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Übrigens gereicht er mir jetzt zur Freude, da er in und außer dem Hause ein guter, artiger Junge ist, auch sagte mir <persName key="10509">der Director</persName> neulich, der ihm den Unterricht in den Sprachen giebt, daß er mit seinem Fleiß und seinen Leistungen recht wohl zufrieden sei und er sich besser entwickele, als er früher geglaubt hätte, daß es der Fall sein würde. Seit Ostern sitzt er in Unter-Tertia und hat Hoffnung, wenn er so fortfährt, nächsten Ostern nach Ober-Tertia versetzt zu werden. Ausgezeichnetes leisten wird er nun wohl niemals, dazu fehlen ihm die Anlagen, doch kann man das Unmögliche nicht von ihm verlangen und ich bin gern zufrieden, wenn er es durch beharrlichen Fleiß dahin bringt, einst ein nützliches Mitglied der menschlichen Gesellschaft zu werden. Mit <orgName key="6486">dem hiesigen Gymnasium</orgName> sieht es leider traurig aus, es wird so schlecht besucht, daß zu fürchten steht, es lös’t sich von selbst auf. 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Sogar den letzten, furchtbar kalten Winter hat sie besser überstanden, als wir glaubten, demungeachtet müssen wir immer auf ihr Ende gefaßt sein, da bei ihrem hohen Alter und ganz abgezehrten Körper ihr selbst eine Erkältung tödtlich werden kann. <persName key="3671">Meine Schwester</persName> befindet sich leider gar nicht gut, sie hat eine allgemeine Schwäche, besonders aber in den Beinen, so daß sie nicht allein über die Straße ge<milestone unit="start" n="4746"/>[5]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="4746"/>hen kann. Der Arzt sagt, es sei eine Rückenmarkskrankheit, die, so viel ich davon gehört habe, immer gefährlicher Art und schwer zu heben sind. 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Früher und öfter würde ich Ihnen Nachricht gegeben haben, aber da sich nichts Besonderes bei uns zutrug und Alles in seinem gewöhnlichen, ruhigen Gleise blieb, so fürchtete ich, meine Briefe möchten Ihnen zu uninteressant sein. Vor längerer Zeit erfuhr ich von <span class="index-2417 tp-34272 ">Mamsell Marie</span>, daß es Ihnen wohl ging, worüber ich mich innig freue und hoffe und wünsche von Herzen, daß Ihnen auch ferner die Kraft und Rüstigkeit Ihres Körpers und die seltne, Sie so sehr auszeichnende Thätigkeit <span class="notice-4743 ">[2]</span> und Heiterkeit des Geistes erhalten werden mögen. Die Nachricht von dem Tode <span class="index-237 tp-34273 ">der Herzoginn von </span><span class="index-237 tp-34273 family-courier ">Broglie</span> wird freilich Sie auf’s schmerzlichste ergriffen und tief betrübt haben, da Sie mit <span class="index-2309 tp-34276 index-3451 tp-34275 index-237 tp-34274 index-2376 tp-34277 ">dieser ausgezeichneten Familie</span> stets in so naher Verbindung und treuer Freundschaft lebten. Auch ich las die Anzeige davon in der Zeitung mit wahrer Theilnahme und bedaure aufrichtig, daß die geistvolle, liebenswürdige Herzoginn der Welt, besonders aber ihrem Familienkreise so früh entrissen worden ist. Auch in <span class="index-887 tp-34278 ">Bonn</span> hat sich schon so Manches geändert, seit ich von dort weg bin, viele von den Personen, die ich kennen lernte, sind weggezogen, andre gestorben, so z. B. <span class="index-5425 tp-34279 ">Johanna Schopenhauer</span>, <span class="index-3651 tp-34280 ">Professor Näke</span> u. s. m. Jede Nachricht von daher hat noch ein besonderes Interesse für mich.<br><span class="index-5130 tp-34281 ">Hermann</span> und mir ist es im Ganzen ziemlich gut gegangen, ausgenommen daß Hermann vor einiger Zeit eine Augenentzündung bekam und in Folge davon noch immer an Augenschwäche leidet. Seine Augen müßten eigentlich recht geschont werden, doch ist das eine üble Sache, nicht gut ausführbar, da er fleißig arbeiten und bei <span class="notice-4744 ">[3]</span> den jetzigen kurzen Tagen auch noch die Abende zu Hülfe nehmen muß. Übrigens gereicht er mir jetzt zur Freude, da er in und außer dem Hause ein guter, artiger Junge ist, auch sagte mir <span class="index-10509 tp-67930 ">der