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Dec. 1814.<lb/>Wäre nicht die lange Zwischenzeit, welche meine Verbindung mit Ihnen, hochzuehrender Gönner, unterbrach, so sehr mit den grossen Bewegungen der Zeit ausgefüllt, woran auch Sie nicht wenig Theil genommen: so würde diese lange Zögerung in Ansehung <anchor type="b" n="194" ana="12" xml:id="NidB98782"/>des Nibelungen-Liedes<anchor type="e" n="194" ana="12" xml:id="NidE98782"/> unmöglich statt gefunden haben. Früher schon hatte ich jene Abschrift begonnen, wurde aber bald darauf ganz davon abgezogen, da ich das Mscpt. zurückgeben musste und alles Wegleihen der Handschriften bei uns strenge untersagt wurde. Ausserdem wurde ich damals zu einer noch festeren Ansicht über die Benutzung der vorhandenen Texte unsers Heldenliedes veranlasst, die ich später in der Beurtheilung <anchor type="b" n="2081" ana="12" xml:id="NidB98831"/>der <anchor type="b" n="926" ana="11" xml:id="NidB98783"/>v. d. Hagenʼschen<anchor type="e" n="926" ana="11" xml:id="NidE98783"/> Ausgabe<anchor type="e" n="2081" ana="12" xml:id="NidE98831"/> (in <anchor type="b" n="94" ana="13" xml:id="NidB98785"/>der <anchor type="b" n="12" ana="10" xml:id="NidB98784"/>Jen.<anchor type="e" n="12" ana="10" xml:id="NidE98784"/> ALZ.<anchor type="e" n="94" ana="13" xml:id="NidE98785"/>) näher angegeben habe und die ich mit Ihrer Erlaubniss hier kurz berühren will. Die Abweichungen der mir bekannten 3 Handschriften des N. L. sind so manigfaltig und zahlreich, dass mirʼs völlig unstatthaft schien, diese Texte zu Einem gemischten unter einander zu verarbeiten; ich glaubte, jeder dieser Texte habe Ansprüche, als für sich bestehend besonders herausgegeben zu werden (nur dass <hi rend="weight:bold">offenbare</hi> Verstösse jedesmal durch die übrigen Codd. getilgt, und was diese <hi rend="weight:bold">mehr</hi> enthielten, allemal, doch durch den Druck unterschieden, mit eingefügt würde, so dass die [2] Strophenzahl in allen Abdrücken gleich wäre; wobei sonst, ausser den auffallendsten, namentlich historisch bedeutenden, keine weiteren Varianten der Nebentexte hinzugefügt würden.) Sobald jedem unsrer Texte diess sein Recht widerfahren wäre, möchte dann ihre fernere Anwendung zu jeder critischen oder commentirten neuen Ausgabe dem resp. Unternehmer überlassen bleiben. Hätte ich gewusst, dass Ew. Wohlgeb. mit dieser Ansicht einverstanden wären, so würde ich eine solche Handausgabe des Gedichts nach der 2. H Ems. Hds. mit Vergnügen übernommen haben (die unvollständige, sonst, wie ich glaube, vorzüglichste 1ste H Elms. Hds. wird izt in <anchor type="b" n="16" ana="10" xml:id="NidB98832"/>Wien<anchor type="e" n="16" ana="10" xml:id="NidE98832"/> um 50 Duc. zum Kaufe angeboten). − Da Sie jedoch Ihre übrigen Vorarbeiten beendet haben, und Ihre Ausgabe bald erscheinen lassen wollen, so möge obiges hier blos gelegentlich gesagt seyn; das Mscpt. habe ich nun endlich wieder von der Bibl. geliehen erhalten, und werde mir alle Mühe geben, Ihren Wunsch recht bald zu befriedigen. Ich fange eine neue Abschrift an, da die früheren Bogen wol zu unbequem sind. Ein paar Blätter davon lege ich bei; Sie können sich daraus von jenen zahllosen Abweichungen von neuem überzeugen. Wenn eine Schriftprobe von 5 Versen, aus jeder Hälfte, denn die Hand wechselt, zureichen sollte, so werde ich diese gern besorgen.