• August Wilhelm von Schlegel to Karl von Hardenberg

  • Place of Dispatch: Coppet · Place of Destination: Unknown · Date: 04.08.1808
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
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    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Karl von Hardenberg
  • Place of Dispatch: Coppet
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 04.08.1808
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 343347008
  • Bibliography: Briefe von und an August Wilhelm Schlegel. Gesammelt und erläutert durch Josef Körner. Bd. 1. Zürich u.a. 1930, S. 215‒218.
  • Incipit: „Coppet d. 4t Aug [180]8
    Ich kann Ihnen nicht sagen, mein treuerster und verehrtester Freund, wie wohlthätig die kurzen mit Ihnen zugebrachten [...]“
    Manuscript
  • Provider: Biblioteka Jagiellońska, Krakau
    Language
  • German
Coppet d. 4t Aug [180]8
Ich kann Ihnen nicht sagen, mein treuerster und verehrtester Freund, wie wohlthätig die kurzen mit Ihnen zugebrachten Stunden auf mich gewirkt haben. Wollte mir der Himmel vergönnen, länger mit Ihnen zu leben, wie gerne würde ich Sie zum Berather des innigsten Verlangens und der Ruhe meines Gemüthes machen! Auch der Eintritt in einen häuslichen Kreis wie der Ihrige hat mich freundlich angeregt, wie wohl ich mir sagen muß, daß ich dieß Glück in früheren Jahren verfehlt habe, und daß es nun zu spät ist, es noch zu suchen.
In Hannover war mein Hauptgeschäft, meine Mutter wegen des Schrittes, den Friedrich gethan, zu beruhigen, was mir auch in bedeutendem Grade gelungen ist. Da es noch nicht hat gelingen wollen, ihm ein festes Auskommen zu sichern, so war sie außerdem über die Einbuße einer Rente von 200 rth. die er sich dadurch zugezogen, bekümmert. Ich weiß nicht, ob er Ihnen davon wird gesagt haben: es war ein Canonicat, in welches er so eben eingerückt. Mir ist dieser Verlust eher lieb. Bey dem Zustande des Hannöverischen Landes, würde er es doch vielleicht bald verlohren haben.
Melden Sie mir ja, ob schon Angriffe auf Friedrich dieserhalb erschienen sind, worauf wir wohl gefaßt seyn müssen. Die vortreffliche Beurtheilung von Stollbergs Schrift in den Heidelberger Jahrbüchern kann Veranlassung dazu geben. Ob Stollberg wird zufrieden gewesen seyn?
Seine ersten Nachrichten aus Wien lauten recht günstig: meine Gönner haben ihn ausgezeichnet empfangen, und mehre Gelehrte kommen ihm mit Freundschaft entgegen; besonders Hormayr der ihm wegen seiner Kenntnisse und der Aufsicht über die Archive sehr wichtig ist.
Unsre Freundin Sophie hat manches unangenehme erlebt: sie hat wieder einen gerichtlichen Anfall wegen ihrer Kinder zu bestehen gehabt, jedoch ihn glücklich zurückgeschlagen. Ihr ältester Sohn, der ihr auch sonst durch seine Anlagen weit weniger Freude macht als der jüngere, ist gefährlich am Scharlachfieber krank gewesen, und war bey Abgang des Briefes noch nicht völlig wieder hergestellt.
Von Kn[orring]ʼs Lage lauten Friedrichs Nachrichten beruhigend. Ich bin nur in Bezug auf Sie in Sorgen, wenn er etwa jetzt Gelder aus Rußland ziehen muß, denn, wie ich aus Wien höre, ist der Wechsel so unglaublich niedrig, daß der Rubel auf den fünften Theil seines Werthes gesunken ist.
Mit Flore und Blanscheflur habe ich mich schon beschäftigt, und schlage es dem Buchhändler Zimmer in Heidelberg zum Verlage vor, der ein sehr wackrer Mann zu seyn scheint.
Wenn ich nur erst eine Probe von Carl V hätte! Da ich das Werk so laut angekündigt habe, als wäre es der Vollendung nahe, so bekümmert mich Friedrichs Saumseligkeit dabey nicht wenig.
