• August Wilhelm von Schlegel to Ludwig Tieck

  • Place of Dispatch: Berlin · Place of Destination: Ziebingen · Date: 02.06.1803
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Ludwig Tieck
  • Place of Dispatch: Berlin
  • Place of Destination: Ziebingen
  • Date: 02.06.1803
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Bibliography: Ludwig Tieck und die Brüder Schlegel. Briefe. Hg. v. Edgar Lohner auf der Grundlage der von Henry Lüdeke besorgten Edition. München 1972, S. 134‒135.
  • Incipit: „[1] Berlin, den 2. Juni 1803
    Aus deiner Antwort sehe ich, liebster Freund, daß wir über die Minnelieder uns schwerlich in unsern [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-611-37187
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XX,Bd.7,Nr.66(29)
  • Number of Pages: 2 S., hs. m. U.
  • Format: 22,8 x 19 cm
    Language
  • German
[1] Berlin, den 2. Juni 1803
Aus deiner Antwort sehe ich, liebster Freund, daß wir über die Minnelieder uns schwerlich in unsern Meynungen vereinigen werden; wir wollen uns nicht darum entzweyen, es behalte jeder seine Überzeugung und wisse sie in Zukunft so gut als möglich zu vertheidigen. Verzeih meine Offenheit und schick mir die Blätter mit den Bemerkungen wieder.
Ich habe übernommen, eine Correctur oder vielmehr Revision zu machen, dieß nehme ich auch noch nicht zurück, jedoch muß ich eine Bedingung ausdrücklich hinzufügen; es ist die, daß ich ganz und gar keine Verantwortlichkeit haben will. Denn zuvörderst ist es eine Sache, wobey die Setzer sehr leicht Versehen machen können, zweytens traue ich mir selbst nicht die Geduld zu, dein Manuscript in allen Pünktchen mit dem gedruckten Bogen zu vergleichen, drittens ist deine Hand nicht so leserlich, daß ich nicht, so sehr ich an sie gewöhnt bin, zuweilen über die Leseart zweifelhaft seyn sollte, und endlich habe ich nach unsern gegenseitigen Erklärungen gar kein Kriterium mehr für das, was ein offenbarer Schreibfehler ist, und muß also auch stehen [2] lassen, was ich dafür halte. Trauren-Schwenderin schien mir einer, du nahmst es aber bey deinem hier seyn in Schutz, führst es auch jetzt nicht unter denen an, die du verbessert zu sehen wünschest. Sehnden in sehnenden zu verwandeln verdirbt an manchen Stellen, nach den vorgenommenen Veränderungen den Vers, wie gleich vorn in dem Liede von Veldeck, wo jetzt Gedanken für Denken steht u.s.w.
Ich werde die Correctur, wenn auch der Druck anfängt, nicht eher machen, bis ich deine förmliche und unverclausulirte Lossprechung von aller Verantwortlichkeit habe; du kannst dagegen gewiß seyn, daß ich meinen Ueberzeugungen nicht ein Tüttelchen deiner Handschrift aufopfern werde.
Deine Schwester läßt herzlich grüßen, sie hat wieder einige schlimme Tage gehabt, es fehlt viel, daß das Übel schon aus dem Grunde gehoben wäre. Indessen wird sie alles thun um die Reise nach Dresden baldmöglichst zu bewerkstelligen.
Reimer hatte dir schon geschrieben, wie ich gestern zu ihm kam.
Lebe recht wohl, grüße deine liebe Frau.
Dein
AWS.
[1] Berlin, den 2. Juni 1803
Aus deiner Antwort sehe ich, liebster Freund, daß wir über die Minnelieder uns schwerlich in unsern Meynungen vereinigen werden; wir wollen uns nicht darum entzweyen, es behalte jeder seine Überzeugung und wisse sie in Zukunft so gut als möglich zu vertheidigen. Verzeih meine Offenheit und schick mir die Blätter mit den Bemerkungen wieder.
Ich habe übernommen, eine Correctur oder vielmehr Revision zu machen, dieß nehme ich auch noch nicht zurück, jedoch muß ich eine Bedingung ausdrücklich hinzufügen; es ist die, daß ich ganz und gar keine Verantwortlichkeit haben will. Denn zuvörderst ist es eine Sache, wobey die Setzer sehr leicht Versehen machen können, zweytens traue ich mir selbst nicht die Geduld zu, dein Manuscript in allen Pünktchen mit dem gedruckten Bogen zu vergleichen, drittens ist deine Hand nicht so leserlich, daß ich nicht, so sehr ich an sie gewöhnt bin, zuweilen über die Leseart zweifelhaft seyn sollte, und endlich habe ich nach unsern gegenseitigen Erklärungen gar kein Kriterium mehr für das, was ein offenbarer Schreibfehler ist, und muß also auch stehen [2] lassen, was ich dafür halte. Trauren-Schwenderin schien mir einer, du nahmst es aber bey deinem hier seyn in Schutz, führst es auch jetzt nicht unter denen an, die du verbessert zu sehen wünschest. Sehnden in sehnenden zu verwandeln verdirbt an manchen Stellen, nach den vorgenommenen Veränderungen den Vers, wie gleich vorn in dem Liede von Veldeck, wo jetzt Gedanken für Denken steht u.s.w.
Ich werde die Correctur, wenn auch der Druck anfängt, nicht eher machen, bis ich deine förmliche und unverclausulirte Lossprechung von aller Verantwortlichkeit habe; du kannst dagegen gewiß seyn, daß ich meinen Ueberzeugungen nicht ein Tüttelchen deiner Handschrift aufopfern werde.
Deine Schwester läßt herzlich grüßen, sie hat wieder einige schlimme Tage gehabt, es fehlt viel, daß das Übel schon aus dem Grunde gehoben wäre. Indessen wird sie alles thun um die Reise nach Dresden baldmöglichst zu bewerkstelligen.
Reimer hatte dir schon geschrieben, wie ich gestern zu ihm kam.
Lebe recht wohl, grüße deine liebe Frau.
Dein
AWS.
×
×