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Hermann und ich sind Gottlob! Kleinigkeiten abgerechnet, gesund gewesen, auch scheint es mir, als wüchse Hermann jetzt etwas schneller wie früher; dabei ist er ziemlich kräftig und noch immer munter und guter Dinge, so wie Sie ihn kennen. Über seine Fortschritte in der Schule kann ich nicht eigentlich urtheilen, da die Lehrer nur alle halbe Jahre Zeugnisse ausgeben und das letzte, welches nicht sehr günstig lautete, Michaelis erfolgte. Ich glaube jedoch, daß sie jetzt Ursache haben, mit ihm zufriedener zu sein, denn er ist bei weitem fleißiger geworden und findet an manchen Gegenständen z. B. an der Geschichte ein großes Interesse. Er hat sich sogar kürzlich aus eignem Antriebe aus seiner Sparbüchse ein Geschichtswerk angeschafft, worin er täglich studirt, was viel sagen will, da er sich sonst sehr schwer und ungern von den blanken Sparpfenningen trennt. Zu meinem großen Mißvergnügen hat er aber während des ganzen Win<milestone unit="start" n="4707"/>[4]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="4707"/>ters keinen Unterricht in der lateinischen Sprache. Der jetzige Director <orgName key="6486">des Gymnasiums</orgName>, <persName key="10509"><hi rend="family:Courier">Rothert</hi></persName>, der allerhand Veränderungen und Neuerungen einführt, wollte es so. Alle Knaben in Quinta nämlich, die vorigen Michaelis noch nicht reif waren, um nach Quarta versetzt zu werden, mußten plötzlich mit dem Lateinischen aufhören, um es bis Ostern möglichst wieder zu vergessen. Dann sollen sie es ganz von Neuem anfangen und zwar 12 Stunden wöchentlich haben. 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Von den rückständigen Zinsen werden wir etwas einbüßen, auch sind manche Ausgaben damit verknüpft gewesen. Ich werde mir nun meinen Antheil hierher kommen lassen, – denn im Laufe dieses Monats soll Alles bezahlt werden, – und sicher zu belegen suchen, da es wegen Hebung der Zinsen auswärts immer mit Weitläuftigkeiten und Kosten verbunden ist. Ihres gütigen Anerbietens, liebster Onkel, gedachte ich recht wohl, doch mochte ich es Ihnen nicht zumuthen, da Sie davon nur Last und vielleicht auch Schaden gehabt hätten.<lb/>Sie erwähnen in Ihrem Briefe nichts von Ihrem Befinden, woraus ich doch hoffentlich den Schluß ziehen darf, daß es Ihnen recht wohl geht? Der Himmel erhalte Sie ferner gesund und rüstig in Ihrer vielseitigen Wirsamkeit und lasse Ihnen auch die herrliche, heitre Laune, wodurch Sie Alles um sich her zu beleben und zu bezaubern wissen.<lb/><persName key="5130">Hermann</persName> fühlt sich unendlich dadurch geschmeichelt, daß <persName key="3451"><hi rend="family:Courier">Albert von Broglie</hi></persName> sich seines unbedeutenden Persönchens noch erinnert. Er bittet Sie sehr, wenn Sie demselben schreiben, ihn doch seinem fernern Andenken zu empfehlen. <lb/><milestone unit="start" n="4709"/>[6]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="4709"/> <persName key="2417">Mamsell Marie</persName> werde ich noch einige Zeilen schreiben und sie recht dringend um die Fortsetzung unsrer Correspondenz bitten. <persName key="5130">Hermann</persName> trägt mir die herzlichsten Grüße an Sie auf. Sollte ich in <placeName key="887">Bonn</placeName> noch nicht ganz vergessen sein, dann bitte ich mich gelegentlich denen zu empfehlen, die sich meiner erinnern, namentlich <persName key="5450">Frau Augusti</persName>, <persName key="5426"><persName key="5425">Schopenhauers</persName></persName>, <persName key="4743"><persName key="6904">Naumanns</persName></persName> <hi rend="family:Courier">ect.</hi><lb/>Leben Sie recht wohl, theuerster Onkel, und erhalten Sie mir und <persName key="5130">meinem Hermann</persName> Ihr väterliches Wohlwollen.<lb/>Ihre<lb/>Sie hochschätzende und liebende Nichte<lb/>Amalie Wolper.</p>', '36_xml_standoff' => '<milestone unit="start" n="4704"/>[1]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="4704"/> <anchor type="b" n="5127" ana="10" xml:id="NidB34168"/>Lingen<anchor type="e" n="5127" ana="10" xml:id="NidE34168"/> d. 10<hi rend="offset:4" rendition="#PRSDoppeltUnterstrichen">ten</hi> <hi rend="family:Courier">Jan.</hi><lb/>1836.<lb/>Theuerster Oheim!