• Friedrich von Schlegel to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Dresden · Place of Destination: Amsterdam · Date: 20.05.1795
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friedrich von Schlegel
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Dresden
  • Place of Destination: Amsterdam
  • Date: 20.05.1795
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Bibliography: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 23. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Bis zur Begründung der romantischen Schule (15. September 1788 ‒ 15. Juli 1797). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Ernst Behler u.a. Paderborn u.a. 1987, S. 230‒233.
  • Incipit: „[1] Den 20ten May.
    Meine Freude über Deinen Brief, bester Bruder, war etwas dadurch vermindert, daß ich mir beynahe Vorwürfe machte, Dich [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-1a-34222
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.24.b,Nr.63
  • Number of Pages: 10 S. auf Doppelbl., hs.
  • Format: 18,6 x 11,7 cm
    Language
  • German
[1] Den 20ten May.
Meine Freude über Deinen Brief, bester Bruder, war etwas dadurch vermindert, daß ich mir beynahe Vorwürfe machte, Dich in meinem Br.[iefe] beunruhigt zu haben; ich konnte nichts andres, und mochte nichts andres schreiben als die strenge Wahrheit. Wenn Du es noch nicht weißt, daß Karol.[ine] völlig wiederhergestellt ist, und daß sie sehr Ursache hat mit ihrem neuen Aufenthalte zufrieden zu seyn, so ist es nicht ihre Schuld, denn sie hat Dir seitdem schon mehrmals geschrieben. Weißt Du auch schon, daß eine neue Ursache des Kummers sie drückt? – Julius ist an den Frieseln gestorben. Sie kann sich sehr viel zu ihrem Troste sagen, was aber iezt nicht helfen kann. Wie quälend muß es seyn, solchen Schmerz verbergen zu müßen? – Ich schreibe ihr viel, könnte ich sie nur beruhigen, wie Du von mir verlangst!
Ueber den Brief meiner Mutter bist Du zu empfindlich, und giebst der Sache zu viel Wichtigkeit. Mit ein oder zwey guten Briefen kannst Du sie gewiß beruhigen. Du mußt ihr zu Gute halten, daß das Urtheil der Leute Einfluß auf sie hat, da dieß bey Personen der Fall ist, die mehr Weltkentniß haben. Ich habe unterdessen, da sie mir ungefähr das Nehmliche geschrieben, Dir vorzuarbeiten gesucht, und ihr zwey lange Briefe geschrieben, wiewohl [2] mit möglichster Diskretion, so daß Du zufrieden seyn würdest, wenn Du die Briefe lesen könntest. Charlotten thust Du Unrecht; Kar.[olines] eigne Briefe und Alles was ich ihr mitgetheilt haben einen sehr günstigen Eindruck auf sie gemacht, so weit es ihre Denkart erlaubt. Du weißt überdem, daß die meisten Menschen zwar Vorurtheile haben, aber die wenigsten unter diesen konsequent in denselben sind. Sie hat wirklich bey unserm Plan vorigen Herbst äusserst freundschaftlich gehandelt. – Die Person die meiner Mutter von der B.[öhmer] gesagt hat ist die alte Brandes. Das weiß ich gewiß, weil sie es an Charl.[otte] geschrieben. Vielleicht aber hat sie nachdem auch andre Leute gefragt, die von selbst nicht geredet haben würden. Es ist möglich, daß dieß mit Rehbergs der Fall wäre, die von Kar.[oline] nicht günstig denken. Doch kann Euch das ja wohl sehr gleichgültig seyn.
