• Sophie Bernhardi to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Rom · Place of Destination: Unknown · Date: 13. September [1806]
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Sophie Bernhardi
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Rom
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 13. September [1806]
  • Notations: Datum (Jahr) erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 335976727
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 1. Der Texte erste Hälfte. 1791‒1808. Bern u.a. ²1969, S. 359‒366.
  • Incipit: „[1] Rom den 13ten Septbr [1806]
    Wie sehr mein geliebter Freund danken wir Ihnen alle für Ihren lezten Brief. Nicht allein haben [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: APP2712-Bd-4
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,15,48
  • Number of Pages: 8 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 24,3 x 18,2 cm
    Language
  • German
[1] Rom den 13ten Septbr [1806]
Wie sehr mein geliebter Freund danken wir Ihnen alle für Ihren lezten Brief. Nicht allein haben Sie dadurch eine so drükende Verlegenheit, wovon kein Mensch eine Vorstellung haben kann, von uns genommen sondern zu gleicher Zeit meinen Muth so sehr gestärckt, daß ich nun weit mehr Fähigkeit habe das waß noch kommen mag zu ertragen. Ja ich weiß ich thäte Ihnen unrecht wen[n] ich jemals wieder fürchten könte Ihre treue brüderliche Liebe wirde sich von mir abwenden.
Ich bin gezwungen Ihnen mein theurer Bruder so viel über die unangenehmen Geschäfte des Prozesses zu schreiben, daß ich sogleich damit anfangen muß, um keine Verwirrung darin zu veranlassen und gezwungen bin jede freundschaftliche Mittheilung zu einer andern Zeit zu versparen. Ich hätte schon in meinem leztem Briefe vieles schreiben sollen allein ich war in einer so wehmühtigen Stimmung daß ich es durchaus nicht konte. Ich bin heute sehr angegriffen und kranck und werde alles sehr verwirt durcheinander thun. Ich weiß liebster Freund daß Sie alle Schritte billigen welche ich thue weil sie mir durchaus nothwendig sind, wen[n] ich auch dadurch wen[n] Eile erfodert wird etwaß eigenmächtig über Sie verfahre, den[n] Sie wissen daß Ihre Ehre mir wie meine eigne am Herzen liegt.
Erstlich also, mich dünckt ich habe Ihnen schon früher geschrieben daß Bernhardi seine Sache vom Cammergericht hinweg nach dem Stadgericht gespielt hat, und ich habe nun nachdem ich ein Decret dieses Gerichtes erhalten, eingesehen warum er es gethan hat. Ich ersehe darauß daß dort seine Sache von Menschen beurtheilt wird welche leicht für ihn zu stimmen sind, nemlich der Stadrath Heinsius, der Bruder dessen welcher an derselben Schule mit Bernhardi Lehrer war. Winzer, dessen Sie sich wohl noch erinnern werden weil [er] gemeinschaftlich mit Mann und Schneider ein Taschenbuch ich weiß nicht Cupido oder Apollo herauß gab, auch schrieben sie zusammen eine Musickalische Zeitung. Mann und Winzer waren Bernhardis Schüler lezterer gieng aus Terzia ab und ist jezt beim Stadgericht angestelt, auch ist er derselbe welcher Bernhardi den pöbelhaften Brief zustelte von Schneider den er so oft vorlaß, nachdem ihm Bernhardi das Anerbiethen hatte machen lassen Hofmeister bei einem Onkel von Knorring zu werden. Der dritte welcher den Kindern zum Vormund ernant ist und auf dessen Foderungen, mit welchen er Bernhardis beitrit, besonders rücksicht genommen werden soll, ist ein gewisser Riemann. Sie werden sich des nahmens gewiß auch erinnern, es [2] waren in einem von den neueren Almanachen, eine menge Sternbaldischer Lieder, besonders eines mit einer Nachtigall dessen Refrain immer war, kom wieder, kom wieder, kom wieder, wir lachten so ohnsäglich darüber, Sie erinnern sich gewiß noch. Diese Herren treten nun Bernhardi bei, und das Stadgericht hat dekretirt, da sich in meiner Klage keine Gründe vorfänden welche das Gericht bestimmen könne[n] dem Vater die Kinder zu entziehen, und sie mir vorzugsweise zuzusprechen, im Gegentheil sich Dokumente vorfänden welche einen erheblichen Verdacht veranlasten daß ich die Kinder verwahrloßte, und dieser Herr den Foderungen des Vaters beiträte, auf welchen besondere Rücksicht genommen werden müße, so solle ich dem Bevolmächtigten welchen er Bernhardi nennen wirde die Kinder ohne weiteres geben.
Ich habe darauf verfügt waß nöthig war, dem Justiz Commisarius alle meine Erwiederungen auf dies Dekret geschickt samt den Zeugnißen des Leibarztes der Herzogin, und des Hoffrath Sulzer des Arztes des Prinzen von Gotha, wie gut die Gesundheit der Kinder folglich ihre körperliche Pflege sei. Dan das Zeugniß der Frau v. Stael und endlich einen Brief der Herzogin worin sie mich mit meinen Kindern einladet, und über die vortrefliche Erziehung spricht welche ich ihnen ertheile. Dan habe ich dem Justiz Commisarius aufgetragen blos allein die Ehescheidungsklage zu führen, und zwar aus den Gründen der Unmoralität B.[ernhardis] mit welcher er meine Gesundheit zerstört habe, und es mir ohnmöglich gemacht habe mit ihm zu leben, so daß meine Entfernung von ihm nur eine Nothwendigkeit sei um mein Leben zu erhalten. Der Justiz Commissarius kann aus diesen Gründen den Spruch der Scheidung erhalten, und dan ist es leichter wen[n] er als zu unmoralisch erklärt ist um mit mir verbunden zu sein, daß ich dan sagen kann, folglich ist er auch nicht moralisch genug die Kinder zu erziehen. Auch soll nicht zugegeben werden, daß er stad meine Klagepunkte zu beantworten, immer seine Klagen einreicht ich hätte ihm mit Gewalt die Kinder genommen, sondern darüber mag er eine besondere Klage gegen mich erheben, und beide können neben einander geführt werden.
