• August Wilhelm von Schlegel to Johann Wolfgang von Goethe

  • Place of Dispatch: Jena · Place of Destination: Weimar · Date: 09.05.1798
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Johann Wolfgang von Goethe
  • Place of Dispatch: Jena
  • Place of Destination: Weimar
  • Date: 09.05.1798
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Bibliography: August Wilhelm und Friedrich Schlegel im Briefwechsel mit Schiller und Goethe. Hg. v. Josef Körner u. Ernst Wieneke. Leipzig 1926, S. 67‒68.
  • Verlag: Insel Verlag
  • Incipit: „[1] Jena d. 9 May 1798
    Ich eile, Ihnen das erste vollständige Exemplar des ersten Stücks vom Athenaeum, das ich erhalte, [...]“
    Manuscript
  • Provider: Klassik Stiftung Weimar, Goethe- und Schiller-Archiv
  • Classification Number: GSA 28/805 St. 2
  • Provenance: Klassik Stiftung Weimar
    Language
  • German
[1] Jena d. 9 May 1798
Ich eile, Ihnen das erste vollständige Exemplar des ersten Stücks vom Athenaeum, das ich erhalte, in meinem und meines Bruders Namen zuzusenden, damit es wenigstens den Reiz der Neuigkeit habe, wenn es auch das Verdienst der Neuheit durch seinen Inhalt nicht sollte behaupten können. In diesem Stücke werden Sie unter den Gebrüdern Schlegel & Comp. mich noch herrschend finden, in dem zweyten hat mein Bruder die Oberhand. Unser Antheil wird ungefähr gleich seyn, wenn der seinige nicht überwiegt. Er wird das Journal mit Philosophie u Kritik, ich werde es mit Litteratur, und wir werden es beyde jeder nach seiner Art mit Griechen versorgen. So hoffen wir einen Kreis zu haben, der uns nie zu eng werden kann, und worin wir doch durch die Behandlung verschiedenartige Leser festzuhalten suchen. Wir wünschen uns vor allem lebhaft Ihren Beyfall, und werden ihn als eine sehr günstige Vorbedeutung des Gelingens unsrer jungen und (wenn nur nicht allzusehr!) jugendlichen Unternehmung ansehen.
Der Blüthenstaub ist von einem philosophischen Freunde, der nicht unter seinem wahren Nahmen genannt seyn will.
[2] Bey den Übersetzungen aus dem Griechischen habe ich mir besonders die Bearbeitung des Pentameters angelegen seyn lassen, und behalte mir vor, zu einer andern Zeit etwas von der Verschiedenheit des Griechischen Pentameters vom Römischen, und den Vorzügen des ersten zu sagen. Die vielsylbigen Schlüsse der Griechen habe ich freylich nur selten anbringen können, aber ob sich das Übergehen des Sinnes aus einem Distichon in das andre, welches immer neue elegische Perioden bildet, und das Epigrammatische u Symmetrische wegnimmt, überhaupt der Elegie einen freyeren und nachläßigeren Gang giebt, nicht auch mit Vortheil im Deutschen gebrauchen ließe, scheint mir wenigstens der Untersuchung werth.
Ihrem gütigen Rathe gemäß habe ich das Gesuch, von dem ich mit Ihnen sprach, sogleich an die vier dirigirenden Höfe gebracht, und das Schreiben nach Gotha u Weimar mit Briefen an die HE. Geheimen Räthe von Fritsch u Frankenberg begleitet, und erwarte nun ruhig den Erfolg.
Meine Frau ist heute früh nach Dresden abgereist, und läßt sich bestens empfehlen. Ich hoffe gewiß noch das Vergnügen zu haben Sie in Weimar oder hier zu sehen.
AWSchlegel
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[1] Jena d. 9 May 1798
Ich eile, Ihnen das erste vollständige Exemplar des ersten Stücks vom Athenaeum, das ich erhalte, in meinem und meines Bruders Namen zuzusenden, damit es wenigstens den Reiz der Neuigkeit habe, wenn es auch das Verdienst der Neuheit durch seinen Inhalt nicht sollte behaupten können. In diesem Stücke werden Sie unter den Gebrüdern Schlegel & Comp. mich noch herrschend finden, in dem zweyten hat mein Bruder die Oberhand. Unser Antheil wird ungefähr gleich seyn, wenn der seinige nicht überwiegt. Er wird das Journal mit Philosophie u Kritik, ich werde es mit Litteratur, und wir werden es beyde jeder nach seiner Art mit Griechen versorgen. So hoffen wir einen Kreis zu haben, der uns nie zu eng werden kann, und worin wir doch durch die Behandlung verschiedenartige Leser festzuhalten suchen. Wir wünschen uns vor allem lebhaft Ihren Beyfall, und werden ihn als eine sehr günstige Vorbedeutung des Gelingens unsrer jungen und (wenn nur nicht allzusehr!) jugendlichen Unternehmung ansehen.
Der Blüthenstaub ist von einem philosophischen Freunde, der nicht unter seinem wahren Nahmen genannt seyn will.
[2] Bey den Übersetzungen aus dem Griechischen habe ich mir besonders die Bearbeitung des Pentameters angelegen seyn lassen, und behalte mir vor, zu einer andern Zeit etwas von der Verschiedenheit des Griechischen Pentameters vom Römischen, und den Vorzügen des ersten zu sagen. Die vielsylbigen Schlüsse der Griechen habe ich freylich nur selten anbringen können, aber ob sich das Übergehen des Sinnes aus einem Distichon in das andre, welches immer neue elegische Perioden bildet, und das Epigrammatische u Symmetrische wegnimmt, überhaupt der Elegie einen freyeren und nachläßigeren Gang giebt, nicht auch mit Vortheil im Deutschen gebrauchen ließe, scheint mir wenigstens der Untersuchung werth.
Ihrem gütigen Rathe gemäß habe ich das Gesuch, von dem ich mit Ihnen sprach, sogleich an die vier dirigirenden Höfe gebracht, und das Schreiben nach Gotha u Weimar mit Briefen an die HE. Geheimen Räthe von Fritsch u Frankenberg begleitet, und erwarte nun ruhig den Erfolg.
Meine Frau ist heute früh nach Dresden abgereist, und läßt sich bestens empfehlen. Ich hoffe gewiß noch das Vergnügen zu haben Sie in Weimar oder hier zu sehen.
AWSchlegel
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