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Doch kann ich mich nicht erinnern, es in der letzten Bedeutung im Gebrauch gefunden zu haben.<lb/>Die vertraulichen Abkürzungen der Personennamen sind allerdings uralt, aber seltsam, und oft so willkührlich, daß alle Etymologie daran scheitern muß, wo uns nicht die wahren Originale ausdrücklich gemeldet werden. Ich kann Ihnen hier einen Beitrag liefern, aus dem <persName key="3754">Venantius Fortunatus</persName>: <hi rend="slant:italic">Ragnemundus – Rucco</hi>. – Bei <persName key="6742">Totila</persName> bin ich nicht befriedigt; denn ich frage weiter: was bedeutete Toto? Ich denke immer, er hieß Theodorich, und wurde so als der kleine bezeichnet. Was ist das Original von Pipin? Schwer zu errathen! Sehen Sie nur nach, was <persName key="3755">Ménage</persName> für närrisches Zeug darüber <name key="3756" type="work">vorbringt</name>.<lb/>Nehmen Sie mit diesem Geschwätz vorlieb. Wie bald ich einmal dazu kommen werde, Sie wieder zu besuchen, sehe ich noch nicht voraus. 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[18]32<br>Kurz vor meiner Abreise nach <span class="index-171 tp-20291 ">Paris</span> empfing ich einen Brief von Ihnen, mein hochverehrter Herr und Freund. Da ich nicht mehr Zeit hatte ihn zu beantworten, so nahm ich ihn mit: er ist mir aber unterwegs abhanden gekommen, wiewohl ich sonst Ihre Briefe sorgfältig aufzubewahren pflege. Anbei sende ich Ihnen <span class="index-2600 tp-20294 ">eine kleine Schrift</span>: wenn Sie in <span class="index-19 tp-20292 ">den Göttingischen Anzeigen</span> etwas darüber sagen wollten, es würde mir sehr angenehm seyn. Ich fand noch keine Muße, <span class="index-3746 tp-20295 ">Ihre Rechtsalterthümer</span> zu lesen: meine Freunde sagen mir aber, es sey nicht nur ein gründlich belehrendes, sondern auch ein sehr unterhaltendes Buch. Dieß wundert mich gar nicht; aber wie Sie alle diese großen Arbeiten, neben Ihren Amtsgeschäften zu Stande bringen, das begreife ich nicht. Vermuthlich haben Sie eine andre Art von Tagen als unser einer: von acht und vierzig Stunden wenigstens. Ich sehe, daß Sie im Sanskrit nicht bis zur lebendigen Bekanntschaft gegangen sind. Bei allem was Sie voraus haben, hätte es Ihnen nur wenig Mühe und Zeit gekostet, und die epische Poesie würde Ihnen doch große Freude machen. Auch brauchten Sie sich dann nicht an <span class="index-2426 tp-20293 ">Bopp</span> als Ihren Gewährsmann zu halten, von dem Sie sogar <span class="index-3747 tp-20296 ">das Glossar</span>, ein wahres Pfenningsbuch, citiren. Dem Auslande gegenüber habe ich es schicklich gefunden, ihm ein bedingtes Lob zu ertheilen; mein eigentliches Urtheil ist aber, <span class="slant-italic ">quʼil fait entierement fausse route, et que ses disciples jettent un pauvre coton</span>. Wenn Sie sagen, er habe die Entstehung gewisser Casus aus einer Präposition dargethan; so kann ich nicht beistimmen. Meines Erachtens hat er nichts dargethan, als was wir längst wußten, übrigens aber nur kahle Hypothesen ans Licht gebracht, ohne historische Grundlage und in ganz unphilosophischer Richtung.<br>Die Lesung <span class="index-3562 tp-20312 ">Ihrer Grammatik</span> veranlaßt mich immer zu mancherlei Bemerkungen: aber das alles schriftlich abzuhandeln, wäre zu weitläuftig. Nur einiges zur Probe. Gr. III, p. 296. Die Interjection <span class="slant-italic ">jarîa</span> halte ich für nichts anders als eine Verstümmelung der Namen <span class="index-170 tp-45117 weight-bold ">Jesus</span><span class="weight-bold "> </span><span class="weight-bold index-6495 tp-45118 ">Maria</span><span class="weight-bold ">!</span> Dieß paßt vortrefflich auf die Stellen im <span class="index-3748 tp-20298 ">Rother</span> und <span class="index-194 tp-20297 ">den Nibelungen</span>. Die falsche Leseart des <span class="index-1319 tp-40103 index-195 tp-20299 ">S.[ankt] G.