• August Wilhelm von Schlegel to Philipp Joseph von Rehfues

  • Place of Dispatch: Berlin · Place of Destination: Bonn · Date: 06.06.1841
Edition Status: Newly transcribed and labelled; single collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Philipp Joseph von Rehfues
  • Place of Dispatch: Berlin
  • Place of Destination: Bonn
  • Date: 06.06.1841
  • Notations: Empfangsort erschlossen. – Empfangsvermerk von Rehfues.
    Printed Text
  • Bibliography: Briefe von und an August Wilhelm Schlegel. Gesammelt und erläutert durch Josef Körner. Bd. 2. Zürich u.a. 1930, S. 255-256.
  • Incipit: „[1] Berlin Hôtel de Russie
    d. 6ten Jun 1841.
    Hochzuverehrender Herr Geheimerath!
    Ew. Hochwohlgeboren haben so wohlwollend meine Angelegenheit gefördert, daß ich nicht unterlassen [...]“
    Manuscript
  • Provider: Universitäts- und Landesbibliothek Bonn
  • OAI Id: 1917741
  • Classification Number: S 1392 : 58
  • Number of Pages: 1 e. Br. (1 Doppelbl.=4 S.)
    Language
  • German
    Editors
  • Bamberg, Claudia
[1] Berlin Hôtel de Russie
d. 6ten Jun 1841.
Hochzuverehrender Herr Geheimerath!
Ew. Hochwohlgeboren haben so wohlwollend meine Angelegenheit gefördert, daß ich nicht unterlassen darf, Ihnen Nachricht von mir zu geben, wiewohl ich [no]ch wenig zu melden habe. Als ich ankam, war der König abwesend, und auch nach seiner Zurückkunft hatte er noch die nordischen Gäste. Ich konnte daher erst nach den Pfingsttagen an den Hofmarschall wegen einer Audienz schreiben, und wurde hierauf vorgestern in Sanssouci zur Mittagstafel eingeladen.
Die Gesellschaft war zu zahlreich, als daß irgend ein specielles Gespräch hätte Statt finden können. Indessen war doch eine ganze Reihe artistischer und litterarischer Gäste versammelt. Thorwaldsen, Rauch, Cornelius, Cornelius, Bunsen und Steffens. Thorwaldsen und ich, wir [2] saßen den Majestäten gerade gegenüber, und die Unteredung über die Tafel hinüber war sehr lebhaft.
Ich habe die Zeit meines Hierseyns benutzt, um mich von dem jetzigen Stande des Geschäftes zu unterrichten. Der Minister gab mir, sehr zuvorkommend, gleich den nächsten Tag nach meiner Ankunft Gelegenheit, ihm meine Ansichten ausführlich zu entwickeln, u. schien sehr darauf einzugehen. Mit GR. Schulze hatte ich viele vertrauliche Gespräche: er hat großen Eifer für die Sache, und wird durch seine Berichte mein Bundesgenosse seyn. Preuß arbeitet täglich im Archiv. Von den ermittelten Beweisen des verstümmelten und interpolirten habe ich noch nichts gesehen. Der wackre Mann nimmt sich mündlich besser aus als schriftlich.
Böckh hielt letzten Dienstag mir in Gegenwart des GR. Schulze u. Prof. Preuß einen summarischen Vortrag über die bisherigen Verhandlungen. In einer Sitzung der Akademie [3] in pleno habe ich herzlich gelacht über seinen Bericht von dem Erfolge der Auffoderung wegen der Manuscripte. Ich hatte dieß in Bonn vorhergesehen.
Böckh und Preuß haben noch, der erste philologische, der andre grundehrliche Zweifel und Scrupel, die Authenticität werde durch Berichtigung der Sprachfehler angetastet. Das kommt davon, daß sie kein Französisch wissen. Überhaupt ist diese Sprache und Litteratur *außer bei Hofe und unter den Diplomaten, hier so unbekannt als die Hottentottische. Die Correspondenz mit Algarotti, vom General Minutoli in Venedig entdeckt, habe ich erst hier gelesen: sie ist äußerst fehlerhaft gedruckt. Niemals wird man meine Zustimmung dazu erlangen, daß man den großen König sagen lasse: die Raben quaken und die Frösche krächzen.
Ein paarmal bin ich schon genöthigt gewesen, förmlich Ruhetag zu halten. Zuerst war die Hitze unerträglich; dann die rauhen Winde, der Staub, die plötzlichen Veränderungen der Temperatur: das alles erfodert Vorsicht.