<lb/>Auf <anchor type="b" n="1891" ana="12" xml:id="NidB98833"/>Ihre Einleitung etc. zu dem Werke<anchor type="e" n="1891" ana="12" xml:id="NidE98833"/> freue ich mich zum höchsten; da der Schluss des Gedichts viele heutige Leser unbefridigt gelassen, so hoffʼ ich, werden Sie Verschiedenes zur Rettung der ganzen Composition in jener Hinsicht nicht unangeregt lassen. − Meine Vorschule der deutschen Alterthumskunde (vorerst eine altdeutsche Grammatik) ist nun beendet; ich wünsche sehr, dass das Buch [3] Ihren Beifall erhalten möge. Einen Auszug für unsre Unterrichtsanstalten, in denen unsre alte Poesie mit aufgenommen ist, hoffe ich in ein paar Jahren folgen lassen zu können. Ausserdem habe ich mehrere unsre Sprache betreffende Untersuchungen vorbereitet, die ich künftig mit einem Freunde u. d. T. „Deutsche Blätter“ herauszugeben wünsche; hier sollten sodann literärische und alterthümliche Mittheilungen ebenfalls ihren Platz finden. Was <anchor type="b" n="332" ana="11" xml:id="NidB98787"/>Gräter<anchor type="e" n="332" ana="11" xml:id="NidE98787"/> in der wiederbegonnenen <anchor type="b" n="19725" ana="13" xml:id="NidB98834"/>Iduna<anchor type="e" n="19725" ana="13" xml:id="NidE98834"/> (seit Jul. d. J.) gegeben, ist gar unbedeutend und inhaltsleer.<lb/>So oft habʼ ich gewünscht, dass E. W., da Sie ja vor allen Anderen hier so vorzügliches leisten könnten, jenen Weg öfter betreten haben möchten, auf dem Sie, ich glaube bei Eröfnung <anchor type="b" n="162" ana="13" xml:id="NidB98810"/>des Atheneumʼs<anchor type="e" n="162" ana="13" xml:id="NidE98810"/> (in <anchor type="b" n="4493" ana="12" xml:id="NidB98811"/>dem Gespr. „Die Sprachen“<anchor type="e" n="4493" ana="12" xml:id="NidE98811"/>) ein damals vielleicht noch zu wenig empfängliches Publicum erblickte. Um unsrer Literatur das Beste, ihr Eigenthümlichste zuzuwenden, muss unsre Sprache, die durch die barbarischen Jahrhunderte seit den Handwerker-Singschulen so viel gelitten, nicht blos ausübend gebildet, sie muss auch in ihren <hi rend="weight:bold">Mängeln</hi> und Vorzügen vollständiger erkannt werden, und, statt dass sonst des Einzelnen Willkühr fruchtlos sich jedes erlaubte, müsste sie von nun an durch Mehrerer sichere Besonnenheit, so viel es thulich ist, von jenen Mängeln befreit werden. Würden erst viele solche Untersuchungen, wie Sie sie darbieten könnten, allen Empfänglichen unsers Publicumʼs vor Augen liegen: so würde jener unberufene Haufe, der alljährig seine aus Adelung etc. ausgeschriebenen geistlosen Sprachbücher erneuert, endlich völlig zurückgedrängt werden.<lb/><anchor type="b" n="339" ana="12" xml:id="NidB98816"/>Das Werk <anchor type="b" n="222" ana="11" xml:id="NidB98815"/>der Fr. v. Stael<anchor type="e" n="222" ana="11" xml:id="NidE98815"/><anchor type="e" n="339" ana="12" xml:id="NidE98816"/> habe ich mit grösstem Interesse gelesen; [4] mit desto grösseren (!), da ich, ehe es noch irgend in <anchor type="b" n="354" ana="10" xml:id="NidB98817"/>München<anchor type="e" n="354" ana="10" xml:id="NidE98817"/> bekannt geworden, einige darin berührte Gegenstände (die <hi rend="weight:bold">Grundübel</hi> unsrer Literatur) auf historischem Wege nachzuweisen versucht hatte <anchor type="b" n="19724" ana="12" xml:id="NidB98824"/>„Ueber die Selbständigkeit und Reinerhaltung unsrer Literatur und Sprache“<anchor type="e" n="19724" ana="12" xml:id="NidE98824"/> in <anchor type="b" n="1627" ana="11" xml:id="NidB98818"/>Ludenʼs<anchor type="e" n="1627" ana="11" xml:id="NidE98818"/> <anchor type="b" n="19723" ana="13" xml:id="NidB98820"/>Nemesis<anchor type="e" n="19723" ana="13" xml:id="NidE98820"/> II, 2. u. 3. 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Dec. 1814.