<lb/>Es bedarf gewiß nicht der Versicherung, daß ein so herzlicher Brief von Ihnen mir die innigste Freude gewährte. Lange schon hatte ich mich nach einigen Nachrichten von Ihnen gesehnt, doch wäre es ja die größte Anmaßung von mir, die Sie mir hoffentlich nicht zutrauen, wenn ich jedes Mal auf eine Erwiederung meiner Briefe von Ihnen rechnete. Ich kenne Ihre rastlose Thätigkeit, weiß, wie oft Sie gestört werden und erkenne es daher mit dem aufrichtigsten Danke, wenn ich nur von Zeit zu Zeit einige Zeilen von Ihrer Hand erhalte. Daß Sie sich meiner und <anchor type="b" n="5130" ana="11" xml:id="NidB34169"/>meines Hermanns<anchor type="e" n="5130" ana="11" xml:id="NidE34169"/> zuweilen freundlich erinnern, davon halte ich mich überzeugt, denn Sie haben uns so viele Beweise Ihres Wohlwollens gegeben. Ich hätte Ihnen auch längst schon über meine Angelegenheiten geschrieben, von denen sich doch einige zu meiner Zufriedenheit geordnet haben, doch fürchtete ich, Sie damit zu langweilen, da Sie sich aber so gü<milestone unit="start" n="4705"/>[2]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="4705"/>tig noch an Alles erinnern, mich so freundlich dazu auffordern, so werde ich Ihnen nachher ausführlich darüber mittheilen.<lb/>Es hat mich nach Ihren früheren Äußerungen und meinen eignen Wahrnehmungen nicht sehr überrascht, daß Sie sich von <anchor type="b" n="2566" ana="11" xml:id="NidB34170"/>Hn. Lassen<anchor type="e" n="2566" ana="11" xml:id="NidE34170"/> getrennt haben. Ich mochte nur nicht früher danach fragen, weil es mir unbescheiden schien und ich wohl voraussetzen durfte, daß wenn Sie einen entscheidenden Entschluß faßten, Sie mir denselben mittheilen würden. Das Fortbestehen eines solchen Verhältnisses, woran am Ende nur Gewohnheit knüpft, konnte natürlich nicht länger angenehm und wünschenswerth sein und die Lösung desselben wird eher erleichternd, als betrübend auf Sie gewirkt haben. Dennoch werden Sie die Unterhaltung mit einem wissenschaftlich gebildeten Mann, besonders am Tisch vermissen und das schöne, große Haus mag Ihnen etwas einsam vorkommen. Nach den gemachten Erfahrungen haben Sie aber vielleicht nicht Lust, eine ähnliche Verbindung anzuknüpfen?<lb/>Daß Ihr schöner Pfau, die Zierde Ihres Hofes gestorben ist, war für <anchor type="b" n="5130" ana="11" xml:id="NidB67826"/>Hermann<anchor type="e" n="5130" ana="11" xml:id="NidE67826"/> und mich eine wahrhaft betrübende Nachricht. 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Meine Schwester und <anchor type="b" n="5132" ana="11" xml:id="NidB34174"/><anchor type="b" n="5391" ana="11" xml:id="NidB34176"/>deren Kinder<anchor type="e" n="5391" ana="11" xml:id="NidE34176"/><anchor type="e" n="5132" ana="11" xml:id="NidE34174"/> sind im Ganzen ziemlich wohl, doch ist der zarte Körperbau <anchor type="b" n="5132" ana="11" xml:id="NidB34175"/>Paulinens<anchor type="e" n="5132" ana="11" xml:id="NidE34175"/> und ihre frühere Kränklichkeit ein steter Gegenstand der Sorge für meine Schwester. Hermann und ich sind Gottlob! Kleinigkeiten abgerechnet, gesund gewesen, auch scheint es mir, als wüchse Hermann jetzt etwas schneller wie früher; dabei ist er ziemlich kräftig und noch immer munter und guter Dinge, so wie Sie ihn kennen. Über seine Fortschritte in der Schule kann ich nicht eigentlich urtheilen, da die Lehrer nur alle halbe Jahre Zeugnisse ausgeben und das letzte, welches nicht sehr günstig lautete, Michaelis erfolgte. 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Lange schon hatte ich mich nach einigen Nachrichten von Ihnen gesehnt, doch wäre es ja die größte Anmaßung von mir, die Sie mir hoffentlich nicht zutrauen, wenn ich jedes Mal auf eine Erwiederung meiner Briefe von Ihnen rechnete. Ich kenne Ihre rastlose Thätigkeit, weiß, wie oft Sie gestört werden und erkenne es daher mit dem aufrichtigsten Danke, wenn ich nur von Zeit zu Zeit einige Zeilen von Ihrer Hand erhalte. Daß Sie sich meiner und <span class="index-5130 tp-34169 ">meines Hermanns</span> zuweilen freundlich erinnern, davon halte ich mich überzeugt, denn Sie haben uns so viele Beweise Ihres Wohlwollens gegeben. Ich hätte Ihnen auch längst schon über meine Angelegenheiten geschrieben, von denen sich doch einige zu meiner Zufriedenheit geordnet haben, doch fürchtete ich, Sie damit zu langweilen, da Sie sich aber so gü<span class="notice-4705 ">[2]</span>tig noch an Alles erinnern, mich so freundlich dazu auffordern, so werde ich Ihnen nachher ausführlich darüber mittheilen.<br>Es hat mich nach Ihren früheren Äußerungen und meinen eignen Wahrnehmungen nicht sehr überrascht, daß Sie sich von <span class="index-2566 tp-34170 ">Hn. Lassen</span> getrennt haben. Ich mochte nur nicht früher danach fragen, weil es mir unbescheiden schien und ich wohl voraussetzen durfte, daß wenn Sie einen entscheidenden Entschluß faßten, Sie mir denselben mittheilen würden. Das Fortbestehen eines solchen Verhältnisses, woran am Ende nur Gewohnheit knüpft, konnte natürlich nicht länger angenehm und wünschenswerth sein und die Lösung desselben wird eher erleichternd, als betrübend auf Sie gewirkt haben. Dennoch werden Sie die Unterhaltung mit einem wissenschaftlich gebildeten Mann, besonders am Tisch vermissen und das schöne, große Haus mag Ihnen etwas einsam vorkommen. Nach den gemachten Erfahrungen haben Sie aber vielleicht nicht Lust, eine ähnliche Verbindung anzuknüpfen?