• August Wilhelm von Schlegel to Friedrich Schleiermacher

  • Place of Dispatch: Jena · Place of Destination: Berlin · Date: 09.06.1800
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Friedrich Schleiermacher
  • Place of Dispatch: Jena
  • Place of Destination: Berlin
  • Date: 09.06.1800
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Bibliography: Schleiermacher, Friedrich: Kritische Gesamtausgabe. Hg. v. Hans-Joachim Birkner u. Hermann Fischer. Berlin u.a. 1980ff. Abt. 5, Bd. 4. Briefwechsel 1800 (Briefe 850‒1004). Hg. v. Andreas Arndt u. Wolfgang Virmond. Berlin u.a. 1994, S. 74‒78.
  • Weitere Drucke: Aus Schleiermacherʼs Leben. In Briefen. Hg. v. Ludwig Jonas u. Wilhelm Dilthey. Bd. 3: Schleiermachers Briefwechsel mit Freunden bis zu seiner Übersiedlung nach Halle, namentlich der mit Friedrich und August Wilhelm Schlegel. Berlin 1861, S. 181‒185.
  • Incipit: „[1] Jena d. 9. Jun 1800
    Werthester Freund!
    Meine kleinen Reisen und Ausflüge sind Ursache meines Stillschweigens gewesen, lassen Sie uns jetzt unsern [...]“
    Manuscript
  • Provider: Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften Berlin
  • Classification Number: NL F. D. E. Schleiermacher, Nr. 372.1. Bl.12–15r
  • Number of Pages: 5 S., hs. m. U.
    Language
  • German
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[1] Jena d. 9. Jun 1800
Werthester Freund!
Meine kleinen Reisen und Ausflüge sind Ursache meines Stillschweigens gewesen, lassen Sie uns jetzt unsern Briefwechsel um so eifriger wieder anknüpfen.
Es freut mich, daß so vieles in meinen Gedichten Ihnen Freude gemacht hat, und noch mehr daß Ihnen dabey eingefallen ist, was Sie selbst zu thun und auszuführen denken, aber zu beneiden haben Sie dabey wahrlich nicht viel. Wenn Sie sonst gesonnen sind, sich zur Poesie zu wenden, und Glauben und Andacht dazu in sich fühlen, so ist die Ungeübtheit in der äußern Technik gewiß der geringste Anstoß. Friedrich kann Ihnen hiebey ein großes Beyspiel seyn. Geschmeidigkeit des Geistes haben wir gewiß nicht als seine auszeichnende Eigenschaft gekannt, sein philologischer Enthusiasmus und Mysticismus hat ihn zunächst auf die schwierigsten modernen Formen geführt, weil diese so abstrakt symmetrisch und antithetisch construirt sind, und er hat uns alle durch die dabey bewiesene Maestria in Erstaunen gesetzt. Seine Stanzen im Athenaeum waren nur ein leichter Anfang gegen das nachherige, er hat unter andern das Kunststück [2] in Nikon und Heliodora sehr glücklich durchgeführt. Wenn er nun erst wieder bey Ihnen ist, wird er Ihnen schon manches mittheilen können. Ich stehe auch auf diesen Fall mit meinen metrischen Kenntnissen zu Dienst. Das Resultat unsrer Mittheilungen darüber wird seyn, daß es damit ganz und gar keine Hexerey ist. – Manches ist freylich in unsrer Sprache noch schwer, es muß aber leichter werden, sie erweitert sich nach allen Seiten, benutzt ihre vernachläßigten Schätze, und wirft die unnützen Fesseln ab. Uns Veteranen muß das Verdienst bleiben, daß wir die Bahn gebrochen, und es den Nachfolgenden erleichtert haben.
