• August Wilhelm von Schlegel to Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling

  • Place of Dispatch: Coppet · Place of Destination: Unknown · Date: [25. Juli 1808]
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling
  • Place of Dispatch: Coppet
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: [25. Juli 1808]
  • Notations: Datum sowie Absendeort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 335976727
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 1. Der Texte erste Hälfte. 1791‒1808. Bern u.a. ²1969, S. 577‒580.
  • Incipit: „[1] [Coppet 25. Juli 1808]
    Ganz sündlich und unverantwortlich, mein theurer Freund, habe ich verwichnen Winter gegen Sie geschwiegen, auf Ihre freundlichen [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: APP2712-Bd-2
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,A,5,6
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl. u. 2 S., hs.
  • Format: 19,4 x 11,5 cm
    Language
  • German
[1] [Coppet 25. Juli 1808]
Ganz sündlich und unverantwortlich, mein theurer Freund, habe ich verwichnen Winter gegen Sie geschwiegen, auf Ihre freundlichen durch Hrn. Pappenheimer mir zugestellten Zeilen; und nun erinnert mich Ihr Brief, der im vorigen Jahre hieher fehlging, von neuem an meine Schuld.
Indessen hat es doch einen natürlichen Grund gehabt, daß ich Ihnen nicht sogleich schrieb. Ich wollte erst mehr von Ihren neuen Schriften kennen (die polemischen gegen Fichte hatte ich [mir] gleich unterwegs zu Gemüth geführt) und im Anfange unsres Aufenthalts in Wien war meine Lebensart so antispeculativ, ja selbst so antimagisch, daß [ich] mich gar nicht in der Fassung befand, Dinge altioris indaginis gehörig zu lesen. Nachher wurde ich durch meine Vorlesungen übermäßig beschäftigt, und nun habe ich in kaum anderthalb Monaten Deutschland von einem Ende bis zum andern, von Wien bis Hannover, durchflogen, habe meinen Bruder Friedrich, meine Mutter und übrigen Geschwister wieder gesehen, eine Menge alter Bekanntschaften [erneut] und neue gestiftet und befinde mich hier endlich wieder im Genuß der ländlichen Einsamkeit insofern sie in der Nähe von Fr.[au] v. St[aël], welcher überall viel Gesellschaft zuströmt, zu finden ist.
Unterdessen habe ich aus den Zeitungen mit reger Theilnahme Ihre Beförderung erfahren, und mich besonders gefreut, Sie an der Stelle zu wissen, die, so weit ich Ihre Verhältnisse kennen gelernt, gerade die angenehmste für Sie seyn muß. Und erst nun erfahre ich durch einen Brief vom Frh. von Aretin, daß die Akademie mir die Ehre erzeigt mich unerwartet zum auswärtigen Mitgliede zu ernennen, was mich, wäre es auch in keiner andern Rücksicht, doch in dieser freuen [2] würde, daß wir uns einmal wieder als Collegen betrachten können.
Damit ich aber nicht so wildfremd hineintappe, so muß ich Sie um einen kleinen Unterricht ansprechen. Von allem, was in Druck erschienen, seit die Akademie ihre neue Verfassung bekommen, habe ich nichts gelesen außer Jakobiʼs Rede und die ihrige. Ich wünsche dieses alles zu besitzen und falls die Statuten und die Einrichtung oder besser zu sagen Organisation der Akademie gedruckt worden, auch diese. – Stellen Sie sich vor ich bin wie ein unmündiges Kind: die erste Classe ernennt mich zum Mitgliede, und ich weiß nicht einmal was die erste Classe schafft und treibt, noch aus welchen Mitgliedern sie besteht. Ehe ich es mir versähe, wäre ich in eine falsche Classe hinein gestolpert, und wieder höflich zur Thür gewiesen. Melden Sie mir, was und wie viel für ein ordentliches außerordentliches Mitglied zu leisten Sitte und Pflicht ist, ob man Aufsätze einschickt, wie bald nach der Ernennung dergleichen erwartet werden, und geben Sie mir dabey an die Hand, was ich der Akademie etwa unter den Fuß geben könnte.