Was aber sehr erstaunlich, ist meine beynahe gewisse Aussicht auf den Winter nach Wien zurückzukehren. Da wird sich mit vereinten Kräften und Gesinnungen manches Gute und ersprießliche wirken lassen.
Schaumburg hat sich zum Verlag meiner Vorlesungen erboten. Dieß ist mir lieb, da ich besonders dort und überhaupt im Österreich gelesen zu werden wünsche.
So flüchtig meine Reise war, habe ich doch manche merkwürdige Bekanntschaften erneuert und einige gestiftet. Mit Joh. v. Müller hatte ich eine lange vertrauliche Unterredung: er ist zu allem Guten bereit, wenn nur ein andrer Festigkeit für ihn haben könnte.
Arnim, den ich in Heidelberg sprach, hat ein geistreiches Wesen, jedoch nicht ohne Beymischung von Eitelkeit und Thorheit, indessen ist seine Kenntniß altdeutscher Bücher, und seine Liebe dazu immer zu schätzen. Görres habe ich nicht Zeit gehabt zu sehen.
Welch ein herrliches Land von Frankfurt bis Basel! Ich sah es mit gemischtem Entzücken: solch ein Boden, solch eine reine und edle Abstammung, und was wird nun aus dem allem?
Darf ich Sie wiederum mit meinen Geschäften behelligen? Ich schicke Ihnen hier einen Wechsel auf 20 Carolinen, theils zur Bezahlung einiger Schulden in Berlin, theils für die Kosten des Rechtshandels und zur Abschließung eines friedlichen Vergleichs mit den Erben des Schneiders Feige. Bevollmächtigen Sie doch den Anwald in Berlin hiezu. Ich will lieber etwas einbüßen, als meine Bibliothek und Papiere noch länger in Bernhardiʼs Händen wissen. Wenn nur der Justizkommissar die Vorsicht gehabt hat, sogleich auf Auslieferung des Schlüssels zum Schrank an das Stadtgericht, und auf Versiegelung zu dringen, sonst kann mir Bernhardi üble Streiche gespielt haben. Meine Schulden in Berlin will ich Ihnen auf einem besondern Zettel anmerken, und bitte, sie nach der Ordnung tilgen zu lassen, wie sie stehen, so weit das von der Beendigung des Rechtshandels übrige Geld reicht. Das Rückständige werde ich alsdann senden. Mehr als die Hälfte der Foderung möchte ich den Erben des Schneiders Feige nicht durch eine friedliche Übereinkunft zahlen. Da ich die Unrichtigkeit der Rechnung so klar dargethan, däucht mir, werden 30 bis 40 rth. hinreichen.
Sobald die Bücher losgemacht sind, bitte ich, sie nebst den Papieren Madame Unger zur Verwahrung zu übergeben, welche dann das Einpacken und den Verkauf des Schrankes besorgen wird. Doch müßten die Bücher zuvor nach dem an den Justizcommissar eingeschickten Verzeichnisse durchgegangen werden, ob auch nichts fehlt.
Ich bin beschämt, Ihnen mit solchen Kleinigkeiten lästig zu fallen, allein ich habe sonst niemand, an den ich mich wenden könnte, da mir alle Berlinischen Freunde auf gewisse Weise abtrünnig geworden sind.
Von Tieck habe ich einmal wieder ein Lebenszeichen erhalten, einen Brief voller Freundschafts-Versicherungen. Zugleich höre ich, daß er endlich das alte Nest Ziebingen verlassen. Er war in Dresden, ich weiß nicht mit welchem Reisegesellschafter, und wird in Wien erwartet. Da wäre es ja dann möglich, daß ich wieder mit ihm zusammenträfe. Freylich komme ich auf jeden Fall erst sehr spät im Jahre hin.
Schreiben Sie mir ja bald wieder, mein theurer Freund. Nach dem Besuch in Deutschland ist mir die Entfernung davon doppelt schmerzlich, und nur häufige Nachrichten von allem was mir werth ist, können sie mich vergessen machen.
