• August Wilhelm von Schlegel to Johann Wolfgang von Goethe

  • Place of Dispatch: Braunschweig · Place of Destination: Weimar · Date: [Anfang] Februar 1801
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Johann Wolfgang von Goethe
  • Place of Dispatch: Braunschweig
  • Place of Destination: Weimar
  • Date: [Anfang] Februar 1801
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Bibliography: August Wilhelm und Friedrich Schlegel im Briefwechsel mit Schiller und Goethe. Hg. v. Josef Körner u. Ernst Wieneke. Leipzig 1926, S. 112‒114.
  • Verlag: Insel Verlag
  • Incipit: „Braunschweig d. [Anfang] Febr 1
    Die Nachricht von Ihrer plötzlichen Krankheit hat uns in große Bestürzung gesetzt, zum Glücke folgte die [...]“
    Manuscript
  • Provider: Klassik Stiftung Weimar, Goethe- und Schiller-Archiv
  • Classification Number: GSA 28/805 St. 29
  • Provenance: Klassik Stiftung Weimar
    Language
  • German
Braunschweig d. [Anfang] Febr 1
Die Nachricht von Ihrer plötzlichen Krankheit hat uns in große Bestürzung gesetzt, zum Glücke folgte die von der Besserung schnell darauf. Was hätte ich nicht darum gegeben, meinen vortrefflichen Freund Marcus aus Bamberg zu Ihnen hinzaubern zu können! Doch, Sie sind besser geworden und also vermuthlich auch auf die rechte Weise. Ich wünsche mir, und uns allen, und der Welt von ganzem Herzen Glück zu dem guten Ausgange.
Ich hatte immer darauf gehofft, Sie nach so langer Zeit einmal wieder zu sehen und zu sprechen. Meine Abreise von hier ist aber durch sich drängende Arbeiten, Unpäßlichkeiten und die unbeständige Witterung bis jetzt verzögert worden, und nun werde ich sogleich nach Berlin gehen und erst im Frühlinge nach Jena zurückkommen, da mein Plan vorher war, erst auf einige Zeit nach Jena und dann nach Berlin zu gehen.
Vor allen Dingen hätte ich gewünscht, Sie wegen eines Monumentes mündlich zu Rathe zu ziehen, das wir unsrer geliebten unvergeßlichen Tochter setzen wollen. Ich übersende Hrn. Meyer die Entwürfe dazu, mit der Bitte mir Ihr Urtheil und Ihren Rath mitzutheilen, wenn Sie selbst keine Zeit dazu haben.
Wegen der Beyträge zum poetischen Taschenbuch habe ich, wo mir recht ist, Ihnen meine Bitte schon einmal vorgetragen. Nach Cottaʼs Äußerung setze ich voraus, daß Schiller nicht die Absicht hat, wieder einen Musenalmanach auf 1802 herauszugeben; er wird seinerseits auch deßhalb an Sie beyde geschrieben haben, wie er mir meldet daß er thun wolle. Es wäre herrlich, wenn die Kenner der Poesie in dem Taschenbuche alles beysammen fänden wonach sie begierig seyn können. Haben Sie doch die Güte, auch Schillern meine Bitte vorzutragen, und mich wissen zu lassen, ob wir etwas und wie viel etwa von Ihnen beyden zu hoffen haben.
Auf die Auszierung des Seckendorfischen Taschenbuches mit dem Festspiele, einer so schönen ächt antiken Gemme, bin ich fast neidisch gewesen.
Es ist einer meiner Zwecke bey der Reise nach Berlin, die Herausgabe des Taschenbuchs mit Tieck gemeinschaftlich vorzubereiten, und ihn bey seinen eignen Arbeiten dafür zu treiben, da er zuweilen, wenigstens was die Gesetze der Zeit betrifft, einen äußern Antrieb nöthig hat. Ich schmeichle mir, daß wir den Vorsatz werden ausführen können, nichts gleichgültiges, durchaus keine Anfänger- oder Dilettanten-Versuche in das Taschenbuch aufzunehmen, wie es sonst wohl bey Blumenlesen hergebracht ist.
Ihre theatralische Preisaufgabe freut und interessirt mich erstaunlich. Werden Sie nicht noch etwas darüber an einem andern Orte bekannt machen? In den Propyläen schienen mir einige Bedingungen unbestimmt gelassen zu seyn; zB. daß die Intrigue durchaus selbst erfunden seyn muß, da es, bey der bisherigen Trägheit der Deutschen im Erfinden in diesem Fache, manchem erlaubt scheinen möchte, ein unbekanntes Spanisches oder Italiänisches Lustspiel zu benutzen; ferner ob die Einführung der Italiänischen Masken erlaubt seyn soll, über den Gebrauch der Verse oder Prosa usw. Ich bin diesen Winter auf mancherley Betrachtungen und Vergleichungen, unser Theater betreffend, hingelenkt worden, da hier ein französisches Theater spielt, das zwar nicht zahlreich ist u ein beschränktes Fach hat, aber auf dem sich einige wackre Talente entwickeln und im ganzen ein gebildeter Ton herrscht. Besonders in Ansehung des letzteren bin ich auf betrübte Vergleichungen geführt, da jetzt zur Messe die Deutsche Truppe aus Magdeburg hergerufen ist, die nun ihren ganzen Kotzebue ausschüttet und über alles erbärmlich, ungeschickt und gemein ist, aber von einer gewissen Klasse der hiesigen Einwohner, aus Opposition (da der Hof die französische Gesellschaft unterstützt) und aus angebohrnem Behagen an der Plattheit mit dem rauschendsten Beyfalle aufgenommen wird.