Den pöbelhaften Brief welchen er an Sie geschrieben, habe ich dem Justiz Commisarius mitgeschickt den[n] der Ihrige wieder welchen er so lästert, ist nun durch ihn selbst bewiesen, doch soll dieser Brief jezt nur als Zeugniß für mich gebraucht werden, unbeschadet Ihres Rechtes, so bald Ihr Zeugniß für mich nicht mehr nöthig ist, Ihre Genugthuung zu fodern, und Sie wären wohl sehr töhr[3]icht sich mit Abbitte und Ehrenerklärung zu begnügen, da dieß unsinnige Lästern welches er in der Betrunkenheit niedergeschrieben hat ihm so bald Sie es wollen, eine schwere Gefängniß Straffe zuzieht. Ich habe diesen Brief aus vielen Gründen nach Berlin geschickt erstlich weil Sie es sehen werden wie ausserorndlich viel er in meiner Sache entscheidet, zweitens aber weil Bernhardi ihn gewiß einzig in der Absicht geschrieben hat Sie zu einer Ausfoderung oder zum Prozeß zu reitzen, und diesen Rath hat ihm warscheinlig selbst sein Rechtsgelehrter gegeben, weil in beiden Fällen Ihr Zeugniß welches so viel für mich entscheidet, aufgehoben wäre, und es für B.[ernhardi] ja eine Kleinigkeit wäre worauß er sich nichts machte wen[n] er durch Beleidigungen welche er Ihnen zufügte gezwungen wirde Sie um Vergebung zu bitten. Er ist aber wie immer vom Satan geblendet in einer dumpfen Trunkenheit viel zu weit gegangen, so daß seine Sache dadurch viel schlimmer steht, und der Anschlag auf seinen eignen Kopf zurickfält. Da Sie also nicht zweiflen werden daß der saubre Brief in dieser Absicht geschrieben ist so werden Sie auch einsehen daß er auß denselben Gründen sich dieses Schreibens ohne es mitzutheilen rühmen wird, theils um Sie zu reitzen, theils um Sie so viel es in seinen Kräften steht verächtlich zu machen. Auch deshalb Ihrer Ehre wegen habe ich ihn nach Berlin geschickt und dem Justiz Commisarius aufgetragen ihn an Hufeland mitzutheilen, und darum bitte ich Sie da Sie für jezt nichts anders thun können, ohne mich verliehren zu lassen, eine scherzhafte Antwort einstweilen in Berlin zirkuliren zu lassen, worin Sie sich jedoch aller Ausdrücke wieder ihn welche Injurien genant werden könten enthalten. Thun Sie dieß aber ja und theilen Sie sie mir mit. Über Ihre Bücher habe ich auch in Eil Aufträge an meinen Justiz Commisarius gegeben, und ich bitte Sie in dieser Angelegenheit sogleich nach Berlin zu schreiben, die Geschichte mit dem Schneider ist ohne alle Frage eine Betrügerei von der ich hoffe daß Sie sich noch aufklärt. Sie schreiben mir Sie hätten Auftrag gegeben Ihre Bücher zu nehmen und Bernhardi seiner Bürgschaft zu entlassen. Wen[n] nun Ihr Bevolmächtigter komt und dem B[ernhardi] das ankündigt so braucht er nur zu antworten das ist mir nicht genug ich lasse die Bücher nicht eher als bis ich bezalt bin, das ist ja schon in dem pöbelhaften Brief sein Ausdruck, dan bleibt Ihrem Bevolmächtigten nichts anders übrig als B.[ernhardi] zu verklagen, und dan hat er waß er will, und zugleich Mittel diesen Prozeß durch tausend Chikanen in die Länge zu ziehn, so daß Sie nichts für mich thun können. Ich habe deshalb meinem Justiz [4] Commisarius aufgetragen dieß zu verhindern. Er soll nemlig zu Madam Unger gehen und sie an das Versprechen [erinnern], daß wen[n] man Ihnen gerichtlig bewiese daß Sie in der That diese 107 Thaler zu bezahlen haben, so wolle sie dafür einstehen, daß es auf diesen Fall geschehen wirde. Dan soll Ihr Bevolmächtigter Bernhardis Bürgschaft als gegen Ihren Willen geschehen für ungültig erklären, die der Madam Unger dem Vormund der Kinder geben, und Ihre Bücher an Madam Unger in Verwahrung geben. Solte diese wie ich nicht glaube sich weigern diese Bürgschaft so bediengun[g]sweise zu leisten, so soll man auf jeden Fall Ihre Bücher von Bernhardi hinweg und zu ihr bringen, B.[ernhardi] auf jeden Fall seiner Bürgschaft entlassen, und gerichtlich Ihre Bücher bis nach ausgemachter Sache versiegeln lassen, dan haben Sie es allein mit dem Herren Breutel aber nicht mit B.[ernhardi] zu thun. An diesen bitte ich Sie auch so gleich zu schreiben, und die spezifizirten Rechnungen von dem waß Sie vom Schneider Feige bekommen haben sollten zu fodern, samt angemercktem Datum, wan Ihnen diese Kleider solten abgeliefert [sein], und diese Rechnungen fodern Sie bestimmt und dringend, B.[ernhardi] behauptet in einem Briefe an meinen Bruder Friedrich er habe sie erhalten, sie enthielte[n] aber so viele Unrichtigkeiten daß er damit die Unordnung in des Schneiders Büchern und zugleich die Unrichtigkeit seiner eignen Rechnung beweisen könne, und deshalb wolle er sie nicht aus den Händen geben. Wen[n] Sie diese Rechnung erhalten haben, so schiken Sie mir die genaue Abschrift sogleich zu, und ich zweifle nicht ich werde Bernhardis Sachen darauf finden. Zugleich lege ich Ihnen hier den Original Brief bei welchen B.[ernhardi] an meinen Bruder nach Weimar geschickt hat, und ich bitte Sie ihn zu lesen und zu beurtheilen ob er an Sie sein kann, und nicht vielmehr an B.