Ich rathe Dir ganz entschieden, erst nach B.[raunschweig] zu gehen, und dann die Mutter zu besuchen. Du müßtest Dir aber gefallen lassen, nach Beschaffenheit, den Besuch dorthin früher nach [3] Deiner Ankunft vorzunehmen, als Dir sonst angenehm seyn würde. Gehst Du zuerst zur Mutter, so wird man mit Fragen, Rath und Planen anfangen; Du kannst sie vielleicht bey Ihrer Neigung sich unangenehme Vorstellungen zu machen, nicht anders als unzufrieden verlassen. – Auf die andre Art zeigst Du nicht nur Deine Entschlossenheit, sicherst Deine Unabhängigkeit, sondern es wird Dir auch sehr leicht werden, indem Du nicht mehr zu sagen brauchst als Du willst, durch angenehme Briefe, durch die Hoffnung eines baldigen angenehmen Besuchs die Mutter bey guter Laune zu erhalten. – Es wäre auch ohne Rücksicht auf Deine sonstigen Gründe ganz billig, daß Du Dich zuerst einrichtetest, ehe Du eine Reise zum Vergnügen machtest.
Ueber den Plan nach Amerika erwarte ich mit Ungeduld nähere Nachrichten. Er will mir darum nicht recht zu Kopfe, weil ich glaube daß das Land nicht recht für Dich paßt. Es trennt Dich von Deutscher Litteratur äusserst; Italien stört das nicht, befördert Deine ietzigen [4] Plane. Denn gewiß findest Du dort mehr zum Dante, zur Gesch.[ichte] der Ital[ienischen] Poesie als in Göttingen. – Zwar gelten Deine Kentnisse in allen kultivirten Ländern, wie Deine Lebensart. Aber doch glaube ich wird das Schöne in Amer.[ika] dem Nützlichen gar sehr nachgesetzt, und nur durch Kentniße die mit Handel, Oekonomie pp. in Verbindung stehn, kann man dort sein Glück machen. Außer der Freiheit, welches wohl unschätzbar ist, mag das Land wenig für höhern Genuß darbieten. –
Ich bitte Dich den andern Plan ernstlich zu überlegen, Du kannst wohl denken, daß er nicht in meinem, sondern in eines gescheutern Kopfe entstanden ist. Ich muß doch lachen über die närrische Art wie ich Dir darüber schreiben mußte, weil mir die beständigen Gefahren des Briefes, der auch so viele Familienhände zu passiren hatte, vorschwebte; ich wollte lieber toll scheinen als etwas zu viel sagen. Allein Du hättest [5] wohl die Methode in dieser Hamletschen Raserey wittern sollen, und die rasende Form dem vernünftigen Kern zu Gute halten. Und ließe sich darüber nicht schwatzen. Ich verliehre, und darf Dir also um so eher gestehn, daß ich unendlich dafür eingenommen bin. Ich beschwöre Euch nur das; besinnt Euch früh genung*, und überseht über der schönen Gegenwart nicht die wahren Schwierigkeiten der Ferne. Die Familien und bürgerl[iche] Häckeleyen aller Art wären sogleich zerschnitten; sonst müßt Ihr Euch vielleicht damit quälen. – Uebrigens weiß ich nicht was Du unter ‚nicht ausführbarʻ verstehst, da ja alles allein von Deinem Wollen abhängt. Uebrigens springen die Vortheile in die Augen, kein Land ist für Euren Genuß, für Deine Kentnisse, für Deine Kunst, Deinen Geschmack, für Eure vortheilhafte Einrichtung und Auskommen so vortreflich. [6] Der einzige bedeutende Einwurf sind die großen Reisekosten. –
So lange Du verdrießlich bist, schreibe nicht an die Mutter, schreib ihr freundlich. Das ist ja Alles so leicht zu machen, eine Mutter die Dich so zärtlich liebt, für Deinen Verstand die größte Hochachtung hat, zu beruhigen über etwas, worüber sie mit Unrecht unruhig ist.
Wie sehr ich wünsche, Dich sogleich zu sehn, kannst Du wohl denken. Geht ihr fort, so wünsche ich in der That recht sehnlichst, Dich noch sehen zu können, vor einer zweiten langen Trennung. Bleibst Du lange in Braunschw.[eig] so warte ich lieber bis ich Geld und Zeit habe, und bleibe dann lieber gleich etwas länger. Dr.[esden] kann ich vielleicht in einem oder anderthalb Jahr gegen jeden andern Ort vertauschen, wo ein Gelehrter leben kann, und so könnten wir sehr wohl länger zusammen seyn, wenn Du in Deutschland bleibst. Dr.[esden] zu sehn verlohnte sich wohl der Mühe für Dich, aber [7] ich kann wohl begreifen, daß Du üblen Humor wieder uns hast.
