• Henriette Mendelssohn to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Paris · Place of Destination: Unknown · Date: 19. Juli [1810]
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Henriette Mendelssohn
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Paris
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 19. Juli [1810]
  • Notations: Datum (Jahr) sowie Absendeort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 335973167
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 2. Der Texte zweite Hälfte. 1809‒1844. Bern u.a. ²1969, S. 151‒152.
  • Incipit: „[1] [Paris] d 19ten Juli [1810]
    Ich sende Ihnen mein theurer Freund einen Brief von Ihrem Bruder, den ich gestern für Sie [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: APP2712-Bd-7
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,27,11
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl., hs. m. U. Henriette M.
  • Format: 17,3 x 11,5 cm
    Language
  • German
[1] [Paris] d 19ten Juli [1810]
Ich sende Ihnen mein theurer Freund einen Brief von Ihrem Bruder, den ich gestern für Sie erhalten und zwar ganz so im Stande der Natur wie sie ihn hier erhalten. Ihr Bruder hat mich darauf angewiesen ihn zu lesen, um etwas näheres von ihm und seinem Treiben zu erfahren. – Wenn seine Gesundheit nur besser wird, wird es wohl mit dem Uebrigen recht gut gehn, der Graf Metternich der in wenigen Wochen nach Wien zurückgeht, will ihm sehr wohl, erkennt und würdigt sein Verdienst, wie mich Pilat noch gestern versichert hat, der wird also den neidischen InsektenSchwarm wohl zur Ruhe bringen. Rührend ist der Ausdruck seiner herzlichen Neigung in dem Briefe an Sie, es ist eine Freundschaft [2] recht im antiken Sinne, die mir in der Seele wohlgethan hat! – In einem Brief an mich antwortet er auf Ihren Scherz den Sie damals über ihn äußerten, daß er eigentlich seine kriegerische Expedition auf einem Elephanten hätte machen sollen. Er meint aber, daß ihm nie so leicht und wohl zu muthe gewesen als eben damals in der Uniform, und daß die kriegerische Musik ihm ungleich beßer gefallen, als jetziger Tage das Gequäke der einförmigen Frösche im friedlichen Sumpfe. – Nun es könnte wohl eher als er selbst vermuthet geschehn daß diese Musik wieder angestimmt würde, nur fürchte ich der untergelegte Text möchte ihm alles verleiden!
Ich möchte Sie mein lieber Freund gern froh sehn, wie Sie es sonst in früheren Jahren gewesen, und ich fühle nur zu gut [3] wie tief gegründet Ihr Mismuth ist! Frei athmen kann freilich jezt wohl kein rechter Mensch, nur fürchte ich Sie nehmen zu einem gewaltsamen Mittel Zuflucht, ich kann nicht ohne Betrübniß daran denken! Friedrichs Anliegen, daß Sie Sich dem deutschen Theater widmen möchten, sollten Sie wohl überlegen, und da es doch von allen Seiten kommt, daß Sie einen Ruf nach Berlin erhalten, so sollten Sie doch wohl etwas bestimmtes darüber zu erfahren suchen!
Varnhagen, ein junger Mann den Sie dem Namen nach kennen, und von dem Ihnen wohl auch litterarische Arbeiten bekannt sind, ist jezt als Oesterreichischer Offizier hier. Er hat mir viel freundliche Empfehlungen für Sie aufgetragen, er ist jezt mein Abendgesellschafter, und nach der Last des Tages, ist mir seine Unterhaltung und oft auch eine Vorlesung recht erfreu[4]lich! Er sagt mir, daß er Ihnen ein Buch daß er mit einem seiner Freunde zusammen herausgegeben, zugeschickt habe, es heißt Versuche und Hinderniße Karls; Sie haben es wohl nicht eben bei sich, sonst würden Sie mich recht verbinden wenn Sie mir es schickten!
Wann werde ich Sie lieber Freund wieder in meinem kleinen friedlichen Zimmer sehn, der Sommer eilt mit starken Schritten vorüber; indeßen wird Chamisot Sie wohl bald besuchen und die sehnlich erwartete Arbeit allmählich zu Stande kommen.