[ernhardi] sein muß welcher der Frau die ihn schreiben ließ gegenüber wohnte, folglich ihre Rechnungen erhalten haben konte, von dem sie erwarten durfte daß er zu ihr käme, nicht aber Sie der Sie schon ein Jahr früher abgereißt waren. Auch ist wohl nicht zu vermuthen wen[n] sich der Schneider eingebildet hätte er habe solche Foderungen an Sie zu machen, daß er diese ein Jahr nach Ihrer Abreise niemals erwähnen, und sich niemals erkundigen wirde, wo Sie geblieben wären, oder wan Sie ihm bezahlen wolten. Mir ist es sehr warscheinlich daß es also zusammenhängt. Die Frau hat diesen Brief an B.[ernhardi] schreiben lassen, den[n] wie käme er sonst dazu ihn zu erbrechen, und das eine Blat mit [5] der Adresse abzureissen, unter dem Vorwande das Postgeld von Berlin nach Weimar zu ersparen, da doch bei einen Mahnbrief die Adresse das Wichtigste ist. B.[ernhardi] hat geglaubt mein Bruder wirde erklären er wolle das Geld bezalen. Da dieß nicht gelungen ist denke ich mir es so, daß vieleicht in dem Buche des Schneiders bloß gestanden hat für den Professor, den[n] wir erhielten die Rechnungen selbst ohne Nahmen und Bernhardi hat dem Vormund gesagt alle die Sachen sind für den Professor Schlegel gemacht und durch die Unordnung meiner Frau alle auf meine Rechnung gekommen, thun Sie doch waß Sie können damit ich nicht alles zu bezahlen habe, und sie hat B.[ernhardi] zu gefallen an Sie geschrieben, und darum hat B.[ernhardi] sich erklären missen auf den Fall daß Sie es nicht bezalten, daß er es dan bezahlen wolle.
Darum nun nehmen Sie diesen Brief der Schneiderwitwe und schiken Sie ihn an den Geheimenrath Koelz, und bitten Sie ihn da Ihnen an der Aufklärung dieser Sache aus vielen Gründen gelegen wäre sich Ihrer als ein Freund anzunehmen. Schreiben Sie ihm ohne B[ernhardi] zu nennen, Ihnen wäre dieser Brief wie er da ist zugeschickt worden, man habe ihn geöfnet und die Adresse abgerissen, und behaupte er sei an Sie gerichtet, ferner sei der Brief wie das Datum bewiese ein volles Jahr nach Ihrer Abreise geschrieben, und doch wie der Inhalt bewiese an einen Menschen gerichtet den man in der Stad weiß, endlich haben Sie niemals gewust daß diese Schneiderwitwe in der Welt ist, noch auch jemals Rechnungen von ihr empfangen. Bitten Sie also den Geheimerath Koelz er solle in der Stille diese Schneiderwitwe zu sich kommen lassen, ihr den Brief vorlegen, und sie fragen an wen sie ihn gerichtet habe, sagt sie er wäre an Sie gerichtet, so soll er fragen wie sie dazu komt Besuche von Ihnen zu erwarten, oder wen[n] sie Ihnen Rechnungen geschickt hätte, kurz dan soll sie alles zweideutige erklären. Nent sie aber einen Andern so soll der Geheimerath dieß sie aufschreiben, oder unterschreiben lassen, kurz daß es eine gerichtliche Gültigkeit hat, sie mag nennen wen sie will so soll er es durchaus geheimhalten, und nur Ihnen die gerichtlig gültige Aussage, samt den Brief selbst zurickschiken. Wen[n] Sie dieses erhalten so schiken Sie es mir und mein Prozeß ist dan sogleich zu ende. Den[n] wen[n] ich Bernhardi solche Betrügereien beweisen kan so ist gar nicht mehr die Rede davon daß er die Kinder behalten kan. Ich zweifle nicht daß Koelz Ihnen diese Dienste leisten wird und glaube daß er die gehöhrige Verschwiegenheit beobachten wird. Daß Sie ihm in meiner Angelegenheit geschrieben haben, dafür [6] danke ich Ihnen von Herzen. Wen[n] ich es zu sehen gewünscht hätte so ist es nur um mich an Ihrer warmen Theilnahme für mich zu erfreuen, nicht aber weil ich zweifelte daß Sie nicht eindringlich und mit der grösten Klugheit geschrieben hätten. Ihr Rath in Ansehung der Herzogin beweist mir wie sehr sie die wahre Lage der Sachen einsehen und es ist gewiß daß ich ihn befolgen werde, weil er ganz aus meiner eignen Seele ist. Ich kan wohl sagen daß sie mich mehr als jemals liebt. Ich bitte Sie mein treuer Freund und Bruder zu dem Vielen waß Sie schon für mich gethan haben, noch Vieles zu thun. Es scheint jezt beinahe als ob die elende Wuth ihren höchsten Gipfel erreicht hätte da man alle Arten der Verläumdungen und Lügen versucht, es ist in der That wunderbahr, wie ich ohne mein Zuthun, ewig den Stoff zu elenden Erfindungen hergeben muß. Man verbreitet jezt immer aus dem einen Hause, unter den Römern als sei ich aus den Hefen des Pöbels und wolle nun hier die Dahme spielen, viele Römer ziehen Erkundigungen ein, und die unglückliche Verlegenheit mit dem Gelde ist mir dabei sehr nachtheilig, weil man es stelt als habe ich auf Kosten aller alles zusammengeraft, um Rom eine kurze Zeit betrügen zu wollen. Und dieß sind die eignen Ausdrücke einer Frau welche Sie kennen: Es gehe immer so wan die Magd die Dahme spielen wolle. Ich bitte Sie daher, weil mir diese Niederträchtigkeit in der That nachtheilig sein kan, es indirekt völlig niederzuschlagen, welches Sie ganz leicht in Ihrer Gewalt haben. Es ist nemlig in den Italiaenischen Zeitungen sehr oft von Ihnen, von meinem Bruder, kurz von allen deutschen Poeten die Rede, so wäre es ganz ohne Affecktation wen[n] Sie einen Artikel über mich als Übersetzung aus einer deutschen Zeitung die Sie nicht zu nennen brauchten, in die Venezianische, und Florentinische einrüken liessen. Sie könten es ja sehr schmeichelhaft einrichten, daß wohl das Publikum Hoffnung hätte von der bekanten deutschen Poetin, bald Flore und Blantscheflur gedruckt zu sehen, dan können Sie sehr weniges über dieß Gedicht sagen, und endlich daß ich mich meiner Gesundheit wegen in Italien