• August Wilhelm von Schlegel to Johann Wolfgang von Goethe

  • Place of Dispatch: Berlin · Place of Destination: Weimar · Date: 17.09.1803
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Johann Wolfgang von Goethe
  • Place of Dispatch: Berlin
  • Place of Destination: Weimar
  • Date: 17.09.1803
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Bibliography: August Wilhelm und Friedrich Schlegel im Briefwechsel mit Schiller und Goethe. Hg. v. Josef Körner u. Ernst Wieneke. Leipzig 1926, S. 143‒144.
  • Verlag: Insel Verlag
  • Incipit: „[1] Berlin d. 17ten Sept 1803
    Sie erhalten hiebey das Büchelchen, dessen ich letzthin erwähnte, und welches mich die letzten Monate [...]“
    Manuscript
  • Provider: Klassik Stiftung Weimar, Goethe- und Schiller-Archiv
  • Classification Number: GSA 30/243, 60f.
  • Provenance: Klassik Stiftung Weimar
  • Number of Pages: 2 Blatt, 4 S.
    Language
  • German
[1] Berlin d. 17ten Sept 1803
Sie erhalten hiebey das Büchelchen, dessen ich letzthin erwähnte, und welches mich die letzten Monate her vorzüglich beschäftigt hat. Bey der Portugiesischen Poesie bin ich für jetzt noch durch den Mangel an Büchern auf den einzigen Camoens beschränkt, doch ist es einer, der für viele gelten kann; gern hätte ich mehr von ihm gegeben. Ich hoffe indessen bald meine Kenntniß und meinen Besitz in dieser Sprache weiter auszudehnen. Auch im Spanischen hat mich der Mangel an Büchern und die Schwierigkeit sie zu bekommen, beengt, überdieß hatte ich mich zu lange bey den Italiänern aufgehalten, und behielt nun zu wenig Raum übrig. Sollte ich einmal wieder solch eine Sammlung geben, so würde ich das Verhältniß umkehren.
Meinen vor acht Tagen abgegangnen Brief in Antwort auf den Ihrigen werden Sie erhalten haben. Das Unternehmen die ALZ. in Jena festzuhalten und zu erneuern scheint hier bedeutende Sensation zu machen. Man erzählt [2] mir allerley lustiges von den Nothschüssen der alten Redactoren, unter andern, daß sie sogar H. Müchler, einen hiesigen Kriegsrath, der in seinem Zirkel für einen witzigen Kopf gilt, und ein paar Bändchen unbedeutende Reimereyen hat drucken lassen, um Recensionen im poetischen Fache angegangen haben.
Von sehr guter Hand ist mir versichert worden, daß die Censur den Artikel die ALZ. betreffend, den der Schreiber einer hiesigen Zeitung wollte abdrucken lassen, gestrichen hat, ein Verfahren, welches billig von auswärts her der Censur unterworfen werden sollte.
So eben ist der Physiker Steffens hier auf seiner Rückreise nach Copenhagen, wo er jetzt im Dienst der Regierung unter sehr vortheilhaften Bedingungen fixirt ist, jedoch so, daß er seine ganze Muße zu wissenschaftlichen Arbeiten frey behält. Ihrer Auffoderung gemäß, unter meinen Freunden Mitarbeiter an der ALZ. zu suchen, habe ich vorläufig mit ihm gesprochen und angefragt. Er meynt zwar daß er zu der Arbeit des Recensirens sich [3] nicht sonderlich passe, daß es ihm schwer fallen würde über eine so isolirte Schrift ein Urtheil aufzustellen, wenn es ihm aber erlaubt wäre, eine Reihe von Schriften in demselben Fache zusammen zu nehmen, so würde er sich dazu am leichtesten entschließen können.
Ich erwarte nun Antwort von Ihnen, ob ich ihm bestimmte Anträge machen soll. Sie wird ihn zwar nicht mehr hier treffen, ich kann sie dann aber ohne Verzug nach Copenhagen befördern. Doch wird eine unmittelbare Einladung von Ihnen, wie ich schon in meinem vorigen Briefe bemerkte, immer am wirksamsten seyn, eifrige und baldige Theilnahme hervorzurufen. Die Menschen, welche sich mit Ideen beschäftigen nehmen es meistens mit den empirischen Bedingungen der Zeit u.s.w. nicht so genau, sodaß ein ungewöhnlicher Antrieb dazu gehört, wenn sie dabey aus ihrer Sitte heraus gehen sollen.
Wenn Sie meinen Vorschlag annehmen, sich mit den Beurtheilungen nicht ganz auf das letzterschienene zu beschränken, sondern das versäumte bedeutende von den letzten 1‒2 Jahren gleich [4] anfangs nachzuhohlen, so will ich Beyträge zu dem Verzeichniß allenfalls mit einigen Vorschlägen der Vertheilung liefern.
Wenn es mir irgend möglich ist, so komme ich noch, vielleicht spät im Herbst auf ein acht Tage nach Weimar, wo sich dann manches würde mündlich absprechen lassen.
Von meinem Bruder habe ich neuerdings wieder einen Brief. Er ist ganz im Sanscritanischen vertieft, und sucht sich diese Schätze durch Abschriften zu sichern um sie mitnehmen zu können. Wenn Ihr Plan ist, gelehrte Correspondenz in das Intell. Blatt aufzunehmen, so zweifle ich nicht daß er bereit seyn wird, dazu beyzutragen, so viel ihm seine sonstigen Arbeiten, und die Verpflichtung seine eigne Zeitschrift mit dergleichen Neuigkeiten zu versorgen, erlauben.