Ihrer schmeichelhaften Aufforderung durch Ausarbeitung einer deutschen Sprachlehre um den Preis zu werben werde ich nicht Genüge leisten können. Der Zeitraum ist zu kurz, mehr als die Hälfte des Jahres ist schon verstrichen, und mancherley Arbeiten drängen mich: jetzt muß ich meine in Wien gehaltnen Dramaturgischen Vorlesungen für den Druck durchsehen, Shakspear und Calderon mahnen mich seit Jahren, zum Prometheus (wo Sie schon im Winter einige Lebenszeichen von mir werden gefunden haben) soll ich Beyträge liefern; auch verschiedne [3] kritische Anzeigen habe ich übernommen. Überdieß habe ich mich weniger auf den heurigen und täglichen grammatischen Gebrauch als auf die Origines unsrer Sprache gelegt, die immer mehr und mehr mein Lieblingsstudium werden.
Ihre Jahrbücher der Medicin habe ich mit großer Aufmerksamkeit gelesen. Die neueren Darstellungen Ihres Systems sind mir oft ergreifend klar, ich finde darin einzig glücklich gebildete Ausdrücke; andere male verhüllen Sie sich mir in Nebel, wie die Götter des Olymp wovon aber die Schuld ganz an mir liegt, da meine geringen speculativen Fähigkeiten durch Mangel an Übung noch abgenommen haben. Auf eine unangenehme Art wurde ich in der Lesung eines der wichtigsten Aufsätze gestört, indem der Bogen 4 des 1 B[andes] in dem Exemplare, welches Sie mir geschenkt nur zur Hälfte bedruckt ist, so daß jedes Blatt abwechselnd die erste oder letzte Seite leer darbietet. Diese Art in Profil zu drucken möchte etwa bey Nicolaischen Schriften zu empfehlen [seyn], bey solchen wie die Ihrigen kann ich sie unmöglich gut heißen. Ich bitte also um einen rund gearbeiteten und nicht in Basrelief gehaltnen Bogen 4, zugleich mit dem neu erschienenen Heft oder Heften des 3ten Bandes, worin sich ein Beytrag von Baader befindet, wie ich schon in Wien vernahm.
Sie würden mir einen wahren Liebesdienst erweisen, wenn Sie dieß, nebst den Sachen die Akademie betreffend, und denen worum ich Hrn. v. Aretin geschrieben, seiner Zeitschrift, und den Steinschnitten nach Albert Dürer soweit sie heraus sind, durch einen Münchner [4] Buchhändler, wohl eingepackt, an einen Commissionär in Schaffhausen oder Constanz fördern lassen wollten von woher ich es dann weiter erhalte. Was Sie sonst noch beyzulegen haben, wird unendlich willkommen seyn, Sie glauben nicht wie wohl es thut, wenn man in Welschen Landen lebt, Deutsche Neuigkeiten zu bekommen.
In Wien habe ich eine ausgezeichnete Aufnahme gefunden und den Winter sehr angenehm zugebracht. Von meinen Vorlesungen haben Sie wohl schon allerley gehört. Auf jeden Fall lege ich eine Anzeige ihren Inhaltes bey. Ich hatte eine sehr glänzende Zuhörerschaft von mehr als drittehalbhundert Personen: fast den ganzen hohen Adel, einige der ersten vom Hofe, mehrere Staatsminister und Generale, 18 Fürstinnen und der Gräfinnen ist keine Zahl. Die große Aufmerksamkeit und rege Empfänglichkeit meines Publicums machte mir viel Freude, die letzte Vorlesung war so voll wie die erste, und alles endigte mit lautem Beyfall.
Auch nicht wenig merkwürdige und werthe Bekanntschaften habe ich in Wien gemacht Dazu gehören besonders die mit Adam Schmidt und Graf Carl Harrach, die ich erst später recht ausbildete. Schmidt gab mir den Tag vor meiner Abreise ein kleines Fest, wobey er mir eine Probe seiner Kunst sehen lassen wollte; leider ward ich durch ein Geschäft abgehalten zu rechter Zeit zu kommen, und er hatte bey Eintretender Nacht die Operation des Staarstechens nicht länger verschieben [können] und sie sehr kunstreich und glücklich vollbracht.
