt eine für Frauen ungewöhnlich gute Erziehung. Später begann sie als Erzieherin im Hause des Buchdruckers Johann Georg Unger zu arbeiten. Mit Johann Friedrich Unger, dem Sohn des Buchdruckers, ging sie eine Ehe ein. Die Beziehung zum aufstrebenden Verleger war durch eine enge berufliche Zusammenarbeit gekennzeichnet. Sie unterstützte ihren Ehemann durch ihre Beziehungen zum preußischen Hof und veröffentlichte ihre Werke in seinem Verlag. Nach dem Tod Ungers 1804 übernahm sie die Leitung des Verlags, bis er 1809 in Konkurs ging. Friederike Helene Unger war in vielfältiger Weise literarisch tätig; sie verfasste Unterhaltungsromane, Erzählungen und Übersetzungsarbeiten. 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Den ersten Roman Ungers, „Julchen Grünthal“ (1797), besprach er in einer Rezension für die Jenaer Allgemeine Literaturzeitung wohlwollend. Zur Entzweiung mit Unger kam es 1800/1801, als August Wilhelm Schlegel feststellte, dass Unger einen Nachdruck des ersten Bandes der Shakespeare-Übersetzungen angefertigt hatte, ohne den Autor in Kenntnis darüber zu setzen. Über seinen Anwalt Grattenauer prozessierte August Wilhelm Schlegel, doch seiner Forderung nach Entschädigung entsprach das Gerichtsurteil nicht. Das Verhältnis blieb infolge dessen angespannt. 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April 1811.<br>Ich beantworte Ihren werthen Brief vom 19. März, mit umgehender Post mein theurer Freund; könnte ich, so wie ich <span class="underline-1 ">wollte</span> <span class="underline-1 ">und wünschte</span> Sie vernähmen ein Sonores <span class="underline-1 ">ja</span>! Ach mein Freund, ich bin in einer unangenehmen Lage; welche Alternation! an sich selbst, oder an seinen Freund Treu loß sein zu müssen! In der That mein Freund, dies ist mein Fall. Begnügen Sie sich, diesmal mir, ungefragt eine Bitte zu gewähren; um <span class="index-67 tp-41321 ">Ihres verstorbnen Freundes Unger</span>, und um unsres so vieljähriges Verhältniß Willen, gewähren sie mir. Ich kann mich jezt, besondrer Verhältnisse wegen, nicht erklären; erst nach <span class="index-6043 tp-41323 ">der </span><span class="index-6043 tp-41323 index-22 tp-41322 ">Leipziger</span><span class="index-6043 tp-41323 "> Jubilate Messe</span> vermag ichs. Wollen Sie so lange warten? Vieleicht kann ich Ihnen früher noch, ein zustimmendes ja schicken. Aber, früher vermag ichs nicht. Gewiß, ist Ihre Lage nicht so dringend, daß es Ihnen auf diese kurze Zeit ankäme: mir aber liegt viel sehr viel daran. Ich bin so stolz, Ihre Verlegerin zu sein, so lange es dem Himmel noch gefällt, mich in dieser Pein einzuklemmen. Lassen Sie nicht zu, daß ich ein Gespötte der Litterarischen Troßbuben werde, und daß sie ein Jubilirens über mich erheben: schon machen sich alle, die mit an den <span class="index-4 tp-41324 ">Shakespear</span> zerren und züglen sehr laut; und freuen sich, mir den Rang abgelaufen zu haben. Auch <span class="index-48 tp-41325 ">Tieck</span> hat sich aufgemacht, und <span class="index-2047 tp-41343 ">Stücke der alten englischen Bühne</span> bei <span class="index-5926 tp-41326 family-courier ">Reimer</span> zu Tage gefördert. Unter andern, <span class="index-2046 tp-41329 index-5621 tp-41328 ">den schon von </span><span class="index-2046 tp-41329 index-5621 tp-41328 index-766 tp-41327 family-courier ">A W. Schlegel</span><span