<br>Wäre nicht die lange Zwischenzeit, welche meine Verbindung mit Ihnen, hochzuehrender Gönner, unterbrach, so sehr mit den grossen Bewegungen der Zeit ausgefüllt, woran auch Sie nicht wenig Theil genommen: so würde diese lange Zögerung in Ansehung <span class="index-194 tp-98782 ">des Nibelungen-Liedes</span> unmöglich statt gefunden haben. Früher schon hatte ich jene Abschrift begonnen, wurde aber bald darauf ganz davon abgezogen, da ich das Mscpt. zurückgeben musste und alles Wegleihen der Handschriften bei uns strenge untersagt wurde. Ausserdem wurde ich damals zu einer noch festeren Ansicht über die Benutzung der vorhandenen Texte unsers Heldenliedes veranlasst, die ich später in der Beurtheilung <span class="index-2081 tp-98831 ">der </span><span class="index-2081 tp-98831 index-926 tp-98783 ">v. d. Hagenʼschen</span><span class="index-2081 tp-98831 "> Ausgabe</span> (in <span class="index-94 tp-98785 ">der </span><span class="index-94 tp-98785 index-12 tp-98784 ">Jen.</span><span class="index-94 tp-98785 "> ALZ.</span>) näher angegeben habe und die ich mit Ihrer Erlaubniss hier kurz berühren will. Die Abweichungen der mir bekannten 3 Handschriften des N. L. sind so manigfaltig und zahlreich, dass mirʼs völlig unstatthaft schien, diese Texte zu Einem gemischten unter einander zu verarbeiten; ich glaubte, jeder dieser Texte habe Ansprüche, als für sich bestehend besonders herausgegeben zu werden (nur dass <span class="weight-bold ">offenbare</span> Verstösse jedesmal durch die übrigen Codd. getilgt, und was diese <span class="weight-bold ">mehr</span> enthielten, allemal, doch durch den Druck unterschieden, mit eingefügt würde, so dass die [2] Strophenzahl in allen Abdrücken gleich wäre; wobei sonst, ausser den auffallendsten, namentlich historisch bedeutenden, keine weiteren Varianten der Nebentexte hinzugefügt würden.) Sobald jedem unsrer Texte diess sein Recht widerfahren wäre, möchte dann ihre fernere Anwendung zu jeder critischen oder commentirten neuen Ausgabe dem resp. Unternehmer überlassen bleiben. Hätte ich gewusst, dass Ew. Wohlgeb. mit dieser Ansicht einverstanden wären, so würde ich eine solche Handausgabe des Gedichts nach der 2. H Ems. Hds. mit Vergnügen übernommen haben (die unvollständige, sonst, wie ich glaube, vorzüglichste 1ste H Elms. Hds. wird izt in <span class="index-16 tp-98832 ">Wien</span> um 50 Duc. zum Kaufe angeboten). − Da Sie jedoch Ihre übrigen Vorarbeiten beendet haben, und Ihre Ausgabe bald erscheinen lassen wollen, so möge obiges hier blos gelegentlich gesagt seyn; das Mscpt. habe ich nun endlich wieder von der Bibl. geliehen erhalten, und werde mir alle Mühe geben, Ihren Wunsch recht bald zu befriedigen. Ich fange eine neue Abschrift an, da die früheren Bogen wol zu unbequem sind. Ein paar Blätter davon lege ich bei; Sie können sich daraus von jenen zahllosen Abweichungen von neuem überzeugen. Wenn eine Schriftprobe von 5 Versen, aus jeder Hälfte, denn die Hand wechselt, zureichen sollte, so werde ich diese gern besorgen.<br>Auf <span class="index-1891 tp-98833 ">Ihre Einleitung etc. zu dem Werke</span> freue ich mich zum höchsten; da der Schluss des Gedichts viele heutige Leser unbefridigt gelassen, so hoffʼ ich, werden Sie Verschiedenes zur Rettung der ganzen Composition in jener Hinsicht nicht unangeregt lassen. − Meine Vorschule der deutschen Alterthumskunde (vorerst eine altdeutsche Grammatik) ist nun beendet; ich wünsche sehr, dass das Buch [3] Ihren Beifall erhalten möge. Einen Auszug für unsre Unterrichtsanstalten, in denen unsre alte Poesie mit aufgenommen ist, hoffe ich in ein paar Jahren folgen lassen zu können. Ausserdem habe ich mehrere unsre Sprache betreffende Untersuchungen vorbereitet, die ich künftig mit einem Freunde u. d. T. „Deutsche Blätter“ herauszugeben wünsche; hier sollten sodann literärische und alterthümliche Mittheilungen ebenfalls ihren Platz finden. Was <span class="index-332 tp-98787 ">Gräter</span> in der wiederbegonnenen <span class="index-19725 tp-98834 ">Iduna</span> (seit Jul. d. J.) gegeben, ist gar unbedeutend und inhaltsleer.