• August Wilhelm von Schlegel , Caroline von Schelling to Friedrich Schiller

  • Place of Dispatch: Jena · Place of Destination: Jena · Date: [1. Juni 1797]
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel, Caroline von Schelling
  • Recipient: Friedrich Schiller
  • Place of Dispatch: Jena
  • Place of Destination: Jena
  • Date: [1. Juni 1797]
  • Notations: Datum erschlossen.
    Printed Text
  • Bibliography: Friedrich Schiller ‒ August Wilhelm Schlegel. Der Briefwechsel. Hg. v. Norbert Oellers. Köln 2005, S. 85‒86.
  • Incipit: „[1] [Jena, den 1. Juni 1797. Donnerstag]
    Im höchsten Grade betroffen über Ihre unerwartete Erklärung, die einem Verhältnisse ein Ende machen soll, [...]“
    Manuscript
  • Provider: Klassik Stiftung Weimar, Goethe- und Schiller-Archiv
  • Classification Number: GSA 83/428
    Language
  • German
[1] [Jena, den 1. Juni 1797. Donnerstag]
Im höchsten Grade betroffen über Ihre unerwartete Erklärung, die einem Verhältnisse ein Ende machen soll, welches ich zu den glücklichsten Umständen meines hiesigen Lebens rechnete, eile ich nur wenigstens einige Zeilen zu meiner Rechtfertigung hinzuwerfen, in der Hoffnung daß Sie mir Gelegenheit geben werden, Ihnen jeden Zweifel über die Geradheit meines Betragens, der Ihnen beygebracht seyn könnte, zu benehmen.
Da ich keine Art von Autorität über meinen Bruder besitze, keine Macht ihn von etwas abzuhalten, was ich auch noch so sehr misbilligen möchte, so würde ich in der That sehr unglücklich seyn, wenn ich für alle seine Schritte (die ich überdieß erst hinterdrein erfahre, wenn sie schon öffentlich geworden sind) verantwortlich gemacht werden sollte. Wenn meine dringendsten Vorstellungen etwas gefruchtet hätten so hätte er seinen Brief über den Almanach von 96. Daß diese Manier zu urtheilen mit einigen spottenden Einfällen erwiedert ward, fand ich sehr natürlich und billig, und hätte von Herzen gewünscht, daß er es dabey bewenden lassen. Er kannte den Grad meiner Anhänglichkeit an Sie, und es war also seit jener Zeit eine ausgemachte Sache unter uns, [2] daß er sich nie gegen mich über irgend etwas äußerte, was Sie auf das entfernteste betraf. Ich brauche Ihnen wohl nicht zu betheuern, daß er mir eine Beurtheilung der Horen, die auch mich mit gerichtet seyn muß, weil ich es mir zur Ehre schätze, daran bis jetzt Theil genommen zu haben, nicht vor dem Druck wird gezeigt haben. Noch bis jetzt habe ich sie nicht gelesen, und weiß ihren Inhalt nicht. Die Art wie ich letzthin über die Streitigkeit mit Woltmann mit Ihnen sprach muß Sie davon überzeugen. Ich weiß auch nicht, wie viel Antheil er an jener Rec., vermuthe aber aus Äußerungen von ihm über die Woltmannsche Sache, daß er sie nicht ganz gemacht.
Woltmann hat hier in Jena ausgebreitet, nicht mein Bruder sondern meine Frau habe das Urtheil über den Theoderich geschrieben. Wenn dieß Gerücht auch zu Ihnen gekommen ist, wie ich vermuthen muß, (ich hatte schon am Sonnabend Abend die Absicht mit Ihnen davon zu sprechen) so betheure ich Ihnen hiemit auf meine Ehre, daß es eine Unwahrheit ist. Ich bin zu Woltmann gegangen und habe ihn über dieß unbesonnene, und da er das Urtheil für unverschämte Lüge oder Ignoranz erklärt hat, höchst beleidigende Geschwätz sehr ernsthaft zur Rede gestellt. Er zog auch [3] gleich so weit zurück, daß er vorgab, er habe es nur als Vermuthung geäußert, weil er aus einem Billet meines Bruders geschlossen, daß dieser nicht selbst Verfasser, aber den ihn nahe angehenden Verfasser vertreten wolle. Dieß ist indessen nur eine Ausflucht von ihm, und wenn er nicht so schnell abgereist wäre, so würde ich ihn genöthigt haben, jene Behauptung bey Personen wo er sie bestimmt geäußert, förmlich zu widerrufen. – Ich bin mir bewußt Ihr Vertrauen nie auch in der geringsten Kleinigkeit nicht gemisbraucht, und nie der Dankbarkeit entgegen gehandelt zu haben, die ich Ihnen für so viele Güte und Theilnahme an meinem Glücke ewig schuldig bin. Wenn Sie je einige Freundschaft für mich gehegt haben, so versagen Sie mir die Bitte nicht, Ihnen sobald wie möglich meine gänzliche Unschuld an diesem unglücklichen Misverhältnisse mündlich darzulegen, und lassen Sie mich eine Ihnen bequeme Zeit wissen. Soll es mich aber durchaus Ihres Zutrauens und Ihres Umganges berauben, so werde ich doch nie aufhören mit der wärmsten Verehrung und Anhänglichkeit zu seyn
Ihr ergebenster
Aug. Wilh. Schlegel

