• Georg Andreas Reimer to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Leipzig · Place of Destination: Bonn · Date: 24.01.1839
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Georg Andreas Reimer
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Leipzig
  • Place of Destination: Bonn
  • Date: 24.01.1839
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 343347008
  • Bibliography: Briefe von und an August Wilhelm Schlegel. Gesammelt und erläutert durch Josef Körner. Bd. 1. Zürich u.a. 1930, S. 534‒536.
  • Incipit: „[1] Leipzig 24/1 [18]39
    Höchstverehrter Herr und Freund
    Bei dem langen Ausbleiben Ihrer mir durch meinen Sohn verheißenen Zuschrift stand ich eben im [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-611-35028
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.18,Nr.69
  • Number of Pages: 3 S. auf Doppelbl., hs. m. U. u. Adresse
  • Format: 28,2 x 20,6 cm
    Language
  • German
[1] Leipzig 24/1 [18]39
Höchstverehrter Herr und Freund
Bei dem langen Ausbleiben Ihrer mir durch meinen Sohn verheißenen Zuschrift stand ich eben im Begriff Ihnen zu schreiben, als vorgestern Ihr Brief vom 16. d. mit seinen Beilagen mir von Berlin hieher übersandt wurde, wo ich mich seit 8 Tagen in Geschäfts- und Familien-Angelegenheiten aufhalte, und heute zurückkehren werde, weshalb ich bei sehr bedrängter Zeit weniger ausführlich seyn kann als ich es wünschte.
Zuvörderst statte ich Ihnen meinen verpflichtetsten Dank ab für die liebreiche und gütige Art, womit Sie die geringfügigen Bemerkungen mit denen ich Sie behelligte aufgenommen haben. Wenn Sie daraus nur entnommen haben, daß die Angelegenheit und der große Dichter mein lebhaftes Interesse in Anspruch genommen haben, so bin ich völlig befriedigt. Eine Berücksichtigung derselben durfte ich nicht erwarten, schon allein aus der von Ihnen ausgesprochenen völlig gerechten Ansicht, daß nothwendig Alles von Ihrer Hand seyn müsse. Mir thut nur das Eine dabei leid, daß ich nemlich durch meine unzeitigen Vorschläge Ihnen die Zeit zu etwas besserem und namentlich auch zu der Fortarbeit am Sh.[akspeare] selbst geraubt habe. Tieck habe ich heute von Ihren Forderungen in Kenntniß gesetzt, und werde bei der vollkommenen Rechtmäßigkeit derselben darauf halten, daß ihnen die strengste Erfüllung werde, dessen derfen Sie versichert seyn. Auch in allem Uebrigen bin ich mit Ihnen einverstanden, namentlich was die Anmerkungen Tiecks betrifft, denen ich wenig Gehalt beimesse; ich habe darum auch nicht diese in der ersten Ankündigung gerühmt, sondern nur gesagt, daß T.[ieck] zur Ausarbeitung derselben besonders befähigt sei, in der Hofnung daß er daraus Veranlassung nehmen werde, es diesmal gründlicher zu machen. Die unter seinen Augen gefertigte Uebersetzung werden Sie, wenigstens verglichen mit den übrigen bisher erschienenen Verundeutschungen nicht ganz werthlos finden, nur geht ihr öfters das eigenthümlich Kernige der Sprache Sh.[akspeare]s und die Rundung im Ausdruck ab, in welcher Beziehung gerade Ihre Uebersetzung unvergleichlich musterhaft ist und wie sie nur ein solcher Meister der Kraft und des Wohllauts unserer Sprache zu gestalten vermochte. Eins hätte mir freilich dabei wünschenswerth geschienen, nemlich, daß nicht, wie es mitunter geschehen, die Verszahl des Originals überschritten worden wäre. Aber freilich ist die englische Sprache an sich conciser, und beim Sh.[akspeare] dem unsterblichen, unerreichten, unbändigen Dichter noch gehoben durch die unvergleichliche Bündigkeit des Ausdrucks.
Ich komme nun zu demjenigen, was sich auf die Erscheinung des Werks und unser gegenseitiges Verhältniß dazu bezieht. Was nun zuerst die beschleunigte Erscheinung anlangt, so gebe ich Ihnen dabei völlig freien Raum, da das Unternehmen nur dabei gewinnen kann, wie die Ueberarbeitung der ersten Stücke zur Genüge zu erkennen giebt. Ich erbitte mir dann [2] nur von Ihnen die Erlaubniß bei Erscheinung und Ankündigung des ersten Bandes aussprechen zu dürfen, was die Schuld der Verzögerung sei, und daß diese nicht durch mich herbeigeführt worden. Das Publikum, welches nur dabei gewinnen kann, wird sich gern dabei beruhigen. Nur die Erscheinung des ersten Bandes wünschte ich möglichst beschleunigt, und daher bitte ich Sie recht dringend die Zusendung des 1ten Theils von Heinrich der IV. so weit es irgend ohne große Belästigung thunlich zu beschleunigen, dann will ich gern etwas warten.