aufhielte, und daß gewiß jeder von den Deutschen welcher sich für die schöne Litteratur interessirte, wünschen müsse daß mir das milde Clima heilsam wäre, weil man viele vortrefliche Werke alsdan von mir erwarten dürfte. Ich schäme mich gar nicht Ihnen dieß alles vorzuschreiben, den[n] es ist etwaß sehr gleichgültiges ein solches Lob in den Zeitungen und hier ist es die einzige mögliche Gegenwehr. Vorzüglich muß da[7]rin liegen daß mich ganz Deutschland kent, so schlagen Sie auf einmal alle diese niedrige Klätschereien nieder. Sie dürfen es nur französisch wen[n] Sie nicht Italiaenisch wollen einem Handlungshause welches mit Venedig und Florenz in Verbindung steht samt den geringen Kosten des Drukes geben so wird es übersezt und abgedruckt sobald es dieß HandlungsHauß besorgt. Ich bitte Sie es aber schnel zu thun, den[n] je eher Sie diese Verläumdungen vernichten, welche man hier erfindet, je wichtiger ist der Dienst welchen Sie mir leisten. Jedoch miste es mit der grösten Verschwiegenheit geschehen, auch Ihrer Freundin dürften Sie es nicht vertrauen, den[n] sie wirde es mir für eine Eitelkeit auslegen, und es vieleicht an H. v. H.[umboldt] schreiben welches mir dan weit mehr Schaden als Vortheil brächte. Man muß sich gegen die Schlechtigkeit standhaft vertheidigen und kein Mittel dazu verschmähen nicht aber ihr unterliegen, den Vorsaz habe ich jezt gefaßt. Über seine Arbeiten schreibt Ihnen mein Bruder selbst, und ich bitte Sie nur alle Arten von Bestellungen welche Sie auftreiben können hieher an uns zu richten, wen[n] Sie selbst von der Art sind daß mein Bruder die Arbeiten nicht machen könte damit wir sie andern Künstlern übertragen könten. Sie glauben nicht wie vortheilhaft uns dieses währe. Den[n] da man alle Gründe aufsucht mich zu erniedrigen so behauptet man auch ich richte meinen Bruder zugrunde, und daß nicht allein, ich brauche ihn zum Mittel um von andern Künstlern ihr sauer erworbnes Geld zu erpressen, welches ich dan auf eine unsinnige Weise verschwendete, deshalb wäre es mir sehr lieb wen[n] wir zuweilen andern Künstlern etwaß mittheilen könten. Die elende Behauptung gründet sich übrigens darauf daß Schick meinem Bruder eine Summe geliehen hatt. Wie glorreich mein Bruder dem bald wiedersprechen soll daß ich ihn zu grunde richte, will ich Ihnen nächstens melden, ich kan heut nicht alles. Wen[n] Sie von dem Prinzen von Baiern eine Antwort erhalten worin irgend etwaß schmeichelhaftes für Müller steht so bitte ich Sie mir dieselbe mitzutheilen, ihm wirde es eine unendliche Freude machen. Dieß ist wirklich ein edler Mensch, er hat treu mit uns ausgehalten, ohne seine Hülfe, die er uns mit Aufopferungen geleistet hat deren nur der edelste Mensch für seine wärmsten Freunde fähig ist hätten wir verderben müssen. Sie könten mir einen rechten Gefallen thun wen[n] Sie ihm einmal schrieben er ist wie alle gute Menschen auf eine liebenswürdige Weise eitel, und freut sich wen[n] ihm Achtung bewiesen wird. Sie können [8] ihm ja schreiben Sie könten ihn nicht als einen Fremden betrachten da ich Ihnen mit so grosser Wärme der Freundschaft von ihm geschrieben hätte, und Sie so sehr mein Freund wären. Dan misten Sie aber vor allen Diengen bedauern daß Sie seine Malereien nicht gesehen haben, darauf hält er am meisten. Ich überlasse es natürlich Ihrer Wilkühr ob Sie ihm schreiben wollen oder nicht; mir aber wäre es sehr lieb, nur miste der Brief sehr schmeichelhaft für ihn sein. Ich freue mich darauf den Herren Koref zu sehen, ich bin ihm herzlich dankbahr daß er Ihre Gesundheit wiederhergestellt hat, und werde ihn schon um des willen sehr zuvorkommend aufnehmen, wen[n] auch sonst nichts Gutes von ihm zu sagen wäre. Schonen Sie aber mein geliebter Freund Ihre Gesundheit und Ihr Leben, mich faßt oft der Gedanke mit rechter Angst daß Sie kranck sind und ich kan nichts für Sie thun. Es hat mich recht traurig gemacht daß ich die Hoffnung Sie diesen Winter zu sehen aufgeben muß, gebe nur der Himmel daß sich unser Wiedersehen nicht zulange verschiebt. Knorring danckt Ihnen herzlich für den St. Martin, er wünscht nur zu wissen welche Theile Sie haben damit er sich gelegentlich die Andern verschaffen kann. Die Kinder sind ausserorndlich wohl sie quälen mich sie wollen Ihnen schreiben, ich muß ihnen aber noch die Hände führen. Italiaenisch reden sie besser als deutsch. Leben Sie wohl mein theurer Freund ich habe heute so heftige Brustschmerzen, sonst hätte ich Ihnen noch mancherlei zu schreiben, waß ich nun bis zum nächsten Posttag verschieben muß. Noch einmal danke ich Ihnen für ihre Hülfe warhaft in der Noth. Erhalten Sie Ihre Gesundheit und der Himmel gebe Ihnen eine heitere Stimmung. Ewig
Ihre
S[ophie] Tieck
[1] Rom den 13ten Septbr [1806]
Wie sehr mein geliebter Freund danken wir Ihnen alle für Ihren lezten Brief. Nicht allein haben Sie dadurch eine so drükende Verlegenheit, wovon kein Mensch eine Vorstellung haben kann, von uns genommen sondern zu gleicher Zeit meinen Muth so sehr gestärckt, daß ich nun weit mehr Fähigkeit habe das waß noch kommen mag zu ertragen. Ja ich weiß ich thäte Ihnen unrecht wen[n] ich jemals wieder fürchten könte Ihre treue brüderliche Liebe wirde sich von mir abwenden.