Troxler habe ich gar nicht gesehen. Er mochte [5] empfindlich gewesen seyn, daß ich ihn nicht anfangs zuerst aufgesucht, nachher hatte man ihn auch nirgends eingeladen wo ich hinkam. In seiner neuesten kleinen Schrift über das Leben oder wie es heißt habe ich nur geblättert. Mich bedünkt der Mann wolle zwar leben aber nicht leben lassen. Dieses Zurückweisen aller Strebungen und Richtungen der menschlichen Fähigkeiten, weil sie doch nicht das unmittelbare Leben seyen, läuft unter hochtrabenden Namen auf die gröbste Sinnlichkeit hinaus. Dieß war schon die Meinung des Junkers Christoph von Bleichwang, man sage zwar, das Leben bestehe aus den vier Elementen, aber er glaube eher, daß es aus Essen und Trinken besteht. – Diese jungen Leute bilden sich gewaltig viel ein, und meynen alles weit hinter sich zu lassen.
Einen vortrefflichen Mann habe ich dagegen in Dr.[esden] kennen gelernt an Dr. Schubert. Seine Schriften kenne ich noch nicht, seine Person hat mich unendlich angezogen. Er hat neben einer fast schüchternen Kindlichkeit etwas gleichsam verklärtes, und sein Auge scheint immer in einer entzückten Beschauung zu schweben.
Bezeugen Sie Franz Baader meinen Kummer darüber seine Bekanntschaft verfehlt zu haben. Doch vielleicht ist eine Aussieht da, das versäumte nachzuhohlen. Es wäre möglich, wenn der Himmel uns in Deutschland Frieden erhält daß wir im Spätherbst wieder durch München kämen. Frau v. St[aël] freut sich in diesem Falle schon auf Ihre Unterhaltung von der sie sehr angezogen ward.
[6] Empfehlen Sie mich Hrn. Director Langer bestens und fodern Sie ihn doch auf, nunmehr bald ein beurtheilendes und historisch genaues Verzeichniß der in München, Schleisheim, Augsburg und überhaupt in Baiern befindlichen Kunstschätze zu veranstalten. Besonders für die Geschichte der altdeutschen Kunst wäre dieß wichtig.
Da Sie ohne Zweifel jetzt viel Einfluß bey der Akademie der bildenden Künste haben so sollten Sie wenn etwas vorfällt des wackern Friedrich Tieck [gedenken], von dem ich hier ein sehr vortreffliches Werk ein Basrelief von 3 Figuren für Neckers Denkmal vorgefunden habe.
Die besten Grüße an Caroline. Leben Sie recht wohl. Dürfte ich Sie mit der Besorgung der Einlage bemühen.
[1] [Coppet 25. Juli 1808]
Ganz sündlich und unverantwortlich, mein theurer Freund, habe ich verwichnen Winter gegen Sie geschwiegen, auf Ihre freundlichen durch Hrn. Pappenheimer mir zugestellten Zeilen; und nun erinnert mich Ihr Brief, der im vorigen Jahre hieher fehlging, von neuem an meine Schuld.
Indessen hat es doch einen natürlichen Grund gehabt, daß ich Ihnen nicht sogleich schrieb. Ich wollte erst mehr von Ihren neuen Schriften kennen (die polemischen gegen Fichte hatte ich [mir] gleich unterwegs zu Gemüth geführt) und im Anfange unsres Aufenthalts in Wien war meine Lebensart so antispeculativ, ja selbst so antimagisch, daß [ich] mich gar nicht in der Fassung befand, Dinge altioris indaginis gehörig zu lesen. Nachher wurde ich durch meine Vorlesungen übermäßig beschäftigt, und nun habe ich in kaum anderthalb Monaten Deutschland von einem Ende bis zum andern, von Wien bis Hannover, durchflogen, habe meinen Bruder Friedrich, meine Mutter und übrigen Geschwister wieder gesehen, eine Menge alter Bekanntschaften [erneut] und neue gestiftet und befinde mich hier endlich wieder im Genuß der ländlichen Einsamkeit insofern sie in der Nähe von Fr.[au] v. St[aël], welcher überall viel Gesellschaft zuströmt, zu finden ist.