Übrigens zweifle ich gar nicht, daß die Poesie nicht auf diese Weise noch manche herrliche Acquisition machen sollte. Besonders die ächten Physiker seh ich im Geiste schon alle zu uns übergehen. Es ist doch wirklich etwas ansteckendes und epidemisches dabey; der Depoetisationsproceß hat freylich lange genug gedauert, es ist einmal Zeit, daß Luft, Feuer, Wasser, Erde, wieder poetisirt werden. Goethe hat lange friedlich am Horizont gewetterleuchtet, nun bricht das poetische Gewitter, das sich um ihn versammelt hat, wirklich herein, und die Leute wissen in der Geschwindigkeit nicht, was sie für altes verrostetes Geräthe als Poesieab[3]leiter auf die Häuser stellen sollen. Dieß Schauspiel ist zugleich groß, erfreulich und lustig. Der Ausgang kann nicht zweifelhaft seyn, also muß man auch den Muth nicht verlieren, wenn man die ungeheure Masse von Stumpfheit, Plattheit, Altgläubigkeit [,] Friedliebendheit und eigentlicher Dummheit vor sich sieht, die noch zu besiegen ist, wie ich in Leipzig denn oft Gelegenheit hatte, dergleichen Ausblicke zu thun.
So lange es also noch so in der Welt steht, ist die Kritik ein unentbehrliches Organ der großen Revolution, und die glücklichen Zeiten, wo man sich ganz einer positiven Wirksamkeit wird hingeben können, müssen wir uns erst schaffen. Unser kritischer Plan kommt mir daher Tag und Nacht nicht aus dem Kopfe, was ich darüber in Leipzig verhandelt, wird Ihnen Bernhardi mitgetheilt haben. Mein nächstes ist nun einen Entwurf schriftlich aufzusetzen, um ihn Cotta vorzulegen; ich werde ihn dann zugleich nach Berlin schicken und mir Ihre und Bernhardi’s Bemerkungen ausbitten. Lange habe ich über den Titel nachgedacht. Von dem Namen und Begriff Notizen gingen wir aus – dieser würde uns aber zu sehr auf Eine [4] Art fragmentarischer Beurtheilung beschränken, auch dem Umfang den wir der Sache geben wollen (und geben müssen, wenn sie bestehen soll) nicht angemessen seyn. Überdieß wäre dieser Name den Nichtlesern des Athenaeums kaum verständlich. Nachher dachte ich etwa: Kritiken. Allein ich finde daß der Name des Unternehmens eine gewisse Ruhe und Würde haben, und Vollständigkeit ankündigen muß, nemlich Vollständigkeit in dem, was allgemein interessant und ein integranter Theil allgemeiner Geistesbildung ist. Auf der andern Seite muß er nichts Zeitungsmäßiges haben, weil das Werk ja nicht als Journal in Blättern oder Heften, sondern Bändeweise erscheinen soll. Ich denke also: Kritische Jahrbücher der Deutschen Literatur. Haben Sie hiebei etwas zu erinnern oder etwas andres vorzuschlagen, so theilen Sie es mit.
Fichte’n muß allerdings vor der wirklichen Erscheinung die Sache vorgetragen werden, aber ich denke erst dann, wenn wir mit einem Buchhändler in Richtigkeit sind. Erst dann kann ich auch Einige angehen, deren Mitarbeit wünschenswerth wäre, und die doch nicht mit in unserm engeren Zirkel sind. Fichte kann billigerweise nichts übel nehmen, unser Plan ist gänzlich von dem seinigen [5] verschieden, er geht auf das Systematische in Inhalt und Form, wir finden es nicht möglich viele Dinge fürs erste anders als fragmentarisch in die Welt zu bringen, und suchen nur Einheit dem Geist und Streben nach. Er kann seinen Plan immer noch ausführen, nur haben wir ihm deutlich genug zu verstehen gegeben, daß er dazu andre Mitarbeiter suchen muß als uns. Bey ihm war alles auf monarchische Verfassung abgesehen, wir sind Republikaner, und will er sich in diesem kleinen literarischen Staate zu einer freyen Mitwirkung entschließen, so soll es natürlich höchst willkommen sein.