<br>Daß Ihr schöner Pfau, die Zierde Ihres Hofes gestorben ist, war für <span class="index-5130 tp-67826 ">Hermann</span> und mich eine wahrhaft betrübende Nachricht. Hermann hat bei unsrer Abreise aus <span class="index-887 tp-34171 ">Bonn</span> mehrere von seinen Federn mitgenommen, die er sorgfältig zu seinem Andenken bewahrt und jetzt mit einer Art Rührung betrachtet. <span class="notice-4706 ">[3]</span> Nun will ich Ihre gütigen Fragen Punkt für Punkt beantworten: <span class="index-2286 tp-34172 ">Meine Mutter</span> und <span class="index-3671 tp-34173 ">Schwester</span> danken Ihnen sehr für Ihr freundliches Andenken und empfehlen sich Ihnen bestens. Erstere kränkelt leider fast beständig und fühlt sich recht schwach, wie das in ihrem Alter wohl kaum anders zu erwarten ist. Meine Schwester und <span class="index-5132 tp-34174 index-5391 tp-34176 ">deren Kinder</span> sind im Ganzen ziemlich wohl, doch ist der zarte Körperbau <span class="index-5132 tp-34175 ">Paulinens</span> und ihre frühere Kränklichkeit ein steter Gegenstand der Sorge für meine Schwester. Hermann und ich sind Gottlob! Kleinigkeiten abgerechnet, gesund gewesen, auch scheint es mir, als wüchse Hermann jetzt etwas schneller wie früher; dabei ist er ziemlich kräftig und noch immer munter und guter Dinge, so wie Sie ihn kennen. Über seine Fortschritte in der Schule kann ich nicht eigentlich urtheilen, da die Lehrer nur alle halbe Jahre Zeugnisse ausgeben und das letzte, welches nicht sehr günstig lautete, Michaelis erfolgte. Ich glaube jedoch, daß sie jetzt Ursache haben, mit ihm zufriedener zu sein, denn er ist bei weitem fleißiger geworden und findet an manchen Gegenständen z. B. an der Geschichte ein großes Interesse. Er hat sich sogar kürzlich aus eignem Antriebe aus seiner Sparbüchse ein Geschichtswerk angeschafft, worin er täglich studirt, was viel sagen will, da er sich sonst sehr schwer und ungern von den blanken Sparpfenningen trennt. Zu meinem großen Mißvergnügen hat er aber während des ganzen Win<span class="notice-4707 ">[4]</span>ters keinen Unterricht in der lateinischen Sprache. Der jetzige Director <span class="index-6486 tp-67827 ">des Gymnasiums</span>, <span class="index-10509 tp-67828 family-courier ">Rothert</span>, der allerhand Veränderungen und Neuerungen einführt, wollte es so. Alle Knaben in Quinta nämlich, die vorigen Michaelis noch nicht reif waren, um nach Quarta versetzt zu werden, mußten plötzlich mit dem Lateinischen aufhören, um es bis Ostern möglichst wieder zu vergessen. Dann sollen sie es ganz von Neuem anfangen und zwar 12 Stunden wöchentlich haben. Mir will es nicht recht einleuchten, daß sie es auf diese Weise viel schneller und besser erlernen, doch mußte ich mich fügen, so wie alle andern Eltern, die gleiches Schicksal traf.<br>Meine kleine Wittwenpension von jährlich 70 <span class="notice-25163 ">rthr.</span> ist mir auf zwei Jahre wieder bewilligt worden. Auch erhalte ich aus einer städtischen Kasse jährlich 40 <span class="notice-25164 ">rthr.</span> Erziehungsgelder für <span class="index-5130 tp-67829 ">Herm:</span> die auf 3 Jahre bewilligt sind, jedoch hier am Ort verbraucht werden müssen. Da er dazu allen Unterricht auf <span class="index-6486 tp-67830 ">dem Gymnasium</span> frei hat und das, zusammen genommen mit den Erziehungsgeldern, schon ein großer Vortheil in meiner beschränkten Lage ist, so muß <span class="index-5127 tp-67831 ">Lingen</span> natürlich für die <span class="offset-4 ">nächste</span> Zukunft mein Wohnort bleiben. Ich darf also wohl für’s erste nicht daran denken, lieber Onkel, Ihre gütige Einladung anzunehmen, doch hoffe ich, läßt es sich in der Folge einrichten, daß ich Sie ein mal wieder besuche, wenn Sie es mir dann noch erlauben. <br><span class="notice-4708 ">[5]</span> Unser Proceß in <span class="index-2 tp-34177 ">Göttingen</span> ist glücklich beendigt, d. h. das Haus, worauf <span class="index-2286 tp-67832 ">meine Mutter</span> und ich 3000 Thaler geliehen hatten, ist verkauft worden und wir werden am Kapitale keinen Schaden erleiden. Von den rückständigen Zinsen werden wir etwas einbüßen, auch sind manche Ausgaben damit verknüpft gewesen. Ich werde mir nun meinen Antheil hierher kommen lassen, – denn im Laufe dieses Monats soll Alles bezahlt werden, – und sicher zu belegen suchen, da es wegen Hebung der Zinsen auswärts immer mit Weitläuftigkeiten und Kosten verbunden ist. Ihres gütigen Anerbietens, liebster Onkel, gedachte ich recht wohl, doch mochte ich es Ihnen nicht zumuthen, da Sie davon nur Last und vielleicht auch Schaden gehabt hätten.