Ich bin gezwungen Ihnen mein theurer Bruder so viel über die unangenehmen Geschäfte des Prozesses zu schreiben, daß ich sogleich damit anfangen muß, um keine Verwirrung darin zu veranlassen und gezwungen bin jede freundschaftliche Mittheilung zu einer andern Zeit zu versparen. Ich hätte schon in meinem leztem Briefe vieles schreiben sollen allein ich war in einer so wehmühtigen Stimmung daß ich es durchaus nicht konte. Ich bin heute sehr angegriffen und kranck und werde alles sehr verwirt durcheinander thun. Ich weiß liebster Freund daß Sie alle Schritte billigen welche ich thue weil sie mir durchaus nothwendig sind, wen[n] ich auch dadurch wen[n] Eile erfodert wird etwaß eigenmächtig über Sie verfahre, den[n] Sie wissen daß Ihre Ehre mir wie meine eigne am Herzen liegt.
Erstlich also, mich dünckt ich habe Ihnen schon früher geschrieben daß Bernhardi seine Sache vom Cammergericht hinweg nach dem Stadgericht gespielt hat, und ich habe nun nachdem ich ein Decret dieses Gerichtes erhalten, eingesehen warum er es gethan hat. Ich ersehe darauß daß dort seine Sache von Menschen beurtheilt wird welche leicht für ihn zu stimmen sind, nemlich der Stadrath Heinsius, der Bruder dessen welcher an derselben Schule mit Bernhardi Lehrer war. Winzer, dessen Sie sich wohl noch erinnern werden weil [er] gemeinschaftlich mit Mann und Schneider ein Taschenbuch ich weiß nicht Cupido oder Apollo herauß gab, auch schrieben sie zusammen eine Musickalische Zeitung. Mann und Winzer waren Bernhardis Schüler lezterer gieng aus Terzia ab und ist jezt beim Stadgericht angestelt, auch ist er derselbe welcher Bernhardi den pöbelhaften Brief zustelte von Schneider den er so oft vorlaß, nachdem ihm Bernhardi das Anerbiethen hatte machen lassen Hofmeister bei einem Onkel von Knorring zu werden. Der dritte welcher den Kindern zum Vormund ernant ist und auf dessen Foderungen, mit welchen er Bernhardis beitrit, besonders rücksicht genommen werden soll, ist ein gewisser Riemann. Sie werden sich des nahmens gewiß auch erinnern, es [2] waren in einem von den neueren Almanachen, eine menge Sternbaldischer Lieder, besonders eines mit einer Nachtigall dessen Refrain immer war, kom wieder, kom wieder, kom wieder, wir lachten so ohnsäglich darüber, Sie erinnern sich gewiß noch. Diese Herren treten nun Bernhardi bei, und das Stadgericht hat dekretirt, da sich in meiner Klage keine Gründe vorfänden welche das Gericht bestimmen könne[n] dem Vater die Kinder zu entziehen, und sie mir vorzugsweise zuzusprechen, im Gegentheil sich Dokumente vorfänden welche einen erheblichen Verdacht veranlasten daß ich die Kinder verwahrloßte, und dieser Herr den Foderungen des Vaters beiträte, auf welchen besondere Rücksicht genommen werden müße, so solle ich dem Bevolmächtigten welchen er Bernhardi nennen wirde die Kinder ohne weiteres geben.
Ich habe darauf verfügt waß nöthig war, dem Justiz Commisarius alle meine Erwiederungen auf dies Dekret geschickt samt den Zeugnißen des Leibarztes der Herzogin, und des Hoffrath Sulzer des Arztes des Prinzen von Gotha, wie gut die Gesundheit der Kinder folglich ihre körperliche Pflege sei. Dan das Zeugniß der Frau v. Stael und endlich einen Brief der Herzogin worin sie mich mit meinen Kindern einladet, und über die vortrefliche Erziehung spricht welche ich ihnen ertheile. Dan habe ich dem Justiz Commisarius aufgetragen blos allein die Ehescheidungsklage zu führen, und zwar aus den Gründen der Unmoralität B.[ernhardis] mit welcher er meine Gesundheit zerstört habe, und es mir ohnmöglich gemacht habe mit ihm zu leben, so daß meine Entfernung von ihm nur eine Nothwendigkeit sei um mein Leben zu erhalten. Der Justiz Commissarius kann aus diesen Gründen den Spruch der Scheidung erhalten, und dan ist es leichter wen[n] er als zu unmoralisch erklärt ist um mit mir verbunden zu sein, daß ich dan sagen kann, folglich ist er auch nicht moralisch genug die Kinder zu erziehen. Auch soll nicht zugegeben werden, daß er stad meine Klagepunkte zu beantworten, immer seine Klagen einreicht ich hätte ihm mit Gewalt die Kinder genommen, sondern darüber mag er eine besondere Klage gegen mich erheben, und beide können neben einander geführt werden.