[aller]</span><span class="index-1319 tp-40103 "> Codex</span> findet sich auch in meinen Varianten. Wenn die letzte Sylbe <span class="weight-bold slant-italic ">jô</span> hieße, so würde ich glauben, der Abschreiber habe noch <span class="index-6737 tp-45119 ">den Joseph</span> hineinbringen wollen, den die hiesigen Landleute bei solchem Ausruf niemals vergessen. Den <span class="index-3749 tp-20300 ">Biterolf</span> habe ich nicht zur Hand; aber in der Stelle <span class="index-5847 tp-45120 ">Diut</span>. III, p. 96 vermuthe ich Schreibfehler! Mich dünkt <span class="slant-italic ">ir</span> kann nicht entbehrt werden. Ich lese: <span class="slant-italic ">ach ir gůten chnehte</span>. Eine leidenschaftliche Interjection wäre hier nicht angebracht. Wie gang und gebe solche Ausrufungen im Mittelalter waren, kann uns der Beiname <span class="index-3750 tp-20301 ">des Österreichischen Herzogs Heinrich</span> <span class="weight-bold ">Jasamergott</span> beweisen, wobei ich es <span class="index-3751 tp-20302 ">Herrn Mone</span> überlassen will, einen heidnischen Gott Jasamer daraus zu fabriciren. Die Verstümmelung mochte anfangs absichtlich seyn, um dem Vorwurfe der Entweihung auszuweichen; nachher wurde sie gedankenlos wiederholt, und so konnte es kommen, daß in <span class="weight-bold ">Jemine</span> (meines Erachtens nichts anders als <span class="weight-bold ">Jesus mein</span>) die Quantität der letzten Sylben vertauscht ward.<br><span class="index-6738 tp-45121 ">Den Litthauischen Gott Perkunas</span> habe ich längst mit einem Namen <span class="index-6739 tp-45122 ">des Indras</span> zusammengestellt. <span class="index-6740 tp-45123 ">Parjanyas</span> (das Englische j, versteht sich) so heißt er in seiner Eigenschaft als <span class="index-6741 tp-45124 ">Jupiter</span> pluvius. Das Wort bedeutet auch den befruchtenden Regen, eine Donnerwolke, endlich den Donner selbst. Doch kann ich mich nicht erinnern, es in der letzten Bedeutung im Gebrauch gefunden zu haben.<br>Die vertraulichen Abkürzungen der Personennamen sind allerdings uralt, aber seltsam, und oft so willkührlich, daß alle Etymologie daran scheitern muß, wo uns nicht die wahren Originale ausdrücklich gemeldet werden. Ich kann Ihnen hier einen Beitrag liefern, aus dem <span class="index-3754 tp-20313 ">Venantius Fortunatus</span>: <span class="slant-italic ">Ragnemundus – Rucco</span>. – Bei <span class="index-6742 tp-45125 ">Totila</span> bin ich nicht befriedigt; denn ich frage weiter: was bedeutete Toto? Ich denke immer, er hieß Theodorich, und wurde so als der kleine bezeichnet. Was ist das Original von Pipin? Schwer zu errathen! Sehen Sie nur nach, was <span class="index-3755 tp-20314 ">Ménage</span> für närrisches Zeug darüber <span class="index-3756 tp-20315 ">vorbringt</span>.<br>Nehmen Sie mit diesem Geschwätz vorlieb. Wie bald ich einmal dazu kommen werde, Sie wieder zu besuchen, sehe ich noch nicht voraus. Aber gedenken Sie denn niemals unsern Rhein zu begrüßen? Sie haben, glaube ich, auf diesen Fall <span class="index-1105 tp-20303 ">meinem Freunde Welcker</span> versprochen bei ihm zu wohnen, sonst würden in meinem Hause Zimmer für Sie bereit stehn. Aber Welcker macht keine Haushaltung und meine Küche ist ausgemacht besser als die der Gasthöfe. Das συμφιλολογεῖν würde mir großes Vergnügen gewähren.<br>Nun, leben Sie recht wohl, und empfangen Sie die Versicherung meiner Bewunderung, meiner Dankbarkeit für so manche Belehrung, und meiner freundschaftlichsten Gesinnungen.<br><span class="weight-bold ">A. W. v. Schlegel</span><br><br>d. 14ten Oct. Ich vergaß, Ihnen einige Nachricht von meinen Arbeiten zu geben. Der zweite Band Text <span class="index-3516 tp-20304 ">des Râmâyańa</span> liegt schon seit mehr als enem Jahre fertig gedruckt, ich will ihn aber nicht eher ausgeben, als bis ich wenigstens den ersten Band der Übersetzung zugleich mit liefern kann. Jetzt bin ich nun mit dieser Arbeit beschäftigt, die mir viele Mühe macht. Interlinear-Versionen wie sie <span class="index-2426 tp-20311 ">Bopp</span> und seine Schüler geben, sind leicht zu machen, aber sie sind nur für Abcschüler brauchbar. Dazu verabscheue ich die barbarische Latinität. Den Geist und Gehalt in lebendiger Wendung nachzubilden, ähnliche Eindrücke hervorzubringen, das ist die Kunst. Mit <span class="index-3517 tp-20305 ">dem Hitopadesa</span> wird es mir leichter, und ich hoffe, das Buch soll als ein ganz neues Buch erscheinen. <span class="index-2566 tp-20306 ">Lassen</span> hat den ersten Act <span class="index-3752 tp-20307 ">des Schauspiels Mâlatî und Mâdhava</span> herausgegeben, und in dem ersten Heft <span class="index-3753 tp-20308 ">seines Gymnosophista</span> ein in 70 Distichen abgefaßtes System der Metaphysik, beides mit kritischen Anmerkungen, das letzte auch mit einer Übersetzung. <span class="index-6848 tp-46007 ">Einer meiner Schüler, Dr. Windischmann</span>, einen Auszug aus den Lehren <span class="index-6849 tp-46008 ">des Śankara-âchârya</span>. Sie sehen also, die Reihe ist an die Metaphysik gekommen. Längst ermahne ich meine jungen Freunde zur Mathematik und Astronomie. Lehrbücher der Astronomie in Versen mit der größten Eleganz und wissenschaftlichen Präcision abgefaßt, das wäre doch etwas neues.