<br>Sie erwähnen in Ihrem Briefe nichts von Ihrem Befinden, woraus ich doch hoffentlich den Schluß ziehen darf, daß es Ihnen recht wohl geht? Der Himmel erhalte Sie ferner gesund und rüstig in Ihrer vielseitigen Wirsamkeit und lasse Ihnen auch die herrliche, heitre Laune, wodurch Sie Alles um sich her zu beleben und zu bezaubern wissen.<br><span class="index-5130 tp-67833 ">Hermann</span> fühlt sich unendlich dadurch geschmeichelt, daß <span class="index-3451 tp-34178 family-courier ">Albert von Broglie</span> sich seines unbedeutenden Persönchens noch erinnert. Er bittet Sie sehr, wenn Sie demselben schreiben, ihn doch seinem fernern Andenken zu empfehlen. <br><span class="notice-4709 ">[6]</span> <span class="index-2417 tp-34179 ">Mamsell Marie</span> werde ich noch einige Zeilen schreiben und sie recht dringend um die Fortsetzung unsrer Correspondenz bitten. <span class="index-5130 tp-67834 ">Hermann</span> trägt mir die herzlichsten Grüße an Sie auf. Sollte ich in <span class="index-887 tp-67835 ">Bonn</span> noch nicht ganz vergessen sein, dann bitte ich mich gelegentlich denen zu empfehlen, die sich meiner erinnern, namentlich <span class="index-5450 tp-34180 ">Frau Augusti</span>, <span class="index-5426 tp-67818 index-5425 tp-34181 ">Schopenhauers</span>, <span class="index-4743 tp-34182 index-6904 tp-67837 ">Naumanns</span> <span class="family-courier ">ect.</span><br>Leben Sie recht wohl, theuerster Onkel, und erhalten Sie mir und <span class="index-5130 tp-67836 ">meinem Hermann</span> Ihr väterliches Wohlwollen.<br>Ihre<br>Sie hochschätzende und liebende Nichte<br>Amalie Wolper.' $isaprint = false $isnewtranslation = true $statemsg = 'betamsg23' $cittitle = 'www.august-wilhelm-schlegel.de/briefedigital/briefid/1365' $description = 'Amalie Wolper an August Wilhelm von Schlegel am 10.01.1836, Lingen (Ems) , Bonn' $adressatort = 'Bonn <a class="gndmetadata" target="_blank" href="http://d-nb.info/gnd/1001909-1">GND</a>' $absendeort = 'Lingen (Ems) <a class="gndmetadata" target="_blank" href="http://d-nb.info/gnd/4035836-7">GND</a>' $date = '10.01.1836' $adressat = array() $adrCitation = 'August Wilhelm von Schlegel' $absender = array( (int) 7094 => array( 'ID' => '7094', 'project' => '1', 'timecreate' => '2014-05-15 15:44:15', 'timelastchg' => '2019-03-22 16:11:29', 'key' => 'AWS-ap-00jn', 'docTyp' => array( 'name' => 'Person', 'id' => '39' ), '39_fulltext' => '', '39_html' => '', '39_geschlecht' => 'w', '39_name' => 'Wolper, Amalie', '39_gebdatumfrei' => 'ca. 1798/1799', '39_toddatumfrei' => 'nach Juli 1845', '39_pdb' => 'GND', '39_namevar' => 'Wolper, Amalie Henriette Schlegel, Amalie Henriette (Geburtsname)', '39_status_person' => 'Vollständig', '39_lebenwirken' => 'Gattin von August Friedrich Wolper Amalie („Malchen“) Schlegel heiratete 1820 den Theologen und Philologen August Friedrich Wolper, den sie in Harburg kennenlernte. 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Lange schon hatte ich mich nach einigen Nachrichten von Ihnen gesehnt, doch wäre es ja die größte Anmaßung von mir, die Sie mir hoffentlich nicht zutrauen, wenn ich jedes Mal auf eine Erwiederung meiner Briefe von Ihnen rechnete. Ich kenne Ihre rastlose Thätigkeit, weiß, wie oft Sie gestört werden und erkenne es daher mit dem aufrichtigsten Danke, wenn ich nur von Zeit zu Zeit einige Zeilen von Ihrer Hand erhalte. Daß Sie sich meiner und <span class="index-5130 tp-34169 ">meines Hermanns</span> zuweilen freundlich erinnern, davon halte ich mich überzeugt, denn Sie haben uns so viele Beweise Ihres Wohlwollens gegeben. Ich hätte Ihnen auch längst schon über meine Angelegenheiten geschrieben, von denen sich doch einige zu meiner Zufriedenheit geordnet haben, doch fürchtete ich, Sie damit zu langweilen, da Sie sich aber so gü<span class="notice-4705 ">[2]</span>tig noch an Alles erinnern, mich so freundlich dazu auffordern, so werde ich Ihnen nachher ausführlich darüber mittheilen.<br>Es hat mich nach Ihren früheren Äußerungen und meinen eignen Wahrnehmungen nicht sehr überrascht, daß Sie sich von <span class="index-2566 tp-34170 ">Hn. Lassen</span> getrennt haben. Ich mochte nur nicht früher danach fragen, weil es mir unbescheiden schien und ich wohl voraussetzen durfte, daß wenn Sie einen entscheidenden Entschluß faßten, Sie mir denselben mittheilen würden. Das Fortbestehen eines solchen Verhältnisses, woran am Ende nur Gewohnheit knüpft, konnte natürlich nicht länger angenehm und wünschenswerth sein und die Lösung desselben wird eher erleichternd, als betrübend auf Sie gewirkt haben. Dennoch werden Sie die Unterhaltung mit einem wissenschaftlich gebildeten Mann, besonders am Tisch vermissen und das schöne, große Haus mag Ihnen etwas einsam vorkommen. Nach den gemachten Erfahrungen haben Sie aber vielleicht nicht Lust, eine ähnliche Verbindung anzuknüpfen?