Wegen des Sordello thust Du mir Unrecht. Vielleicht ist ein Brief verlohren gegangen, wo ich Dir umständlich Nachricht gab. Ich führe nur zur Probe an, daß der Tiraboschi nicht hier zu haben, woraus Du beurtheilen kannst, wie sich hier für einen Punkt der Ital[ienischen] Litt.[eratur] sammlen läßt, wo Ital.[ienische] große Gelehrte selbst zweifelhaft sind. Den St. Palaye werde ich wohl bekommen können, ich will herzlich gern abschreiben, was ich darin finde und es nach Br[aunschweig] schicken. Vielleicht treibe ich auch den Nostredame auf. – Ich habe einige Hoffnung weil ein guter junger Mensch, ein Bekannter von mir, auf die Bibl[iothek] kommt. Nun werde ich doch haben können was da ist. Bisher wußten sie <gar> nicht was sie hatten, denn es ist kein rechter Katalog da und thun alles mit Verdruß.
Alle meine gedruckten Sachen sollst Du gewiß vorfinden, und eine umständliche Epistel über Alles Litte[8]rarische. – Ich werde diesen Sommer äußerst beschäftigt seyn mit dem M[anu]script dessen Druck nun bald anfangen wird.
Der Buchhändler Cotta hat mir 16 Carolin für Dich geschickt, und ich habe sie an Kar.[oline] geschickt, von der ich ohngefähr zu gleicher Zeit 2 Ldrs. empfing, für die ich Dir wie ihr glaube ich, Dank schuldig bin. – Auch über meine Finanzen werde ich Dir nach Br.[aunschweig] schreiben. – Ich bitte bald um Dante: wenn Du nicht selbst Verfügung triffst so werde ich dem Buchhändler dabey sagen lassen, er möchte das Honorar noch behalten vors erste. – Das Geld ist mir auf eine Anweisung von Schiller ohne Berechnung zugeschickt. Im 3ten Stück (das ich auch von Schiller erhalten und an Kar.[oline] geschickt habe) sind 4 Bogen, im 4ten Stück die Teufelsfratzen – 12 S[eiten]. Also mußt Du den Bogen à 5 Ldrs. noch etwas zu Gute haben. – Der Buch[9]händler kann bey einem Journale ietzt wohl so viel zahlen, da er 1 800 Exemplare schon Debit hatte. Vors erste wird das auch wohl Bestand haben, vielleicht länger, da ja so viele gute Köpfe mit ganzen Eifer Theil daran nehmen. Bis ietzt sind freylich außer <Deinen und> den Goetheschen Sachen in Groß-cophta-scher Manier oder höchstens wie Reineke Fuchs, alle andre nicht für das grössere Publikum gewesen. – In dem Briefe an Schiller dächte ich bliebst Du bey dem Allgemeinen, da Ihr doch schwerlich recht zusammen paßt. Du hast in der Ankündigung schon Veranlaßung ihm in Allgemeinen allerley Verbindliches zu sagen, und noch mehr in der Höflichkeit mit der er Dir zuvorgekommen ist. – Er hat Dich 1) auf eine sehr verbindliche Art eingeladen 2) das Exempl.[ar] geschickt 3) das Geld schicken laßen 4) immer sehr dringend und sehr höflich um Fortsetzung gebeten, 5) das Billet von Herder geschickt. Willst [10] Du etwas lügen, so beklage, daß Du die Horen noch nicht haben könntest, daß Du durch das was ich Dir von den Aesthet.[ischen] Briefen und den Humboldschen Aufsätzen geschrieben, um so begieriger geworden wärest. – Verlange sein Urtheil über Deine Arbeit pp. – Willst Du ihm aber ietzt nicht schreiben, so schicke das Packet an mich, und lege nur einen kurzen Zettel an Körner bey, der sich so sehr für Deine Arbeit interessirt, und doch auch in Rücksicht des beständigen hin-und wieder-Schreibens etwas geleistet hat was man im gemeinen Leben eine Gefälligkeit nennt.
