• August Wilhelm von Schlegel to August Böckh

  • Place of Dispatch: Coppet · Place of Destination: Unknown · Date: 02.04.1810
Edition Status: Single collated printed full text without registry labelling not including a registry
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: August Böckh
  • Place of Dispatch: Coppet
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 02.04.1810
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 32725617Z
  • Bibliography: Steig, Reinhold: Zeugnisse zur Pflege der deutschen Litteratur in den Heidelberger Jahrbüchern, In: Neue Heidelberger Jahrbücher 11 (1901), S. 248‒250.
  • Incipit: „[1] Coppet, d. 2ten April 1810.
    Hochgeehrtester Herr Professor!
    E. W. sende ich hiebey die Antwort des Hrn. von Barante auf Ihre [...]“
    Manuscript
  • Provider: Universitätsbibliothek Heidelberg
  • Classification Number: Heid. Hs. 2130,23,2
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
    Language
  • German
[1] Coppet, d. 2ten April 1810.
Hochgeehrtester Herr Professor!
E. W. sende ich hiebey die Antwort des Hrn. von Barante auf Ihre ihm mitgetheilten Vorschläge. Sie sehen, dass er bereitwillig darauf eingeht, und es ist nun an dem Secretär Ihrer Jahrbücher sich zu entscheiden, ob er die Stelle antreten will, und uns baldigst seinen Entschluss wissen zu lassen. Die, wo ich nicht irre, schon erwähnten Bedingungen wiederhole ich zum Ueberfluss. Sie sind: ein Gehalt von 1200 £ oder 50 Carol. nebst freyer Kost und Wohnung; Vergütung der Reisekosten; der Vertrag gilt auf ein Jahr, und sollte auf einer von beyden Seiten keine Erneuerung desselben beliebt werden, so steht Hr. von Barante auch die Rückreise. Er wird nach der Mitte Aprils in seiner Präfectur zu Napoleon im Dept de la Vendée zurückseyn. Der Secretär könnte gerade zu an ihn schreiben, thut er es aber auf Deutsch, so müsste er sich dabey latei[2]nischer Schrift bedienen. Er kann aber auch seine Antwort an mich richten oder beyschliessen, und wiewohl ich im Begriff bin nach Frankreich abzureisen, treffen mich die Briefe am sichersten, wenn sie hieher adressirt werden. Je eher er die Stelle antreten kann, desto angenehmer wird es seyn.
E. W. reichhaltige Schrift über die Tragiker habe ich jetzt gelesen, jedoch fehlte es mir noch an Musse, es mit der Aufmerksamkeit zu thun, die sie verdient, d. h. immer dabey die alten Dichter nachzulesen. Sollte ich eine zweyte Ausgabe meiner dramaturgischen Vorlesungen erleben, so werde ich nicht ermangeln meine Versäumniss nachzuhohlen, und meine Uebereinstimmung mit Ihnen oder meine Zweifel zu äussern.
Die Beurtheilung des Ariost habe ich seit Ihrem Briefe eingesandt; der des Winkelmann wird meine nächste freye Musse gewidmet seyn.
Dass die Herren Redactoren für gut ge[3]funden, zwey Aufsätze gegen meines Bruders Recension des Stollberg einzurücken, kann ich wohl begreifen; ich will Ew. W. aber auf einen andern indirecten Angriff auf ihn aufmerksam machen. Philol. p. III Jahrg. 2tes Heft steht eine Recension zweyer Schriften von Hrn. v. Dalberg. Der Beurtheiler will ganz offenbar S. 59 meines Bruders Ansicht vom Pantheismus widerlegen. Auf der folgenden Seite hingegen, wo er alle unbedeutenden Schriften über die lndier nennt, wovon die meisten ja nur Afterübersetzungen aus dem Englischen sind, übergeht er geflissentlich die meines Bruders, die erste in Deutschland, und überhaupt in Europa ausser England, aus den Quellen geschöpfte, ohne deren Kenntniss alles nur Geschwätz bleibt. Eine solche stillschweigende Feindseligkeit gegen einen verdienten Mitarbeiter hätte wohl billiger Weise ganz zurückgewiesen oder mit einer Berichtigung begleitet werden sollen. Ueberhaupt befremdet es mich, dass eine so wichtige Schrift wie die über die Sprache und älteste Weisheit der Indier, die unsrer Litteratur Ehre macht, und wovon ein übersetzter Abschnitt in Frankreich schon die grösste Aufmerksamkeit erregt hat, in Ihrer Zeitschrift immer noch nicht angezeigt worden.
[4] Ich danke Ihnen für die Nachricht von den Brüdern Grimm, die mir bey meiner Entfernung von Deutschland unbekannt geblieben waren.
Es ist zu verwundern und zu loben, dass Leute, die im Dienst einer so neudeutschen Regierung stehen, das Altdeutsche so gut kennen. Die Herren sind etwas bey der Hand mit Tadeln: das pflegt so zu gehen, wenn man jung ist, und selbst noch nichts bedeutendes geleistet hat.
Ich empfehle Ew. W. eine kürzlich in französischer Sprache erschienene Lebensbeschreibung Zwingli’s von Hrn. Hess aus Zürich zu baldiger Beurtheilung. Der Vf. wird der Redaction ein Exemplar zustellen lassen. Der gelehrte Hr. Professor Wilken würde mich sehr verbinden, wenn er die Anzeige übernehmen wollte.