<br>Ich habe mich besonnen, daß es besser seyn wird, diesen Brief besonders abzusenden, zwei Exemplare <span class="index-2600 tp-20310 ">meiner Schrift</span>, eins für Sie und eins für <span class="index-6156 tp-45126 ">die Societät der Wissenschaften</span> sollen unverzüglich nachfolgen. Der Titel ist: <span class="slant-italic ">Réflexions sur lʼetude des langues asiatiques</span>. Leben Sie nochmals wohl<br>Ihr<br><span class="weight-bold ">A. W. v. 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Nach dem Schulbesuch in Kassel studierte er zusammen mit seinem Bruder Wilhelm Rechtswissenschaften an der Universität Marburg, wo Friedrich Carl von Savigny zu seinen Lehrern gehörte. Als Savigny 1804 wegen wissenschaftlicher Forschungen nach Paris reiste, ließ er Grimm bald nachkommen. Jacob Grimm wandte sich jedoch von den rechtswissenschaftlichen Studien ab und widmete sich der altdeutschen Literatur. Nach Ende des Studiums zog er nach Kassel. Grimm wurde 1808 Bibliothekar des König Jérômes auf Schloss Wilhelmshöhe und 1809 auch zum Auditor im Staatsrat ernannt. 1813, nach Rückkehr des Kurfürsten Wilhelm I., wurde er zum Legationssekretär des hessischen Gesandten auserkoren. Von 1814 bis 1815 nahm er am Wiener Kongress teil. Bis Ende 1815 war er zudem Beauftragter Preußens für Handschriften in Paris. 1816 wurde er wie sein Bruder Bibliothekssekretär in Kassel. 1830 wurde Jacob Grimm als ordentlicher Professor nach Göttingen berufen. Als Mitunterzeichner des Protestes der „Göttinger Sieben“ wurden beide Brüder 1837 durch den König von Hannover ihres Amtes enthoben. In der Folge lebten sie wieder in Kassel. Der preußische König Friedrich Wilhelm IV. lud 1841 beide Brüder nach Berlin ein, wo sie sich niederließen, um an der dortigen Universität zu lehren. Im selben Jahr erfolgte die Aufnahme als Mitglied der Königlichen Akademie der Wissenschaften, 1852 die Wahl als Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Jacob Grimm war auch politisch engagiert, der Frankfurter Nationalversammlung gehörte er 1848/49 als Abgeordneter mit Platz im „rechten Centrum“ an. Zusammen mit seinem Bruder Wilhelm gilt Jacob Grimm als Begründer der germanistischen Altertumswissenschaften und der deutschen Philologie. Berühmt wurden die beiden Brüder durch ihre gemeinsame Sammlung von Kinder- und Hausmärchen und ihr wegweisendes Projekt eines Deutschen Wörterbuchs (ab 1838, 1. Band 1854). 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Lehrbücher der Astronomie in Versen mit der größten Eleganz und wissenschaftlichen Präcision abgefaßt, das wäre doch etwas neues.<lb/>Ich habe mich besonnen, daß es besser seyn wird, diesen Brief besonders abzusenden, zwei Exemplare <name key="2600" type="work">meiner Schrift</name>, eins für Sie und eins für <orgName key="6156">die Societät der Wissenschaften</orgName> sollen unverzüglich nachfolgen. Der Titel ist: <hi rend="slant:italic">Réflexions sur lʼetude des langues asiatiques</hi>. Leben Sie nochmals wohl<lb/>Ihr<lb/><hi rend="weight:bold">A. W. v. S.</hi></p>', '36_xml_standoff' => '<anchor type="b" n="887" ana="10" xml:id="NidB20290"/>Bonn<anchor type="e" n="887" ana="10" xml:id="NidE20290"/> d. 13<hi rend="offset:4">ten</hi> Oct. [18]32<lb/>Kurz vor meiner Abreise nach <anchor type="b" n="171" ana="10" xml:id="NidB20291"/>Paris<anchor type="e" n="171" ana="10" xml:id="NidE20291"/> empfing ich einen Brief von Ihnen, mein hochverehrter Herr und Freund. Da ich nicht mehr Zeit hatte ihn zu beantworten, so nahm ich ihn mit: er ist mir aber unterwegs abhanden gekommen, wiewohl ich sonst Ihre Briefe sorgfältig aufzubewahren pflege. Anbei sende ich Ihnen <anchor type="b" n="2600" ana="12" xml:id="NidB20294"/>eine kleine Schrift<anchor type="e" n="2600" ana="12" xml:id="NidE20294"/>: wenn Sie in <anchor type="b" n="19" ana="13" xml:id="NidB20292"/>den Göttingischen Anzeigen<anchor type="e" n="19" ana="13" xml:id="NidE20292"/> etwas darüber sagen wollten, es würde mir sehr angenehm seyn. Ich fand noch keine Muße, <anchor type="b" n="3746" ana="12" xml:id="NidB20295"/>Ihre Rechtsalterthümer<anchor type="e" n="3746" ana="12" xml:id="NidE20295"/> zu lesen: meine Freunde sagen mir aber, es sey nicht nur ein gründlich belehrendes, sondern auch ein sehr