Nachschrift Caroline Schlegels:
[4] Vergönnen Sie mir, selbst zu bestätigen was mein Mann Ihnen in meiner Seele betheuert hat. Ich habe so wenig wie er je den entfernsten Antheil an dem vorgefallnen genommen – ich habe die Rezension von der jezt die Rede ist noch bis diese Stunde nicht gesehn, und mische mich in so verwickelte Dinge nicht. Wir verehren und lieben Sie so aufrichtig, daß diese gerade und feste Gesinnung uns auch leicht einen geraden Weg führte, wenn noch so viel anscheinende Collisionen da waren. Vergeben Sie mir daß ich diese Versichrung jezt nicht unterdrücken kan, da Schlegel in Gefahr ist ein Glück einzubüßen wovon ich weiß wie sehr es ihm am Herzen liegt.
Caroline S.
[1] [Jena, den 1. Juni 1797. Donnerstag]
Im höchsten Grade betroffen über Ihre unerwartete Erklärung, die einem Verhältnisse ein Ende machen soll, welches ich zu den glücklichsten Umständen meines hiesigen Lebens rechnete, eile ich nur wenigstens einige Zeilen zu meiner Rechtfertigung hinzuwerfen, in der Hoffnung daß Sie mir Gelegenheit geben werden, Ihnen jeden Zweifel über die Geradheit meines Betragens, der Ihnen beygebracht seyn könnte, zu benehmen.
Da ich keine Art von Autorität über meinen Bruder besitze, keine Macht ihn von etwas abzuhalten, was ich auch noch so sehr misbilligen möchte, so würde ich in der That sehr unglücklich seyn, wenn ich für alle seine Schritte (die ich überdieß erst hinterdrein erfahre, wenn sie schon öffentlich geworden sind) verantwortlich gemacht werden sollte. Wenn meine dringendsten Vorstellungen etwas gefruchtet hätten so hätte er seinen Brief über den Almanach von 96. Daß diese Manier zu urtheilen mit einigen spottenden Einfällen erwiedert ward, fand ich sehr natürlich und billig, und hätte von Herzen gewünscht, daß er es dabey bewenden lassen. Er kannte den Grad meiner Anhänglichkeit an Sie, und es war also seit jener Zeit eine ausgemachte Sache unter uns, [2] daß er sich nie gegen mich über irgend etwas äußerte, was Sie auf das entfernteste betraf. Ich brauche Ihnen wohl nicht zu betheuern, daß er mir eine Beurtheilung der Horen, die auch mich mit gerichtet seyn muß, weil ich es mir zur Ehre schätze, daran bis jetzt Theil genommen zu haben, nicht vor dem Druck wird gezeigt haben. Noch bis jetzt habe ich sie nicht gelesen, und weiß ihren Inhalt nicht. Die Art wie ich letzthin über die Streitigkeit mit Woltmann mit Ihnen sprach muß Sie davon überzeugen. Ich weiß auch nicht, wie viel Antheil er an jener Rec., vermuthe aber aus Äußerungen von ihm über die Woltmannsche Sache, daß er sie nicht ganz gemacht.
Woltmann hat hier in Jena ausgebreitet, nicht mein Bruder sondern meine Frau habe das Urtheil über den Theoderich geschrieben. Wenn dieß Gerücht auch zu Ihnen gekommen ist, wie ich vermuthen muß, (ich hatte schon am Sonnabend Abend die Absicht mit Ihnen davon zu sprechen) so betheure ich Ihnen hiemit auf meine Ehre, daß es eine Unwahrheit ist. Ich bin zu Woltmann gegangen und habe ihn über dieß unbesonnene, und da er das Urtheil für unverschämte Lüge oder Ignoranz erklärt hat, höchst beleidigende Geschwätz sehr ernsthaft zur Rede gestellt. Er zog auch [3] gleich so weit zurück, daß er vorgab, er habe es nur als Vermuthung geäußert, weil er aus einem Billet meines Bruders geschlossen, daß dieser nicht selbst Verfasser, aber den ihn nahe angehenden Verfasser vertreten wolle. Dieß ist indessen nur eine Ausflucht von ihm, und wenn er nicht so schnell abgereist wäre, so würde ich ihn genöthigt haben, jene Behauptung bey Personen wo er sie bestimmt geäußert, förmlich zu widerrufen. – Ich bin mir bewußt Ihr Vertrauen nie auch in der geringsten Kleinigkeit nicht gemisbraucht, und nie der Dankbarkeit entgegen gehandelt zu haben, die ich Ihnen für so viele Güte und Theilnahme an meinem Glücke ewig schuldig bin. Wenn Sie je einige Freundschaft für mich gehegt haben, so versagen Sie mir die Bitte nicht, Ihnen sobald wie möglich meine gänzliche Unschuld an diesem unglücklichen Misverhältnisse mündlich darzulegen, und lassen Sie mich eine Ihnen bequeme Zeit wissen. Soll es mich aber durchaus Ihres Zutrauens und Ihres Umganges berauben, so werde ich doch nie aufhören mit der wärmsten Verehrung und Anhänglichkeit zu seyn
Ihr ergebenster
Aug. Wilh. Schlegel

Nachschrift Caroline Schlegels:
[4] Vergönnen Sie mir, selbst zu bestätigen was mein Mann Ihnen in meiner Seele betheuert hat. Ich habe so wenig wie er je den entfernsten Antheil an dem vorgefallnen genommen – ich habe die Rezension von der jezt die Rede ist noch bis diese Stunde nicht gesehn, und mische mich in so verwickelte Dinge nicht. Wir verehren und lieben Sie so aufrichtig, daß diese gerade und feste Gesinnung uns auch leicht einen geraden Weg führte, wenn noch so viel anscheinende Collisionen da waren. Vergeben Sie mir daß ich diese Versichrung jezt nicht unterdrücken kan, da Schlegel in Gefahr ist ein Glück einzubüßen wovon ich weiß wie sehr es ihm am Herzen liegt.
Caroline S.
· Abschrift , 01.06.1797
· Universitäts- und Landesbibliothek Bonn
· S 506 : I : 13
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