class="index-2046 tp-41329 index-5621 tp-41328 "> übersezten König Johann</span>. Da hätte ich zu Tieck sagen mögen. Auch du mein Brutus? – Aber ich lasse sie, und kamm stolz daher mit <span class="index-1399 tp-41330 ">meinen Richard den Dritten</span> geschritten: rufend: hier sind <span class="underline-1 ">wir</span>! In der That mein Freund, Sie würden sich an, <span class="notice-19656 ">[2]</span> sich, und Ihren Deutschen Landsleuten versündigen, giengen sie auf der ruhmvollen Bahn nicht weiter: den <span class="index-272 tp-41331 ">die Erscheinung </span><span class="index-272 tp-41331 underline-1 ">dieser ersten Abtheilung</span>, hat eine sehr angenehme Sensation erregt, und die Gegeneinanderstellung in den Recensionen, dürfte Ihren Nebenbuhlern eben nicht zu schmeichelhaft und aufmunternd gewesen sein. Noch habe ich meinem Berufe nicht Geschmak u Interresse genug angewonnen, als daß Sie glauben müßten, hier spräche die Verlegerin. Es ist mir warrlich um die Sache; und auch ein wenig – um Ehre. –<br>Ich habe nun freilich keinen Begrif davon, wie <span class="index-339 tp-90883 ">ein Werk über die deutsche Litteratur</span>, so grausam beleidigen <span class="offset-4 ">kann,</span>, und so grausam gerügt werden muß! Freilich würde auch hier, es anstoß gefunden haben; unsre Censur ist jezt sehr allerte; und die Herren mit den langen Fingern, reichen auch hier her; überdieß bluten wir noch zu heftig, um den schlafenden Löwen nicht gern seine Ruhe zu gönnen. – Sollte aber <span class="index-222 tp-41332 ">Ihre edle Freundin</span>, mich beehren, mit einem Erzeugniß ihres hohen Geistes; nun den? den werden sie die arme Berlinerin dankbar finden.<br>Das altdeutsche wird bei uns, schier zu viel; es ist ein Losen, und ein Singsang umher, worin Leider! ich mit befangen bin; den ich ließ mich durch den Sänger, oder nachsänger <span class="index-194 tp-41333 ">der Nibelungen</span> verleiten, und mehr noch durch die Aussicht, daß, so wenig <span class="index-3351 tp-41349 ">die Sache</span> auch dem gegenwärtigen Geschmack ansprach, sie doch, durch die Vorlesungen die <span class="index-926 tp-41334 ">H. </span><span class="index-926 tp-41334 family-courier ">v</span><span class="index-926 tp-41334 "> d Hagen</span>, über <span class="notice-19658 ">[3]</span> altdeutsche Poesie bei <span class="index-6004 tp-41335 ">hiesiger Universität</span> hält noch gewinnen könen; aber – <span class="family-courier ">tout au contraire</span> Ich sitze mit meinem Niebellungen Lied, wie mit <span class="index-2057 tp-41346 ">dem Journale</span> von <span class="index-547 tp-41336 family-courier ">Docen</span>, <span class="family-courier ">Hagen</span> & <span class="index-1220 tp-41337 ">Büsching</span>, über das altdeutsche, fast auf dem Sande. Von leztem sind kaum 6. Ex abgegangen.<br><span class="index-272 tp-41350 ">Ihre Ex: vom Shakespear</span> sind richtig, an die Addressen abgegeben: auch der Brief am <span class="index-63 tp-41347 ">Hh: </span><span class="index-63 tp-41347 family-courier ">v. Schütz</span> den <span class="index-176 tp-41338 family-courier ">Reimer</span> besorgte. Ich bin beinahe in litterarischer Hinsicht, ganz <span class="family-courier ">desorientirt</span>; den seit Anfang dieses Jahres, habe ich bis jezt her, an ein Nerven Fieber, Tödtlich darnieder gelegen: und kann noch nicht wieder zu