<br>So oft habʼ ich gewünscht, dass E. W., da Sie ja vor allen Anderen hier so vorzügliches leisten könnten, jenen Weg öfter betreten haben möchten, auf dem Sie, ich glaube bei Eröfnung <span class="index-162 tp-98810 ">des Atheneumʼs</span> (in <span class="index-4493 tp-98811 ">dem Gespr. „Die Sprachen“</span>) ein damals vielleicht noch zu wenig empfängliches Publicum erblickte. Um unsrer Literatur das Beste, ihr Eigenthümlichste zuzuwenden, muss unsre Sprache, die durch die barbarischen Jahrhunderte seit den Handwerker-Singschulen so viel gelitten, nicht blos ausübend gebildet, sie muss auch in ihren <span class="weight-bold ">Mängeln</span> und Vorzügen vollständiger erkannt werden, und, statt dass sonst des Einzelnen Willkühr fruchtlos sich jedes erlaubte, müsste sie von nun an durch Mehrerer sichere Besonnenheit, so viel es thulich ist, von jenen Mängeln befreit werden. Würden erst viele solche Untersuchungen, wie Sie sie darbieten könnten, allen Empfänglichen unsers Publicumʼs vor Augen liegen: so würde jener unberufene Haufe, der alljährig seine aus Adelung etc. ausgeschriebenen geistlosen Sprachbücher erneuert, endlich völlig zurückgedrängt werden.<br><span class="index-339 tp-98816 ">Das Werk </span><span class="index-339 tp-98816 index-222 tp-98815 ">der Fr. v. Stael</span> habe ich mit grösstem Interesse gelesen; [4] mit desto grösseren (!), da ich, ehe es noch irgend in <span class="index-354 tp-98817 ">München</span> bekannt geworden, einige darin berührte Gegenstände (die <span class="weight-bold ">Grundübel</span> unsrer Literatur) auf historischem Wege nachzuweisen versucht hatte <span class="index-19724 tp-98824 ">„Ueber die Selbständigkeit und Reinerhaltung unsrer Literatur und Sprache“</span> in <span class="index-1627 tp-98818 ">Ludenʼs</span> <span class="index-19723 tp-98820 ">Nemesis</span> II, 2. u. 3. H., so wie die Verfass. sie als Phänomene der Gegenwart so geistreich (wenn auch oft zu beschränkt auf einzelne Theile Deutschlands) sie (!) objectivirt hat. Unter uns Deutschen sollte nun auf ähnliche Weise ein hiezu Fähiger die gesammte französische Cultur, Poesie etc. darzeichnen.<br>Doch ich sehe, dass ich schon wegen dieses langen Briefes um Verzeihung bitten muss; ich bemerke also blos noch, dass ich mein Exemplar der Müller-Ausgabe (die vordere Hälfte nämlich, von der hier blos die Rede seyn kann) für Sie mit der Original-Hds. verglichen habe, welche keineswegs überflüssige Collationirung beinahe beendet ist.<br>….. B J. DOCEN.<br> <br>PS. Soeben lese ich, dass <span class="index-19721 tp-98813 ">ein gewisser Arndt</span> in <span class="index-5125 tp-98812 ">Lüneburg</span> <span class="index-19722 tp-98814 ">ein Glossar über das Lied der Nibel.