• Friedrich von Schlegel to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Berlin · Place of Destination: Jena · Date: [April 1799]
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friedrich von Schlegel
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Berlin
  • Place of Destination: Jena
  • Date: [April 1799]
  • Notations: Datum erschlossen.
    Printed Text
  • Bibliography: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 24. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Die Periode des Athenäums (25. Juli 1797 ‒ Ende August 1799). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Raymond Immerwahr. Paderborn 1985, S. 262‒264.
  • Incipit: „Die Fichtesche Sache ist allerdings sehr wichtig auch für uns. Die nächste Folge davon ist, daß Jena in das Chaos der [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-1a-34237
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.24.c,Nr.134
  • Number of Pages: 4S. auf Doppelbl., hs.
  • Format: 18,9 x 11,9 cm
    Language
  • German
Die Fichtesche Sache ist allerdings sehr wichtig auch für uns. Die nächste Folge davon ist, daß Jena in das Chaos der allgemeinen Plattheit herabsinken wird. Nothwendig ists auch, daß man dem Satan auf keine Weise nachgiebig begegnet, und sehr richtig also Deine kriegerische Gesinnung.
Du scheinst es für schicklich zu halten, daß ich eine Brochüre für Fichte schriebe; und in der That kocht mir schon eine im Leibe. Es versteht sich, daß ich mich in die Sachen der Regierung <nicht> menge. Ich werde nur ganz bescheiden darthun, daß Fichtens Verdienst eben darin bestehe, daß er die Religion entdeckt hat, und daß seine Lehre nichts andres sey als wahre Religion in Form der Philosophie. – An rhetorischer Kraft hoffe ich soll es nicht fehlen. Aber glaubst Du nicht daß man es <mir> dennoch in Weimar sehr verübeln wird? – Ich erwähne dieß nur im voraus, weil mir nun alles Kommen nach Jena und Bleiben daselbst wieder unsicher und schwankend erscheint. – Meine erste Empfindung war, mich gleich nach dem letzten Bogen der Luc.[inde] auf die Post zu setzen und zu Euch zu reisen, um auch Fichte noch zu sehn. Aber wenn ich mit meiner Brochüre zugleich da ankäme, das sähe doch revoluzionärer aus, als ich möchte. Und sehr bald <muß> die Brochüre auf jeden Fall erscheinen.
An den Flaxmannschen Umrissen hat mir außer deren Bestandtheilen selbst auch die pikante Mischung der zartkatholischen Heiligkeit und der ächtprotestantischen Grobheit großes Vergnügen gewährt. – Die Stelle von Danteʼs Weltansicht halten wir (Tieck und ich) für so schön, als nur je etwas in Prosa geschrieben worden. –
Nun einige Erinnerungen. – Den letzten Perioden über Hirt – der eine Beziehung auf seine Professur bey der Akademie enthält – dächte ich ließest Du weg, weil er zu sehr in die bürgerlichen Verhältnisse eingreift. Ueberdem macht der Einfall, der grade vorher steht, daß ihn <selbst> statt des L.[aokoon] der Schlag gerührt einen sehr vollständigen Schluß.
Ferner hast Du den Walpole geistreich genannt. Freund! Bedenke Dich was Du thust, und wie sparsam strenge Kritiker mit einem solchen Lobe seyn müssen. Wir – denn ich habe den ganzen Aufsatz mit Tieck zusammen gelesen – halten diesen Menschen für ein durchaus schlechtes Subjekt, und in der That begreife ich doch nicht wie einer der etwas so nach allen Seiten hin unendlich plattes geschrieben hat, wie das Castle of Otranto, je etwas sagen könnte was geistreich wäre. Wenn der geistreich ist, so ist Jenisch wohl genialisch. – T.[ieck] meynte Walpole wäre schon zu viel Redens von ihm, besser nennte man ihn bloß Pole. –
Ferner scheint mir der Spaß über die alte Römerin nicht bedeutend genung.
Wie Flaxmann zuerst aufgeführt wird geschieht es mit – Verstand und Kentniß, Dichtergefühl, Geist, Fantasie und klassischem Schönheitssinn. – Wären nicht drey von diesen Vierundzwanzigpfündern genug? –
Vom und fürs Athen.[äum] bald und viel, auch viel Neues, so bald ich nur nicht mehr an den beyden letzten Bogen der Lucinde laborire. Diese erhaltet Ihr mit dem spanischen Lexikon.
Nimm doch Notiz von einem philosophischen Buch von Herder, welches ich im Meßcat.[alog] finde. Das wäre etwas für die Notizen, in die aber solche Subjekte wie Jenisch pp. nicht gehören können? – Höchstens Garveʼs letzte Kinder, deren sich vielleicht Schl.[eiermacher] annimmt.
Die Briefe von Unger erwarte ich mit großer Ungeduld.
