• August Wilhelm von Schlegel to Friedrich Gottlieb Welcker

  • Place of Dispatch: Bonn · Place of Destination: Bonn · Date: [1821/1822]
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Friedrich Gottlieb Welcker
  • Place of Dispatch: Bonn
  • Place of Destination: Bonn
  • Date: [1821/1822]
  • Notations: Datum sowie Absende- und Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 343347008
  • Bibliography: Briefe von und an August Wilhelm Schlegel. Gesammelt und erläutert durch Josef Körner. Bd. 1. Zürich u.a. 1930, S. 386.
  • Incipit: „[Bonn 1821/22]
    Hier, mein verehrtester Freund, sende ich Ihnen Hrn. Schwenkeʼs Handschrift mit Bleystift-Strichen zurück, welche bloß die Deutsche Quantität und den [...]“
    Manuscript
  • Provider: Universitäts- und Landesbibliothek Bonn
  • OAI Id: 1839413
  • Classification Number: S 686
  • Number of Pages: 1 e. Br. (1 Bl.=2 S.)
    Language
  • German
[Bonn 1821/22]
Hier, mein verehrtester Freund, sende ich Ihnen Hrn. Schwenkeʼs Handschrift mit Bleystift-Strichen zurück, welche bloß die Deutsche Quantität und den Versbau betreffen. Auf alles übrige habe ich mich nicht eingelassen, sonst hätte ich wohl noch manche Einwendungen zu machen. Rathen Sie ihm doch, die Bekanntmachung nicht zu übereilen, und seine Arbeit der Vollendung so nahe zu bringen, als möglich. Sie wissen, daß ich nicht sehr für Voß eingenommen bin, aber der Mann hat einen fünfzigjährigen eisernen Fleiß und eine unermeßliche Übung voraus. Wenn man also entschieden den Vorsatz ankündigt es besser zu machen, so muß man armé de toutes pièces auftreten. In Wolfs Proben ist auch bey weitem nicht alles zu loben, aber dem alten Aristarchus geht manches hin, was einem andern nicht ohne Rüge verstattet ist. Ich finde, daß Voß häufig dem Homer eine steife und feyerliche Pracht aufgezwungen hat – die entgegengesetzte Klippe ist das Gemeine – überhaupt das Misfällige in Wendung und Ausdruck – die große Schwierigkeit, die einfache Anmuth ohne fremdartigen Schmuck zu erreichen. Dieß ist sehr schwer wegen der geflügelten Vielsylbigkeit der Griechischen Sprache. – In den Beywörtern würde ich geneigt seyn viel zu wagen und ich weiß nicht ob ich nicht αἰγίλιπος πέτρης den Gemsunerklimmbaren Felsen übersetzen möchte.
Da wir noch keine befriedigende Theorie der Deutschen Prosodie haben, so kann ich nur rathen jeden Buchstaben, den Klopstock darüber geschrieben, und dann das Buch von Voß genau zu prüfen, und sich Regeln zu bilden, in welchen Punkten man von ihm abweichen will.
Seyn Sie so gütig die Einlage Ihrer Schwägerin mit meinen besten Grüßen zu übergeben um sie nach Paris zu fördern – es ist ein Empfehlungsbrief für den jungen Michaelis.
Ganz der Ihrige
Schl.
[Bonn 1821/22]
Hier, mein verehrtester Freund, sende ich Ihnen Hrn. Schwenkeʼs Handschrift mit Bleystift-Strichen zurück, welche bloß die Deutsche Quantität und den Versbau betreffen. Auf alles übrige habe ich mich nicht eingelassen, sonst hätte ich wohl noch manche Einwendungen zu machen. Rathen Sie ihm doch, die Bekanntmachung nicht zu übereilen, und seine Arbeit der Vollendung so nahe zu bringen, als möglich. Sie wissen, daß ich nicht sehr für Voß eingenommen bin, aber der Mann hat einen fünfzigjährigen eisernen Fleiß und eine unermeßliche Übung voraus. Wenn man also entschieden den Vorsatz ankündigt es besser zu machen, so muß man armé de toutes pièces auftreten. In Wolfs Proben ist auch bey weitem nicht alles zu loben, aber dem alten Aristarchus geht manches hin, was einem andern nicht ohne Rüge verstattet ist. Ich finde, daß Voß häufig dem Homer eine steife und feyerliche Pracht aufgezwungen hat – die entgegengesetzte Klippe ist das Gemeine – überhaupt das Misfällige in Wendung und Ausdruck – die große Schwierigkeit, die einfache Anmuth ohne fremdartigen Schmuck zu erreichen. Dieß ist sehr schwer wegen der geflügelten Vielsylbigkeit der Griechischen Sprache. – In den Beywörtern würde ich geneigt seyn viel zu wagen und ich weiß nicht ob ich nicht αἰγίλιπος πέτρης den Gemsunerklimmbaren Felsen übersetzen möchte.
Da wir noch keine befriedigende Theorie der Deutschen Prosodie haben, so kann ich nur rathen jeden Buchstaben, den Klopstock darüber geschrieben, und dann das Buch von Voß genau zu prüfen, und sich Regeln zu bilden, in welchen Punkten man von ihm abweichen will.
Seyn Sie so gütig die Einlage Ihrer Schwägerin mit meinen besten Grüßen zu übergeben um sie nach Paris zu fördern – es ist ein Empfehlungsbrief für den jungen Michaelis.
Ganz der Ihrige
Schl.
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