Unterdessen habe ich aus den Zeitungen mit reger Theilnahme Ihre Beförderung erfahren, und mich besonders gefreut, Sie an der Stelle zu wissen, die, so weit ich Ihre Verhältnisse kennen gelernt, gerade die angenehmste für Sie seyn muß. Und erst nun erfahre ich durch einen Brief vom Frh. von Aretin, daß die Akademie mir die Ehre erzeigt mich unerwartet zum auswärtigen Mitgliede zu ernennen, was mich, wäre es auch in keiner andern Rücksicht, doch in dieser freuen [2] würde, daß wir uns einmal wieder als Collegen betrachten können.
Damit ich aber nicht so wildfremd hineintappe, so muß ich Sie um einen kleinen Unterricht ansprechen. Von allem, was in Druck erschienen, seit die Akademie ihre neue Verfassung bekommen, habe ich nichts gelesen außer Jakobiʼs Rede und die ihrige. Ich wünsche dieses alles zu besitzen und falls die Statuten und die Einrichtung oder besser zu sagen Organisation der Akademie gedruckt worden, auch diese. – Stellen Sie sich vor ich bin wie ein unmündiges Kind: die erste Classe ernennt mich zum Mitgliede, und ich weiß nicht einmal was die erste Classe schafft und treibt, noch aus welchen Mitgliedern sie besteht. Ehe ich es mir versähe, wäre ich in eine falsche Classe hinein gestolpert, und wieder höflich zur Thür gewiesen. Melden Sie mir, was und wie viel für ein ordentliches außerordentliches Mitglied zu leisten Sitte und Pflicht ist, ob man Aufsätze einschickt, wie bald nach der Ernennung dergleichen erwartet werden, und geben Sie mir dabey an die Hand, was ich der Akademie etwa unter den Fuß geben könnte.
Ihrer schmeichelhaften Aufforderung durch Ausarbeitung einer deutschen Sprachlehre um den Preis zu werben werde ich nicht Genüge leisten können. Der Zeitraum ist zu kurz, mehr als die Hälfte des Jahres ist schon verstrichen, und mancherley Arbeiten drängen mich: jetzt muß ich meine in Wien gehaltnen Dramaturgischen Vorlesungen für den Druck durchsehen, Shakspear und Calderon mahnen mich seit Jahren, zum Prometheus (wo Sie schon im Winter einige Lebenszeichen von mir werden gefunden haben) soll ich Beyträge liefern; auch verschiedne [3] kritische Anzeigen habe ich übernommen. Überdieß habe ich mich weniger auf den heurigen und täglichen grammatischen Gebrauch als auf die Origines unsrer Sprache gelegt, die immer mehr und mehr mein Lieblingsstudium werden.
Ihre Jahrbücher der Medicin habe ich mit großer Aufmerksamkeit gelesen. Die neueren Darstellungen Ihres Systems sind mir oft ergreifend klar, ich finde darin einzig glücklich gebildete Ausdrücke; andere male verhüllen Sie sich mir in Nebel, wie die Götter des Olymp wovon aber die Schuld ganz an mir liegt, da meine geringen speculativen Fähigkeiten durch Mangel an Übung noch abgenommen haben. Auf eine unangenehme Art wurde ich in der Lesung eines der wichtigsten Aufsätze gestört, indem der Bogen 4 des 1 B[andes] in dem Exemplare, welches Sie mir geschenkt nur zur Hälfte bedruckt ist, so daß jedes Blatt abwechselnd die erste oder letzte Seite leer darbietet. Diese Art in Profil zu drucken möchte etwa bey Nicolaischen Schriften zu empfehlen [seyn], bey solchen wie die Ihrigen kann ich sie unmöglich gut heißen. Ich bitte also um einen rund gearbeiteten und nicht in Basrelief gehaltnen Bogen 4, zugleich mit dem neu erschienenen Heft oder Heften des 3ten Bandes, worin sich ein Beytrag von Baader befindet, wie ich schon in Wien vernahm.
Sie würden mir einen wahren Liebesdienst erweisen, wenn Sie dieß, nebst den Sachen die Akademie betreffend, und denen worum ich Hrn. v. Aretin geschrieben, seiner Zeitschrift, und den Steinschnitten nach Albert Dürer soweit sie heraus sind, durch einen Münchner [4] Buchhändler, wohl eingepackt, an einen Commissionär in Schaffhausen oder Constanz fördern lassen wollten von woher ich es dann weiter erhalte. Was Sie sonst noch beyzulegen haben, wird unendlich willkommen seyn, Sie glauben nicht wie wohl es thut, wenn man in Welschen Landen lebt, Deutsche Neuigkeiten zu bekommen.