Kraft kommen. Gefiele es dem Himmel, mich mal von der häußlichen Bürde zu befreien, an der ich, mit weiblichen Schultern, doch wohl zu schwer trage, mache oder wage ich eine Ausflucht, nach Ihrer Gegend hin: in <span class="family-courier ">Contignon</span> habe ich eine Freundin, die mir ihr Hauß anbietet. In meiner Krankheit, habe ich eine unbestimmte Sehnsucht, nach Fernes & Fremdes. Da kamm ein jüngrer Mann aus Ihrer Gegend zu mir; als er die Gr<span class="notice-45512 ">üne</span>n Savoyischen Gebürge nannte, hatte ich den Gegenstand meiner Sehnsucht gefunden; das war das Ferne & das Fremde. Ach! daß ich Ihre Freundin mir gewinnen könnte. Ihren Geist erreiche ich nie; aber auf mein Herz bin ich stolz: es ist mein eignes; ich gab, ich bildete es mir. Einen Geist wie den meinen haben Tausende ud aber Tausende! Und dies Herz, nennt Sie mit Stolz seinen, meinen Freund und ich mich für immer<br>Ihre <br>herzliche Ergebne<br><span class="family-courier ">Unger</span>.<br><span class="index-198 tp-41339 ">Woltmann</span> der jügst bei der allerneusten Ordnung der Dinge <span class="family-courier ">vis a vis de rien</span> gesezt ist, verläßt Berlin, und erscheint vieleicht in Ihren Gegenden mit <span class="index-662 tp-41340 ">seiner </span><span class="index-662 tp-41340 family-courier ">Donna</span> –<br><span class="notice-19657 ">[4]</span> <span class="family-courier ">A Monsieur<br>Monsieur A. W. Schlegel<br>chés Madame de Staël<br>a<br></span><span class="family-courier index-228 tp-41341 ">Copet</span><span class="family-courier ">.<br>P: </span><span class="family-courier index-280 tp-41342 ">Genève</span><span class="family-courier "><br>D: du Leman</span>', '36_xml' => '<p><milestone unit="start" n="19655"/>[1]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="19655"/> <placeName key="15">Berlin</placeName> d. 2. April 1811.<lb/>Ich beantworte Ihren werthen Brief vom 19. März, mit umgehender Post mein theurer Freund; könnte ich, so wie ich <hi rend="underline:1">wollte</hi> <hi rend="underline:1">und wünschte</hi> Sie vernähmen ein Sonores <hi rend="underline:1">ja</hi>! Ach mein Freund, ich bin in einer unangenehmen Lage; welche Alternation! an sich selbst, oder an seinen Freund Treu loß sein zu müssen! In der That mein Freund, dies ist mein Fall. 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Ich bin so stolz, Ihre Verlegerin zu sein, so lange es dem Himmel noch gefällt, mich in dieser Pein einzuklemmen. Lassen Sie nicht zu, daß ich ein Gespötte der Litterarischen Troßbuben werde, und daß sie ein Jubilirens über mich erheben: schon machen sich alle, die mit an den <anchor type="b" n="4" ana="11" xml:id="NidB41324"/>Shakespear<anchor type="e" n="4" ana="11" xml:id="NidE41324"/> zerren und züglen sehr laut; und freuen sich, mir den Rang abgelaufen zu haben. Auch <anchor type="b" n="48" ana="11" xml:id="NidB41325"/>Tieck<anchor type="e" n="48" ana="11" xml:id="NidE41325"/> hat sich aufgemacht, und <anchor type="b" n="2047" ana="12" xml:id="NidB41343"/>Stücke der alten englischen Bühne<anchor type="e" n="2047" ana="12" xml:id="NidE41343"/> bei <anchor type="b" n="5926" ana="15" xml:id="NidB41326"/><hi rend="family:Courier">Reimer</hi><anchor type="e" n="5926" ana="15" xml:id="NidE41326"/> zu Tage gefördert. 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[1] Berlin d. 2. April 1811.