<br>Daß Ihr schöner Pfau, die Zierde Ihres Hofes gestorben ist, war für <span class="index-5130 tp-67826 ">Hermann</span> und mich eine wahrhaft betrübende Nachricht. Hermann hat bei unsrer Abreise aus <span class="index-887 tp-34171 ">Bonn</span> mehrere von seinen Federn mitgenommen, die er sorgfältig zu seinem Andenken bewahrt und jetzt mit einer Art Rührung betrachtet. <span class="notice-4706 ">[3]</span> Nun will ich Ihre gütigen Fragen Punkt für Punkt beantworten: <span class="index-2286 tp-34172 ">Meine Mutter</span> und <span class="index-3671 tp-34173 ">Schwester</span> danken Ihnen sehr für Ihr freundliches Andenken und empfehlen sich Ihnen bestens. Erstere kränkelt leider fast beständig und fühlt sich recht schwach, wie das in ihrem Alter wohl kaum anders zu erwarten ist. Meine Schwester und <span class="index-5132 tp-34174 index-5391 tp-34176 ">deren Kinder</span> sind im Ganzen ziemlich wohl, doch ist der zarte Körperbau <span class="index-5132 tp-34175 ">Paulinens</span> und ihre frühere Kränklichkeit ein steter Gegenstand der Sorge für meine Schwester. Hermann und ich sind Gottlob! Kleinigkeiten abgerechnet, gesund gewesen, auch scheint es mir, als wüchse Hermann jetzt etwas schneller wie früher; dabei ist er ziemlich kräftig und noch immer munter und guter Dinge, so wie Sie ihn kennen. Über seine Fortschritte in der Schule kann ich nicht eigentlich urtheilen, da die Lehrer nur alle halbe Jahre Zeugnisse ausgeben und das letzte, welches nicht sehr günstig lautete, Michaelis erfolgte. Ich glaube jedoch, daß sie jetzt Ursache haben, mit ihm zufriedener zu sein, denn er ist bei weitem fleißiger geworden und findet an manchen Gegenständen z. B. an der Geschichte ein großes Interesse. Er hat sich sogar kürzlich aus eignem Antriebe aus seiner Sparbüchse ein Geschichtswerk angeschafft, worin er täglich studirt, was viel sagen will, da er sich sonst sehr schwer und ungern von den blanken Sparpfenningen trennt. Zu meinem großen Mißvergnügen hat er aber während des ganzen Win<span class="notice-4707 ">[4]</span>ters keinen Unterricht in der lateinischen Sprache. Der jetzige Director <span class="index-6486 tp-67827 ">des Gymnasiums</span>, <span class="index-10509 tp-67828 family-courier ">Rothert</span>, der allerhand Veränderungen und Neuerungen einführt, wollte es so. Alle Knaben in Quinta nämlich, die vorigen Michaelis noch nicht reif waren, um nach Quarta versetzt zu werden, mußten plötzlich mit dem Lateinischen aufhören, um es bis Ostern möglichst wieder zu vergessen. Dann sollen sie es ganz von Neuem anfangen und zwar 12 Stunden wöchentlich haben. Mir will es nicht recht einleuchten, daß sie es auf diese Weise viel schneller und besser erlernen, doch mußte ich mich fügen, so wie alle andern Eltern, die gleiches Schicksal traf.<br>Meine kleine Wittwenpension von jährlich 70 <span class="notice-25163 ">rthr.</span> ist mir auf zwei Jahre wieder bewilligt worden. Auch erhalte ich aus einer städtischen Kasse jährlich 40 <span class="notice-25164 ">rthr.</span> Erziehungsgelder für <span class="index-5130 tp-67829 ">Herm:</span> die auf 3 Jahre bewilligt sind, jedoch hier am Ort verbraucht werden müssen. Da er dazu allen Unterricht auf <span class="index-6486 tp-67830 ">dem Gymnasium</span> frei hat und das, zusammen genommen mit den Erziehungsgeldern, schon ein großer Vortheil in meiner beschränkten Lage ist, so muß <span class="index-5127 tp-67831 ">Lingen</span> natürlich für die <span class="offset-4 ">nächste</span> Zukunft mein Wohnort bleiben. Ich darf also wohl für’s erste nicht daran denken, lieber Onkel, Ihre gütige Einladung anzunehmen, doch hoffe ich, läßt es sich in der Folge einrichten, daß ich Sie ein mal wieder besuche, wenn Sie es mir dann noch erlauben. <br><span class="notice-4708 ">[5]</span> Unser Proceß in <span class="index-2 tp-34177 ">Göttingen</span> ist glücklich beendigt, d. h. das Haus, worauf <span class="index-2286 tp-67832 ">meine Mutter</span> und ich 3000 Thaler geliehen hatten, ist verkauft worden und wir werden am Kapitale keinen Schaden erleiden. Von den rückständigen Zinsen werden wir etwas einbüßen, auch sind manche Ausgaben damit verknüpft gewesen. Ich werde mir nun meinen Antheil hierher kommen lassen, – denn im Laufe dieses Monats soll Alles bezahlt werden, – und sicher zu belegen suchen, da es wegen Hebung der Zinsen auswärts immer mit Weitläuftigkeiten und Kosten verbunden ist. Ihres gütigen Anerbietens, liebster Onkel, gedachte ich recht wohl, doch mochte ich es Ihnen nicht zumuthen, da Sie davon nur Last und vielleicht auch Schaden gehabt hätten.