</span> ankündigt.' $isaprint = true $isnewtranslation = false $statemsg = 'betamsg13' $cittitle = '' $description = 'Bernhard Joseph Docen an August Wilhelm von Schlegel am 04.12.1814, München' $adressatort = 'Unknown' $absendeort = 'München <a class="gndmetadata" target="_blank" href="http://d-nb.info/gnd/4127793-4">GND</a>' $date = '04.12.1814' $adressat = array() $adrCitation = 'August Wilhelm von Schlegel' $absender = array( (int) 1616 => array( 'ID' => '1616', 'project' => '1', 'timecreate' => '2013-04-29 11:58:30', 'timelastchg' => '2018-09-11 16:46:16', 'key' => 'AWS-ap-0072', 'docTyp' => array( 'name' => 'Person', 'id' => '39' ), '39_name' => 'Docen, Bernhard Joseph', '39_toddatum' => '1828-11-21', '39_gebdatum' => '1782-10-01', '39_lebenwirken' => 'Bibliothekar, Germanist Nach dem Besuch des Carolinums in Braunschweig begann Bernhard Joseph Docen ein Medizinstudium an der Universität Göttingen. 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Um unsrer Literatur das Beste, ihr Eigenthümlichste zuzuwenden, muss unsre Sprache, die durch die barbarischen Jahrhunderte seit den Handwerker-Singschulen so viel gelitten, nicht blos ausübend gebildet, sie muss auch in ihren <hi rend="weight:bold">Mängeln</hi> und Vorzügen vollständiger erkannt werden, und, statt dass sonst des Einzelnen Willkühr fruchtlos sich jedes erlaubte, müsste sie von nun an durch Mehrerer sichere Besonnenheit, so viel es thulich ist, von jenen Mängeln befreit werden. Würden erst viele solche Untersuchungen, wie Sie sie darbieten könnten, allen Empfänglichen unsers Publicumʼs vor Augen liegen: so würde jener unberufene Haufe, der alljährig seine aus Adelung etc. ausgeschriebenen geistlosen Sprachbücher erneuert, endlich völlig zurückgedrängt werden.<lb/><anchor type="b" n="339" ana="12" xml:id="NidB98816"/>Das Werk <anchor type="b" n="222" ana="11" xml:id="NidB98815"/>der Fr. v. Stael<anchor type="e" n="222" ana="11" xml:id="NidE98815"/><anchor type="e" n="339" ana="12" xml:id="NidE98816"/> habe ich mit grösstem Interesse gelesen; [4] mit desto grösseren (!), da ich, ehe es noch irgend in <anchor type="b" n="354" ana="10" xml:id="NidB98817"/>München<anchor type="e" n="354" ana="10" xml:id="NidE98817"/> bekannt geworden, einige darin berührte Gegenstände (die <hi rend="weight:bold">Grundübel</hi> unsrer Literatur) auf historischem Wege nachzuweisen versucht hatte <anchor type="b" n="19724" ana="12" xml:id="NidB98824"/>„Ueber die Selbständigkeit und Reinerhaltung unsrer Literatur und Sprache“<anchor type="e" n="19724" ana="12" xml:id="NidE98824"/> in <anchor type="b" n="1627" ana="11" xml:id="NidB98818"/>Ludenʼs<anchor type="e" n="1627" ana="11" xml:id="NidE98818"/> <anchor type="b" n="19723" ana="13" xml:id="NidB98820"/>Nemesis<anchor type="e" n="19723" ana="13" xml:id="NidE98820"/> II, 2. u. 3. H., so wie die Verfass. sie als Phänomene der Gegenwart so geistreich (wenn auch oft zu beschränkt auf einzelne Theile Deutschlands) sie (!) objectivirt hat. Unter uns Deutschen sollte nun auf ähnliche Weise ein hiezu Fähiger die gesammte französische Cultur, Poesie etc. darzeichnen.<lb/>Doch ich sehe, dass ich schon wegen dieses langen Briefes um Verzeihung bitten muss; ich bemerke also blos noch, dass ich mein Exemplar der Müller-Ausgabe (die vordere Hälfte nämlich, von der hier blos die Rede seyn kann) für Sie mit der Original-Hds. verglichen habe, welche keineswegs überflüssige Collationirung beinahe beendet ist.<lb/>….. B J. DOCEN.<lb/> <lb/>PS. Soeben lese ich, dass <anchor type="b" n="19721" ana="11" xml:id="NidB98813"/>ein gewisser Arndt<anchor type="e" n="19721" ana="11" xml:id="NidE98813"/> in <anchor type="b" n="5125" ana="10" xml:id="NidB98812"/>Lüneburg<anchor type="e" n="5125" ana="10" xml:id="NidE98812"/> <anchor type="b" n="19722" ana="12" xml:id="NidB98814"/>ein Glossar über das Lied der Nibel.