Sie haben nun ferner günstigerer Bedingungen hinsichtlich des Honorars erwähnt, und ich bin gern bereit Ihren billigen Vorschlägen hierin Gehör zu geben. Ich erlaube mir aber in dieser Beziehung folgendes zu erwähnen. Zuerst habe ich Ihnen für den ersten bloßen Wiederabdruck, nach dem ergangenen Rechtsausspruch in ihrem Streit mit Unger, dessen Rechte auf mich übergegangen waren, freiwillig eine bedeutende Summe gezahlt, (etwa ⅔ von dem was Sie von Unger erhielten); dann haben Sie sich in der That zur Durchsicht bereit erklärt, in unserer frühern Uebereinkunft, ohne daran Bedingungen zu knüpfen; ferner habe ich noch gegen 1200 Exemplare der frühern Ausgabe vorräthig, die nun der Makulatur anheim fallen; endlich habe ich einen sehr mäßigen Preis stellen müssen. Ihre Widerrede in letzterer Beziehung kann ich nicht als gültig anerkennen, und Sie müssen darin meiner vielfältigen Erfahrung und Kenntniß des Publikums vertrauen. Sie werden mir darin am ersten Recht geben, wenn ich Ihnen sage, daß die neuen schaalen Uebersetzungen reißenden Abgang gefunden haben, unerachtet unsre erste Ausgabe noch zu dem billigen Preise von 4 ⅔ Thalern zu bekommen war. Aber jene waren noch viel wohlfeiler und das Publikum verlangt nun einmal geringe Preise und viele denken sie haben nun doch einen Shakspeare. Die vielen wohlfeilen Ausgaben von Schiller und Göthe sprechen auch dafür, und sind dadurch unzählbar verbreitet worden.
Dennoch wiederhole ich, daß ich alles Ihren billigen Vorschlägen anheimstelle, und diesen nach Möglichkeit begegnen werde. Ich schmeichle mir, und darf mich dabei auf Ihre eigenen mündlichen und schriftlichen Aeußerungen beziehen, daß Sie mich nie unbillig gefunden haben.
[3] Bedrängte Zeit nöthigt mich hier zu schließen, da ich ohnehin fürchten muß Ihnen durch meine lange Epistel lästig geworden zu seyn. Die Inlage an meinen Sohn, der Ihre wohlwollende und gütige Aufnahme nicht genug zu rühmen weiß, wofür ich Ihnen zu lebhaftem Dank verbunden bin, bitte ich gefälligst abgeben zu lassen.
Bleiben Sie mir wie bisher wohlwollend geneigt und meiner aufrichtigen Verehrung und treuen Ergebenheit versichert.
G. Reimer
[4]
[1] Leipzig 24/1 [18]39
Höchstverehrter Herr und Freund
Bei dem langen Ausbleiben Ihrer mir durch meinen Sohn verheißenen Zuschrift stand ich eben im Begriff Ihnen zu schreiben, als vorgestern Ihr Brief vom 16. d. mit seinen Beilagen mir von Berlin hieher übersandt wurde, wo ich mich seit 8 Tagen in Geschäfts- und Familien-Angelegenheiten aufhalte, und heute zurückkehren werde, weshalb ich bei sehr bedrängter Zeit weniger ausführlich seyn kann als ich es wünschte.
Zuvörderst statte ich Ihnen meinen verpflichtetsten Dank ab für die liebreiche und gütige Art, womit Sie die geringfügigen Bemerkungen mit denen ich Sie behelligte aufgenommen haben. Wenn Sie daraus nur entnommen haben, daß die Angelegenheit und der große Dichter mein lebhaftes Interesse in Anspruch genommen haben, so bin ich völlig befriedigt. Eine Berücksichtigung derselben durfte ich nicht erwarten, schon allein aus der von Ihnen ausgesprochenen völlig gerechten Ansicht, daß nothwendig Alles von Ihrer Hand seyn müsse. Mir thut nur das Eine dabei leid, daß ich nemlich durch meine unzeitigen Vorschläge Ihnen die Zeit zu etwas besserem und namentlich auch zu der Fortarbeit am Sh.[akspeare] selbst geraubt habe. Tieck habe ich heute von Ihren Forderungen in Kenntniß gesetzt, und werde bei der vollkommenen Rechtmäßigkeit derselben darauf halten, daß ihnen die strengste Erfüllung werde, dessen derfen Sie versichert seyn. Auch in allem Uebrigen bin ich mit Ihnen einverstanden, namentlich was die Anmerkungen Tiecks betrifft, denen ich wenig Gehalt beimesse; ich habe darum auch nicht diese in der ersten Ankündigung gerühmt, sondern nur gesagt, daß T.[ieck] zur Ausarbeitung derselben besonders befähigt sei, in der Hofnung daß er daraus Veranlassung nehmen werde, es diesmal gründlicher zu machen. Die unter seinen Augen gefertigte Uebersetzung werden Sie, wenigstens verglichen mit den übrigen bisher erschienenen Verundeutschungen nicht ganz werthlos finden, nur geht ihr öfters das eigenthümlich Kernige der Sprache Sh.[akspeare]s und die Rundung im Ausdruck ab, in welcher Beziehung gerade Ihre Uebersetzung unvergleichlich musterhaft ist und wie sie nur ein solcher Meister der Kraft und des Wohllauts unserer Sprache zu gestalten vermochte. Eins hätte mir freilich dabei wünschenswerth geschienen, nemlich, daß nicht, wie es mitunter geschehen, die Verszahl des Originals überschritten worden wäre. Aber freilich ist die englische Sprache an sich conciser, und beim Sh.[akspeare] dem unsterblichen, unerreichten, unbändigen Dichter noch gehoben durch die unvergleichliche Bündigkeit des Ausdrucks.
