• August Wilhelm von Schlegel to Karl Josef Hieronymus Windischmann

  • Place of Dispatch: Paris · Place of Destination: Bonn · Date: 20.01.1821
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Karl Josef Hieronymus Windischmann
  • Place of Dispatch: Paris
  • Place of Destination: Bonn
  • Date: 20.01.1821
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 343347008
  • Bibliography: Briefe von und an August Wilhelm Schlegel. Gesammelt und erläutert durch Josef Körner. Bd. 1. Zürich u.a. 1930, S. 383‒385.
  • Incipit: „[1] Paris d. 20sten Jan. 1821
    Es hat mir unendlich wohl gethan, mein weiser und edler Freund, einen Brief von Ihnen zu [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-611-37222
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XX,Bd.9,Nr.86(1)
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 18,5 x 11,5 cm
    Language
  • German
[1] Paris d. 20sten Jan. 1821
Es hat mir unendlich wohl gethan, mein weiser und edler Freund, einen Brief von Ihnen zu empfangen. Glauben Sie mir, Ihre Gegenwart und Freundschaft – ein seltnes Glück, da man sonst in meinem Alter keine neuen Freundschaften zu stiften pflegt – ist ein Hauptbewegungsgrund für mich, um den Aufenthalt in Bonn mit keinem andern vertauschen zu wollen. Hoffentlich sind Sie nun längst von Ihren Ohrenbeschwerden befreyt, und wieder recht wohl. Ich arbeite immer fleißig fort, und habe die letzten sechs Wochen einen großen Theil meiner Zeit in den Werkstätten des Schriftstechers und des Schriftgießers zugebracht. Vor 14 Tagen habe ich die beyliegende Druckprobe dem Ministerium eingesendet. Sie ist schon ganz hübsch, befriedigt mich aber noch längst nicht. Nur durch den Augenschein und wirklich angestellten Versuch kann man sich über manches belehren. Verschiedene Buchstaben habe ich verändert, alles wird in der Breite näher zusammengedrängt. Ich hatte nur ungefähr die Hälfte des Alphabets, mußte also Sätze und Wörter, so gut es gehen wollte, zusammenstoppeln, und mich nach der Decke strecken. [2] Es läßt sich daher auch die ganze Mannichfaltigkeit dieser schönen Schrift hier nicht erkennen. Ich habe nun schon ein vollständiges Alphabet der einfachen Buchstaben, und in 14 Tagen hoffe ich im Stande zu seyn, einen wirklichen Text zu drucken. Ich werde dazu die erste Seite des Nalus wählen, damit man die Vergleichung anstellen könne, und ich hoffe wirklich etwas typographisch vollendetes zu leisten. Ich wünsche lebhaft, daß das Ministerium die Vollendung der Arbeit durch hiesige Künstler genehmigen möge, ich habe deswegen auch an Schulze geschrieben. Geschieht es nicht, so bin ich fast entschlossen, die Sache für meine Rechnung zu Ende zu führen, um so viele Mühe mit den Zeichnungen, dem Unterricht der Künstler u.s.w. nicht vergebens aufgewendet zu haben, und auch um nachher gleich zum Werke schreiten zu können.
Über den Bhagavad-Gîtâ bin ich ganz mit Ihnen einverstanden. Ich gedenke dieses göttliche Gedicht mit der größten Sorgfalt herauszugeben. Sobald ich den Commentar wieder habhaft werden kann, so mache ich mich darüber, und suche die Quintessenz herauszuziehen. Sonst sind meine Arbeiten an den Handschriften durch das technische Wesen etwas gehemmt worden.
[3] Von Friedrich habe ich durchaus nichts. Ist denn wirklich ein zweytes Heft der Concordia erschienen?
Geben Sie mir doch Nachricht von der Gesundheit des Grafen zu Solms-Laubach. Auch von Rombergs, die, wie ich höre, am 15ten Januar noch nicht in Bonn waren. Ich hoffe, daß keine Krankheiten in der Familie daran Schuld sind. Ich sehe hier den Grafen Balderbusch öfter, der sehr höflich und zuvorkommend für mich ist.
Ich habe Hrn. Spitz gebeten, meine Schuld an den Mahler Kolbe abzutragen, und Ihnen 50 Thl. Pr[eußisch] C.[ourant] für meine Rechnung auszuzahlen. Haben Sie doch die Güte, meiner Haushälterin Marie 25 Thaler Pr.[eußisch] C.[ourant] davon auszuzahlen; sie wird wohl allerley Auslagen für mich zu machen haben. Von dem übrigen könnten kleine Anforderungen wie die, welche Sie erwähnen, bestritten werden.
Meine Gesundheit ist vortrefflich, nur habe ich immer mit einiger Augenschwäche zu kämpfen, und muß mich daher schonen. Mein Troglodyte, dieser Sohn der Nacht, hat kurz nach seiner ersten Erscheinung, zum zweytenmale an das Tageslicht heraus gemußt – ein beträchtliches Stück von der Schlange Endlos, wohl [4] drittehalb Fuß lang, und taenia lata, latissima, so daß Friedländer es der Mühe werth gefunden, sie in Spiritus aufzubewahren. Er rieth mir, nichts zu thun sondern nur in meiner bisherigen Diät fortzufahren, wobey ich mich denn auch gut befunden habe. Die Verdauungswerkzeuge scheinen ihre Kraft ziemlich wieder gewonnen zu haben, und die unterirdischen Verrichtungen gehen meistens regelmäßig vor sich.