Den pöbelhaften Brief welchen er an Sie geschrieben, habe ich dem Justiz Commisarius mitgeschickt den[n] der Ihrige wieder welchen er so lästert, ist nun durch ihn selbst bewiesen, doch soll dieser Brief jezt nur als Zeugniß für mich gebraucht werden, unbeschadet Ihres Rechtes, so bald Ihr Zeugniß für mich nicht mehr nöthig ist, Ihre Genugthuung zu fodern, und Sie wären wohl sehr töhr[3]icht sich mit Abbitte und Ehrenerklärung zu begnügen, da dieß unsinnige Lästern welches er in der Betrunkenheit niedergeschrieben hat ihm so bald Sie es wollen, eine schwere Gefängniß Straffe zuzieht. Ich habe diesen Brief aus vielen Gründen nach Berlin geschickt erstlich weil Sie es sehen werden wie ausserorndlich viel er in meiner Sache entscheidet, zweitens aber weil Bernhardi ihn gewiß einzig in der Absicht geschrieben hat Sie zu einer Ausfoderung oder zum Prozeß zu reitzen, und diesen Rath hat ihm warscheinlig selbst sein Rechtsgelehrter gegeben, weil in beiden Fällen Ihr Zeugniß welches so viel für mich entscheidet, aufgehoben wäre, und es für B.[ernhardi] ja eine Kleinigkeit wäre worauß er sich nichts machte wen[n] er durch Beleidigungen welche er Ihnen zufügte gezwungen wirde Sie um Vergebung zu bitten. Er ist aber wie immer vom Satan geblendet in einer dumpfen Trunkenheit viel zu weit gegangen, so daß seine Sache dadurch viel schlimmer steht, und der Anschlag auf seinen eignen Kopf zurickfält. Da Sie also nicht zweiflen werden daß der saubre Brief in dieser Absicht geschrieben ist so werden Sie auch einsehen daß er auß denselben Gründen sich dieses Schreibens ohne es mitzutheilen rühmen wird, theils um Sie zu reitzen, theils um Sie so viel es in seinen Kräften steht verächtlich zu machen. Auch deshalb Ihrer Ehre wegen habe ich ihn nach Berlin geschickt und dem Justiz Commisarius aufgetragen ihn an Hufeland mitzutheilen, und darum bitte ich Sie da Sie für jezt nichts anders thun können, ohne mich verliehren zu lassen, eine scherzhafte Antwort einstweilen in Berlin zirkuliren zu lassen, worin Sie sich jedoch aller Ausdrücke wieder ihn welche Injurien genant werden könten enthalten. Thun Sie dieß aber ja und theilen Sie sie mir mit. Über Ihre Bücher habe ich auch in Eil Aufträge an meinen Justiz Commisarius gegeben, und ich bitte Sie in dieser Angelegenheit sogleich nach Berlin zu schreiben, die Geschichte mit dem Schneider ist ohne alle Frage eine Betrügerei von der ich hoffe daß Sie sich noch aufklärt. Sie schreiben mir Sie hätten Auftrag gegeben Ihre Bücher zu nehmen und Bernhardi seiner Bürgschaft zu entlassen. Wen[n] nun Ihr Bevolmächtigter komt und dem B[ernhardi] das ankündigt so braucht er nur zu antworten das ist mir nicht genug ich lasse die Bücher nicht eher als bis ich bezalt bin, das ist ja schon in dem pöbelhaften Brief sein Ausdruck, dan bleibt Ihrem Bevolmächtigten nichts anders übrig als B.[ernhardi] zu verklagen, und dan hat er waß er will, und zugleich Mittel diesen Prozeß durch tausend Chikanen in die Länge zu ziehn, so daß Sie nichts für mich thun können. Ich habe deshalb meinem Justiz [4] Commisarius aufgetragen dieß zu verhindern. Er soll nemlig zu Madam Unger gehen und sie an das Versprechen [erinnern], daß wen[n] man Ihnen gerichtlig bewiese daß Sie in der That diese 107 Thaler zu bezahlen haben, so wolle sie dafür einstehen, daß es auf diesen Fall geschehen wirde. Dan soll Ihr Bevolmächtigter Bernhardis Bürgschaft als gegen Ihren Willen geschehen für ungültig erklären, die der Madam Unger dem Vormund der Kinder geben, und Ihre Bücher an Madam Unger in Verwahrung geben. Solte diese wie ich nicht glaube sich weigern diese Bürgschaft so bediengun[g]sweise zu leisten, so soll man auf jeden Fall Ihre Bücher von Bernhardi hinweg und zu ihr bringen, B.[ernhardi] auf jeden Fall seiner Bürgschaft entlassen, und gerichtlich Ihre Bücher bis nach ausgemachter Sache versiegeln lassen, dan haben Sie es allein mit dem Herren Breutel aber nicht mit B.[ernhardi] zu thun. An diesen bitte ich Sie auch so gleich zu schreiben, und die spezifizirten Rechnungen von dem waß Sie vom Schneider Feige bekommen haben sollten zu fodern, samt angemercktem Datum, wan Ihnen diese Kleider solten abgeliefert [sein], und diese Rechnungen fodern Sie bestimmt und dringend, B.[ernhardi] behauptet in einem Briefe an meinen Bruder Friedrich er habe sie erhalten, sie enthielte[n] aber so viele Unrichtigkeiten daß er damit die Unordnung in des Schneiders Büchern und zugleich die Unrichtigkeit seiner eignen Rechnung beweisen könne, und deshalb wolle er sie nicht aus den Händen geben. Wen[n] Sie diese Rechnung erhalten haben, so schiken Sie mir die genaue Abschrift sogleich zu, und ich zweifle nicht ich werde Bernhardis Sachen darauf finden. Zugleich lege ich Ihnen hier den Original Brief bei welchen B.[ernhardi] an meinen Bruder nach Weimar geschickt hat, und ich bitte Sie ihn zu lesen und zu beurtheilen ob er an Sie sein kann, und nicht vielmehr an B.[ernhardi] sein muß welcher der Frau die ihn schreiben ließ gegenüber wohnte, folglich ihre Rechnungen erhalten haben konte, von dem sie erwarten durfte daß er zu ihr käme, nicht aber Sie der Sie schon ein Jahr früher abgereißt waren. Auch ist wohl nicht zu vermuthen wen[n] sich der Schneider eingebildet hätte er habe solche Foderungen an Sie zu machen, daß er diese ein Jahr nach Ihrer Abreise niemals erwähnen, und sich niemals erkundigen wirde, wo Sie geblieben wären, oder wan Sie ihm bezahlen wolten. Mir ist es sehr warscheinlich daß es also zusammenhängt. Die Frau hat diesen Brief an B.[ernhardi] schreiben lassen, den[n] wie käme er sonst dazu ihn zu erbrechen, und das eine Blat mit [5] der Adresse abzureissen, unter dem Vorwande das Postgeld von Berlin nach Weimar zu ersparen, da doch bei einen Mahnbrief die Adresse das Wichtigste ist. B.[ernhardi] hat geglaubt mein Bruder wirde erklären er wolle das Geld bezalen. Da dieß nicht gelungen ist denke ich mir es so, daß vieleicht in dem Buche des Schneiders bloß gestanden hat für den Professor, den[n] wir erhielten die Rechnungen selbst ohne Nahmen und Bernhardi hat dem Vormund gesagt alle die Sachen sind für den Professor Schlegel gemacht und durch die Unordnung meiner Frau alle auf meine Rechnung gekommen, thun Sie doch waß Sie können damit ich nicht alles zu bezahlen habe, und sie hat B.[ernhardi] zu gefallen an Sie geschrieben, und darum hat B.[ernhardi] sich erklären missen auf den Fall daß Sie es nicht bezalten, daß er es dan bezahlen wolle.