Verzeih diese flüchtige Schreiberey. Grüße Hard.[enberg] herzlich. Ich schreibe an ihn mit der nächsten Sendung.
Ich wünschte nicht, daß außer der Elegie und dem Flaxman noch etwas von Dir d. h. nicht von mir in das nächste Stück Athen.[äum] komme.
Auch an Schelling viele Grüße. Auf den Ariost freue ich mich über die Maßen.
Die Fichtesche Sache ist allerdings sehr wichtig auch für uns. Die nächste Folge davon ist, daß Jena in das Chaos der allgemeinen Plattheit herabsinken wird. Nothwendig ists auch, daß man dem Satan auf keine Weise nachgiebig begegnet, und sehr richtig also Deine kriegerische Gesinnung.
Du scheinst es für schicklich zu halten, daß ich eine Brochüre für Fichte schriebe; und in der That kocht mir schon eine im Leibe. Es versteht sich, daß ich mich in die Sachen der Regierung <nicht> menge. Ich werde nur ganz bescheiden darthun, daß Fichtens Verdienst eben darin bestehe, daß er die Religion entdeckt hat, und daß seine Lehre nichts andres sey als wahre Religion in Form der Philosophie. – An rhetorischer Kraft hoffe ich soll es nicht fehlen. Aber glaubst Du nicht daß man es <mir> dennoch in Weimar sehr verübeln wird? – Ich erwähne dieß nur im voraus, weil mir nun alles Kommen nach Jena und Bleiben daselbst wieder unsicher und schwankend erscheint. – Meine erste Empfindung war, mich gleich nach dem letzten Bogen der Luc.[inde] auf die Post zu setzen und zu Euch zu reisen, um auch Fichte noch zu sehn. Aber wenn ich mit meiner Brochüre zugleich da ankäme, das sähe doch revoluzionärer aus, als ich möchte. Und sehr bald <muß> die Brochüre auf jeden Fall erscheinen.
An den Flaxmannschen Umrissen hat mir außer deren Bestandtheilen selbst auch die pikante Mischung der zartkatholischen Heiligkeit und der ächtprotestantischen Grobheit großes Vergnügen gewährt. – Die Stelle von Danteʼs Weltansicht halten wir (Tieck und ich) für so schön, als nur je etwas in Prosa geschrieben worden. –
Nun einige Erinnerungen. – Den letzten Perioden über Hirt – der eine Beziehung auf seine Professur bey der Akademie enthält – dächte ich ließest Du weg, weil er zu sehr in die bürgerlichen Verhältnisse eingreift. Ueberdem macht der Einfall, der grade vorher steht, daß ihn <selbst> statt des L.[aokoon] der Schlag gerührt einen sehr vollständigen Schluß.
Ferner hast Du den Walpole geistreich genannt. Freund! Bedenke Dich was Du thust, und wie sparsam strenge Kritiker mit einem solchen Lobe seyn müssen. Wir – denn ich habe den ganzen Aufsatz mit Tieck zusammen gelesen – halten diesen Menschen für ein durchaus schlechtes Subjekt, und in der That begreife ich doch nicht wie einer der etwas so nach allen Seiten hin unendlich plattes geschrieben hat, wie das Castle of Otranto, je etwas sagen könnte was geistreich wäre. Wenn der geistreich ist, so ist Jenisch wohl genialisch. – T.[ieck] meynte Walpole wäre schon zu viel Redens von ihm, besser nennte man ihn bloß Pole. –
Ferner scheint mir der Spaß über die alte Römerin nicht bedeutend genung.
Wie Flaxmann zuerst aufgeführt wird geschieht es mit – Verstand und Kentniß, Dichtergefühl, Geist, Fantasie und klassischem Schönheitssinn. – Wären nicht drey von diesen Vierundzwanzigpfündern genug? –
Vom und fürs Athen.[äum] bald und viel, auch viel Neues, so bald ich nur nicht mehr an den beyden letzten Bogen der Lucinde laborire. Diese erhaltet Ihr mit dem spanischen Lexikon.
Nimm doch Notiz von einem philosophischen Buch von Herder, welches ich im Meßcat.[alog] finde. Das wäre etwas für die Notizen, in die aber solche Subjekte wie Jenisch pp. nicht gehören können? – Höchstens Garveʼs letzte Kinder, deren sich vielleicht Schl.[eiermacher] annimmt.
Die Briefe von Unger erwarte ich mit großer Ungeduld.
Verzeih diese flüchtige Schreiberey. Grüße Hard.[enberg] herzlich. Ich schreibe an ihn mit der nächsten Sendung.
Ich wünschte nicht, daß außer der Elegie und dem Flaxman noch etwas von Dir d. h. nicht von mir in das nächste Stück Athen.[äum] komme.
Auch an Schelling viele Grüße. Auf den Ariost freue ich mich über die Maßen.
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