[4] Ich hätte gewünscht, dem GR. Schulze der sich angelegentlich erkundigte, die Nachricht von Ihrer völligen Herstellung ertheilen zu können.
Hoffentlich geben Sie mir bald Gelegenheit, dieß nachzuholen.
Genehmigen Sie, Herr Geheimerath, die Versicherung meiner ausgezeichnetsten Verehrung.
Ew. Hochwohlgeboren
ergebenster
A. W. von Schlegel
Humboldt war leider vor meiner Ankunft schon abgereist.
[1] pr. den 11. Juni 41.
[1] Berlin Hôtel de Russie
d. 6ten Jun 1841.
Hochzuverehrender Herr Geheimerath!
Ew. Hochwohlgeboren haben so wohlwollend meine Angelegenheit gefördert, daß ich nicht unterlassen darf, Ihnen Nachricht von mir zu geben, wiewohl ich [no]ch wenig zu melden habe. Als ich ankam, war der König abwesend, und auch nach seiner Zurückkunft hatte er noch die nordischen Gäste. Ich konnte daher erst nach den Pfingsttagen an den Hofmarschall wegen einer Audienz schreiben, und wurde hierauf vorgestern in Sanssouci zur Mittagstafel eingeladen.
Die Gesellschaft war zu zahlreich, als daß irgend ein specielles Gespräch hätte Statt finden können. Indessen war doch eine ganze Reihe artistischer und litterarischer Gäste versammelt. Thorwaldsen, Rauch, Cornelius, Cornelius, Bunsen und Steffens. Thorwaldsen und ich, wir [2] saßen den Majestäten gerade gegenüber, und die Unteredung über die Tafel hinüber war sehr lebhaft.
Ich habe die Zeit meines Hierseyns benutzt, um mich von dem jetzigen Stande des Geschäftes zu unterrichten. Der Minister gab mir, sehr zuvorkommend, gleich den nächsten Tag nach meiner Ankunft Gelegenheit, ihm meine Ansichten ausführlich zu entwickeln, u. schien sehr darauf einzugehen. Mit GR. Schulze hatte ich viele vertrauliche Gespräche: er hat großen Eifer für die Sache, und wird durch seine Berichte mein Bundesgenosse seyn. Preuß arbeitet täglich im Archiv. Von den ermittelten Beweisen des verstümmelten und interpolirten habe ich noch nichts gesehen. Der wackre Mann nimmt sich mündlich besser aus als schriftlich.
Böckh hielt letzten Dienstag mir in Gegenwart des GR. Schulze u. Prof. Preuß einen summarischen Vortrag über die bisherigen Verhandlungen. In einer Sitzung der Akademie [3] in pleno habe ich herzlich gelacht über seinen Bericht von dem Erfolge der Auffoderung wegen der Manuscripte. Ich hatte dieß in Bonn vorhergesehen.
Böckh und Preuß haben noch, der erste philologische, der andre grundehrliche Zweifel und Scrupel, die Authenticität werde durch Berichtigung der Sprachfehler angetastet. Das kommt davon, daß sie kein Französisch wissen. Überhaupt ist diese Sprache und Litteratur *außer bei Hofe und unter den Diplomaten, hier so unbekannt als die Hottentottische. Die Correspondenz mit Algarotti, vom General Minutoli in Venedig entdeckt, habe ich erst hier gelesen: sie ist äußerst fehlerhaft gedruckt. Niemals wird man meine Zustimmung dazu erlangen, daß man den großen König sagen lasse: die Raben quaken und die Frösche krächzen.
Ein paarmal bin ich schon genöthigt gewesen, förmlich Ruhetag zu halten. Zuerst war die Hitze unerträglich; dann die rauhen Winde, der Staub, die plötzlichen Veränderungen der Temperatur: das alles erfodert Vorsicht.
[4] Ich hätte gewünscht, dem GR. Schulze der sich angelegentlich erkundigte, die Nachricht von Ihrer völligen Herstellung ertheilen zu können.
Hoffentlich geben Sie mir bald Gelegenheit, dieß nachzuholen.
Genehmigen Sie, Herr Geheimerath, die Versicherung meiner ausgezeichnetsten Verehrung.
Ew. Hochwohlgeboren
ergebenster
A. W. von Schlegel
Humboldt war leider vor meiner Ankunft schon abgereist.
[1] pr. den 11. Juni 41.
×