<anchor type="e" n="19722" ana="12" xml:id="NidE98814"/> ankündigt.', '36_briefid' => 'BJDanAWS_04121814', '36_status' => 'Einmal kollationierter Druckvolltext mit Registerauszeichnung', '36_absender' => array( (int) 0 => array( 'ID' => '7190', 'content' => 'Bernhard Joseph Docen', 'bemerkung' => '', 'altBegriff' => 'Docen, Bernhard Joseph', 'LmAdd' => array( [maximum depth reached] ) ) ), '36_adressat' => array( (int) 0 => array( 'ID' => '7125', 'content' => 'August Wilhelm von Schlegel', 'bemerkung' => '', 'altBegriff' => 'Schlegel, August Wilhelm von', 'LmAdd' => array( [maximum depth reached] ) ) ), '36_datumvon' => '1814-12-04', '36_sprache' => array( (int) 0 => 'Deutsch' ), '36_absenderort' => array( (int) 0 => array( 'ID' => '354', 'content' => 'München', 'bemerkung' => 'GND:4127793-4', 'altBegriff' => '', 'LmAdd' => array([maximum depth reached]) ) ), '36_leitd' => 'Schmidt, Ludwig: Docen an Aug. 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[1] München, d. 4. Dec. 1814.
Wäre nicht die lange Zwischenzeit, welche meine Verbindung mit Ihnen, hochzuehrender Gönner, unterbrach, so sehr mit den grossen Bewegungen der Zeit ausgefüllt, woran auch Sie nicht wenig Theil genommen: so würde diese lange Zögerung in Ansehung des Nibelungen-Liedes unmöglich statt gefunden haben. Früher schon hatte ich jene Abschrift begonnen, wurde aber bald darauf ganz davon abgezogen, da ich das Mscpt. zurückgeben musste und alles Wegleihen der Handschriften bei uns strenge untersagt wurde. Ausserdem wurde ich damals zu einer noch festeren Ansicht über die Benutzung der vorhandenen Texte unsers Heldenliedes veranlasst, die ich später in der Beurtheilung der v. d. Hagenʼschen Ausgabe (in der Jen. ALZ.) näher angegeben habe und die ich mit Ihrer Erlaubniss hier kurz berühren will. Die Abweichungen der mir bekannten 3 Handschriften des N. L. sind so manigfaltig und zahlreich, dass mirʼs völlig unstatthaft schien, diese Texte zu Einem gemischten unter einander zu verarbeiten; ich glaubte, jeder dieser Texte habe Ansprüche, als für sich bestehend besonders herausgegeben zu werden (nur dass offenbare Verstösse jedesmal durch die übrigen Codd. getilgt, und was diese mehr enthielten, allemal, doch durch den Druck unterschieden, mit eingefügt würde, so dass die [2] Strophenzahl in allen Abdrücken gleich wäre; wobei sonst, ausser den auffallendsten, namentlich historisch bedeutenden, keine weiteren Varianten der Nebentexte hinzugefügt würden.) Sobald jedem unsrer Texte diess sein Recht widerfahren wäre, möchte dann ihre fernere Anwendung zu jeder critischen oder commentirten neuen Ausgabe dem resp. Unternehmer überlassen bleiben. Hätte ich gewusst, dass Ew. Wohlgeb. mit dieser Ansicht einverstanden wären, so würde ich eine solche Handausgabe des Gedichts nach der 2. H Ems. Hds. mit Vergnügen übernommen haben (die unvollständige, sonst, wie ich glaube, vorzüglichste 1ste H Elms. Hds. wird izt in Wien um 50 Duc. zum Kaufe angeboten). − Da Sie jedoch Ihre übrigen Vorarbeiten beendet haben, und Ihre Ausgabe bald erscheinen lassen wollen, so möge obiges hier blos gelegentlich gesagt seyn; das Mscpt. habe ich nun endlich wieder von der Bibl. geliehen erhalten, und werde mir alle Mühe geben, Ihren Wunsch recht bald zu befriedigen. Ich fange eine neue Abschrift an, da die früheren Bogen wol zu unbequem sind. Ein paar Blätter davon lege ich bei; Sie können sich daraus von jenen zahllosen Abweichungen von neuem überzeugen. Wenn eine Schriftprobe von 5 Versen, aus jeder Hälfte, denn die Hand wechselt, zureichen sollte, so werde ich diese gern besorgen.
