• Friedrich Schleiermacher to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Berlin · Place of Destination: Jena · Date: 18.01.1800
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friedrich Schleiermacher
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Berlin
  • Place of Destination: Jena
  • Date: 18.01.1800
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Bibliography: Schleiermacher, Friedrich: Kritische Gesamtausgabe. Hg. v. Hans-Joachim Birkner u. Hermann Fischer. Berlin u.a. 1980ff. Abt. 5, Bd. 3. Briefwechsel 1799‒1800 (Briefe 553‒849). Hg. v. Andreas Arndt u. Wolfgang Virmond. Berlin u.a. 1992, S. 354‒356.
  • Incipit: „[1] B. 18t. Jan. 1800
    Tausend Dank für Ihre Alles andere weit hinter sich zurüklaßende Teufelei! Sie sind nun von einer solchen [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-611-34477
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.25,Nr.7
  • Number of Pages: 3 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 18,7 x 11,6 cm
    Language
  • German
[1] B. 18t. Jan. 1800
Tausend Dank für Ihre Alles andere weit hinter sich zurüklaßende Teufelei! Sie sind nun von einer solchen Glorie von höllischem Feuer umstrahlt daß man nicht mehr daran denken darf einen andern Teufel anzubeten als Sie. Ein solches Werk freilich verschmäht die Umgebung kleiner Arabesken und ich lege nun gern den Melchior Striegel und alles übrige bei Seite. Welche Gründlichkeit in dieser Kritik und welches Leben! und nun der Wettgesang oben drauf – ich schwöre Ihnen ich bin ganz außer mir. Nun, wenn das nicht wirkt, – so muß mans aufgeben. Meinem Garve müßen Sie nun den Vortritt gönnen damit er wenigstens das kurze Leben behalte bis man an die Dichter kommt. Mit dem Herder will ich mich Ihren Befehlen unterwerfen, und ihn nächstens wenigstens auf den Tisch legen, welches bei mir immer der Anfang aller Dinge ist aber ich möchte verzagen etwas tüchtiges zu Stande zu bringen seit dieser Anschauung des Ideals zu welcher Sie mir verholfen haben.
Die Huberiana haben mir viel Vergnügen gemacht; das Seufzen der Creatur ist doch für unser einen immer ein sehr spaßhafter Anblik; aber [2] Ihre Antwort ist mir, wenn ich so sagen darf auf der einen Seite zu gut und auf der andern nicht gut genug: es ist zu viel von Ihnen darin und zu wenig für Huber. Sie sind bei aller erschreklichen Bosheit doch wieder erstaunend gutmüthig; sein soi disant Glaube an die Möglichkeit einer beßern Kritik durch Sie und die Ihrigen hat Sie ordentlich verleitet ihm etwas von Ihnen selbst zu sagen, und dann haben Sie Sich doch wieder nicht enthalten können ihm zu sagen daß er es nicht verstehen könne. Das muß nothwendig böses Blut machen und warum soll man das einem armen Menschen anthun der nichts hat als sein gutes Blut? und was Sie von der Wirkung seiner Recension sagen wird ihn wieder in dem Irrthum bestärken daß Partei Ihre herrschende Idee ist. Auf diese Art haben Sie ihm eine erschrekliche Menge unangenehmer Empfindungen gemacht, und er wird doch noch glauben Recht zu haben. Wenn es einmal sein soll daß man sich mit solchen Armen am Geist einläßt: so würde meine Manier nur die sein, die seinsollende Moralität aus sich selbst zu bekriegen. Der Saz des Widerspruchs ist das einzige Reizmittel für solche Naturen, und auf diesem Wege hätten Sie ihn mit der größten Andacht und Freundlichkeit ganz zer[mürbeln] können, eine Operation die ihm vielleicht gar etwas hätte helfen [3] können. Doch Sie werden ja sehen – wenn anders meine Idee zu einem Büchlein über die deutsche Litteratur realisirt wird – wie ich es treiben werde wenn ich einen Repräsentanten dieser Denkart coram nehme, und ich hoffe Sie sollen mir dann zugestehen daß ich ganz eigen dazu gemacht bin zu diesen biederherzigen Seelen zu reden.
Frölich habe ich gleich heute Alles geschikt und ihm zu verstehen gegeben daß seine Ursachen weshalb er den Druk nicht gleich anfangen wollte nun gar nicht mehr Statt finden – es steht dahin ob ihm das einleuchten oder ob er doch noch das Gespräch abwarten wird. Wenn er sich, wie Friedrich mir schreibt, beklagt hat daß die Ideen schon bekannt sind so hat er das höchstwahrscheinlich sich selbst zuzuschreiben. Er hat sie – als ich den ersten Versuch machte den Druk anfangen zu laßen ein Paar Tage bei sich gehabt, und da wird sie Merkel wol ansichtig geworden sein. Sonst muß es von Fichte herrühren denn von mir hat sie Niemand gehabt, auch Bernhardi nicht. Sobald der Druk anfängt werde ich Ihnen Nachricht davon geben um Ihrer Sehnsucht einigermaßen zu Hülfe zu kommen, und in der Correktur mein Bestes thun um meiner Bestallung Ehre zu machen.