Leben Sie recht wohl.
Sie würden mich verbinden, wenn Sie mir Nachricht geben könnten, ob Schelling vielleicht bald nach Jena zurückkehrt, weil ich in diesem Falle bis dahin aufschieben würde, ihm mein Taschenbuch zu schicken.
AWSchlegel
[1] Berlin d. 17ten Sept 1803
Sie erhalten hiebey das Büchelchen, dessen ich letzthin erwähnte, und welches mich die letzten Monate her vorzüglich beschäftigt hat. Bey der Portugiesischen Poesie bin ich für jetzt noch durch den Mangel an Büchern auf den einzigen Camoens beschränkt, doch ist es einer, der für viele gelten kann; gern hätte ich mehr von ihm gegeben. Ich hoffe indessen bald meine Kenntniß und meinen Besitz in dieser Sprache weiter auszudehnen. Auch im Spanischen hat mich der Mangel an Büchern und die Schwierigkeit sie zu bekommen, beengt, überdieß hatte ich mich zu lange bey den Italiänern aufgehalten, und behielt nun zu wenig Raum übrig. Sollte ich einmal wieder solch eine Sammlung geben, so würde ich das Verhältniß umkehren.
Meinen vor acht Tagen abgegangnen Brief in Antwort auf den Ihrigen werden Sie erhalten haben. Das Unternehmen die ALZ. in Jena festzuhalten und zu erneuern scheint hier bedeutende Sensation zu machen. Man erzählt [2] mir allerley lustiges von den Nothschüssen der alten Redactoren, unter andern, daß sie sogar H. Müchler, einen hiesigen Kriegsrath, der in seinem Zirkel für einen witzigen Kopf gilt, und ein paar Bändchen unbedeutende Reimereyen hat drucken lassen, um Recensionen im poetischen Fache angegangen haben.
Von sehr guter Hand ist mir versichert worden, daß die Censur den Artikel die ALZ. betreffend, den der Schreiber einer hiesigen Zeitung wollte abdrucken lassen, gestrichen hat, ein Verfahren, welches billig von auswärts her der Censur unterworfen werden sollte.
So eben ist der Physiker Steffens hier auf seiner Rückreise nach Copenhagen, wo er jetzt im Dienst der Regierung unter sehr vortheilhaften Bedingungen fixirt ist, jedoch so, daß er seine ganze Muße zu wissenschaftlichen Arbeiten frey behält. Ihrer Auffoderung gemäß, unter meinen Freunden Mitarbeiter an der ALZ. zu suchen, habe ich vorläufig mit ihm gesprochen und angefragt. Er meynt zwar daß er zu der Arbeit des Recensirens sich [3] nicht sonderlich passe, daß es ihm schwer fallen würde über eine so isolirte Schrift ein Urtheil aufzustellen, wenn es ihm aber erlaubt wäre, eine Reihe von Schriften in demselben Fache zusammen zu nehmen, so würde er sich dazu am leichtesten entschließen können.
Ich erwarte nun Antwort von Ihnen, ob ich ihm bestimmte Anträge machen soll. Sie wird ihn zwar nicht mehr hier treffen, ich kann sie dann aber ohne Verzug nach Copenhagen befördern. Doch wird eine unmittelbare Einladung von Ihnen, wie ich schon in meinem vorigen Briefe bemerkte, immer am wirksamsten seyn, eifrige und baldige Theilnahme hervorzurufen. Die Menschen, welche sich mit Ideen beschäftigen nehmen es meistens mit den empirischen Bedingungen der Zeit u.s.w. nicht so genau, sodaß ein ungewöhnlicher Antrieb dazu gehört, wenn sie dabey aus ihrer Sitte heraus gehen sollen.
Wenn Sie meinen Vorschlag annehmen, sich mit den Beurtheilungen nicht ganz auf das letzterschienene zu beschränken, sondern das versäumte bedeutende von den letzten 1‒2 Jahren gleich [4] anfangs nachzuhohlen, so will ich Beyträge zu dem Verzeichniß allenfalls mit einigen Vorschlägen der Vertheilung liefern.
Wenn es mir irgend möglich ist, so komme ich noch, vielleicht spät im Herbst auf ein acht Tage nach Weimar, wo sich dann manches würde mündlich absprechen lassen.
Von meinem Bruder habe ich neuerdings wieder einen Brief. Er ist ganz im Sanscritanischen vertieft, und sucht sich diese Schätze durch Abschriften zu sichern um sie mitnehmen zu können. Wenn Ihr Plan ist, gelehrte Correspondenz in das Intell. Blatt aufzunehmen, so zweifle ich nicht daß er bereit seyn wird, dazu beyzutragen, so viel ihm seine sonstigen Arbeiten, und die Verpflichtung seine eigne Zeitschrift mit dergleichen Neuigkeiten zu versorgen, erlauben.
Leben Sie recht wohl.
Sie würden mich verbinden, wenn Sie mir Nachricht geben könnten, ob Schelling vielleicht bald nach Jena zurückkehrt, weil ich in diesem Falle bis dahin aufschieben würde, ihm mein Taschenbuch zu schicken.
AWSchlegel
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