unterhaltendes Buch. Dieß wundert mich gar nicht; aber wie Sie alle diese großen Arbeiten, neben Ihren Amtsgeschäften zu Stande bringen, das begreife ich nicht. Vermuthlich haben Sie eine andre Art von Tagen als unser einer: von acht und vierzig Stunden wenigstens. Ich sehe, daß Sie im Sanskrit nicht bis zur lebendigen Bekanntschaft gegangen sind. Bei allem was Sie voraus haben, hätte es Ihnen nur wenig Mühe und Zeit gekostet, und die epische Poesie würde Ihnen doch große Freude machen. Auch brauchten Sie sich dann nicht an <anchor type="b" n="2426" ana="11" xml:id="NidB20293"/>Bopp<anchor type="e" n="2426" ana="11" xml:id="NidE20293"/> als Ihren Gewährsmann zu halten, von dem Sie sogar <anchor type="b" n="3747" ana="12" xml:id="NidB20296"/>das Glossar<anchor type="e" n="3747" ana="12" xml:id="NidE20296"/>, ein wahres Pfenningsbuch, citiren. Dem Auslande gegenüber habe ich es schicklich gefunden, ihm ein bedingtes Lob zu ertheilen; mein eigentliches Urtheil ist aber, <hi rend="slant:italic">quʼil fait entierement fausse route, et que ses disciples jettent un pauvre coton</hi>. Wenn Sie sagen, er habe die Entstehung gewisser Casus aus einer Präposition dargethan; so kann ich nicht beistimmen. Meines Erachtens hat er nichts dargethan, als was wir längst wußten, übrigens aber nur kahle Hypothesen ans Licht gebracht, ohne historische Grundlage und in ganz unphilosophischer Richtung.<lb/>Die Lesung <anchor type="b" n="3562" ana="12" xml:id="NidB20312"/>Ihrer Grammatik<anchor type="e" n="3562" ana="12" xml:id="NidE20312"/> veranlaßt mich immer zu mancherlei Bemerkungen: aber das alles schriftlich abzuhandeln, wäre zu weitläuftig. Nur einiges zur Probe. Gr. III, p. 296. Die Interjection <hi rend="slant:italic">jarîa</hi> halte ich für nichts anders als eine Verstümmelung der Namen <hi rend="weight:bold"><anchor type="b" n="170" ana="11" xml:id="NidB45117"/>Jesus<anchor type="e" n="170" ana="11" xml:id="NidE45117"/> <anchor type="b" n="6495" ana="11" xml:id="NidB45118"/>Maria<anchor type="e" n="6495" ana="11" xml:id="NidE45118"/>!</hi> Dieß paßt vortrefflich auf die Stellen im <anchor type="b" n="3748" ana="12" xml:id="NidB20298"/>Rother<anchor type="e" n="3748" ana="12" xml:id="NidE20298"/> und <anchor type="b" n="194" ana="12" xml:id="NidB20297"/>den Nibelungen<anchor type="e" n="194" ana="12" xml:id="NidE20297"/>. Die falsche Leseart des <anchor type="b" n="1319" ana="12" xml:id="NidB40103"/><anchor type="b" n="195" ana="10" xml:id="NidB20299"/>S.[ankt] G.[aller]<anchor type="e" n="195" ana="10" xml:id="NidE20299"/> Codex<anchor type="e" n="1319" ana="12" xml:id="NidE40103"/> findet sich auch in meinen Varianten. Wenn die letzte Sylbe <hi rend="weight:bold;slant:italic">jô</hi> hieße, so würde ich glauben, der Abschreiber habe noch <anchor type="b" n="6737" ana="11" xml:id="NidB45119"/>den Joseph<anchor type="e" n="6737" ana="11" xml:id="NidE45119"/> hineinbringen wollen, den die hiesigen Landleute bei solchem Ausruf niemals vergessen. Den <anchor type="b" n="3749" ana="11" xml:id="NidB20300"/>Biterolf<anchor type="e" n="3749" ana="11" xml:id="NidE20300"/> habe ich nicht zur Hand; aber in der Stelle <anchor type="b" n="5847" ana="12" xml:id="NidB45120"/>Diut<anchor type="e" n="5847" ana="12" xml:id="NidE45120"/>. III, p. 96 vermuthe ich Schreibfehler! Mich dünkt <hi rend="slant:italic">ir</hi> kann nicht entbehrt werden. Ich lese: <hi rend="slant:italic">ach ir gůten chnehte</hi>. Eine leidenschaftliche Interjection wäre hier nicht angebracht. Wie gang und gebe solche Ausrufungen im Mittelalter waren, kann uns der Beiname <anchor type="b" n="3750" ana="11" xml:id="NidB20301"/>des Österreichischen Herzogs Heinrich<anchor type="e" n="3750" ana="11" xml:id="NidE20301"/> <hi rend="weight:bold">Jasamergott</hi> beweisen, wobei ich es <anchor type="b" n="3751" ana="11" xml:id="NidB20302"/>Herrn Mone<anchor type="e" n="3751" ana="11" xml:id="NidE20302"/> überlassen will, einen heidnischen Gott Jasamer daraus zu fabriciren. Die Verstümmelung mochte anfangs absichtlich seyn, um dem Vorwurfe der Entweihung auszuweichen; nachher wurde sie gedankenlos wiederholt, und so konnte es kommen, daß in <hi rend="weight:bold">Jemine</hi> (meines Erachtens nichts anders als <hi rend="weight:bold">Jesus mein</hi>) die Quantität der letzten Sylben vertauscht ward.