Sonst müßte man ihn, denke ich, wenigstens zu folgender Theilnahme einladen. Ich glaube ich schrieb es schon letzthin an Bernhardi, es scheint mir eine nothwendige Einrichtung, daß die Mitarbeiter nicht einer den andern rezensiren, ausgenommen in einem größern Zusammenhange, bey Übersichten pp [,] weil man uns immer vorwirft wir seyen eine Fakzion, und verschworen uns gegenseitig zu loben; auf der andern Seite können wir unsre eignen Arbeiten auch nicht mit Stillschweigen übergehen. Der einzige Ausweg scheint mir also, daß jeder Mitarbeiter sie, motivirend und Rechenschaft gebend, selbst mit Unterschrift seines Namens anzeigt. –
[6] Dieß könnte man nun auf einige Schriftsteller, so nicht Mitarbeiter, über die aber unsre Denkart im allgemeinen sehr bekannt, und die man als Parteyhäupter hat betrachten wollen, ausdehnen. Man lüde also etwa Goethe und Fichte ein, sich auf diese Art selbst anzuzeigen. Goethe, mit dem ich den ganzen Plan durchgesprochen, hat es wenigstens nicht abgelehnt. Sollte Fichte nicht dazu zu bringen seyn?
Wenn doch Fichte zu bewegen wäre, jetzt etwas gegen die Allgemeine Literatur Zeitung zu thun. Es könnte recht helfen.
Gegen die individuelle Nennung der Mitarbeiter unter jedem Beytrage, die Sie vorschlagen habe ich zweyerley. Erstlich könnte es doch manchmal einen und den anderen wegen äußrer Verhältnisse (z. B. grade Sie als Geistlichen) geniren, und dann fände ich es auch pikanter, wenn die abstechenden Manieren ohne äußeres Unterscheidungszeichen neben einander stehen. Mir däucht, es ist hinreichend wenn der Redacteur auf dem Titel, und die sämtlichen Mitarbeiter in der Einleitung genannt oder nach einem Werke bezeichnet werden, z B. Sie als Verfasser der Reden über die Religion. – Der gemeinschaftliche Geist, der alle Mitarbeiter belebt muß doch durch etwas in der Form symbolisch angedeutet werden. – Das [7] Nennen unter jeder Recension ist auf Dahlhergs Antrieb in der höchst unbedeutenden Erfurter Zeitung schon geschehen, und nichts dabey herausgekommen.
Das sechste Stück des Athenaeums wird nun wohl nicht viel vor Michaelis erscheinen, welches auch nicht schadet, da es doch wahrscheinlich nach den jetzigen Aspekten, das letzte bleiben wird. Es ist gut, daß die Furcht der Miserablen vor diesem Knecht Ruprecht so lange unterhalten wird wie möglich, und bis er durch etwas andres ersetzt werden kann. Wenn Frölich sein Interesse verstünde, und nicht so indiscret wäre, so würde er noch ein Jahr nachher den Glauben an die Fortsetzung unterhalten wozu ich ihn auch dringendst ermahnt habe.
Der Schweinengel ist [Ihne]n von ganzen Herzen gegönnt, um ihn einzusalzen, welches bey dergleichen Engeln wohl im Einteufeln bestehen wird. Das Ärgerniß darf nicht abreißen, man muß nicht sagen das Athenaeum sey gegen sein Ende mattherzig oder, was einerley, gutmüthig geworden. Durch den Herder und Engel ist dem nun hinlänglich vorgebeugt. – Der Parny kann eher unterbleiben, wenn es an Raum fehlt. Meine Ansicht der Bürgerschen Poesie ist nun für einen anderen Ort bestimmt.
[8] Daß Sie Verfasser der Notiz über Garve sind, weiß nur Tiek, Schelling und Goethe, und es wird natürlich auch für jetzt niemandem weiter gesagt. Sie dürfen aber nicht hoffen, daß Schütz seine Drohung, Sie anzugreifen, erfüllt; das ist nur eine von seinen Prahlereyen. Sie könnten alsdann seine Recension von Garve’s Versuchen in der Allgemeinen Literatur Zeitung mit dazu nehmen, und ihn artig zurichten.