Ich umarme Dich tausendmahl. Die Post geht ab.

* es versteht sich daß ich Euch doch eine Sächsische Frist zu meiner Freude vergönne.
[1] Den 20ten May.
Meine Freude über Deinen Brief, bester Bruder, war etwas dadurch vermindert, daß ich mir beynahe Vorwürfe machte, Dich in meinem Br.[iefe] beunruhigt zu haben; ich konnte nichts andres, und mochte nichts andres schreiben als die strenge Wahrheit. Wenn Du es noch nicht weißt, daß Karol.[ine] völlig wiederhergestellt ist, und daß sie sehr Ursache hat mit ihrem neuen Aufenthalte zufrieden zu seyn, so ist es nicht ihre Schuld, denn sie hat Dir seitdem schon mehrmals geschrieben. Weißt Du auch schon, daß eine neue Ursache des Kummers sie drückt? – Julius ist an den Frieseln gestorben. Sie kann sich sehr viel zu ihrem Troste sagen, was aber iezt nicht helfen kann. Wie quälend muß es seyn, solchen Schmerz verbergen zu müßen? – Ich schreibe ihr viel, könnte ich sie nur beruhigen, wie Du von mir verlangst!
Ueber den Brief meiner Mutter bist Du zu empfindlich, und giebst der Sache zu viel Wichtigkeit. Mit ein oder zwey guten Briefen kannst Du sie gewiß beruhigen. Du mußt ihr zu Gute halten, daß das Urtheil der Leute Einfluß auf sie hat, da dieß bey Personen der Fall ist, die mehr Weltkentniß haben. Ich habe unterdessen, da sie mir ungefähr das Nehmliche geschrieben, Dir vorzuarbeiten gesucht, und ihr zwey lange Briefe geschrieben, wiewohl [2] mit möglichster Diskretion, so daß Du zufrieden seyn würdest, wenn Du die Briefe lesen könntest. Charlotten thust Du Unrecht; Kar.[olines] eigne Briefe und Alles was ich ihr mitgetheilt haben einen sehr günstigen Eindruck auf sie gemacht, so weit es ihre Denkart erlaubt. Du weißt überdem, daß die meisten Menschen zwar Vorurtheile haben, aber die wenigsten unter diesen konsequent in denselben sind. Sie hat wirklich bey unserm Plan vorigen Herbst äusserst freundschaftlich gehandelt. – Die Person die meiner Mutter von der B.[öhmer] gesagt hat ist die alte Brandes. Das weiß ich gewiß, weil sie es an Charl.[otte] geschrieben. Vielleicht aber hat sie nachdem auch andre Leute gefragt, die von selbst nicht geredet haben würden. Es ist möglich, daß dieß mit Rehbergs der Fall wäre, die von Kar.[oline] nicht günstig denken. Doch kann Euch das ja wohl sehr gleichgültig seyn.
Ich rathe Dir ganz entschieden, erst nach B.[raunschweig] zu gehen, und dann die Mutter zu besuchen. Du müßtest Dir aber gefallen lassen, nach Beschaffenheit, den Besuch dorthin früher nach [3] Deiner Ankunft vorzunehmen, als Dir sonst angenehm seyn würde. Gehst Du zuerst zur Mutter, so wird man mit Fragen, Rath und Planen anfangen; Du kannst sie vielleicht bey Ihrer Neigung sich unangenehme Vorstellungen zu machen, nicht anders als unzufrieden verlassen. – Auf die andre Art zeigst Du nicht nur Deine Entschlossenheit, sicherst Deine Unabhängigkeit, sondern es wird Dir auch sehr leicht werden, indem Du nicht mehr zu sagen brauchst als Du willst, durch angenehme Briefe, durch die Hoffnung eines baldigen angenehmen Besuchs die Mutter bey guter Laune zu erhalten. – Es wäre auch ohne Rücksicht auf Deine sonstigen Gründe ganz billig, daß Du Dich zuerst einrichtetest, ehe Du eine Reise zum Vergnügen machtest.
