• August Wilhelm von Schlegel to Ludwig I., Bayern, König

  • Place of Dispatch: Paris · Place of Destination: München · Date: 12.05.1817
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Ludwig I., Bayern, König
  • Place of Dispatch: Paris
  • Place of Destination: München
  • Date: 12.05.1817
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Manuscript
  • Provider: Bayerisches Hauptstaatsarchiv (Geheimes Hausarchiv)
  • Classification Number: NL Kg Ludwig I I A 40 IV
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl.
  • Incipit: „[1] Durchlauchtigster Kronprinz!
    Gnädigster Herr!
    Seit langer Zeit hatte ich nicht das Glück, mich mit Euer Königlichen Hoheit zu unterreden, und in [...]“
    Language
  • German
    Editors
  • Bamberg, Claudia
  • Varwig, Olivia
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[1] Durchlauchtigster Kronprinz!
Gnädigster Herr!
Seit langer Zeit hatte ich nicht das Glück, mich mit Euer Königlichen Hoheit zu unterreden, und in dem Ausdruck Ihrer Gesinnungen die großen Hoffnungen des Deutschen Vaterlandes zu erblicken. Die Nachricht von Ihrer Krankheit erfüllte mich mit den lebhaftesten Besorgnissen, die glücklicher Weise durch die bald darauf folgende Nachricht von Ihrer Genesung gehoben wurden. Möge dieser Brief Ew. Königliche Hoheit in vollkommner Gesundheit antreffen!
Ew. Königliche Hoheit haben meinen schriftstellerischen Arbeiten immer eine so aufmunternde Aufnahme geschenkt, daß ich nicht versäumt haben würde, wenn ich irgend ein bedeutendes Werk [2] herauszugeben hätte, durch dessen Übersendung mein Andenken bey Ihnen zu erneuern. Unter Reisen und mancherley Störungen war ich bisher mit den Vorbereitungen zu künftigen Werken beschäftigt, und eben die Mannichfaltigkeit meiner Forschungen hat die Ausführung verzögert.
Zu gegenwärtigem Briefe veranlaßt mich der Wunsch, der gnädigen Aufmerksamkeit Ew. Königlichen Hoheit einen jungen Mann zu empfehlen, der aus den Baierischen Staaten gebürtig ist, und schon früher die Unterstützung der Königlich Baierischen Regierung genossen hat. Herr Franz Bopp aus Aschaffenburg hat sich schon mehrere Jahre in Paris aufgehalten, um die orientalischen Sprachen, insbesondre die Indische zu erlernen. Sein Eifer für dieses Studium hat ihn wieder hiehergeführt, noch ehe er eine günstige Entscheidung über die Fortsetzung der ihm früher bewilligten Unterstützung in München hat auswirken können. Ich lernte ihn schon zu Anfang des Jahres 1815 durch genauen Umgang und wissenschaftliche Mittheilungen kennen, die wir auch jetzt wieder erneuert haben. Da ich seitdem anhaltend um Erlernung der Indischen Sprache bemüht gewesen bin, so sehe ich mich vielleicht um so eher im Stande, ein gültiges Zeugniß für seinen gründlichen Fleiß, für seine beträchtlichen Fortschritte und sein Talent zu diesem schwierigen philologischen Studium abzulegen. Er selbst hat durch eine schätzbare [3] Schrift, worin er einen Theil der Indischen Grammatik mit der Lateinischen und Griechischen vergleicht, einen löblichen Beweis seiner Fähigkeiten und Kenntnisse gegeben.
Von den Engländern sind in den letzten Zeiten die Indischen Schriften und Denkmale mit großem Eifer ans Licht gezogen worden; und diese Werke, wiewohl im Verhältniß mit dem Vorhandnen in geringer Anzahl, versprechen schon eine reiche historische und philosophische Ausbeute. Die Sprache der Indier, ihre uralte Gesetzgebung, ihre Religion, Poesie, Philosophie, Astronomie u. s. w., dann die Denkmale ihrer Baukunst, stehen in so mannichfaltiger Beziehung auf die allgemeine Sprachkunde, auf die älteste Geschichte der Wissenschaften und des Menschengeschlechtes überhaupt, daß man in Deutschland, wo sich ein besondrer Beruf zeigt, auf alles ursprüngliche zurückzugehen, in dieser Forschung nicht wird zurückbleiben wollen. Es läßt sich voraussehn, daß der Zeitpunkt nicht entfernt ist, wo ein im Sanskrit bewanderter Orientalist zur Vollständigkeit einer Universität oder Akademie gerechnet werden wird. Auch hier hat man das Bedürfniß gefühlt, und auf Antrag des berühmten Silvestre de Sacy einen Lehrstuhl für die Indische Sprache und Litteratur gestiftet, den mein achtungswerther Freund, Herr Chézy, mit Auszeichnung einnimmt
[4] Herr Bopp wäre sehr glücklich, wenn er in Stand gesetzt würde, hier noch ein paar Jahre zu studiren, und dann nach England zu gehen, wo reichere Vorrathsquellen sind. Seine persönlichen Bedürfnisse sind äußerst mäßig, aber um in seinen Fortschritten nicht gehemmt zu werden, müßte er die Mittel haben, sich die nothwendigsten Bücher zu verschaffen, welche insgesamt sehr theuer sind. Es würde also zweckmäßig seyn, bey der ihm zu verwilligenden Unterstützung hierauf Rücksicht zu nehmen.