Darum nun nehmen Sie diesen Brief der Schneiderwitwe und schiken Sie ihn an den Geheimenrath Koelz, und bitten Sie ihn da Ihnen an der Aufklärung dieser Sache aus vielen Gründen gelegen wäre sich Ihrer als ein Freund anzunehmen. Schreiben Sie ihm ohne B[ernhardi] zu nennen, Ihnen wäre dieser Brief wie er da ist zugeschickt worden, man habe ihn geöfnet und die Adresse abgerissen, und behaupte er sei an Sie gerichtet, ferner sei der Brief wie das Datum bewiese ein volles Jahr nach Ihrer Abreise geschrieben, und doch wie der Inhalt bewiese an einen Menschen gerichtet den man in der Stad weiß, endlich haben Sie niemals gewust daß diese Schneiderwitwe in der Welt ist, noch auch jemals Rechnungen von ihr empfangen. Bitten Sie also den Geheimerath Koelz er solle in der Stille diese Schneiderwitwe zu sich kommen lassen, ihr den Brief vorlegen, und sie fragen an wen sie ihn gerichtet habe, sagt sie er wäre an Sie gerichtet, so soll er fragen wie sie dazu komt Besuche von Ihnen zu erwarten, oder wen[n] sie Ihnen Rechnungen geschickt hätte, kurz dan soll sie alles zweideutige erklären. Nent sie aber einen Andern so soll der Geheimerath dieß sie aufschreiben, oder unterschreiben lassen, kurz daß es eine gerichtliche Gültigkeit hat, sie mag nennen wen sie will so soll er es durchaus geheimhalten, und nur Ihnen die gerichtlig gültige Aussage, samt den Brief selbst zurickschiken. Wen[n] Sie dieses erhalten so schiken Sie es mir und mein Prozeß ist dan sogleich zu ende. Den[n] wen[n] ich Bernhardi solche Betrügereien beweisen kan so ist gar nicht mehr die Rede davon daß er die Kinder behalten kan. Ich zweifle nicht daß Koelz Ihnen diese Dienste leisten wird und glaube daß er die gehöhrige Verschwiegenheit beobachten wird. Daß Sie ihm in meiner Angelegenheit geschrieben haben, dafür [6] danke ich Ihnen von Herzen. Wen[n] ich es zu sehen gewünscht hätte so ist es nur um mich an Ihrer warmen Theilnahme für mich zu erfreuen, nicht aber weil ich zweifelte daß Sie nicht eindringlich und mit der grösten Klugheit geschrieben hätten. Ihr Rath in Ansehung der Herzogin beweist mir wie sehr sie die wahre Lage der Sachen einsehen und es ist gewiß daß ich ihn befolgen werde, weil er ganz aus meiner eignen Seele ist. Ich kan wohl sagen daß sie mich mehr als jemals liebt. Ich bitte Sie mein treuer Freund und Bruder zu dem Vielen waß Sie schon für mich gethan haben, noch Vieles zu thun. Es scheint jezt beinahe als ob die elende Wuth ihren höchsten Gipfel erreicht hätte da man alle Arten der Verläumdungen und Lügen versucht, es ist in der That wunderbahr, wie ich ohne mein Zuthun, ewig den Stoff zu elenden Erfindungen hergeben muß. Man verbreitet jezt immer aus dem einen Hause, unter den Römern als sei ich aus den Hefen des Pöbels und wolle nun hier die Dahme spielen, viele Römer ziehen Erkundigungen ein, und die unglückliche Verlegenheit mit dem Gelde ist mir dabei sehr nachtheilig, weil man es stelt als habe ich auf Kosten aller alles zusammengeraft, um Rom eine kurze Zeit betrügen zu wollen. Und dieß sind die eignen Ausdrücke einer Frau welche Sie kennen: Es gehe immer so wan die Magd die Dahme spielen wolle. Ich bitte Sie daher, weil mir diese Niederträchtigkeit in der That nachtheilig sein kan, es indirekt völlig niederzuschlagen, welches Sie ganz leicht in Ihrer Gewalt haben. Es ist nemlig in den Italiaenischen Zeitungen sehr oft von Ihnen, von meinem Bruder, kurz von allen deutschen Poeten die Rede, so wäre es ganz ohne Affecktation wen[n] Sie einen Artikel über mich als Übersetzung aus einer deutschen Zeitung die Sie nicht zu nennen brauchten, in die Venezianische, und Florentinische einrüken liessen. Sie könten es ja sehr schmeichelhaft einrichten, daß wohl das Publikum Hoffnung hätte von der bekanten deutschen Poetin, bald Flore und Blantscheflur gedruckt zu sehen, dan können Sie sehr weniges über dieß Gedicht sagen, und endlich daß ich mich meiner Gesundheit wegen in Italien aufhielte, und daß gewiß jeder von den Deutschen welcher sich für die schöne Litteratur interessirte, wünschen müsse daß mir das milde Clima heilsam wäre, weil man viele vortrefliche Werke alsdan von mir erwarten dürfte. Ich schäme mich gar nicht Ihnen dieß alles vorzuschreiben, den[n] es ist etwaß sehr gleichgültiges ein solches Lob in den Zeitungen und hier ist es die einzige mögliche Gegenwehr. Vorzüglich muß da[7]rin liegen daß mich ganz Deutschland kent, so schlagen Sie auf einmal alle diese niedrige Klätschereien nieder. Sie dürfen es nur französisch wen[n] Sie nicht Italiaenisch wollen einem Handlungshause welches mit Venedig und Florenz in Verbindung steht samt den geringen Kosten des Drukes geben so wird es übersezt und abgedruckt sobald es dieß HandlungsHauß besorgt. Ich bitte Sie es aber schnel zu thun, den[n] je eher Sie diese Verläumdungen vernichten, welche man hier erfindet, je wichtiger ist der Dienst welchen Sie mir leisten. Jedoch miste es mit der grösten Verschwiegenheit geschehen, auch Ihrer Freundin dürften Sie es nicht vertrauen, den[n] sie wirde es mir für eine Eitelkeit auslegen, und es vieleicht an H. v. H.