Ich komme nun zu demjenigen, was sich auf die Erscheinung des Werks und unser gegenseitiges Verhältniß dazu bezieht. Was nun zuerst die beschleunigte Erscheinung anlangt, so gebe ich Ihnen dabei völlig freien Raum, da das Unternehmen nur dabei gewinnen kann, wie die Ueberarbeitung der ersten Stücke zur Genüge zu erkennen giebt. Ich erbitte mir dann [2] nur von Ihnen die Erlaubniß bei Erscheinung und Ankündigung des ersten Bandes aussprechen zu dürfen, was die Schuld der Verzögerung sei, und daß diese nicht durch mich herbeigeführt worden. Das Publikum, welches nur dabei gewinnen kann, wird sich gern dabei beruhigen. Nur die Erscheinung des ersten Bandes wünschte ich möglichst beschleunigt, und daher bitte ich Sie recht dringend die Zusendung des 1ten Theils von Heinrich der IV. so weit es irgend ohne große Belästigung thunlich zu beschleunigen, dann will ich gern etwas warten.
Sie haben nun ferner günstigerer Bedingungen hinsichtlich des Honorars erwähnt, und ich bin gern bereit Ihren billigen Vorschlägen hierin Gehör zu geben. Ich erlaube mir aber in dieser Beziehung folgendes zu erwähnen. Zuerst habe ich Ihnen für den ersten bloßen Wiederabdruck, nach dem ergangenen Rechtsausspruch in ihrem Streit mit Unger, dessen Rechte auf mich übergegangen waren, freiwillig eine bedeutende Summe gezahlt, (etwa ⅔ von dem was Sie von Unger erhielten); dann haben Sie sich in der That zur Durchsicht bereit erklärt, in unserer frühern Uebereinkunft, ohne daran Bedingungen zu knüpfen; ferner habe ich noch gegen 1200 Exemplare der frühern Ausgabe vorräthig, die nun der Makulatur anheim fallen; endlich habe ich einen sehr mäßigen Preis stellen müssen. Ihre Widerrede in letzterer Beziehung kann ich nicht als gültig anerkennen, und Sie müssen darin meiner vielfältigen Erfahrung und Kenntniß des Publikums vertrauen. Sie werden mir darin am ersten Recht geben, wenn ich Ihnen sage, daß die neuen schaalen Uebersetzungen reißenden Abgang gefunden haben, unerachtet unsre erste Ausgabe noch zu dem billigen Preise von 4 ⅔ Thalern zu bekommen war. Aber jene waren noch viel wohlfeiler und das Publikum verlangt nun einmal geringe Preise und viele denken sie haben nun doch einen Shakspeare. Die vielen wohlfeilen Ausgaben von Schiller und Göthe sprechen auch dafür, und sind dadurch unzählbar verbreitet worden.
Dennoch wiederhole ich, daß ich alles Ihren billigen Vorschlägen anheimstelle, und diesen nach Möglichkeit begegnen werde. Ich schmeichle mir, und darf mich dabei auf Ihre eigenen mündlichen und schriftlichen Aeußerungen beziehen, daß Sie mich nie unbillig gefunden haben.
[3] Bedrängte Zeit nöthigt mich hier zu schließen, da ich ohnehin fürchten muß Ihnen durch meine lange Epistel lästig geworden zu seyn. Die Inlage an meinen Sohn, der Ihre wohlwollende und gütige Aufnahme nicht genug zu rühmen weiß, wofür ich Ihnen zu lebhaftem Dank verbunden bin, bitte ich gefälligst abgeben zu lassen.
Bleiben Sie mir wie bisher wohlwollend geneigt und meiner aufrichtigen Verehrung und treuen Ergebenheit versichert.
G. Reimer
[4]
×
×