Ich beantworte Ihren werthen Brief vom 19. März, mit umgehender Post mein theurer Freund; könnte ich, so wie ich wollte und wünschte Sie vernähmen ein Sonores ja! Ach mein Freund, ich bin in einer unangenehmen Lage; welche Alternation! an sich selbst, oder an seinen Freund Treu loß sein zu müssen! In der That mein Freund, dies ist mein Fall. Begnügen Sie sich, diesmal mir, ungefragt eine Bitte zu gewähren; um Ihres verstorbnen Freundes Unger, und um unsres so vieljähriges Verhältniß Willen, gewähren sie mir. Ich kann mich jezt, besondrer Verhältnisse wegen, nicht erklären; erst nach der Leipziger Jubilate Messe vermag ichs. Wollen Sie so lange warten? Vieleicht kann ich Ihnen früher noch, ein zustimmendes ja schicken. Aber, früher vermag ichs nicht. Gewiß, ist Ihre Lage nicht so dringend, daß es Ihnen auf diese kurze Zeit ankäme: mir aber liegt viel sehr viel daran. Ich bin so stolz, Ihre Verlegerin zu sein, so lange es dem Himmel noch gefällt, mich in dieser Pein einzuklemmen. Lassen Sie nicht zu, daß ich ein Gespötte der Litterarischen Troßbuben werde, und daß sie ein Jubilirens über mich erheben: schon machen sich alle, die mit an den Shakespear zerren und züglen sehr laut; und freuen sich, mir den Rang abgelaufen zu haben. Auch Tieck hat sich aufgemacht, und Stücke der alten englischen Bühne bei Reimer zu Tage gefördert. Unter andern, den schon von A W. Schlegel übersezten König Johann. Da hätte ich zu Tieck sagen mögen. Auch du mein Brutus? – Aber ich lasse sie, und kamm stolz daher mit meinen Richard den Dritten geschritten: rufend: hier sind wir! In der That mein Freund, Sie würden sich an, [2] sich, und Ihren Deutschen Landsleuten versündigen, giengen sie auf der ruhmvollen Bahn nicht weiter: den die Erscheinung dieser ersten Abtheilung, hat eine sehr angenehme Sensation erregt, und die Gegeneinanderstellung in den Recensionen, dürfte Ihren Nebenbuhlern eben nicht zu schmeichelhaft und aufmunternd gewesen sein. Noch habe ich meinem Berufe nicht Geschmak u Interresse genug angewonnen, als daß Sie glauben müßten, hier spräche die Verlegerin. Es ist mir warrlich um die Sache; und auch ein wenig – um Ehre. –
Ich habe nun freilich keinen Begrif davon, wie ein Werk über die deutsche Litteratur, so grausam beleidigen kann,, und so grausam gerügt werden muß! Freilich würde auch hier, es anstoß gefunden haben; unsre Censur ist jezt sehr allerte; und die Herren mit den langen Fingern, reichen auch hier her; überdieß bluten wir noch zu heftig, um den schlafenden Löwen nicht gern seine Ruhe zu gönnen. – Sollte aber Ihre edle Freundin, mich beehren, mit einem Erzeugniß ihres hohen Geistes; nun den? den werden sie die arme Berlinerin dankbar finden.
Das altdeutsche wird bei uns, schier zu viel; es ist ein Losen, und ein Singsang umher, worin Leider! ich mit befangen bin; den ich ließ mich durch den Sänger, oder nachsänger der Nibelungen verleiten, und mehr noch durch die Aussicht, daß, so wenig die Sache auch dem gegenwärtigen Geschmack ansprach, sie doch, durch die Vorlesungen die H. v d Hagen, über [3] altdeutsche Poesie bei hiesiger Universität hält noch gewinnen könen; aber – tout au contraire Ich sitze mit meinem Niebellungen Lied, wie mit dem Journale von Docen, Hagen & Büsching, über das altdeutsche, fast auf dem Sande. Von leztem sind kaum 6. Ex abgegangen.