<br>Sie erwähnen in Ihrem Briefe nichts von Ihrem Befinden, woraus ich doch hoffentlich den Schluß ziehen darf, daß es Ihnen recht wohl geht? Der Himmel erhalte Sie ferner gesund und rüstig in Ihrer vielseitigen Wirsamkeit und lasse Ihnen auch die herrliche, heitre Laune, wodurch Sie Alles um sich her zu beleben und zu bezaubern wissen.<br><span class="index-5130 tp-67833 ">Hermann</span> fühlt sich unendlich dadurch geschmeichelt, daß <span class="index-3451 tp-34178 family-courier ">Albert von Broglie</span> sich seines unbedeutenden Persönchens noch erinnert. 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Ich hätte Ihnen auch längst schon über meine Angelegenheiten geschrieben, von denen sich doch einige zu meiner Zufriedenheit geordnet haben, doch fürchtete ich, Sie damit zu langweilen, da Sie sich aber so gü<milestone unit="start" n="4705"/>[2]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="4705"/>tig noch an Alles erinnern, mich so freundlich dazu auffordern, so werde ich Ihnen nachher ausführlich darüber mittheilen.<lb/>Es hat mich nach Ihren früheren Äußerungen und meinen eignen Wahrnehmungen nicht sehr überrascht, daß Sie sich von <persName key="2566">Hn. Lassen</persName> getrennt haben. Ich mochte nur nicht früher danach fragen, weil es mir unbescheiden schien und ich wohl voraussetzen durfte, daß wenn Sie einen entscheidenden Entschluß faßten, Sie mir denselben mittheilen würden. Das Fortbestehen eines solchen Verhältnisses, woran am Ende nur Gewohnheit knüpft, konnte natürlich nicht länger angenehm und wünschenswerth sein und die Lösung desselben wird eher erleichternd, als betrübend auf Sie gewirkt haben. Dennoch werden Sie die Unterhaltung mit einem wissenschaftlich gebildeten Mann, besonders am Tisch vermissen und das schöne, große Haus mag Ihnen etwas einsam vorkommen. Nach den gemachten Erfahrungen haben Sie aber vielleicht nicht Lust, eine ähnliche Verbindung anzuknüpfen?<lb/>Daß Ihr schöner Pfau, die Zierde Ihres Hofes gestorben ist, war für <persName key="5130">Hermann</persName> und mich eine wahrhaft betrübende Nachricht. Hermann hat bei unsrer Abreise aus <placeName key="887">Bonn</placeName> mehrere von seinen Federn mitgenommen, die er sorgfältig zu seinem Andenken bewahrt und jetzt mit einer Art Rührung betrachtet. <milestone unit="start" n="4706"/>[3]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="4706"/> Nun will ich Ihre gütigen Fragen Punkt für Punkt beantworten: <persName key="2286">Meine Mutter</persName> und <persName key="3671">Schwester</persName> danken Ihnen sehr für Ihr freundliches Andenken und empfehlen sich Ihnen bestens. Erstere kränkelt leider fast beständig und fühlt sich recht schwach, wie das in ihrem Alter wohl kaum anders zu erwarten ist. Meine Schwester und <persName key="5132"><persName key="5391">deren Kinder</persName></persName> sind im Ganzen ziemlich wohl, doch ist der zarte Körperbau <persName key="5132">Paulinens</persName> und ihre frühere Kränklichkeit ein steter Gegenstand der Sorge für meine Schwester. Hermann und ich sind Gottlob! Kleinigkeiten abgerechnet, gesund gewesen, auch scheint es mir, als wüchse Hermann jetzt etwas schneller wie früher; dabei ist er ziemlich kräftig und noch immer munter und guter Dinge, so wie Sie ihn kennen. Über seine Fortschritte in der Schule kann ich nicht eigentlich urtheilen, da die Lehrer nur alle halbe Jahre Zeugnisse ausgeben und das letzte, welches nicht sehr günstig lautete, Michaelis erfolgte. Ich glaube jedoch, daß sie jetzt Ursache haben, mit ihm zufriedener zu sein, denn er ist bei weitem fleißiger geworden und findet an manchen Gegenständen z. B. an der Geschichte ein großes Interesse. Er hat sich sogar kürzlich aus eignem Antriebe aus seiner Sparbüchse ein Geschichtswerk angeschafft, worin er täglich studirt, was viel sagen will, da er sich sonst sehr schwer und ungern von den blanken Sparpfenningen trennt. Zu meinem großen Mißvergnügen hat er aber während des ganzen Win<milestone unit="start" n="4707"/>[4]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="4707"/>ters keinen Unterricht in der lateinischen Sprache. Der jetzige Director <orgName key="6486">des Gymnasiums</orgName>, <persName key="10509"><hi rend="family:Courier">Rothert</hi></persName>, der allerhand Veränderungen und Neuerungen einführt, wollte es so. Alle Knaben in Quinta nämlich, die vorigen Michaelis noch nicht reif waren, um nach Quarta versetzt zu werden, mußten plötzlich mit dem Lateinischen aufhören, um es bis Ostern möglichst wieder zu vergessen. Dann sollen sie es ganz von Neuem anfangen und zwar 12 Stunden wöchentlich haben. 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[1] Lingen d. 10ten Jan.
1836.
Theuerster Oheim!