<lb/><anchor type="b" n="6738" ana="11" xml:id="NidB45121"/>Den Litthauischen Gott Perkunas<anchor type="e" n="6738" ana="11" xml:id="NidE45121"/> habe ich längst mit einem Namen <anchor type="b" n="6739" ana="11" xml:id="NidB45122"/>des Indras<anchor type="e" n="6739" ana="11" xml:id="NidE45122"/> zusammengestellt. <anchor type="b" n="6740" ana="11" xml:id="NidB45123"/>Parjanyas<anchor type="e" n="6740" ana="11" xml:id="NidE45123"/> (das Englische j, versteht sich) so heißt er in seiner Eigenschaft als <anchor type="b" n="6741" ana="11" xml:id="NidB45124"/>Jupiter<anchor type="e" n="6741" ana="11" xml:id="NidE45124"/> pluvius. Das Wort bedeutet auch den befruchtenden Regen, eine Donnerwolke, endlich den Donner selbst. Doch kann ich mich nicht erinnern, es in der letzten Bedeutung im Gebrauch gefunden zu haben.<lb/>Die vertraulichen Abkürzungen der Personennamen sind allerdings uralt, aber seltsam, und oft so willkührlich, daß alle Etymologie daran scheitern muß, wo uns nicht die wahren Originale ausdrücklich gemeldet werden. Ich kann Ihnen hier einen Beitrag liefern, aus dem <anchor type="b" n="3754" ana="11" xml:id="NidB20313"/>Venantius Fortunatus<anchor type="e" n="3754" ana="11" xml:id="NidE20313"/>: <hi rend="slant:italic">Ragnemundus – Rucco</hi>. – Bei <anchor type="b" n="6742" ana="11" xml:id="NidB45125"/>Totila<anchor type="e" n="6742" ana="11" xml:id="NidE45125"/> bin ich nicht befriedigt; denn ich frage weiter: was bedeutete Toto? Ich denke immer, er hieß Theodorich, und wurde so als der kleine bezeichnet. Was ist das Original von Pipin? Schwer zu errathen! Sehen Sie nur nach, was <anchor type="b" n="3755" ana="11" xml:id="NidB20314"/>Ménage<anchor type="e" n="3755" ana="11" xml:id="NidE20314"/> für närrisches Zeug darüber <anchor type="b" n="3756" ana="12" xml:id="NidB20315"/>vorbringt<anchor type="e" n="3756" ana="12" xml:id="NidE20315"/>.<lb/>Nehmen Sie mit diesem Geschwätz vorlieb. Wie bald ich einmal dazu kommen werde, Sie wieder zu besuchen, sehe ich noch nicht voraus. Aber gedenken Sie denn niemals unsern Rhein zu begrüßen? Sie haben, glaube ich, auf diesen Fall <anchor type="b" n="1105" ana="11" xml:id="NidB20303"/>meinem Freunde Welcker<anchor type="e" n="1105" ana="11" xml:id="NidE20303"/> versprochen bei ihm zu wohnen, sonst würden in meinem Hause Zimmer für Sie bereit stehn. Aber Welcker macht keine Haushaltung und meine Küche ist ausgemacht besser als die der Gasthöfe. Das συμφιλολογεῖν würde mir großes Vergnügen gewähren.<lb/>Nun, leben Sie recht wohl, und empfangen Sie die Versicherung meiner Bewunderung, meiner Dankbarkeit für so manche Belehrung, und meiner freundschaftlichsten Gesinnungen.<lb/><hi rend="weight:bold">A. W. v. Schlegel</hi><lb/><lb/>d. 14ten Oct. Ich vergaß, Ihnen einige Nachricht von meinen Arbeiten zu geben. Der zweite Band Text <anchor type="b" n="3516" ana="12" xml:id="NidB20304"/>des Râmâyańa<anchor type="e" n="3516" ana="12" xml:id="NidE20304"/> liegt schon seit mehr als enem Jahre fertig gedruckt, ich will ihn aber nicht eher ausgeben, als bis ich wenigstens den ersten Band der Übersetzung zugleich mit liefern kann. Jetzt bin ich nun mit dieser Arbeit beschäftigt, die mir viele Mühe macht. Interlinear-Versionen wie sie <anchor type="b" n="2426" ana="11" xml:id="NidB20311"/>Bopp<anchor type="e" n="2426" ana="11" xml:id="NidE20311"/> und seine Schüler geben, sind leicht zu machen, aber sie sind nur für Abcschüler brauchbar. Dazu verabscheue ich die barbarische Latinität. Den Geist und Gehalt in lebendiger Wendung nachzubilden, ähnliche Eindrücke hervorzubringen, das ist die Kunst. 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Nach dem Schulbesuch in Kassel studierte er zusammen mit seinem Bruder Wilhelm Rechtswissenschaften an der Universität Marburg, wo Friedrich Carl von Savigny zu seinen Lehrern gehörte. Als Savigny 1804 wegen wissenschaftlicher Forschungen nach Paris reiste, ließ er Grimm bald nachkommen. Jacob Grimm wandte sich jedoch von den rechtswissenschaftlichen Studien ab und widmete sich der altdeutschen Literatur. Nach Ende des Studiums zog er nach Kassel. Grimm wurde 1808 Bibliothekar des König Jérômes auf Schloss Wilhelmshöhe und 1809 auch zum Auditor im Staatsrat ernannt. 1813, nach Rückkehr des Kurfürsten Wilhelm I., wurde er zum Legationssekretär des hessischen Gesandten auserkoren. Von 1814 bis 1815 nahm er am Wiener Kongress teil. Bis Ende 1815 war er zudem Beauftragter Preußens für Handschriften in Paris. 1816 wurde er wie sein Bruder Bibliothekssekretär in Kassel. 