Ihre Ex: vom Shakespear sind richtig, an die Addressen abgegeben: auch der Brief am Hh: v. Schütz den Reimer besorgte. Ich bin beinahe in litterarischer Hinsicht, ganz desorientirt; den seit Anfang dieses Jahres, habe ich bis jezt her, an ein Nerven Fieber, Tödtlich darnieder gelegen: und kann noch nicht wieder zu Kraft kommen. Gefiele es dem Himmel, mich mal von der häußlichen Bürde zu befreien, an der ich, mit weiblichen Schultern, doch wohl zu schwer trage, mache oder wage ich eine Ausflucht, nach Ihrer Gegend hin: in Contignon habe ich eine Freundin, die mir ihr Hauß anbietet. In meiner Krankheit, habe ich eine unbestimmte Sehnsucht, nach Fernes & Fremdes. Da kamm ein jüngrer Mann aus Ihrer Gegend zu mir; als er die Grünen Savoyischen Gebürge nannte, hatte ich den Gegenstand meiner Sehnsucht gefunden; das war das Ferne & das Fremde. Ach! daß ich Ihre Freundin mir gewinnen könnte. Ihren Geist erreiche ich nie; aber auf mein Herz bin ich stolz: es ist mein eignes; ich gab, ich bildete es mir. Einen Geist wie den meinen haben Tausende ud aber Tausende! Und dies Herz, nennt Sie mit Stolz seinen, meinen Freund und ich mich für immer
Ihre
herzliche Ergebne
Unger.
Woltmann der jügst bei der allerneusten Ordnung der Dinge vis a vis de rien gesezt ist, verläßt Berlin, und erscheint vieleicht in Ihren Gegenden mit seiner Donna –
[4] A Monsieur
Monsieur A. W. Schlegel
chés Madame de Staël
a
Copet.
P: Genève
D: du Leman
Ich beantworte Ihren werthen Brief vom 19. März, mit umgehender Post mein theurer Freund; könnte ich, so wie ich wollte und wünschte Sie vernähmen ein Sonores ja! Ach mein Freund, ich bin in einer unangenehmen Lage; welche Alternation! an sich selbst, oder an seinen Freund Treu loß sein zu müssen! In der That mein Freund, dies ist mein Fall. Begnügen Sie sich, diesmal mir, ungefragt eine Bitte zu gewähren; um Ihres verstorbnen Freundes Unger, und um unsres so vieljähriges Verhältniß Willen, gewähren sie mir. Ich kann mich jezt, besondrer Verhältnisse wegen, nicht erklären; erst nach der Leipziger Jubilate Messe vermag ichs. Wollen Sie so lange warten? Vieleicht kann ich Ihnen früher noch, ein zustimmendes ja schicken. Aber, früher vermag ichs nicht. Gewiß, ist Ihre Lage nicht so dringend, daß es Ihnen auf diese kurze Zeit ankäme: mir aber liegt viel sehr viel daran. Ich bin so stolz, Ihre Verlegerin zu sein, so lange es dem Himmel noch gefällt, mich in dieser Pein einzuklemmen. Lassen Sie nicht zu, daß ich ein Gespötte der Litterarischen Troßbuben werde, und daß sie ein Jubilirens über mich erheben: schon machen sich alle, die mit an den Shakespear zerren und züglen sehr laut; und freuen sich, mir den Rang abgelaufen zu haben. Auch Tieck hat sich aufgemacht, und Stücke der alten englischen Bühne bei Reimer zu Tage gefördert. Unter andern, den schon von A W. Schlegel übersezten König Johann. Da hätte ich zu Tieck sagen mögen. Auch du mein Brutus? – Aber ich lasse sie, und kamm stolz daher mit meinen Richard den Dritten geschritten: rufend: hier sind wir! In der That mein Freund, Sie würden sich an, [2] sich, und Ihren Deutschen Landsleuten versündigen, giengen sie auf der ruhmvollen Bahn nicht weiter: den die Erscheinung dieser ersten Abtheilung, hat eine sehr angenehme Sensation erregt, und die Gegeneinanderstellung in den Recensionen, dürfte Ihren Nebenbuhlern eben nicht zu schmeichelhaft und aufmunternd gewesen sein. Noch habe ich meinem Berufe nicht Geschmak u Interresse genug angewonnen, als daß Sie glauben müßten, hier spräche die Verlegerin. Es ist mir warrlich um die Sache; und auch ein wenig – um Ehre. –
