Ew. Hochwohlgeboren wollen die Verzögerung meiner Antwort auf Ihr verehrtes Schreiben vom 6ten Januar gewogentlich entschuldigen. Ich wünschte, zuvor noch einige Erkundigungen einzuziehen. Ich bin hocherfreut über die Königliche Genehmigung meines unterthänigen Anerbietens, und bitte Sie, Sr. Majestät meinen ehrerbietigsten Dank für die mir dadurch erwiesene Ehre zu Füßen zu legen.
Für mich hatte der Gegenstand keinen Werth, es war eine gleichsam verlorene Merkwürdigkeit in einer Gallerie der churfürstlichen Familien-Gemälde kann vielleicht eine Lücke dadurch ausgefüllt werden.
Das fragliche Bild, ein großes Kniestück, ist bei dem Ankauf des Hauses in meinen Besitz gekommen, da es niet- und nagelfest war. Es schreibt sich aus dem hiesigen Schlosse her. Der vormalige Eigenthümer meines Hauses war churfürstlicher Oberkellner, und mag sich nach dem Einrücken des feindlichen Heeres dieses und manches andre zugeeignet haben. Die Franzosen waren ja bei ihren Eroberungszügen immer von zwei Göttinnen, der Bellona und ihrer Schwester, der Rappuse, begleitet.
Daß das Bildniß eine Baierische Prinzessin vorstelle, ist mir oft von unterrichteten Personen versichert worden. Vermuthlich ist es Violanta Beatrix, Schwester des Churfürsten Joseph Clemens, und Tante seines Nachfolgers Clemens August, vermählt mit dem Großherzog Ferdinand III. von Toscana, der im J. 1713 starb. Damals war sie 40 Jahr alt, hier ist sie in reiferem, indessen noch sehr blühendem Alter abgebildet. Joseph Clemens ist erst 1723 gestorben. Die Zeiten stimmen also vollkommen überein. Gewiß hatte dieser Fürst in seinen Zimmern das Bildniß einer Schwester aufgestellt, deren Verbindung mit dem Hause Medicis den Glanz seines Geschlechtes erhöhte, und deren Namenstag, d. 18te Mai, an seinem Hofe so feierlich begangen zu werden pflegte, wie Ew. Hochwohlgeboren aus dem beigelegten Hofcalender ersehen werden.
Die Vermuthung über die Person wird durch die Vergleichung anderer Porträte in München oder Florenz zur Gewißheit erhoben werden können; hier fehlen mir dazu die nöthigen Kupferstich-Sammlungen.
Der französische Mahler ist mir auch genannt worden: leider habe ich den Namen nicht aufgezeichnet. Der Pinsel ist nicht ohne Verdienst, besonders sind die schönen Vorderarme und Hände von gutem Colorit und mit Weichheit behandelt. Die Prinzessin sitzt auf einem Thronsessel im reichsten Schmuck, mit Hermelin-Mantel, vielen Juwelen u.s.w. Nur der geschmacklose Haarputz, ein gescheiteltes toupet von kurz abgestutzten gepuderten Haaren entstellt die stattliche Frau.
Das Bild ist ganz unbeschädigt, es wird nur gereinigt und neu gefirnißt zu werden brauchen. Ich rühre es nicht an bis zur Ankunft des Restaurators aus Düsseldorf; dann werde ich es mit aller Sorgfalt unter der hölzernen Wandbekleidung über einem Kamin, herausheben lassen.
Der Hofcalender steht ebenfalls zu Dienste, wenn Ew. Hochwohlgeboren irgend einen Gebrauch davon machen können. Ich habe das Büchlein ganz so gelassen, wie es mir in die Hände fiel, weil alles daran, bis auf den goldpapiernen Schlafrock, sprechend ist für den damaligen Geschmack, die Hofsitte, die religiösen Ceremonien, die Etikette, die Trachten u.s.w. Wenn auf Allerhöchsten Befehl in Brühl eine Büchersammlung für die örtlichen und überhaupt churfürstlichen Alterthümer gestiftet werden sollte, so würde eine Reihe von solchen Hofcalendern einen schicklichen Platz darin finden.
Die lateinischen Verse am Eingange in Akrostichen und dazu gereimt, sind ohne Zweifel die Arbeit eines gelehrten Jesuiten. In der Ausübung dieser Kunst haben wir starke Rückschritte gethan. Ich bin noch altfränkisch genug, um zuweilen zu meiner Unterhaltung lateinische Verse zu schreiben. Aber unter so bindenden Bedingungen [wie] der Vorredner unseres Staats-Calenders zu seyn, möchte ich nicht unternehmen; das würde ich an Herrn Böckh zurückschieben.
Genehmigen Sie, Herr Hofmarschall, die Versicherung der ausgezeichnetsten Verehrung, womit ich die Ehre habe zu seyn
Ew. Hochwohlgeboren
gehorsamster
Bonn, d. 10. Febr. 1843