Die Wärme, womit Ew. Königliche Hoheit alles aufzunehmen pflegten, was auf die Förderung der Wissenschaften, besonders in Deutschland, Bezug hat, möge die Entschuldigung meiner Kühnheit seyn.
Ich verharre in tiefster Ehrerbietung
Ew. Königlichen Hoheit
unterthän[ig]ster
August Wilhelm von Schegel
Paris d. 12ten Mai 1817.
(Rue Royale No 6.)
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[1] Durchlauchtigster Kronprinz!
Gnädigster Herr!
Seit langer Zeit hatte ich nicht das Glück, mich mit Euer Königlichen Hoheit zu unterreden, und in dem Ausdruck Ihrer Gesinnungen die großen Hoffnungen des Deutschen Vaterlandes zu erblicken. Die Nachricht von Ihrer Krankheit erfüllte mich mit den lebhaftesten Besorgnissen, die glücklicher Weise durch die bald darauf folgende Nachricht von Ihrer Genesung gehoben wurden. Möge dieser Brief Ew. Königliche Hoheit in vollkommner Gesundheit antreffen!
Ew. Königliche Hoheit haben meinen schriftstellerischen Arbeiten immer eine so aufmunternde Aufnahme geschenkt, daß ich nicht versäumt haben würde, wenn ich irgend ein bedeutendes Werk [2] herauszugeben hätte, durch dessen Übersendung mein Andenken bey Ihnen zu erneuern. Unter Reisen und mancherley Störungen war ich bisher mit den Vorbereitungen zu künftigen Werken beschäftigt, und eben die Mannichfaltigkeit meiner Forschungen hat die Ausführung verzögert.
Zu gegenwärtigem Briefe veranlaßt mich der Wunsch, der gnädigen Aufmerksamkeit Ew. Königlichen Hoheit einen jungen Mann zu empfehlen, der aus den Baierischen Staaten gebürtig ist, und schon früher die Unterstützung der Königlich Baierischen Regierung genossen hat. Herr Franz Bopp aus Aschaffenburg hat sich schon mehrere Jahre in Paris aufgehalten, um die orientalischen Sprachen, insbesondre die Indische zu erlernen. Sein Eifer für dieses Studium hat ihn wieder hiehergeführt, noch ehe er eine günstige Entscheidung über die Fortsetzung der ihm früher bewilligten Unterstützung in München hat auswirken können. Ich lernte ihn schon zu Anfang des Jahres 1815 durch genauen Umgang und wissenschaftliche Mittheilungen kennen, die wir auch jetzt wieder erneuert haben. Da ich seitdem anhaltend um Erlernung der Indischen Sprache bemüht gewesen bin, so sehe ich mich vielleicht um so eher im Stande, ein gültiges Zeugniß für seinen gründlichen Fleiß, für seine beträchtlichen Fortschritte und sein Talent zu diesem schwierigen philologischen Studium abzulegen. Er selbst hat durch eine schätzbare [3] Schrift, worin er einen Theil der Indischen Grammatik mit der Lateinischen und Griechischen vergleicht, einen löblichen Beweis seiner Fähigkeiten und Kenntnisse gegeben.
Von den Engländern sind in den letzten Zeiten die Indischen Schriften und Denkmale mit großem Eifer ans Licht gezogen worden; und diese Werke, wiewohl im Verhältniß mit dem Vorhandnen in geringer Anzahl, versprechen schon eine reiche historische und philosophische Ausbeute. Die Sprache der Indier, ihre uralte Gesetzgebung, ihre Religion, Poesie, Philosophie, Astronomie u. s. w., dann die Denkmale ihrer Baukunst, stehen in so mannichfaltiger Beziehung auf die allgemeine Sprachkunde, auf die älteste Geschichte der Wissenschaften und des Menschengeschlechtes überhaupt, daß man in Deutschland, wo sich ein besondrer Beruf zeigt, auf alles ursprüngliche zurückzugehen, in dieser Forschung nicht wird zurückbleiben wollen. Es läßt sich voraussehn, daß der Zeitpunkt nicht entfernt ist, wo ein im Sanskrit bewanderter Orientalist zur Vollständigkeit einer Universität oder Akademie gerechnet werden wird. Auch hier hat man das Bedürfniß gefühlt, und auf Antrag des berühmten Silvestre de Sacy einen Lehrstuhl für die Indische Sprache und Litteratur gestiftet, den mein achtungswerther Freund, Herr Chézy, mit Auszeichnung einnimmt
[4] Herr Bopp wäre sehr glücklich, wenn er in Stand gesetzt würde, hier noch ein paar Jahre zu studiren, und dann nach England zu gehen, wo reichere Vorrathsquellen sind. Seine persönlichen Bedürfnisse sind äußerst mäßig, aber um in seinen Fortschritten nicht gehemmt zu werden, müßte er die Mittel haben, sich die nothwendigsten Bücher zu verschaffen, welche insgesamt sehr theuer sind. Es würde also zweckmäßig seyn, bey der ihm zu verwilligenden Unterstützung hierauf Rücksicht zu nehmen.
Die Wärme, womit Ew. Königliche Hoheit alles aufzunehmen pflegten, was auf die Förderung der Wissenschaften, besonders in Deutschland, Bezug hat, möge die Entschuldigung meiner Kühnheit seyn.
Ich verharre in tiefster Ehrerbietung
Ew. Königlichen Hoheit
unterthän[ig]ster
August Wilhelm von Schegel
Paris d. 12ten Mai 1817.
(Rue Royale No 6.)
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