[umboldt] schreiben welches mir dan weit mehr Schaden als Vortheil brächte. Man muß sich gegen die Schlechtigkeit standhaft vertheidigen und kein Mittel dazu verschmähen nicht aber ihr unterliegen, den Vorsaz habe ich jezt gefaßt. Über seine Arbeiten schreibt Ihnen mein Bruder selbst, und ich bitte Sie nur alle Arten von Bestellungen welche Sie auftreiben können hieher an uns zu richten, wen[n] Sie selbst von der Art sind daß mein Bruder die Arbeiten nicht machen könte damit wir sie andern Künstlern übertragen könten. Sie glauben nicht wie vortheilhaft uns dieses währe. Den[n] da man alle Gründe aufsucht mich zu erniedrigen so behauptet man auch ich richte meinen Bruder zugrunde, und daß nicht allein, ich brauche ihn zum Mittel um von andern Künstlern ihr sauer erworbnes Geld zu erpressen, welches ich dan auf eine unsinnige Weise verschwendete, deshalb wäre es mir sehr lieb wen[n] wir zuweilen andern Künstlern etwaß mittheilen könten. Die elende Behauptung gründet sich übrigens darauf daß Schick meinem Bruder eine Summe geliehen hatt. Wie glorreich mein Bruder dem bald wiedersprechen soll daß ich ihn zu grunde richte, will ich Ihnen nächstens melden, ich kan heut nicht alles. Wen[n] Sie von dem Prinzen von Baiern eine Antwort erhalten worin irgend etwaß schmeichelhaftes für Müller steht so bitte ich Sie mir dieselbe mitzutheilen, ihm wirde es eine unendliche Freude machen. Dieß ist wirklich ein edler Mensch, er hat treu mit uns ausgehalten, ohne seine Hülfe, die er uns mit Aufopferungen geleistet hat deren nur der edelste Mensch für seine wärmsten Freunde fähig ist hätten wir verderben müssen. Sie könten mir einen rechten Gefallen thun wen[n] Sie ihm einmal schrieben er ist wie alle gute Menschen auf eine liebenswürdige Weise eitel, und freut sich wen[n] ihm Achtung bewiesen wird. Sie können [8] ihm ja schreiben Sie könten ihn nicht als einen Fremden betrachten da ich Ihnen mit so grosser Wärme der Freundschaft von ihm geschrieben hätte, und Sie so sehr mein Freund wären. Dan misten Sie aber vor allen Diengen bedauern daß Sie seine Malereien nicht gesehen haben, darauf hält er am meisten. Ich überlasse es natürlich Ihrer Wilkühr ob Sie ihm schreiben wollen oder nicht; mir aber wäre es sehr lieb, nur miste der Brief sehr schmeichelhaft für ihn sein. Ich freue mich darauf den Herren Koref zu sehen, ich bin ihm herzlich dankbahr daß er Ihre Gesundheit wiederhergestellt hat, und werde ihn schon um des willen sehr zuvorkommend aufnehmen, wen[n] auch sonst nichts Gutes von ihm zu sagen wäre. Schonen Sie aber mein geliebter Freund Ihre Gesundheit und Ihr Leben, mich faßt oft der Gedanke mit rechter Angst daß Sie kranck sind und ich kan nichts für Sie thun. Es hat mich recht traurig gemacht daß ich die Hoffnung Sie diesen Winter zu sehen aufgeben muß, gebe nur der Himmel daß sich unser Wiedersehen nicht zulange verschiebt. Knorring danckt Ihnen herzlich für den St. Martin, er wünscht nur zu wissen welche Theile Sie haben damit er sich gelegentlich die Andern verschaffen kann. Die Kinder sind ausserorndlich wohl sie quälen mich sie wollen Ihnen schreiben, ich muß ihnen aber noch die Hände führen. Italiaenisch reden sie besser als deutsch. Leben Sie wohl mein theurer Freund ich habe heute so heftige Brustschmerzen, sonst hätte ich Ihnen noch mancherlei zu schreiben, waß ich nun bis zum nächsten Posttag verschieben muß. Noch einmal danke ich Ihnen für ihre Hülfe warhaft in der Noth. Erhalten Sie Ihre Gesundheit und der Himmel gebe Ihnen eine heitere Stimmung. Ewig
Ihre
S[ophie] Tieck
· Beiliegender Brief von/an A.W. Schlegel , [Herbst 1806]
· Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
· Mscr.Dresd.App.2712,B,15,58
· Beiliegender Brief von/an A.W. Schlegel , [Herbst 1806]
· Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
· Mscr.Dresd.App.2712,B,15,3
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