Leben Sie recht wohl und gesund, und erfreuen Sie mich bald durch einige Zeilen, die Sie nur an meinen Bruder nach Jena schicken dürfen. Meine Frau empfiehlt sich bestens; sie kränkelt seit dem Tode ihrer Tochter unaufhörlich und wird bis zum Frühlinge hier bleiben.
AWSchlegel
Braunschweig d. [Anfang] Febr 1
Die Nachricht von Ihrer plötzlichen Krankheit hat uns in große Bestürzung gesetzt, zum Glücke folgte die von der Besserung schnell darauf. Was hätte ich nicht darum gegeben, meinen vortrefflichen Freund Marcus aus Bamberg zu Ihnen hinzaubern zu können! Doch, Sie sind besser geworden und also vermuthlich auch auf die rechte Weise. Ich wünsche mir, und uns allen, und der Welt von ganzem Herzen Glück zu dem guten Ausgange.
Ich hatte immer darauf gehofft, Sie nach so langer Zeit einmal wieder zu sehen und zu sprechen. Meine Abreise von hier ist aber durch sich drängende Arbeiten, Unpäßlichkeiten und die unbeständige Witterung bis jetzt verzögert worden, und nun werde ich sogleich nach Berlin gehen und erst im Frühlinge nach Jena zurückkommen, da mein Plan vorher war, erst auf einige Zeit nach Jena und dann nach Berlin zu gehen.
Vor allen Dingen hätte ich gewünscht, Sie wegen eines Monumentes mündlich zu Rathe zu ziehen, das wir unsrer geliebten unvergeßlichen Tochter setzen wollen. Ich übersende Hrn. Meyer die Entwürfe dazu, mit der Bitte mir Ihr Urtheil und Ihren Rath mitzutheilen, wenn Sie selbst keine Zeit dazu haben.
Wegen der Beyträge zum poetischen Taschenbuch habe ich, wo mir recht ist, Ihnen meine Bitte schon einmal vorgetragen. Nach Cottaʼs Äußerung setze ich voraus, daß Schiller nicht die Absicht hat, wieder einen Musenalmanach auf 1802 herauszugeben; er wird seinerseits auch deßhalb an Sie beyde geschrieben haben, wie er mir meldet daß er thun wolle. Es wäre herrlich, wenn die Kenner der Poesie in dem Taschenbuche alles beysammen fänden wonach sie begierig seyn können. Haben Sie doch die Güte, auch Schillern meine Bitte vorzutragen, und mich wissen zu lassen, ob wir etwas und wie viel etwa von Ihnen beyden zu hoffen haben.
Auf die Auszierung des Seckendorfischen Taschenbuches mit dem Festspiele, einer so schönen ächt antiken Gemme, bin ich fast neidisch gewesen.
Es ist einer meiner Zwecke bey der Reise nach Berlin, die Herausgabe des Taschenbuchs mit Tieck gemeinschaftlich vorzubereiten, und ihn bey seinen eignen Arbeiten dafür zu treiben, da er zuweilen, wenigstens was die Gesetze der Zeit betrifft, einen äußern Antrieb nöthig hat. Ich schmeichle mir, daß wir den Vorsatz werden ausführen können, nichts gleichgültiges, durchaus keine Anfänger- oder Dilettanten-Versuche in das Taschenbuch aufzunehmen, wie es sonst wohl bey Blumenlesen hergebracht ist.
Ihre theatralische Preisaufgabe freut und interessirt mich erstaunlich. Werden Sie nicht noch etwas darüber an einem andern Orte bekannt machen? In den Propyläen schienen mir einige Bedingungen unbestimmt gelassen zu seyn; zB. daß die Intrigue durchaus selbst erfunden seyn muß, da es, bey der bisherigen Trägheit der Deutschen im Erfinden in diesem Fache, manchem erlaubt scheinen möchte, ein unbekanntes Spanisches oder Italiänisches Lustspiel zu benutzen; ferner ob die Einführung der Italiänischen Masken erlaubt seyn soll, über den Gebrauch der Verse oder Prosa usw. Ich bin diesen Winter auf mancherley Betrachtungen und Vergleichungen, unser Theater betreffend, hingelenkt worden, da hier ein französisches Theater spielt, das zwar nicht zahlreich ist u ein beschränktes Fach hat, aber auf dem sich einige wackre Talente entwickeln und im ganzen ein gebildeter Ton herrscht. Besonders in Ansehung des letzteren bin ich auf betrübte Vergleichungen geführt, da jetzt zur Messe die Deutsche Truppe aus Magdeburg hergerufen ist, die nun ihren ganzen Kotzebue ausschüttet und über alles erbärmlich, ungeschickt und gemein ist, aber von einer gewissen Klasse der hiesigen Einwohner, aus Opposition (da der Hof die französische Gesellschaft unterstützt) und aus angebohrnem Behagen an der Plattheit mit dem rauschendsten Beyfalle aufgenommen wird.
Leben Sie recht wohl und gesund, und erfreuen Sie mich bald durch einige Zeilen, die Sie nur an meinen Bruder nach Jena schicken dürfen. Meine Frau empfiehlt sich bestens; sie kränkelt seit dem Tode ihrer Tochter unaufhörlich und wird bis zum Frühlinge hier bleiben.
AWSchlegel
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