Es bedarf gewiß nicht der Versicherung, daß ein so herzlicher Brief von Ihnen mir die innigste Freude gewährte. Lange schon hatte ich mich nach einigen Nachrichten von Ihnen gesehnt, doch wäre es ja die größte Anmaßung von mir, die Sie mir hoffentlich nicht zutrauen, wenn ich jedes Mal auf eine Erwiederung meiner Briefe von Ihnen rechnete. Ich kenne Ihre rastlose Thätigkeit, weiß, wie oft Sie gestört werden und erkenne es daher mit dem aufrichtigsten Danke, wenn ich nur von Zeit zu Zeit einige Zeilen von Ihrer Hand erhalte. Daß Sie sich meiner und meines Hermanns zuweilen freundlich erinnern, davon halte ich mich überzeugt, denn Sie haben uns so viele Beweise Ihres Wohlwollens gegeben. Ich hätte Ihnen auch längst schon über meine Angelegenheiten geschrieben, von denen sich doch einige zu meiner Zufriedenheit geordnet haben, doch fürchtete ich, Sie damit zu langweilen, da Sie sich aber so gü[2]tig noch an Alles erinnern, mich so freundlich dazu auffordern, so werde ich Ihnen nachher ausführlich darüber mittheilen.
Es hat mich nach Ihren früheren Äußerungen und meinen eignen Wahrnehmungen nicht sehr überrascht, daß Sie sich von Hn. Lassen getrennt haben. Ich mochte nur nicht früher danach fragen, weil es mir unbescheiden schien und ich wohl voraussetzen durfte, daß wenn Sie einen entscheidenden Entschluß faßten, Sie mir denselben mittheilen würden. Das Fortbestehen eines solchen Verhältnisses, woran am Ende nur Gewohnheit knüpft, konnte natürlich nicht länger angenehm und wünschenswerth sein und die Lösung desselben wird eher erleichternd, als betrübend auf Sie gewirkt haben. Dennoch werden Sie die Unterhaltung mit einem wissenschaftlich gebildeten Mann, besonders am Tisch vermissen und das schöne, große Haus mag Ihnen etwas einsam vorkommen. Nach den gemachten Erfahrungen haben Sie aber vielleicht nicht Lust, eine ähnliche Verbindung anzuknüpfen?
Daß Ihr schöner Pfau, die Zierde Ihres Hofes gestorben ist, war für Hermann und mich eine wahrhaft betrübende Nachricht. Hermann hat bei unsrer Abreise aus Bonn mehrere von seinen Federn mitgenommen, die er sorgfältig zu seinem Andenken bewahrt und jetzt mit einer Art Rührung betrachtet. [3] Nun will ich Ihre gütigen Fragen Punkt für Punkt beantworten: Meine Mutter und Schwester danken Ihnen sehr für Ihr freundliches Andenken und empfehlen sich Ihnen bestens. Erstere kränkelt leider fast beständig und fühlt sich recht schwach, wie das in ihrem Alter wohl kaum anders zu erwarten ist. Meine Schwester und deren Kinder sind im Ganzen ziemlich wohl, doch ist der zarte Körperbau Paulinens und ihre frühere Kränklichkeit ein steter Gegenstand der Sorge für meine Schwester. Hermann und ich sind Gottlob! Kleinigkeiten abgerechnet, gesund gewesen, auch scheint es mir, als wüchse Hermann jetzt etwas schneller wie früher; dabei ist er ziemlich kräftig und noch immer munter und guter Dinge, so wie Sie ihn kennen. Über seine Fortschritte in der Schule kann ich nicht eigentlich urtheilen, da die Lehrer nur alle halbe Jahre Zeugnisse ausgeben und das letzte, welches nicht sehr günstig lautete, Michaelis erfolgte. Ich glaube jedoch, daß sie jetzt Ursache haben, mit ihm zufriedener zu sein, denn er ist bei weitem fleißiger geworden und findet an manchen Gegenständen z. B. an der Geschichte ein großes Interesse. Er hat sich sogar kürzlich aus eignem Antriebe aus seiner Sparbüchse ein Geschichtswerk angeschafft, worin er täglich studirt, was viel sagen will, da er sich sonst sehr schwer und ungern von den blanken Sparpfenningen trennt. Zu meinem großen Mißvergnügen hat er aber während des ganzen Win[4]ters keinen Unterricht in der lateinischen Sprache. Der jetzige Director des Gymnasiums, Rothert, der allerhand Veränderungen und Neuerungen einführt, wollte es so. Alle Knaben in Quinta nämlich, die vorigen Michaelis noch nicht reif waren, um nach Quarta versetzt zu werden, mußten plötzlich mit dem Lateinischen aufhören, um es bis Ostern möglichst wieder zu vergessen. Dann sollen sie es ganz von Neuem anfangen und zwar 12 Stunden wöchentlich haben. Mir will es nicht recht einleuchten, daß sie es auf diese Weise viel schneller und besser erlernen, doch mußte ich mich fügen, so wie alle andern Eltern, die gleiches Schicksal traf.
Meine kleine Wittwenpension von jährlich 70 rthr. ist mir auf zwei Jahre wieder bewilligt worden. Auch erhalte ich aus einer städtischen Kasse jährlich 40 rthr. Erziehungsgelder für Herm: die auf 3 Jahre bewilligt sind, jedoch hier am Ort verbraucht werden müssen. Da er dazu allen Unterricht auf dem Gymnasium frei hat und das, zusammen genommen mit den Erziehungsgeldern, schon ein großer Vortheil in meiner beschränkten Lage ist, so muß Lingen natürlich für die nächste Zukunft mein Wohnort bleiben. Ich darf also wohl für’s erste nicht daran denken, lieber Onkel, Ihre gütige Einladung anzunehmen, doch hoffe ich, läßt es sich in der Folge einrichten, daß ich Sie ein mal wieder besuche, wenn Sie es mir dann noch erlauben.