Auf Ihre Einleitung etc. zu dem Werke freue ich mich zum höchsten; da der Schluss des Gedichts viele heutige Leser unbefridigt gelassen, so hoffʼ ich, werden Sie Verschiedenes zur Rettung der ganzen Composition in jener Hinsicht nicht unangeregt lassen. − Meine Vorschule der deutschen Alterthumskunde (vorerst eine altdeutsche Grammatik) ist nun beendet; ich wünsche sehr, dass das Buch [3] Ihren Beifall erhalten möge. Einen Auszug für unsre Unterrichtsanstalten, in denen unsre alte Poesie mit aufgenommen ist, hoffe ich in ein paar Jahren folgen lassen zu können. Ausserdem habe ich mehrere unsre Sprache betreffende Untersuchungen vorbereitet, die ich künftig mit einem Freunde u. d. T. „Deutsche Blätter“ herauszugeben wünsche; hier sollten sodann literärische und alterthümliche Mittheilungen ebenfalls ihren Platz finden. Was Gräter in der wiederbegonnenen Iduna (seit Jul. d. J.) gegeben, ist gar unbedeutend und inhaltsleer.
So oft habʼ ich gewünscht, dass E. W., da Sie ja vor allen Anderen hier so vorzügliches leisten könnten, jenen Weg öfter betreten haben möchten, auf dem Sie, ich glaube bei Eröfnung des Atheneumʼs (in dem Gespr. „Die Sprachen“) ein damals vielleicht noch zu wenig empfängliches Publicum erblickte. Um unsrer Literatur das Beste, ihr Eigenthümlichste zuzuwenden, muss unsre Sprache, die durch die barbarischen Jahrhunderte seit den Handwerker-Singschulen so viel gelitten, nicht blos ausübend gebildet, sie muss auch in ihren Mängeln und Vorzügen vollständiger erkannt werden, und, statt dass sonst des Einzelnen Willkühr fruchtlos sich jedes erlaubte, müsste sie von nun an durch Mehrerer sichere Besonnenheit, so viel es thulich ist, von jenen Mängeln befreit werden. Würden erst viele solche Untersuchungen, wie Sie sie darbieten könnten, allen Empfänglichen unsers Publicumʼs vor Augen liegen: so würde jener unberufene Haufe, der alljährig seine aus Adelung etc. ausgeschriebenen geistlosen Sprachbücher erneuert, endlich völlig zurückgedrängt werden.
Das Werk der Fr. v. Stael habe ich mit grösstem Interesse gelesen; [4] mit desto grösseren (!), da ich, ehe es noch irgend in München bekannt geworden, einige darin berührte Gegenstände (die Grundübel unsrer Literatur) auf historischem Wege nachzuweisen versucht hatte „Ueber die Selbständigkeit und Reinerhaltung unsrer Literatur und Sprache“ in Ludenʼs Nemesis II, 2. u. 3. H., so wie die Verfass. sie als Phänomene der Gegenwart so geistreich (wenn auch oft zu beschränkt auf einzelne Theile Deutschlands) sie (!) objectivirt hat. Unter uns Deutschen sollte nun auf ähnliche Weise ein hiezu Fähiger die gesammte französische Cultur, Poesie etc. darzeichnen.
Doch ich sehe, dass ich schon wegen dieses langen Briefes um Verzeihung bitten muss; ich bemerke also blos noch, dass ich mein Exemplar der Müller-Ausgabe (die vordere Hälfte nämlich, von der hier blos die Rede seyn kann) für Sie mit der Original-Hds. verglichen habe, welche keineswegs überflüssige Collationirung beinahe beendet ist.
….. B J. DOCEN.
PS. Soeben lese ich, dass ein gewisser Arndt in Lüneburg ein Glossar über das Lied der Nibel. ankündigt.