Leben Sie wohl und seien Sie nochmals herzlich bedankt.
Schl.
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[1] B. 18t. Jan. 1800
Tausend Dank für Ihre Alles andere weit hinter sich zurüklaßende Teufelei! Sie sind nun von einer solchen Glorie von höllischem Feuer umstrahlt daß man nicht mehr daran denken darf einen andern Teufel anzubeten als Sie. Ein solches Werk freilich verschmäht die Umgebung kleiner Arabesken und ich lege nun gern den Melchior Striegel und alles übrige bei Seite. Welche Gründlichkeit in dieser Kritik und welches Leben! und nun der Wettgesang oben drauf – ich schwöre Ihnen ich bin ganz außer mir. Nun, wenn das nicht wirkt, – so muß mans aufgeben. Meinem Garve müßen Sie nun den Vortritt gönnen damit er wenigstens das kurze Leben behalte bis man an die Dichter kommt. Mit dem Herder will ich mich Ihren Befehlen unterwerfen, und ihn nächstens wenigstens auf den Tisch legen, welches bei mir immer der Anfang aller Dinge ist aber ich möchte verzagen etwas tüchtiges zu Stande zu bringen seit dieser Anschauung des Ideals zu welcher Sie mir verholfen haben.
Die Huberiana haben mir viel Vergnügen gemacht; das Seufzen der Creatur ist doch für unser einen immer ein sehr spaßhafter Anblik; aber [2] Ihre Antwort ist mir, wenn ich so sagen darf auf der einen Seite zu gut und auf der andern nicht gut genug: es ist zu viel von Ihnen darin und zu wenig für Huber. Sie sind bei aller erschreklichen Bosheit doch wieder erstaunend gutmüthig; sein soi disant Glaube an die Möglichkeit einer beßern Kritik durch Sie und die Ihrigen hat Sie ordentlich verleitet ihm etwas von Ihnen selbst zu sagen, und dann haben Sie Sich doch wieder nicht enthalten können ihm zu sagen daß er es nicht verstehen könne. Das muß nothwendig böses Blut machen und warum soll man das einem armen Menschen anthun der nichts hat als sein gutes Blut? und was Sie von der Wirkung seiner Recension sagen wird ihn wieder in dem Irrthum bestärken daß Partei Ihre herrschende Idee ist. Auf diese Art haben Sie ihm eine erschrekliche Menge unangenehmer Empfindungen gemacht, und er wird doch noch glauben Recht zu haben. Wenn es einmal sein soll daß man sich mit solchen Armen am Geist einläßt: so würde meine Manier nur die sein, die seinsollende Moralität aus sich selbst zu bekriegen. Der Saz des Widerspruchs ist das einzige Reizmittel für solche Naturen, und auf diesem Wege hätten Sie ihn mit der größten Andacht und Freundlichkeit ganz zer[mürbeln] können, eine Operation die ihm vielleicht gar etwas hätte helfen [3] können. Doch Sie werden ja sehen – wenn anders meine Idee zu einem Büchlein über die deutsche Litteratur realisirt wird – wie ich es treiben werde wenn ich einen Repräsentanten dieser Denkart coram nehme, und ich hoffe Sie sollen mir dann zugestehen daß ich ganz eigen dazu gemacht bin zu diesen biederherzigen Seelen zu reden.
Frölich habe ich gleich heute Alles geschikt und ihm zu verstehen gegeben daß seine Ursachen weshalb er den Druk nicht gleich anfangen wollte nun gar nicht mehr Statt finden – es steht dahin ob ihm das einleuchten oder ob er doch noch das Gespräch abwarten wird. Wenn er sich, wie Friedrich mir schreibt, beklagt hat daß die Ideen schon bekannt sind so hat er das höchstwahrscheinlich sich selbst zuzuschreiben. Er hat sie – als ich den ersten Versuch machte den Druk anfangen zu laßen ein Paar Tage bei sich gehabt, und da wird sie Merkel wol ansichtig geworden sein. Sonst muß es von Fichte herrühren denn von mir hat sie Niemand gehabt, auch Bernhardi nicht. Sobald der Druk anfängt werde ich Ihnen Nachricht davon geben um Ihrer Sehnsucht einigermaßen zu Hülfe zu kommen, und in der Correktur mein Bestes thun um meiner Bestallung Ehre zu machen.
Leben Sie wohl und seien Sie nochmals herzlich bedankt.
Schl.
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