1830 wurde Jacob Grimm als ordentlicher Professor nach Göttingen berufen. Als Mitunterzeichner des Protestes der „Göttinger Sieben“ wurden beide Brüder 1837 durch den König von Hannover ihres Amtes enthoben. In der Folge lebten sie wieder in Kassel. Der preußische König Friedrich Wilhelm IV. lud 1841 beide Brüder nach Berlin ein, wo sie sich niederließen, um an der dortigen Universität zu lehren. Im selben Jahr erfolgte die Aufnahme als Mitglied der Königlichen Akademie der Wissenschaften, 1852 die Wahl als Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Jacob Grimm war auch politisch engagiert, der Frankfurter Nationalversammlung gehörte er 1848/49 als Abgeordneter mit Platz im „rechten Centrum“ an. Zusammen mit seinem Bruder Wilhelm gilt Jacob Grimm als Begründer der germanistischen Altertumswissenschaften und der deutschen Philologie. Berühmt wurden die beiden Brüder durch ihre gemeinsame Sammlung von Kinder- und Hausmärchen und ihr wegweisendes Projekt eines Deutschen Wörterbuchs (ab 1838, 1. Band 1854). 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Bonn d. 13ten Oct. [18]32
Kurz vor meiner Abreise nach Paris empfing ich einen Brief von Ihnen, mein hochverehrter Herr und Freund. Da ich nicht mehr Zeit hatte ihn zu beantworten, so nahm ich ihn mit: er ist mir aber unterwegs abhanden gekommen, wiewohl ich sonst Ihre Briefe sorgfältig aufzubewahren pflege. Anbei sende ich Ihnen eine kleine Schrift: wenn Sie in den Göttingischen Anzeigen etwas darüber sagen wollten, es würde mir sehr angenehm seyn. Ich fand noch keine Muße, Ihre Rechtsalterthümer zu lesen: meine Freunde sagen mir aber, es sey nicht nur ein gründlich belehrendes, sondern auch ein sehr unterhaltendes Buch. Dieß wundert mich gar nicht; aber wie Sie alle diese großen Arbeiten, neben Ihren Amtsgeschäften zu Stande bringen, das begreife ich nicht. Vermuthlich haben Sie eine andre Art von Tagen als unser einer: von acht und vierzig Stunden wenigstens. Ich sehe, daß Sie im Sanskrit nicht bis zur lebendigen Bekanntschaft gegangen sind. Bei allem was Sie voraus haben, hätte es Ihnen nur wenig Mühe und Zeit gekostet, und die epische Poesie würde Ihnen doch große Freude machen. Auch brauchten Sie sich dann nicht an Bopp als Ihren Gewährsmann zu halten, von dem Sie sogar das Glossar, ein wahres Pfenningsbuch, citiren. Dem Auslande gegenüber habe ich es schicklich gefunden, ihm ein bedingtes Lob zu ertheilen; mein eigentliches Urtheil ist aber, quʼil fait entierement fausse route, et que ses disciples jettent un pauvre coton. Wenn Sie sagen, er habe die Entstehung gewisser Casus aus einer Präposition dargethan; so kann ich nicht beistimmen. Meines Erachtens hat er nichts dargethan, als was wir längst wußten, übrigens aber nur kahle Hypothesen ans Licht gebracht, ohne historische Grundlage und in ganz unphilosophischer Richtung.
Die Lesung Ihrer Grammatik veranlaßt mich immer zu mancherlei Bemerkungen: aber das alles schriftlich abzuhandeln, wäre zu weitläuftig. Nur einiges zur Probe. Gr. III, p. 296. Die Interjection jarîa halte ich für nichts anders als eine Verstümmelung der Namen Jesus Maria! Dieß paßt vortrefflich auf die Stellen im Rother und den Nibelungen. Die falsche Leseart des S.[ankt] G.[aller] Codex findet sich auch in meinen Varianten. Wenn die letzte Sylbe jô hieße, so würde ich glauben, der Abschreiber habe noch den Joseph hineinbringen wollen, den die hiesigen Landleute bei solchem Ausruf niemals vergessen. Den Biterolf habe ich nicht zur Hand; aber in der Stelle Diut. III, p. 96 vermuthe ich Schreibfehler! Mich dünkt ir kann nicht entbehrt werden. Ich lese: ach ir gůten chnehte. Eine leidenschaftliche Interjection wäre hier nicht angebracht. Wie gang und gebe solche Ausrufungen im Mittelalter waren, kann uns der Beiname des Österreichischen Herzogs Heinrich Jasamergott beweisen, wobei ich es Herrn Mone überlassen will, einen heidnischen Gott Jasamer daraus zu fabriciren. Die Verstümmelung mochte anfangs absichtlich seyn, um dem Vorwurfe der Entweihung auszuweichen; nachher wurde sie gedankenlos wiederholt, und so konnte es kommen, daß in Jemine (meines Erachtens nichts anders als Jesus mein) die Quantität der letzten Sylben vertauscht ward.
Den Litthauischen Gott Perkunas habe ich längst mit einem Namen des Indras zusammengestellt. Parjanyas (das Englische j, versteht sich) so heißt er in seiner Eigenschaft als Jupiter pluvius. Das Wort bedeutet auch den befruchtenden Regen, eine Donnerwolke, endlich den Donner selbst. Doch kann ich mich nicht erinnern, es in der letzten Bedeutung im Gebrauch gefunden zu haben.