[5] Unser Proceß in Göttingen ist glücklich beendigt, d. h. das Haus, worauf meine Mutter und ich 3000 Thaler geliehen hatten, ist verkauft worden und wir werden am Kapitale keinen Schaden erleiden. Von den rückständigen Zinsen werden wir etwas einbüßen, auch sind manche Ausgaben damit verknüpft gewesen. Ich werde mir nun meinen Antheil hierher kommen lassen, – denn im Laufe dieses Monats soll Alles bezahlt werden, – und sicher zu belegen suchen, da es wegen Hebung der Zinsen auswärts immer mit Weitläuftigkeiten und Kosten verbunden ist. Ihres gütigen Anerbietens, liebster Onkel, gedachte ich recht wohl, doch mochte ich es Ihnen nicht zumuthen, da Sie davon nur Last und vielleicht auch Schaden gehabt hätten.
Sie erwähnen in Ihrem Briefe nichts von Ihrem Befinden, woraus ich doch hoffentlich den Schluß ziehen darf, daß es Ihnen recht wohl geht? Der Himmel erhalte Sie ferner gesund und rüstig in Ihrer vielseitigen Wirsamkeit und lasse Ihnen auch die herrliche, heitre Laune, wodurch Sie Alles um sich her zu beleben und zu bezaubern wissen.
Hermann fühlt sich unendlich dadurch geschmeichelt, daß Albert von Broglie sich seines unbedeutenden Persönchens noch erinnert. Er bittet Sie sehr, wenn Sie demselben schreiben, ihn doch seinem fernern Andenken zu empfehlen.
[6] Mamsell Marie werde ich noch einige Zeilen schreiben und sie recht dringend um die Fortsetzung unsrer Correspondenz bitten. Hermann trägt mir die herzlichsten Grüße an Sie auf. Sollte ich in Bonn noch nicht ganz vergessen sein, dann bitte ich mich gelegentlich denen zu empfehlen, die sich meiner erinnern, namentlich Frau Augusti, Schopenhauers, Naumanns ect.
Leben Sie recht wohl, theuerster Onkel, und erhalten Sie mir und meinem Hermann Ihr väterliches Wohlwollen.
Ihre
Sie hochschätzende und liebende Nichte
Amalie Wolper.
1836.
Theuerster Oheim!
Es bedarf gewiß nicht der Versicherung, daß ein so herzlicher Brief von Ihnen mir die innigste Freude gewährte. Lange schon hatte ich mich nach einigen Nachrichten von Ihnen gesehnt, doch wäre es ja die größte Anmaßung von mir, die Sie mir hoffentlich nicht zutrauen, wenn ich jedes Mal auf eine Erwiederung meiner Briefe von Ihnen rechnete. Ich kenne Ihre rastlose Thätigkeit, weiß, wie oft Sie gestört werden und erkenne es daher mit dem aufrichtigsten Danke, wenn ich nur von Zeit zu Zeit einige Zeilen von Ihrer Hand erhalte. Daß Sie sich meiner und meines Hermanns zuweilen freundlich erinnern, davon halte ich mich überzeugt, denn Sie haben uns so viele Beweise Ihres Wohlwollens gegeben. Ich hätte Ihnen auch längst schon über meine Angelegenheiten geschrieben, von denen sich doch einige zu meiner Zufriedenheit geordnet haben, doch fürchtete ich, Sie damit zu langweilen, da Sie sich aber so gü[2]tig noch an Alles erinnern, mich so freundlich dazu auffordern, so werde ich Ihnen nachher ausführlich darüber mittheilen.
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Meine kleine Wittwenpension von jährlich 70 rthr. ist mir auf zwei Jahre wieder bewilligt worden. Auch erhalte ich aus einer städtischen Kasse jährlich 40 rthr. Erziehungsgelder für Herm: die auf 3 Jahre bewilligt sind, jedoch hier am Ort verbraucht werden müssen. Da er dazu allen Unterricht auf dem Gymnasium frei hat und das, zusammen genommen mit den Erziehungsgeldern, schon ein großer Vortheil in meiner beschränkten Lage ist, so muß Lingen natürlich für die nächste Zukunft mein Wohnort bleiben. Ich darf also wohl für’s erste nicht daran denken, lieber Onkel, Ihre gütige Einladung anzunehmen, doch hoffe ich, läßt es sich in der Folge einrichten, daß ich Sie ein mal wieder besuche, wenn Sie es mir dann noch erlauben.
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Sie erwähnen in Ihrem Briefe nichts von Ihrem Befinden, woraus ich doch hoffentlich den Schluß ziehen darf, daß es Ihnen recht wohl geht? Der Himmel erhalte Sie ferner gesund und rüstig in Ihrer vielseitigen Wirsamkeit und lasse Ihnen auch die herrliche, heitre Laune, wodurch Sie Alles um sich her zu beleben und zu bezaubern wissen.
Hermann fühlt sich unendlich dadurch geschmeichelt, daß Albert von Broglie sich seines unbedeutenden Persönchens noch erinnert. Er bittet Sie sehr, wenn Sie demselben schreiben, ihn doch seinem fernern Andenken zu empfehlen.
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Leben Sie recht wohl, theuerster Onkel, und erhalten Sie mir und meinem Hermann Ihr väterliches Wohlwollen.
Ihre
Sie hochschätzende und liebende Nichte
Amalie Wolper.