Ich kann Ihnen nicht sagen wie begierig ich Frau v. Staels Deutschland erwarte! Senden Sie mir doch daß für Ihren Bruder bestimmte Exemplar zu, so lese ich es schnell eh es abgeht.
Leben Sie wohl mein mir recht wehrter Freund.
Ihre Henriette M.[endelssohn]
[1] [Paris] d 19ten Juli [1810]
Ich sende Ihnen mein theurer Freund einen Brief von Ihrem Bruder, den ich gestern für Sie erhalten und zwar ganz so im Stande der Natur wie sie ihn hier erhalten. Ihr Bruder hat mich darauf angewiesen ihn zu lesen, um etwas näheres von ihm und seinem Treiben zu erfahren. – Wenn seine Gesundheit nur besser wird, wird es wohl mit dem Uebrigen recht gut gehn, der Graf Metternich der in wenigen Wochen nach Wien zurückgeht, will ihm sehr wohl, erkennt und würdigt sein Verdienst, wie mich Pilat noch gestern versichert hat, der wird also den neidischen InsektenSchwarm wohl zur Ruhe bringen. Rührend ist der Ausdruck seiner herzlichen Neigung in dem Briefe an Sie, es ist eine Freundschaft [2] recht im antiken Sinne, die mir in der Seele wohlgethan hat! – In einem Brief an mich antwortet er auf Ihren Scherz den Sie damals über ihn äußerten, daß er eigentlich seine kriegerische Expedition auf einem Elephanten hätte machen sollen. Er meint aber, daß ihm nie so leicht und wohl zu muthe gewesen als eben damals in der Uniform, und daß die kriegerische Musik ihm ungleich beßer gefallen, als jetziger Tage das Gequäke der einförmigen Frösche im friedlichen Sumpfe. – Nun es könnte wohl eher als er selbst vermuthet geschehn daß diese Musik wieder angestimmt würde, nur fürchte ich der untergelegte Text möchte ihm alles verleiden!
Ich möchte Sie mein lieber Freund gern froh sehn, wie Sie es sonst in früheren Jahren gewesen, und ich fühle nur zu gut [3] wie tief gegründet Ihr Mismuth ist! Frei athmen kann freilich jezt wohl kein rechter Mensch, nur fürchte ich Sie nehmen zu einem gewaltsamen Mittel Zuflucht, ich kann nicht ohne Betrübniß daran denken! Friedrichs Anliegen, daß Sie Sich dem deutschen Theater widmen möchten, sollten Sie wohl überlegen, und da es doch von allen Seiten kommt, daß Sie einen Ruf nach Berlin erhalten, so sollten Sie doch wohl etwas bestimmtes darüber zu erfahren suchen!
Varnhagen, ein junger Mann den Sie dem Namen nach kennen, und von dem Ihnen wohl auch litterarische Arbeiten bekannt sind, ist jezt als Oesterreichischer Offizier hier. Er hat mir viel freundliche Empfehlungen für Sie aufgetragen, er ist jezt mein Abendgesellschafter, und nach der Last des Tages, ist mir seine Unterhaltung und oft auch eine Vorlesung recht erfreu[4]lich! Er sagt mir, daß er Ihnen ein Buch daß er mit einem seiner Freunde zusammen herausgegeben, zugeschickt habe, es heißt Versuche und Hinderniße Karls; Sie haben es wohl nicht eben bei sich, sonst würden Sie mich recht verbinden wenn Sie mir es schickten!
Wann werde ich Sie lieber Freund wieder in meinem kleinen friedlichen Zimmer sehn, der Sommer eilt mit starken Schritten vorüber; indeßen wird Chamisot Sie wohl bald besuchen und die sehnlich erwartete Arbeit allmählich zu Stande kommen.
Ich kann Ihnen nicht sagen wie begierig ich Frau v. Staels Deutschland erwarte! Senden Sie mir doch daß für Ihren Bruder bestimmte Exemplar zu, so lese ich es schnell eh es abgeht.
Leben Sie wohl mein mir recht wehrter Freund.
Ihre Henriette M.[endelssohn]
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