Leben Sie recht wohl! Die besten Grüße an Ihre Gattin.
Ich hatte einen Wechsel auf Leipzig verlangt, man hat mir aber keinen schaffen können. Hoffentlich ist es Ihnen eben so leicht das Geld in Frankfurt zu ziehen, sollten Sie vollends in Meiningen oder bey Würzburg seyn.
Coppet d. 4t Aug [180]8
Ich kann Ihnen nicht sagen, mein treuerster und verehrtester Freund, wie wohlthätig die kurzen mit Ihnen zugebrachten Stunden auf mich gewirkt haben. Wollte mir der Himmel vergönnen, länger mit Ihnen zu leben, wie gerne würde ich Sie zum Berather des innigsten Verlangens und der Ruhe meines Gemüthes machen! Auch der Eintritt in einen häuslichen Kreis wie der Ihrige hat mich freundlich angeregt, wie wohl ich mir sagen muß, daß ich dieß Glück in früheren Jahren verfehlt habe, und daß es nun zu spät ist, es noch zu suchen.
In Hannover war mein Hauptgeschäft, meine Mutter wegen des Schrittes, den Friedrich gethan, zu beruhigen, was mir auch in bedeutendem Grade gelungen ist. Da es noch nicht hat gelingen wollen, ihm ein festes Auskommen zu sichern, so war sie außerdem über die Einbuße einer Rente von 200 rth. die er sich dadurch zugezogen, bekümmert. Ich weiß nicht, ob er Ihnen davon wird gesagt haben: es war ein Canonicat, in welches er so eben eingerückt. Mir ist dieser Verlust eher lieb. Bey dem Zustande des Hannöverischen Landes, würde er es doch vielleicht bald verlohren haben.
Melden Sie mir ja, ob schon Angriffe auf Friedrich dieserhalb erschienen sind, worauf wir wohl gefaßt seyn müssen. Die vortreffliche Beurtheilung von Stollbergs Schrift in den Heidelberger Jahrbüchern kann Veranlassung dazu geben. Ob Stollberg wird zufrieden gewesen seyn?
Seine ersten Nachrichten aus Wien lauten recht günstig: meine Gönner haben ihn ausgezeichnet empfangen, und mehre Gelehrte kommen ihm mit Freundschaft entgegen; besonders Hormayr der ihm wegen seiner Kenntnisse und der Aufsicht über die Archive sehr wichtig ist.
Unsre Freundin Sophie hat manches unangenehme erlebt: sie hat wieder einen gerichtlichen Anfall wegen ihrer Kinder zu bestehen gehabt, jedoch ihn glücklich zurückgeschlagen. Ihr ältester Sohn, der ihr auch sonst durch seine Anlagen weit weniger Freude macht als der jüngere, ist gefährlich am Scharlachfieber krank gewesen, und war bey Abgang des Briefes noch nicht völlig wieder hergestellt.
Von Kn[orring]ʼs Lage lauten Friedrichs Nachrichten beruhigend. Ich bin nur in Bezug auf Sie in Sorgen, wenn er etwa jetzt Gelder aus Rußland ziehen muß, denn, wie ich aus Wien höre, ist der Wechsel so unglaublich niedrig, daß der Rubel auf den fünften Theil seines Werthes gesunken ist.
Mit Flore und Blanscheflur habe ich mich schon beschäftigt, und schlage es dem Buchhändler Zimmer in Heidelberg zum Verlage vor, der ein sehr wackrer Mann zu seyn scheint.
Wenn ich nur erst eine Probe von Carl V hätte! Da ich das Werk so laut angekündigt habe, als wäre es der Vollendung nahe, so bekümmert mich Friedrichs Saumseligkeit dabey nicht wenig.
Was aber sehr erstaunlich, ist meine beynahe gewisse Aussicht auf den Winter nach Wien zurückzukehren. Da wird sich mit vereinten Kräften und Gesinnungen manches Gute und ersprießliche wirken lassen.