Die vertraulichen Abkürzungen der Personennamen sind allerdings uralt, aber seltsam, und oft so willkührlich, daß alle Etymologie daran scheitern muß, wo uns nicht die wahren Originale ausdrücklich gemeldet werden. Ich kann Ihnen hier einen Beitrag liefern, aus dem Venantius Fortunatus: Ragnemundus – Rucco. – Bei Totila bin ich nicht befriedigt; denn ich frage weiter: was bedeutete Toto? Ich denke immer, er hieß Theodorich, und wurde so als der kleine bezeichnet. Was ist das Original von Pipin? Schwer zu errathen! Sehen Sie nur nach, was Ménage für närrisches Zeug darüber vorbringt.
Nehmen Sie mit diesem Geschwätz vorlieb. Wie bald ich einmal dazu kommen werde, Sie wieder zu besuchen, sehe ich noch nicht voraus. Aber gedenken Sie denn niemals unsern Rhein zu begrüßen? Sie haben, glaube ich, auf diesen Fall meinem Freunde Welcker versprochen bei ihm zu wohnen, sonst würden in meinem Hause Zimmer für Sie bereit stehn. Aber Welcker macht keine Haushaltung und meine Küche ist ausgemacht besser als die der Gasthöfe. Das συμφιλολογεῖν würde mir großes Vergnügen gewähren.
Nun, leben Sie recht wohl, und empfangen Sie die Versicherung meiner Bewunderung, meiner Dankbarkeit für so manche Belehrung, und meiner freundschaftlichsten Gesinnungen.
A. W. v. Schlegel
d. 14ten Oct. Ich vergaß, Ihnen einige Nachricht von meinen Arbeiten zu geben. Der zweite Band Text des Râmâyańa liegt schon seit mehr als enem Jahre fertig gedruckt, ich will ihn aber nicht eher ausgeben, als bis ich wenigstens den ersten Band der Übersetzung zugleich mit liefern kann. Jetzt bin ich nun mit dieser Arbeit beschäftigt, die mir viele Mühe macht. Interlinear-Versionen wie sie Bopp und seine Schüler geben, sind leicht zu machen, aber sie sind nur für Abcschüler brauchbar. Dazu verabscheue ich die barbarische Latinität. Den Geist und Gehalt in lebendiger Wendung nachzubilden, ähnliche Eindrücke hervorzubringen, das ist die Kunst. Mit dem Hitopadesa wird es mir leichter, und ich hoffe, das Buch soll als ein ganz neues Buch erscheinen. Lassen hat den ersten Act des Schauspiels Mâlatî und Mâdhava herausgegeben, und in dem ersten Heft seines Gymnosophista ein in 70 Distichen abgefaßtes System der Metaphysik, beides mit kritischen Anmerkungen, das letzte auch mit einer Übersetzung. Einer meiner Schüler, Dr. Windischmann, einen Auszug aus den Lehren des Śankara-âchârya. Sie sehen also, die Reihe ist an die Metaphysik gekommen. Längst ermahne ich meine jungen Freunde zur Mathematik und Astronomie. Lehrbücher der Astronomie in Versen mit der größten Eleganz und wissenschaftlichen Präcision abgefaßt, das wäre doch etwas neues.
Ich habe mich besonnen, daß es besser seyn wird, diesen Brief besonders abzusenden, zwei Exemplare meiner Schrift, eins für Sie und eins für die Societät der Wissenschaften sollen unverzüglich nachfolgen. Der Titel ist: Réflexions sur lʼetude des langues asiatiques. Leben Sie nochmals wohl
Ihr
A. W. v. S.
Kurz vor meiner Abreise nach Paris empfing ich einen Brief von Ihnen, mein hochverehrter Herr und Freund. Da ich nicht mehr Zeit hatte ihn zu beantworten, so nahm ich ihn mit: er ist mir aber unterwegs abhanden gekommen, wiewohl ich sonst Ihre Briefe sorgfältig aufzubewahren pflege. Anbei sende ich Ihnen eine kleine Schrift: wenn Sie in den Göttingischen Anzeigen etwas darüber sagen wollten, es würde mir sehr angenehm seyn. Ich fand noch keine Muße, Ihre Rechtsalterthümer zu lesen: meine Freunde sagen mir aber, es sey nicht nur ein gründlich belehrendes, sondern auch ein sehr unterhaltendes Buch. Dieß wundert mich gar nicht; aber wie Sie alle diese großen Arbeiten, neben Ihren Amtsgeschäften zu Stande bringen, das begreife ich nicht. Vermuthlich haben Sie eine andre Art von Tagen als unser einer: von acht und vierzig Stunden wenigstens. Ich sehe, daß Sie im Sanskrit nicht bis zur lebendigen Bekanntschaft gegangen sind. Bei allem was Sie voraus haben, hätte es Ihnen nur wenig Mühe und Zeit gekostet, und die epische Poesie würde Ihnen doch große Freude machen. Auch brauchten Sie sich dann nicht an Bopp als Ihren Gewährsmann zu halten, von dem Sie sogar das Glossar, ein wahres Pfenningsbuch, citiren. Dem Auslande gegenüber habe ich es schicklich gefunden, ihm ein bedingtes Lob zu ertheilen; mein eigentliches Urtheil ist aber, quʼil fait entierement fausse route, et que ses disciples jettent un pauvre coton. Wenn Sie sagen, er habe die Entstehung gewisser Casus aus einer Präposition dargethan; so kann ich nicht beistimmen. Meines Erachtens hat er nichts dargethan, als was wir längst wußten, übrigens aber nur kahle Hypothesen ans Licht gebracht, ohne historische Grundlage und in ganz unphilosophischer Richtung.