Gelegentlich könnte es wohl geschehen, daß ich den Ignoranten in der Belletristischen Zeitung sowohl wegen des Don Quixote als einer Beurtheilung meines Shakespeare, die Ohren ein wenig auf den Tisch nagelte.
Ich denke gewiß, einen Theil des Winters wenigstens [in] Berlin zuzubringen; ich muß einmal mi[t Ih]nen und Bernhardi zusammen seyn. Fichte ist wol ziemlich für uns vermauert oder vermaurert.
Haben Sie die Güte das den kritischen Plan betreffende, an Bernhardi mitzutheilen. Ich weiß nicht wie weit Sie beyde auseinander wohnen, kann aber nicht umhin, Ihnen gegenseitig diese Last aufzulegen. Ich müßte sonst alles doppelt schreiben.
Leben Sie recht wohl und bleiben Sie mein Freund.
Ihr
AW Schlegel
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[1] Jena d. 9. Jun 1800
Werthester Freund!
Meine kleinen Reisen und Ausflüge sind Ursache meines Stillschweigens gewesen, lassen Sie uns jetzt unsern Briefwechsel um so eifriger wieder anknüpfen.
Es freut mich, daß so vieles in meinen Gedichten Ihnen Freude gemacht hat, und noch mehr daß Ihnen dabey eingefallen ist, was Sie selbst zu thun und auszuführen denken, aber zu beneiden haben Sie dabey wahrlich nicht viel. Wenn Sie sonst gesonnen sind, sich zur Poesie zu wenden, und Glauben und Andacht dazu in sich fühlen, so ist die Ungeübtheit in der äußern Technik gewiß der geringste Anstoß. Friedrich kann Ihnen hiebey ein großes Beyspiel seyn. Geschmeidigkeit des Geistes haben wir gewiß nicht als seine auszeichnende Eigenschaft gekannt, sein philologischer Enthusiasmus und Mysticismus hat ihn zunächst auf die schwierigsten modernen Formen geführt, weil diese so abstrakt symmetrisch und antithetisch construirt sind, und er hat uns alle durch die dabey bewiesene Maestria in Erstaunen gesetzt. Seine Stanzen im Athenaeum waren nur ein leichter Anfang gegen das nachherige, er hat unter andern das Kunststück [2] in Nikon und Heliodora sehr glücklich durchgeführt. Wenn er nun erst wieder bey Ihnen ist, wird er Ihnen schon manches mittheilen können. Ich stehe auch auf diesen Fall mit meinen metrischen Kenntnissen zu Dienst. Das Resultat unsrer Mittheilungen darüber wird seyn, daß es damit ganz und gar keine Hexerey ist. – Manches ist freylich in unsrer Sprache noch schwer, es muß aber leichter werden, sie erweitert sich nach allen Seiten, benutzt ihre vernachläßigten Schätze, und wirft die unnützen Fesseln ab. Uns Veteranen muß das Verdienst bleiben, daß wir die Bahn gebrochen, und es den Nachfolgenden erleichtert haben.
Übrigens zweifle ich gar nicht, daß die Poesie nicht auf diese Weise noch manche herrliche Acquisition machen sollte. Besonders die ächten Physiker seh ich im Geiste schon alle zu uns übergehen. Es ist doch wirklich etwas ansteckendes und epidemisches dabey; der Depoetisationsproceß hat freylich lange genug gedauert, es ist einmal Zeit, daß Luft, Feuer, Wasser, Erde, wieder poetisirt werden. Goethe hat lange friedlich am Horizont gewetterleuchtet, nun bricht das poetische Gewitter, das sich um ihn versammelt hat, wirklich herein, und die Leute wissen in der Geschwindigkeit nicht, was sie für altes verrostetes Geräthe als Poesieab[3]leiter auf die Häuser stellen sollen. Dieß Schauspiel ist zugleich groß, erfreulich und lustig. Der Ausgang kann nicht zweifelhaft seyn, also muß man auch den Muth nicht verlieren, wenn man die ungeheure Masse von Stumpfheit, Plattheit, Altgläubigkeit [,] Friedliebendheit und eigentlicher Dummheit vor sich sieht, die noch zu besiegen ist, wie ich in Leipzig denn oft Gelegenheit hatte, dergleichen Ausblicke zu thun.