Ueber den Plan nach Amerika erwarte ich mit Ungeduld nähere Nachrichten. Er will mir darum nicht recht zu Kopfe, weil ich glaube daß das Land nicht recht für Dich paßt. Es trennt Dich von Deutscher Litteratur äusserst; Italien stört das nicht, befördert Deine ietzigen [4] Plane. Denn gewiß findest Du dort mehr zum Dante, zur Gesch.[ichte] der Ital[ienischen] Poesie als in Göttingen. – Zwar gelten Deine Kentnisse in allen kultivirten Ländern, wie Deine Lebensart. Aber doch glaube ich wird das Schöne in Amer.[ika] dem Nützlichen gar sehr nachgesetzt, und nur durch Kentniße die mit Handel, Oekonomie pp. in Verbindung stehn, kann man dort sein Glück machen. Außer der Freiheit, welches wohl unschätzbar ist, mag das Land wenig für höhern Genuß darbieten. –
Ich bitte Dich den andern Plan ernstlich zu überlegen, Du kannst wohl denken, daß er nicht in meinem, sondern in eines gescheutern Kopfe entstanden ist. Ich muß doch lachen über die närrische Art wie ich Dir darüber schreiben mußte, weil mir die beständigen Gefahren des Briefes, der auch so viele Familienhände zu passiren hatte, vorschwebte; ich wollte lieber toll scheinen als etwas zu viel sagen. Allein Du hättest [5] wohl die Methode in dieser Hamletschen Raserey wittern sollen, und die rasende Form dem vernünftigen Kern zu Gute halten. Und ließe sich darüber nicht schwatzen. Ich verliehre, und darf Dir also um so eher gestehn, daß ich unendlich dafür eingenommen bin. Ich beschwöre Euch nur das; besinnt Euch früh genung*, und überseht über der schönen Gegenwart nicht die wahren Schwierigkeiten der Ferne. Die Familien und bürgerl[iche] Häckeleyen aller Art wären sogleich zerschnitten; sonst müßt Ihr Euch vielleicht damit quälen. – Uebrigens weiß ich nicht was Du unter ‚nicht ausführbarʻ verstehst, da ja alles allein von Deinem Wollen abhängt. Uebrigens springen die Vortheile in die Augen, kein Land ist für Euren Genuß, für Deine Kentnisse, für Deine Kunst, Deinen Geschmack, für Eure vortheilhafte Einrichtung und Auskommen so vortreflich. [6] Der einzige bedeutende Einwurf sind die großen Reisekosten. –
So lange Du verdrießlich bist, schreibe nicht an die Mutter, schreib ihr freundlich. Das ist ja Alles so leicht zu machen, eine Mutter die Dich so zärtlich liebt, für Deinen Verstand die größte Hochachtung hat, zu beruhigen über etwas, worüber sie mit Unrecht unruhig ist.
Wie sehr ich wünsche, Dich sogleich zu sehn, kannst Du wohl denken. Geht ihr fort, so wünsche ich in der That recht sehnlichst, Dich noch sehen zu können, vor einer zweiten langen Trennung. Bleibst Du lange in Braunschw.[eig] so warte ich lieber bis ich Geld und Zeit habe, und bleibe dann lieber gleich etwas länger. Dr.[esden] kann ich vielleicht in einem oder anderthalb Jahr gegen jeden andern Ort vertauschen, wo ein Gelehrter leben kann, und so könnten wir sehr wohl länger zusammen seyn, wenn Du in Deutschland bleibst. Dr.[esden] zu sehn verlohnte sich wohl der Mühe für Dich, aber [7] ich kann wohl begreifen, daß Du üblen Humor wieder uns hast.
