• Johanna Christiane Erdmuthe Schlegel to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Hannover · Place of Destination: Braunschweig · Date: 26. Oktober [1800]
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Johanna Christiane Erdmuthe Schlegel
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Hannover
  • Place of Destination: Braunschweig
  • Date: 26. Oktober [1800]
  • Notations: Da der Brief im Druck nur teilweise wiedergegeben ist, wurde er neu transkribiert. – Datum (Jahr) sowie Absende- und Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 362657327
  • Bibliography: Waitz, Georg: Caroline und ihre Freunde. Mittheilungen aus Briefen. Leipzig 1882, S. 87.
  • Incipit: „[1] Den 26 t October
    Liebster Sohn,
    Vor ein paar Stunden habe ich Deinen Brief erhalten. Wie mein Brief an Dich weg [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-611-36881
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.21,Nr.60
  • Number of Pages: 3 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 24,4 x 17,9 cm
    Language
  • German
    Editors
  • Bamberg, Claudia
[1] Den 26 t October
Liebster Sohn,
Vor ein paar Stunden habe ich Deinen Brief erhalten. Wie mein Brief an Dich weg war, fürchte ich wie es nun auch gekommen ist, daß Du denselben nicht gut aufnehmen würdest, aber er war auf die Post. Alles greift mich bey meinen Jahren an, wenn es auch angenehme Partien sind, der Abschied besonders, kurtz ich war erschöpft, u das verstimmt mich immer daß ich die Dinge von einer Traurigen Seide an sehe. Dein Besuch hat mir unbeschreiblich viel Freude gemacht, auch daß Du doch gröstentheils munter warst, auch hast Du mir manches angenehme u beruhigendes gesagt, besonders wegen Heinrich, darunter gehört, daß er diesen Winter Lesen wird. aber mit seinen Roman, u der Lage mit der Madam kann ich mich nicht aussehnen. Lieber Willhelm Du must Geduld haben mit meinen Alter, u mit meinen eingeschrenckten Einsichten, eine Person die nichts als ein Bischen Natürlichen verstand hat, kann sich in die Denkungsart der Genies nicht hinein dencken. kurtz es bleibt beym altem Du bist mein sehr geliebter Sohn, von dem ich nichts weiß, als was ihm Ehren macht, aber die besten u klügsten Menschen könen irren, u eine Ängstliche Mutter die ihre Kinder in dem Grade liebt, als ich Dich besonders liebe, kann auch wohl eine wohl gemeynte Sorge Äußern. Freilich mag ich mir wohl bey meiner [2] Einsamkeit manche überflüßige Grile machen, aber bedaure mich darüber. Ich fihle es sehr daß ich itzo in den Jahren bin, von denen es heist, sie gefallen mir nicht. ganz einsam ohne bestimmte Geschäffte, u doch einen unruhigen u lebhaften Geist zu haben, der mir recht zur Last ist. Ich gehe fast alle tage ein paar Stunden aus, aber oft macht es mir auch wenig Vergnügen, zumal da ein Gehör etwas ab nimt, ich mache mir Geschäffte aber sie sind oft Zwecklos, ich lese auch, aber theils fehlt es mir an Guten Büchern, die ich lesen mag theils fehlt es mir an Vorkenntnißen, da meine erste Erziehung nicht darnach geweßen ist, u ich habe immer wenig Zeit zum Lesen gehabt, also verstehe ich auch manches nicht, besonders die Neuern Sachen, denn werde ich traurig, auch kann ich das Lesen der Augen wegen nicht lange aus halten, Nun die paar Jahre die ich vieleicht noch zu leben habe werden schon noch hin gehn. Nun auf angenehmere Gegenstände. Es freut mich sehr daß Ihr in Sedern so gut auf genommen seyt, u so viel schönes gesehn habt, u besonders auch daß das böse Wetter u Weg Euch nichts geschadet hat. Ich wünsche daß Ihr nun auch in Braunschweig einen recht vergnügten u angenehmen Aufenthalt haben mögt. Du wirst Wahrscheinlich etwas in Braunschweig bleiben, da Du gleich beyʼs Arbeiten gegangen bist. Ich wünsche [3] daß Deiner lieben Frau Gesundheit da bald völlig wieder hergestellt werden möge, u Du Dich auch wieder recht erholst. Melde mir doch wem Du da siehst ob Du Eschenburg, u Leisewitz besucht hast, u wie sich die Leute benehmen. Ich wünschte auch daß Du Gärtnersch besuchen möchtest. Gärtner ist ein Guter Mann. Carl hat heute einen Brief von denselben erhalten, worin er Carl sehr dankt, daß er die Vormundschafft von Letzens Kinder übernommen hat. Will uns Friedrich künftigen Sommer besuchen, so soll es uns lieb seyn, wenn er will mit uns vorlieb nehmen, den Friedrich könnt außer Papp fast niemand. Carls befünden sich wohl, Jettchen klagt Zahn Weh u da bin ich immer besorgt, daß das Stümppern wieder an geht. Grüße Deine liebe Frau von mir u Entfiehl mich Deiner Frau Schwieger mutter bestens u schreib mir bald wieder
Mutter Schlegel.