Wäre nicht die lange Zwischenzeit, welche meine Verbindung mit Ihnen, hochzuehrender Gönner, unterbrach, so sehr mit den grossen Bewegungen der Zeit ausgefüllt, woran auch Sie nicht wenig Theil genommen: so würde diese lange Zögerung in Ansehung des Nibelungen-Liedes unmöglich statt gefunden haben. Früher schon hatte ich jene Abschrift begonnen, wurde aber bald darauf ganz davon abgezogen, da ich das Mscpt. zurückgeben musste und alles Wegleihen der Handschriften bei uns strenge untersagt wurde. Ausserdem wurde ich damals zu einer noch festeren Ansicht über die Benutzung der vorhandenen Texte unsers Heldenliedes veranlasst, die ich später in der Beurtheilung der v. d. Hagenʼschen Ausgabe (in der Jen. ALZ.) näher angegeben habe und die ich mit Ihrer Erlaubniss hier kurz berühren will. Die Abweichungen der mir bekannten 3 Handschriften des N. L. sind so manigfaltig und zahlreich, dass mirʼs völlig unstatthaft schien, diese Texte zu Einem gemischten unter einander zu verarbeiten; ich glaubte, jeder dieser Texte habe Ansprüche, als für sich bestehend besonders herausgegeben zu werden (nur dass offenbare Verstösse jedesmal durch die übrigen Codd. getilgt, und was diese mehr enthielten, allemal, doch durch den Druck unterschieden, mit eingefügt würde, so dass die [2] Strophenzahl in allen Abdrücken gleich wäre; wobei sonst, ausser den auffallendsten, namentlich historisch bedeutenden, keine weiteren Varianten der Nebentexte hinzugefügt würden.) Sobald jedem unsrer Texte diess sein Recht widerfahren wäre, möchte dann ihre fernere Anwendung zu jeder critischen oder commentirten neuen Ausgabe dem resp. Unternehmer überlassen bleiben. Hätte ich gewusst, dass Ew. Wohlgeb. mit dieser Ansicht einverstanden wären, so würde ich eine solche Handausgabe des Gedichts nach der 2. H Ems. Hds. mit Vergnügen übernommen haben (die unvollständige, sonst, wie ich glaube, vorzüglichste 1ste H Elms. Hds. wird izt in Wien um 50 Duc. zum Kaufe angeboten). − Da Sie jedoch Ihre übrigen Vorarbeiten beendet haben, und Ihre Ausgabe bald erscheinen lassen wollen, so möge obiges hier blos gelegentlich gesagt seyn; das Mscpt. habe ich nun endlich wieder von der Bibl. geliehen erhalten, und werde mir alle Mühe geben, Ihren Wunsch recht bald zu befriedigen. Ich fange eine neue Abschrift an, da die früheren Bogen wol zu unbequem sind. Ein paar Blätter davon lege ich bei; Sie können sich daraus von jenen zahllosen Abweichungen von neuem überzeugen. Wenn eine Schriftprobe von 5 Versen, aus jeder Hälfte, denn die Hand wechselt, zureichen sollte, so werde ich diese gern besorgen.
Auf Ihre Einleitung etc. zu dem Werke freue ich mich zum höchsten; da der Schluss des Gedichts viele heutige Leser unbefridigt gelassen, so hoffʼ ich, werden Sie Verschiedenes zur Rettung der ganzen Composition in jener Hinsicht nicht unangeregt lassen. − Meine Vorschule der deutschen Alterthumskunde (vorerst eine altdeutsche Grammatik) ist nun beendet; ich wünsche sehr, dass das Buch [3] Ihren Beifall erhalten möge. Einen Auszug für unsre Unterrichtsanstalten, in denen unsre alte Poesie mit aufgenommen ist, hoffe ich in ein paar Jahren folgen lassen zu können. Ausserdem habe ich mehrere unsre Sprache betreffende Untersuchungen vorbereitet, die ich künftig mit einem Freunde u. d. T. „Deutsche Blätter“ herauszugeben wünsche; hier sollten sodann literärische und alterthümliche Mittheilungen ebenfalls ihren Platz finden. Was Gräter in der wiederbegonnenen Iduna (seit Jul. d. J.) gegeben, ist gar unbedeutend und inhaltsleer.
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