Wegen des Sordello thust Du mir Unrecht. Vielleicht ist ein Brief verlohren gegangen, wo ich Dir umständlich Nachricht gab. Ich führe nur zur Probe an, daß der Tiraboschi nicht hier zu haben, woraus Du beurtheilen kannst, wie sich hier für einen Punkt der Ital[ienischen] Litt.[eratur] sammlen läßt, wo Ital.[ienische] große Gelehrte selbst zweifelhaft sind. Den St. Palaye werde ich wohl bekommen können, ich will herzlich gern abschreiben, was ich darin finde und es nach Br[aunschweig] schicken. Vielleicht treibe ich auch den Nostredame auf. – Ich habe einige Hoffnung weil ein guter junger Mensch, ein Bekannter von mir, auf die Bibl[iothek] kommt. Nun werde ich doch haben können was da ist. Bisher wußten sie <gar> nicht was sie hatten, denn es ist kein rechter Katalog da und thun alles mit Verdruß.
Alle meine gedruckten Sachen sollst Du gewiß vorfinden, und eine umständliche Epistel über Alles Litte[8]rarische. – Ich werde diesen Sommer äußerst beschäftigt seyn mit dem M[anu]script dessen Druck nun bald anfangen wird.
Der Buchhändler Cotta hat mir 16 Carolin für Dich geschickt, und ich habe sie an Kar.[oline] geschickt, von der ich ohngefähr zu gleicher Zeit 2 Ldrs. empfing, für die ich Dir wie ihr glaube ich, Dank schuldig bin. – Auch über meine Finanzen werde ich Dir nach Br.[aunschweig] schreiben. – Ich bitte bald um Dante: wenn Du nicht selbst Verfügung triffst so werde ich dem Buchhändler dabey sagen lassen, er möchte das Honorar noch behalten vors erste. – Das Geld ist mir auf eine Anweisung von Schiller ohne Berechnung zugeschickt. Im 3ten Stück (das ich auch von Schiller erhalten und an Kar.[oline] geschickt habe) sind 4 Bogen, im 4ten Stück die Teufelsfratzen – 12 S[eiten]. Also mußt Du den Bogen à 5 Ldrs. noch etwas zu Gute haben. – Der Buch[9]händler kann bey einem Journale ietzt wohl so viel zahlen, da er 1 800 Exemplare schon Debit hatte. Vors erste wird das auch wohl Bestand haben, vielleicht länger, da ja so viele gute Köpfe mit ganzen Eifer Theil daran nehmen. Bis ietzt sind freylich außer <Deinen und> den Goetheschen Sachen in Groß-cophta-scher Manier oder höchstens wie Reineke Fuchs, alle andre nicht für das grössere Publikum gewesen. – In dem Briefe an Schiller dächte ich bliebst Du bey dem Allgemeinen, da Ihr doch schwerlich recht zusammen paßt. Du hast in der Ankündigung schon Veranlaßung ihm in Allgemeinen allerley Verbindliches zu sagen, und noch mehr in der Höflichkeit mit der er Dir zuvorgekommen ist. – Er hat Dich 1) auf eine sehr verbindliche Art eingeladen 2) das Exempl.[ar] geschickt 3) das Geld schicken laßen 4) immer sehr dringend und sehr höflich um Fortsetzung gebeten, 5) das Billet von Herder geschickt. Willst [10] Du etwas lügen, so beklage, daß Du die Horen noch nicht haben könntest, daß Du durch das was ich Dir von den Aesthet.[ischen] Briefen und den Humboldschen Aufsätzen geschrieben, um so begieriger geworden wärest. – Verlange sein Urtheil über Deine Arbeit pp. – Willst Du ihm aber ietzt nicht schreiben, so schicke das Packet an mich, und lege nur einen kurzen Zettel an Körner bey, der sich so sehr für Deine Arbeit interessirt, und doch auch in Rücksicht des beständigen hin-und wieder-Schreibens etwas geleistet hat was man im gemeinen Leben eine Gefälligkeit nennt.
Ich umarme Dich tausendmahl. Die Post geht ab.

* es versteht sich daß ich Euch doch eine Sächsische Frist zu meiner Freude vergönne.
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