So lange es also noch so in der Welt steht, ist die Kritik ein unentbehrliches Organ der großen Revolution, und die glücklichen Zeiten, wo man sich ganz einer positiven Wirksamkeit wird hingeben können, müssen wir uns erst schaffen. Unser kritischer Plan kommt mir daher Tag und Nacht nicht aus dem Kopfe, was ich darüber in Leipzig verhandelt, wird Ihnen Bernhardi mitgetheilt haben. Mein nächstes ist nun einen Entwurf schriftlich aufzusetzen, um ihn Cotta vorzulegen; ich werde ihn dann zugleich nach Berlin schicken und mir Ihre und Bernhardi’s Bemerkungen ausbitten. Lange habe ich über den Titel nachgedacht. Von dem Namen und Begriff Notizen gingen wir aus – dieser würde uns aber zu sehr auf Eine [4] Art fragmentarischer Beurtheilung beschränken, auch dem Umfang den wir der Sache geben wollen (und geben müssen, wenn sie bestehen soll) nicht angemessen seyn. Überdieß wäre dieser Name den Nichtlesern des Athenaeums kaum verständlich. Nachher dachte ich etwa: Kritiken. Allein ich finde daß der Name des Unternehmens eine gewisse Ruhe und Würde haben, und Vollständigkeit ankündigen muß, nemlich Vollständigkeit in dem, was allgemein interessant und ein integranter Theil allgemeiner Geistesbildung ist. Auf der andern Seite muß er nichts Zeitungsmäßiges haben, weil das Werk ja nicht als Journal in Blättern oder Heften, sondern Bändeweise erscheinen soll. Ich denke also: Kritische Jahrbücher der Deutschen Literatur. Haben Sie hiebei etwas zu erinnern oder etwas andres vorzuschlagen, so theilen Sie es mit.
Fichte’n muß allerdings vor der wirklichen Erscheinung die Sache vorgetragen werden, aber ich denke erst dann, wenn wir mit einem Buchhändler in Richtigkeit sind. Erst dann kann ich auch Einige angehen, deren Mitarbeit wünschenswerth wäre, und die doch nicht mit in unserm engeren Zirkel sind. Fichte kann billigerweise nichts übel nehmen, unser Plan ist gänzlich von dem seinigen [5] verschieden, er geht auf das Systematische in Inhalt und Form, wir finden es nicht möglich viele Dinge fürs erste anders als fragmentarisch in die Welt zu bringen, und suchen nur Einheit dem Geist und Streben nach. Er kann seinen Plan immer noch ausführen, nur haben wir ihm deutlich genug zu verstehen gegeben, daß er dazu andre Mitarbeiter suchen muß als uns. Bey ihm war alles auf monarchische Verfassung abgesehen, wir sind Republikaner, und will er sich in diesem kleinen literarischen Staate zu einer freyen Mitwirkung entschließen, so soll es natürlich höchst willkommen sein.
Sonst müßte man ihn, denke ich, wenigstens zu folgender Theilnahme einladen. Ich glaube ich schrieb es schon letzthin an Bernhardi, es scheint mir eine nothwendige Einrichtung, daß die Mitarbeiter nicht einer den andern rezensiren, ausgenommen in einem größern Zusammenhange, bey Übersichten pp [,] weil man uns immer vorwirft wir seyen eine Fakzion, und verschworen uns gegenseitig zu loben; auf der andern Seite können wir unsre eignen Arbeiten auch nicht mit Stillschweigen übergehen. Der einzige Ausweg scheint mir also, daß jeder Mitarbeiter sie, motivirend und Rechenschaft gebend, selbst mit Unterschrift seines Namens anzeigt. –
[6] Dieß könnte man nun auf einige Schriftsteller, so nicht Mitarbeiter, über die aber unsre Denkart im allgemeinen sehr bekannt, und die man als Parteyhäupter hat betrachten wollen, ausdehnen. Man lüde also etwa Goethe und Fichte ein, sich auf diese Art selbst anzuzeigen. Goethe, mit dem ich den ganzen Plan durchgesprochen, hat es wenigstens nicht abgelehnt. Sollte Fichte nicht dazu zu bringen seyn?