Noch vergass ich, dass das mit Hrn. von Chamisso ein Irrthum ist. Ew. W. verwechseln Napoleonville mit Napoleon. Das letzte ist eine fast nur noch im Entwurfe vorhandne Stadt.
Mit ausgezeichneter Hochachtung
Ew. Wohlgeb.
ergebenster
A. W. Schlegel.
[1] Coppet, d. 2ten April 1810.
Hochgeehrtester Herr Professor!
E. W. sende ich hiebey die Antwort des Hrn. von Barante auf Ihre ihm mitgetheilten Vorschläge. Sie sehen, dass er bereitwillig darauf eingeht, und es ist nun an dem Secretär Ihrer Jahrbücher sich zu entscheiden, ob er die Stelle antreten will, und uns baldigst seinen Entschluss wissen zu lassen. Die, wo ich nicht irre, schon erwähnten Bedingungen wiederhole ich zum Ueberfluss. Sie sind: ein Gehalt von 1200 £ oder 50 Carol. nebst freyer Kost und Wohnung; Vergütung der Reisekosten; der Vertrag gilt auf ein Jahr, und sollte auf einer von beyden Seiten keine Erneuerung desselben beliebt werden, so steht Hr. von Barante auch die Rückreise. Er wird nach der Mitte Aprils in seiner Präfectur zu Napoleon im Dept de la Vendée zurückseyn. Der Secretär könnte gerade zu an ihn schreiben, thut er es aber auf Deutsch, so müsste er sich dabey latei[2]nischer Schrift bedienen. Er kann aber auch seine Antwort an mich richten oder beyschliessen, und wiewohl ich im Begriff bin nach Frankreich abzureisen, treffen mich die Briefe am sichersten, wenn sie hieher adressirt werden. Je eher er die Stelle antreten kann, desto angenehmer wird es seyn.
E. W. reichhaltige Schrift über die Tragiker habe ich jetzt gelesen, jedoch fehlte es mir noch an Musse, es mit der Aufmerksamkeit zu thun, die sie verdient, d. h. immer dabey die alten Dichter nachzulesen. Sollte ich eine zweyte Ausgabe meiner dramaturgischen Vorlesungen erleben, so werde ich nicht ermangeln meine Versäumniss nachzuhohlen, und meine Uebereinstimmung mit Ihnen oder meine Zweifel zu äussern.
Die Beurtheilung des Ariost habe ich seit Ihrem Briefe eingesandt; der des Winkelmann wird meine nächste freye Musse gewidmet seyn.
Dass die Herren Redactoren für gut ge[3]funden, zwey Aufsätze gegen meines Bruders Recension des Stollberg einzurücken, kann ich wohl begreifen; ich will Ew. W. aber auf einen andern indirecten Angriff auf ihn aufmerksam machen. Philol. p. III Jahrg. 2tes Heft steht eine Recension zweyer Schriften von Hrn. v. Dalberg. Der Beurtheiler will ganz offenbar S. 59 meines Bruders Ansicht vom Pantheismus widerlegen. Auf der folgenden Seite hingegen, wo er alle unbedeutenden Schriften über die lndier nennt, wovon die meisten ja nur Afterübersetzungen aus dem Englischen sind, übergeht er geflissentlich die meines Bruders, die erste in Deutschland, und überhaupt in Europa ausser England, aus den Quellen geschöpfte, ohne deren Kenntniss alles nur Geschwätz bleibt. Eine solche stillschweigende Feindseligkeit gegen einen verdienten Mitarbeiter hätte wohl billiger Weise ganz zurückgewiesen oder mit einer Berichtigung begleitet werden sollen. Ueberhaupt befremdet es mich, dass eine so wichtige Schrift wie die über die Sprache und älteste Weisheit der Indier, die unsrer Litteratur Ehre macht, und wovon ein übersetzter Abschnitt in Frankreich schon die grösste Aufmerksamkeit erregt hat, in Ihrer Zeitschrift immer noch nicht angezeigt worden.
[4] Ich danke Ihnen für die Nachricht von den Brüdern Grimm, die mir bey meiner Entfernung von Deutschland unbekannt geblieben waren.
Es ist zu verwundern und zu loben, dass Leute, die im Dienst einer so neudeutschen Regierung stehen, das Altdeutsche so gut kennen. Die Herren sind etwas bey der Hand mit Tadeln: das pflegt so zu gehen, wenn man jung ist, und selbst noch nichts bedeutendes geleistet hat.
Ich empfehle Ew. W. eine kürzlich in französischer Sprache erschienene Lebensbeschreibung Zwingli’s von Hrn. Hess aus Zürich zu baldiger Beurtheilung. Der Vf. wird der Redaction ein Exemplar zustellen lassen. Der gelehrte Hr. Professor Wilken würde mich sehr verbinden, wenn er die Anzeige übernehmen wollte.
Noch vergass ich, dass das mit Hrn. von Chamisso ein Irrthum ist. Ew. W. verwechseln Napoleonville mit Napoleon. Das letzte ist eine fast nur noch im Entwurfe vorhandne Stadt.
Mit ausgezeichneter Hochachtung
Ew. Wohlgeb.
ergebenster
A. W. Schlegel.
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