[4] [leer]
[1] Den 26 t October
Liebster Sohn,
Vor ein paar Stunden habe ich Deinen Brief erhalten. Wie mein Brief an Dich weg war, fürchte ich wie es nun auch gekommen ist, daß Du denselben nicht gut aufnehmen würdest, aber er war auf die Post. Alles greift mich bey meinen Jahren an, wenn es auch angenehme Partien sind, der Abschied besonders, kurtz ich war erschöpft, u das verstimmt mich immer daß ich die Dinge von einer Traurigen Seide an sehe. Dein Besuch hat mir unbeschreiblich viel Freude gemacht, auch daß Du doch gröstentheils munter warst, auch hast Du mir manches angenehme u beruhigendes gesagt, besonders wegen Heinrich, darunter gehört, daß er diesen Winter Lesen wird. aber mit seinen Roman, u der Lage mit der Madam kann ich mich nicht aussehnen. Lieber Willhelm Du must Geduld haben mit meinen Alter, u mit meinen eingeschrenckten Einsichten, eine Person die nichts als ein Bischen Natürlichen verstand hat, kann sich in die Denkungsart der Genies nicht hinein dencken. kurtz es bleibt beym altem Du bist mein sehr geliebter Sohn, von dem ich nichts weiß, als was ihm Ehren macht, aber die besten u klügsten Menschen könen irren, u eine Ängstliche Mutter die ihre Kinder in dem Grade liebt, als ich Dich besonders liebe, kann auch wohl eine wohl gemeynte Sorge Äußern. Freilich mag ich mir wohl bey meiner [2] Einsamkeit manche überflüßige Grile machen, aber bedaure mich darüber. Ich fihle es sehr daß ich itzo in den Jahren bin, von denen es heist, sie gefallen mir nicht. ganz einsam ohne bestimmte Geschäffte, u doch einen unruhigen u lebhaften Geist zu haben, der mir recht zur Last ist. Ich gehe fast alle tage ein paar Stunden aus, aber oft macht es mir auch wenig Vergnügen, zumal da ein Gehör etwas ab nimt, ich mache mir Geschäffte aber sie sind oft Zwecklos, ich lese auch, aber theils fehlt es mir an Guten Büchern, die ich lesen mag theils fehlt es mir an Vorkenntnißen, da meine erste Erziehung nicht darnach geweßen ist, u ich habe immer wenig Zeit zum Lesen gehabt, also verstehe ich auch manches nicht, besonders die Neuern Sachen, denn werde ich traurig, auch kann ich das Lesen der Augen wegen nicht lange aus halten, Nun die paar Jahre die ich vieleicht noch zu leben habe werden schon noch hin gehn. Nun auf angenehmere Gegenstände. Es freut mich sehr daß Ihr in Sedern so gut auf genommen seyt, u so viel schönes gesehn habt, u besonders auch daß das böse Wetter u Weg Euch nichts geschadet hat. Ich wünsche daß Ihr nun auch in Braunschweig einen recht vergnügten u angenehmen Aufenthalt haben mögt. Du wirst Wahrscheinlich etwas in Braunschweig bleiben, da Du gleich beyʼs Arbeiten gegangen bist. Ich wünsche [3] daß Deiner lieben Frau Gesundheit da bald völlig wieder hergestellt werden möge, u Du Dich auch wieder recht erholst. Melde mir doch wem Du da siehst ob Du Eschenburg, u Leisewitz besucht hast, u wie sich die Leute benehmen. Ich wünschte auch daß Du Gärtnersch besuchen möchtest. Gärtner ist ein Guter Mann. Carl hat heute einen Brief von denselben erhalten, worin er Carl sehr dankt, daß er die Vormundschafft von Letzens Kinder übernommen hat. Will uns Friedrich künftigen Sommer besuchen, so soll es uns lieb seyn, wenn er will mit uns vorlieb nehmen, den Friedrich könnt außer Papp fast niemand. Carls befünden sich wohl, Jettchen klagt Zahn Weh u da bin ich immer besorgt, daß das Stümppern wieder an geht. Grüße Deine liebe Frau von mir u Entfiehl mich Deiner Frau Schwieger mutter bestens u schreib mir bald wieder
Mutter Schlegel.
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