Wenn doch Fichte zu bewegen wäre, jetzt etwas gegen die Allgemeine Literatur Zeitung zu thun. Es könnte recht helfen.
Gegen die individuelle Nennung der Mitarbeiter unter jedem Beytrage, die Sie vorschlagen habe ich zweyerley. Erstlich könnte es doch manchmal einen und den anderen wegen äußrer Verhältnisse (z. B. grade Sie als Geistlichen) geniren, und dann fände ich es auch pikanter, wenn die abstechenden Manieren ohne äußeres Unterscheidungszeichen neben einander stehen. Mir däucht, es ist hinreichend wenn der Redacteur auf dem Titel, und die sämtlichen Mitarbeiter in der Einleitung genannt oder nach einem Werke bezeichnet werden, z B. Sie als Verfasser der Reden über die Religion. – Der gemeinschaftliche Geist, der alle Mitarbeiter belebt muß doch durch etwas in der Form symbolisch angedeutet werden. – Das [7] Nennen unter jeder Recension ist auf Dahlhergs Antrieb in der höchst unbedeutenden Erfurter Zeitung schon geschehen, und nichts dabey herausgekommen.
Das sechste Stück des Athenaeums wird nun wohl nicht viel vor Michaelis erscheinen, welches auch nicht schadet, da es doch wahrscheinlich nach den jetzigen Aspekten, das letzte bleiben wird. Es ist gut, daß die Furcht der Miserablen vor diesem Knecht Ruprecht so lange unterhalten wird wie möglich, und bis er durch etwas andres ersetzt werden kann. Wenn Frölich sein Interesse verstünde, und nicht so indiscret wäre, so würde er noch ein Jahr nachher den Glauben an die Fortsetzung unterhalten wozu ich ihn auch dringendst ermahnt habe.
Der Schweinengel ist [Ihne]n von ganzen Herzen gegönnt, um ihn einzusalzen, welches bey dergleichen Engeln wohl im Einteufeln bestehen wird. Das Ärgerniß darf nicht abreißen, man muß nicht sagen das Athenaeum sey gegen sein Ende mattherzig oder, was einerley, gutmüthig geworden. Durch den Herder und Engel ist dem nun hinlänglich vorgebeugt. – Der Parny kann eher unterbleiben, wenn es an Raum fehlt. Meine Ansicht der Bürgerschen Poesie ist nun für einen anderen Ort bestimmt.
[8] Daß Sie Verfasser der Notiz über Garve sind, weiß nur Tiek, Schelling und Goethe, und es wird natürlich auch für jetzt niemandem weiter gesagt. Sie dürfen aber nicht hoffen, daß Schütz seine Drohung, Sie anzugreifen, erfüllt; das ist nur eine von seinen Prahlereyen. Sie könnten alsdann seine Recension von Garve’s Versuchen in der Allgemeinen Literatur Zeitung mit dazu nehmen, und ihn artig zurichten.
Gelegentlich könnte es wohl geschehen, daß ich den Ignoranten in der Belletristischen Zeitung sowohl wegen des Don Quixote als einer Beurtheilung meines Shakespeare, die Ohren ein wenig auf den Tisch nagelte.
Ich denke gewiß, einen Theil des Winters wenigstens [in] Berlin zuzubringen; ich muß einmal mi[t Ih]nen und Bernhardi zusammen seyn. Fichte ist wol ziemlich für uns vermauert oder vermaurert.
Haben Sie die Güte das den kritischen Plan betreffende, an Bernhardi mitzutheilen. Ich weiß nicht wie weit Sie beyde auseinander wohnen, kann aber nicht umhin, Ihnen gegenseitig diese Last aufzulegen. Ich müßte sonst alles doppelt schreiben.
Leben Sie recht wohl und bleiben Sie mein Freund.
Ihr
AW Schlegel
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