Ich habe nun freilich keinen Begrif davon, wie ein Werk über die deutsche Litteratur, so grausam beleidigen kann,, und so grausam gerügt werden muß! Freilich würde auch hier, es anstoß gefunden haben; unsre Censur ist jezt sehr allerte; und die Herren mit den langen Fingern, reichen auch hier her; überdieß bluten wir noch zu heftig, um den schlafenden Löwen nicht gern seine Ruhe zu gönnen. – Sollte aber Ihre edle Freundin, mich beehren, mit einem Erzeugniß ihres hohen Geistes; nun den? den werden sie die arme Berlinerin dankbar finden.
Das altdeutsche wird bei uns, schier zu viel; es ist ein Losen, und ein Singsang umher, worin Leider! ich mit befangen bin; den ich ließ mich durch den Sänger, oder nachsänger der Nibelungen verleiten, und mehr noch durch die Aussicht, daß, so wenig die Sache auch dem gegenwärtigen Geschmack ansprach, sie doch, durch die Vorlesungen die H. v d Hagen, über [3] altdeutsche Poesie bei hiesiger Universität hält noch gewinnen könen; aber – tout au contraire Ich sitze mit meinem Niebellungen Lied, wie mit dem Journale von Docen, Hagen & Büsching, über das altdeutsche, fast auf dem Sande. Von leztem sind kaum 6. Ex abgegangen.
Ihre Ex: vom Shakespear sind richtig, an die Addressen abgegeben: auch der Brief am Hh: v. Schütz den Reimer besorgte. Ich bin beinahe in litterarischer Hinsicht, ganz desorientirt; den seit Anfang dieses Jahres, habe ich bis jezt her, an ein Nerven Fieber, Tödtlich darnieder gelegen: und kann noch nicht wieder zu Kraft kommen. Gefiele es dem Himmel, mich mal von der häußlichen Bürde zu befreien, an der ich, mit weiblichen Schultern, doch wohl zu schwer trage, mache oder wage ich eine Ausflucht, nach Ihrer Gegend hin: in Contignon habe ich eine Freundin, die mir ihr Hauß anbietet. In meiner Krankheit, habe ich eine unbestimmte Sehnsucht, nach Fernes & Fremdes. Da kamm ein jüngrer Mann aus Ihrer Gegend zu mir; als er die Grünen Savoyischen Gebürge nannte, hatte ich den Gegenstand meiner Sehnsucht gefunden; das war das Ferne & das Fremde. Ach! daß ich Ihre Freundin mir gewinnen könnte. Ihren Geist erreiche ich nie; aber auf mein Herz bin ich stolz: es ist mein eignes; ich gab, ich bildete es mir. Einen Geist wie den meinen haben Tausende ud aber Tausende! Und dies Herz, nennt Sie mit Stolz seinen, meinen Freund und ich mich für immer
Ihre
herzliche Ergebne
Unger.
Woltmann der jügst bei der allerneusten Ordnung der Dinge vis a vis de rien gesezt ist, verläßt Berlin, und erscheint vieleicht in Ihren Gegenden mit seiner Donna –
[4] A Monsieur
Monsieur A. W. Schlegel
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Copet.
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