Die Lesung Ihrer Grammatik veranlaßt mich immer zu mancherlei Bemerkungen: aber das alles schriftlich abzuhandeln, wäre zu weitläuftig. Nur einiges zur Probe. Gr. III, p. 296. Die Interjection jarîa halte ich für nichts anders als eine Verstümmelung der Namen Jesus Maria! Dieß paßt vortrefflich auf die Stellen im Rother und den Nibelungen. Die falsche Leseart des S.[ankt] G.[aller] Codex findet sich auch in meinen Varianten. Wenn die letzte Sylbe jô hieße, so würde ich glauben, der Abschreiber habe noch den Joseph hineinbringen wollen, den die hiesigen Landleute bei solchem Ausruf niemals vergessen. Den Biterolf habe ich nicht zur Hand; aber in der Stelle Diut. III, p. 96 vermuthe ich Schreibfehler! Mich dünkt ir kann nicht entbehrt werden. Ich lese: ach ir gůten chnehte. Eine leidenschaftliche Interjection wäre hier nicht angebracht. Wie gang und gebe solche Ausrufungen im Mittelalter waren, kann uns der Beiname des Österreichischen Herzogs Heinrich Jasamergott beweisen, wobei ich es Herrn Mone überlassen will, einen heidnischen Gott Jasamer daraus zu fabriciren. Die Verstümmelung mochte anfangs absichtlich seyn, um dem Vorwurfe der Entweihung auszuweichen; nachher wurde sie gedankenlos wiederholt, und so konnte es kommen, daß in Jemine (meines Erachtens nichts anders als Jesus mein) die Quantität der letzten Sylben vertauscht ward.
Den Litthauischen Gott Perkunas habe ich längst mit einem Namen des Indras zusammengestellt. Parjanyas (das Englische j, versteht sich) so heißt er in seiner Eigenschaft als Jupiter pluvius. Das Wort bedeutet auch den befruchtenden Regen, eine Donnerwolke, endlich den Donner selbst. Doch kann ich mich nicht erinnern, es in der letzten Bedeutung im Gebrauch gefunden zu haben.
Die vertraulichen Abkürzungen der Personennamen sind allerdings uralt, aber seltsam, und oft so willkührlich, daß alle Etymologie daran scheitern muß, wo uns nicht die wahren Originale ausdrücklich gemeldet werden. Ich kann Ihnen hier einen Beitrag liefern, aus dem Venantius Fortunatus: Ragnemundus – Rucco. – Bei Totila bin ich nicht befriedigt; denn ich frage weiter: was bedeutete Toto? Ich denke immer, er hieß Theodorich, und wurde so als der kleine bezeichnet. Was ist das Original von Pipin? Schwer zu errathen! Sehen Sie nur nach, was Ménage für närrisches Zeug darüber vorbringt.
Nehmen Sie mit diesem Geschwätz vorlieb. Wie bald ich einmal dazu kommen werde, Sie wieder zu besuchen, sehe ich noch nicht voraus. Aber gedenken Sie denn niemals unsern Rhein zu begrüßen? Sie haben, glaube ich, auf diesen Fall meinem Freunde Welcker versprochen bei ihm zu wohnen, sonst würden in meinem Hause Zimmer für Sie bereit stehn. Aber Welcker macht keine Haushaltung und meine Küche ist ausgemacht besser als die der Gasthöfe. Das συμφιλολογεῖν würde mir großes Vergnügen gewähren.
Nun, leben Sie recht wohl, und empfangen Sie die Versicherung meiner Bewunderung, meiner Dankbarkeit für so manche Belehrung, und meiner freundschaftlichsten Gesinnungen.
A. W. v. Schlegel
d. 14ten Oct. Ich vergaß, Ihnen einige Nachricht von meinen Arbeiten zu geben. Der zweite Band Text des Râmâyańa liegt schon seit mehr als enem Jahre fertig gedruckt, ich will ihn aber nicht eher ausgeben, als bis ich wenigstens den ersten Band der Übersetzung zugleich mit liefern kann. Jetzt bin ich nun mit dieser Arbeit beschäftigt, die mir viele Mühe macht. Interlinear-Versionen wie sie Bopp und seine Schüler geben, sind leicht zu machen, aber sie sind nur für Abcschüler brauchbar. Dazu verabscheue ich die barbarische Latinität. Den Geist und Gehalt in lebendiger Wendung nachzubilden, ähnliche Eindrücke hervorzubringen, das ist die Kunst. Mit dem Hitopadesa wird es mir leichter, und ich hoffe, das Buch soll als ein ganz neues Buch erscheinen. Lassen hat den ersten Act des Schauspiels Mâlatî und Mâdhava herausgegeben, und in dem ersten Heft seines Gymnosophista ein in 70 Distichen abgefaßtes System der Metaphysik, beides mit kritischen Anmerkungen, das letzte auch mit einer Übersetzung. Einer meiner Schüler, Dr. Windischmann, einen Auszug aus den Lehren des Śankara-âchârya. Sie sehen also, die Reihe ist an die Metaphysik gekommen. Längst ermahne ich meine jungen Freunde zur Mathematik und Astronomie. Lehrbücher der Astronomie in Versen mit der größten Eleganz und wissenschaftlichen Präcision abgefaßt, das wäre doch etwas neues.
Ich habe mich besonnen, daß es besser seyn wird, diesen Brief besonders abzusenden, zwei Exemplare meiner Schrift, eins für Sie und eins für die Societät der Wissenschaften sollen unverzüglich nachfolgen. Der Titel ist: Réflexions sur lʼetude des langues asiatiques. Leben Sie nochmals wohl
Ihr
A. W. v. S.