In Wien habe ich eine ausgezeichnete Aufnahme gefunden und den Winter sehr angenehm zugebracht. Von meinen Vorlesungen haben Sie wohl schon allerley gehört. Auf jeden Fall lege ich eine Anzeige ihren Inhaltes bey. Ich hatte eine sehr glänzende Zuhörerschaft von mehr als drittehalbhundert Personen: fast den ganzen hohen Adel, einige der ersten vom Hofe, mehrere Staatsminister und Generale, 18 Fürstinnen und der Gräfinnen ist keine Zahl. Die große Aufmerksamkeit und rege Empfänglichkeit meines Publicums machte mir viel Freude, die letzte Vorlesung war so voll wie die erste, und alles endigte mit lautem Beyfall.
Auch nicht wenig merkwürdige und werthe Bekanntschaften habe ich in Wien gemacht Dazu gehören besonders die mit Adam Schmidt und Graf Carl Harrach, die ich erst später recht ausbildete. Schmidt gab mir den Tag vor meiner Abreise ein kleines Fest, wobey er mir eine Probe seiner Kunst sehen lassen wollte; leider ward ich durch ein Geschäft abgehalten zu rechter Zeit zu kommen, und er hatte bey Eintretender Nacht die Operation des Staarstechens nicht länger verschieben [können] und sie sehr kunstreich und glücklich vollbracht.
Troxler habe ich gar nicht gesehen. Er mochte [5] empfindlich gewesen seyn, daß ich ihn nicht anfangs zuerst aufgesucht, nachher hatte man ihn auch nirgends eingeladen wo ich hinkam. In seiner neuesten kleinen Schrift über das Leben oder wie es heißt habe ich nur geblättert. Mich bedünkt der Mann wolle zwar leben aber nicht leben lassen. Dieses Zurückweisen aller Strebungen und Richtungen der menschlichen Fähigkeiten, weil sie doch nicht das unmittelbare Leben seyen, läuft unter hochtrabenden Namen auf die gröbste Sinnlichkeit hinaus. Dieß war schon die Meinung des Junkers Christoph von Bleichwang, man sage zwar, das Leben bestehe aus den vier Elementen, aber er glaube eher, daß es aus Essen und Trinken besteht. – Diese jungen Leute bilden sich gewaltig viel ein, und meynen alles weit hinter sich zu lassen.
Einen vortrefflichen Mann habe ich dagegen in Dr.[esden] kennen gelernt an Dr. Schubert. Seine Schriften kenne ich noch nicht, seine Person hat mich unendlich angezogen. Er hat neben einer fast schüchternen Kindlichkeit etwas gleichsam verklärtes, und sein Auge scheint immer in einer entzückten Beschauung zu schweben.
Bezeugen Sie Franz Baader meinen Kummer darüber seine Bekanntschaft verfehlt zu haben. Doch vielleicht ist eine Aussieht da, das versäumte nachzuhohlen. Es wäre möglich, wenn der Himmel uns in Deutschland Frieden erhält daß wir im Spätherbst wieder durch München kämen. Frau v. St[aël] freut sich in diesem Falle schon auf Ihre Unterhaltung von der sie sehr angezogen ward.
[6] Empfehlen Sie mich Hrn. Director Langer bestens und fodern Sie ihn doch auf, nunmehr bald ein beurtheilendes und historisch genaues Verzeichniß der in München, Schleisheim, Augsburg und überhaupt in Baiern befindlichen Kunstschätze zu veranstalten. Besonders für die Geschichte der altdeutschen Kunst wäre dieß wichtig.
Da Sie ohne Zweifel jetzt viel Einfluß bey der Akademie der bildenden Künste haben so sollten Sie wenn etwas vorfällt des wackern Friedrich Tieck [gedenken], von dem ich hier ein sehr vortreffliches Werk ein Basrelief von 3 Figuren für Neckers Denkmal vorgefunden habe.
Die besten Grüße an Caroline. Leben Sie recht wohl. Dürfte ich Sie mit der Besorgung der Einlage bemühen.
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