Schaumburg hat sich zum Verlag meiner Vorlesungen erboten. Dieß ist mir lieb, da ich besonders dort und überhaupt im Österreich gelesen zu werden wünsche.
So flüchtig meine Reise war, habe ich doch manche merkwürdige Bekanntschaften erneuert und einige gestiftet. Mit Joh. v. Müller hatte ich eine lange vertrauliche Unterredung: er ist zu allem Guten bereit, wenn nur ein andrer Festigkeit für ihn haben könnte.
Arnim, den ich in Heidelberg sprach, hat ein geistreiches Wesen, jedoch nicht ohne Beymischung von Eitelkeit und Thorheit, indessen ist seine Kenntniß altdeutscher Bücher, und seine Liebe dazu immer zu schätzen. Görres habe ich nicht Zeit gehabt zu sehen.
Welch ein herrliches Land von Frankfurt bis Basel! Ich sah es mit gemischtem Entzücken: solch ein Boden, solch eine reine und edle Abstammung, und was wird nun aus dem allem?
Darf ich Sie wiederum mit meinen Geschäften behelligen? Ich schicke Ihnen hier einen Wechsel auf 20 Carolinen, theils zur Bezahlung einiger Schulden in Berlin, theils für die Kosten des Rechtshandels und zur Abschließung eines friedlichen Vergleichs mit den Erben des Schneiders Feige. Bevollmächtigen Sie doch den Anwald in Berlin hiezu. Ich will lieber etwas einbüßen, als meine Bibliothek und Papiere noch länger in Bernhardiʼs Händen wissen. Wenn nur der Justizkommissar die Vorsicht gehabt hat, sogleich auf Auslieferung des Schlüssels zum Schrank an das Stadtgericht, und auf Versiegelung zu dringen, sonst kann mir Bernhardi üble Streiche gespielt haben. Meine Schulden in Berlin will ich Ihnen auf einem besondern Zettel anmerken, und bitte, sie nach der Ordnung tilgen zu lassen, wie sie stehen, so weit das von der Beendigung des Rechtshandels übrige Geld reicht. Das Rückständige werde ich alsdann senden. Mehr als die Hälfte der Foderung möchte ich den Erben des Schneiders Feige nicht durch eine friedliche Übereinkunft zahlen. Da ich die Unrichtigkeit der Rechnung so klar dargethan, däucht mir, werden 30 bis 40 rth. hinreichen.
Sobald die Bücher losgemacht sind, bitte ich, sie nebst den Papieren Madame Unger zur Verwahrung zu übergeben, welche dann das Einpacken und den Verkauf des Schrankes besorgen wird. Doch müßten die Bücher zuvor nach dem an den Justizcommissar eingeschickten Verzeichnisse durchgegangen werden, ob auch nichts fehlt.
Ich bin beschämt, Ihnen mit solchen Kleinigkeiten lästig zu fallen, allein ich habe sonst niemand, an den ich mich wenden könnte, da mir alle Berlinischen Freunde auf gewisse Weise abtrünnig geworden sind.
Von Tieck habe ich einmal wieder ein Lebenszeichen erhalten, einen Brief voller Freundschafts-Versicherungen. Zugleich höre ich, daß er endlich das alte Nest Ziebingen verlassen. Er war in Dresden, ich weiß nicht mit welchem Reisegesellschafter, und wird in Wien erwartet. Da wäre es ja dann möglich, daß ich wieder mit ihm zusammenträfe. Freylich komme ich auf jeden Fall erst sehr spät im Jahre hin.
Schreiben Sie mir ja bald wieder, mein theurer Freund. Nach dem Besuch in Deutschland ist mir die Entfernung davon doppelt schmerzlich, und nur häufige Nachrichten von allem was mir werth ist, können sie mich vergessen machen.
Leben Sie recht wohl! Die besten Grüße an Ihre Gattin.
Ich hatte einen Wechsel auf Leipzig verlangt, man hat mir aber keinen schaffen können. Hoffentlich ist es Ihnen eben so leicht das Geld in Frankfurt zu ziehen, sollten Sie vollends in Meiningen oder bey Würzburg seyn.
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