Wenn Sie an Bopp schreiben, so grüßen Sie ihn bestens von mir, und rathen Sie ihm dringend das Lithographiren ab. Die Blätter von Otmar Frank sind ganz greulich ausgefallen. Wenn ich erst meine Typen habe, so werde ich sie ja gern herleihen, und er wird in Bonn mit mäßigen Kosten drucken lassen können.
Die herzlichsten Grüße an alle die Ihrigen. Leben Sie tausendmal wohl. Auf ein baldiges fröhliches Wiedersehen!
[1] Paris d. 20sten Jan. 1821
Es hat mir unendlich wohl gethan, mein weiser und edler Freund, einen Brief von Ihnen zu empfangen. Glauben Sie mir, Ihre Gegenwart und Freundschaft – ein seltnes Glück, da man sonst in meinem Alter keine neuen Freundschaften zu stiften pflegt – ist ein Hauptbewegungsgrund für mich, um den Aufenthalt in Bonn mit keinem andern vertauschen zu wollen. Hoffentlich sind Sie nun längst von Ihren Ohrenbeschwerden befreyt, und wieder recht wohl. Ich arbeite immer fleißig fort, und habe die letzten sechs Wochen einen großen Theil meiner Zeit in den Werkstätten des Schriftstechers und des Schriftgießers zugebracht. Vor 14 Tagen habe ich die beyliegende Druckprobe dem Ministerium eingesendet. Sie ist schon ganz hübsch, befriedigt mich aber noch längst nicht. Nur durch den Augenschein und wirklich angestellten Versuch kann man sich über manches belehren. Verschiedene Buchstaben habe ich verändert, alles wird in der Breite näher zusammengedrängt. Ich hatte nur ungefähr die Hälfte des Alphabets, mußte also Sätze und Wörter, so gut es gehen wollte, zusammenstoppeln, und mich nach der Decke strecken. [2] Es läßt sich daher auch die ganze Mannichfaltigkeit dieser schönen Schrift hier nicht erkennen. Ich habe nun schon ein vollständiges Alphabet der einfachen Buchstaben, und in 14 Tagen hoffe ich im Stande zu seyn, einen wirklichen Text zu drucken. Ich werde dazu die erste Seite des Nalus wählen, damit man die Vergleichung anstellen könne, und ich hoffe wirklich etwas typographisch vollendetes zu leisten. Ich wünsche lebhaft, daß das Ministerium die Vollendung der Arbeit durch hiesige Künstler genehmigen möge, ich habe deswegen auch an Schulze geschrieben. Geschieht es nicht, so bin ich fast entschlossen, die Sache für meine Rechnung zu Ende zu führen, um so viele Mühe mit den Zeichnungen, dem Unterricht der Künstler u.s.w. nicht vergebens aufgewendet zu haben, und auch um nachher gleich zum Werke schreiten zu können.
Über den Bhagavad-Gîtâ bin ich ganz mit Ihnen einverstanden. Ich gedenke dieses göttliche Gedicht mit der größten Sorgfalt herauszugeben. Sobald ich den Commentar wieder habhaft werden kann, so mache ich mich darüber, und suche die Quintessenz herauszuziehen. Sonst sind meine Arbeiten an den Handschriften durch das technische Wesen etwas gehemmt worden.
[3] Von Friedrich habe ich durchaus nichts. Ist denn wirklich ein zweytes Heft der Concordia erschienen?
Geben Sie mir doch Nachricht von der Gesundheit des Grafen zu Solms-Laubach. Auch von Rombergs, die, wie ich höre, am 15ten Januar noch nicht in Bonn waren. Ich hoffe, daß keine Krankheiten in der Familie daran Schuld sind. Ich sehe hier den Grafen Balderbusch öfter, der sehr höflich und zuvorkommend für mich ist.
Ich habe Hrn. Spitz gebeten, meine Schuld an den Mahler Kolbe abzutragen, und Ihnen 50 Thl. Pr[eußisch] C.[ourant] für meine Rechnung auszuzahlen. Haben Sie doch die Güte, meiner Haushälterin Marie 25 Thaler Pr.[eußisch] C.[ourant] davon auszuzahlen; sie wird wohl allerley Auslagen für mich zu machen haben. Von dem übrigen könnten kleine Anforderungen wie die, welche Sie erwähnen, bestritten werden.
Meine Gesundheit ist vortrefflich, nur habe ich immer mit einiger Augenschwäche zu kämpfen, und muß mich daher schonen. Mein Troglodyte, dieser Sohn der Nacht, hat kurz nach seiner ersten Erscheinung, zum zweytenmale an das Tageslicht heraus gemußt – ein beträchtliches Stück von der Schlange Endlos, wohl [4] drittehalb Fuß lang, und taenia lata, latissima, so daß Friedländer es der Mühe werth gefunden, sie in Spiritus aufzubewahren. Er rieth mir, nichts zu thun sondern nur in meiner bisherigen Diät fortzufahren, wobey ich mich denn auch gut befunden habe. Die Verdauungswerkzeuge scheinen ihre Kraft ziemlich wieder gewonnen zu haben, und die unterirdischen Verrichtungen gehen meistens regelmäßig vor sich.
Wenn Sie an Bopp schreiben, so grüßen Sie ihn bestens von mir, und rathen Sie ihm dringend das Lithographiren ab. Die Blätter von Otmar Frank sind ganz greulich ausgefallen. Wenn ich erst meine Typen habe, so werde ich sie ja gern herleihen, und er wird in Bonn mit mäßigen Kosten drucken lassen können.
Die herzlichsten Grüße an alle die Ihrigen. Leben Sie tausendmal wohl. Auf ein baldiges fröhliches Wiedersehen!
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