Director</span> neulich, der ihm den Unterricht in den Sprachen giebt, daß er mit seinem Fleiß und seinen Leistungen recht wohl zufrieden sei und er sich besser entwickele, als er früher geglaubt hätte, daß es der Fall sein würde. Seit Ostern sitzt er in Unter-Tertia und hat Hoffnung, wenn er so fortfährt, nächsten Ostern nach Ober-Tertia versetzt zu werden. Ausgezeichnetes leisten wird er nun wohl niemals, dazu fehlen ihm die Anlagen, doch kann man das Unmögliche nicht von ihm verlangen und ich bin gern zufrieden, wenn er es durch beharrlichen Fleiß dahin bringt, einst ein nützliches Mitglied der menschlichen Gesellschaft zu werden. Mit <span class="index-6486 tp-67929 ">dem hiesigen Gymnasium</span> sieht es leider traurig aus, es wird so schlecht besucht, daß zu fürchten steht, es lös’t sich von selbst auf. Die Ursache davon ist nicht in dem Lehrer-Personale zu suchen, was theilweise recht gut besetzt ist, sondern weil in einem kleinen Umkreise, so unverhältnißmäßig viele Gymnasien sind. Für mich wäre das <span class="notice-4745 ">[4]</span> recht schlimm, da Hermann hier freie Schule hat und ich für ihn aus einer städtischen Kasse 40 <span class="notice-25192 ">rthr.</span> Erziehungsgelder bekomme. Fiele das weg, so müßte jeder Gedanke an Studiren aufgegeben werden, da es mir so schon schwer genug wird, bei den, mit jedem Jahre wachsenden Ausgaben, mit einer so kleinen Einnahme auszureichen. Doch ich will nicht vor der Zeit sorgen, vielleicht hält sich das Gymnasium noch länger, als es jetzt den Anschein hat.<br>Von <span class="index-2286 tp-34283 ">meiner Mutter aus </span><span class="index-2286 tp-34283 index-2755 tp-34282 ">Harburg</span> bekomme ich ziemlich regelmäßig Nachrichten, obwohl ihr das Schreiben recht beschwerlich wird. Es ist zu bewundern, daß sie sich noch immer so hält, sie ist zwar altersschwach und fast beständig leidend, doch aber hat sich ihr Gesundheitszustand im Wesentlichen seit einigen Jahren nicht verschlimmert. Sogar den letzten, furchtbar kalten Winter hat sie besser überstanden, als wir glaubten, demungeachtet müssen wir immer auf ihr Ende gefaßt sein, da bei ihrem hohen Alter und ganz abgezehrten Körper ihr selbst eine Erkältung tödtlich werden kann. <span class="index-3671 tp-34284 ">Meine Schwester</span> befindet sich leider gar nicht gut, sie hat eine allgemeine Schwäche, besonders aber in den Beinen, so daß sie nicht allein über die Straße ge<span class="notice-4746 ">[5]</span>hen kann. Der Arzt sagt, es sei eine Rückenmarkskrankheit, die, so viel ich davon gehört habe, immer gefährlicher Art und schwer zu heben sind. Es wäre recht hart für meine arme, alte Mutter, wenn sie es noch erleben müßte, daß meine Schwester vor ihr aus der Welt ginge, doch wollen wir noch das Bessere hoffen. <span class="index-5132 tp-34285 index-5391 tp-34286 ">Ihre beiden Kinder</span> sind wohl und gewähren ihr in jeder Beziehung Freude und Trost.<br>Daß <span class="index-1392 tp-34288 ">die Tante in </span><span class="index-1392 tp-34288 index-173 tp-34287 ">Hannover</span> kürzlich an einem Krebsschaden gestorben ist, woran sie viel gelitten hat, ist Ihnen, lieber Oheim, ohne Zweifel angezeigt worden. <span class="index-2286 tp-67931 ">Meine Mutter</span> ist ein bischen empfindlich darüber, daß ihr, als einer der nächsten Verwandten, gar keine Nachricht darüber zugekommen ist, sie hat es von fremden Leuten erfahren, die es in <span class="index-10518 tp-67933 ">der Hannoverschen Zeitung</span> gelesen haben.<br><span class="index-5130 tp-67932 ">Hermann</span> hat mir die freundlichsten Grüße an Sie aufgetragen. An seinen, ihn so beglückenden Aufenthalt in <span class="index-887 tp-67934 ">Bonn</span>, denkt er noch immer mit einem wahren Wonnegefühl zurück und hat auch selbst unbedeutende Kleinigkeiten nicht vergessen. Ihn beschäfftigt jetzt ein großer Reiseplan, der frei<span class="notice-4747 ">[6]</span>lich erst in den großen Sommerferien 1840 zur Ausführung kommen soll. <span class="index-5456 tp-34292 ">Der Superintendent Jüngst</span> will nämlich mit <span class="index-5457 tp-34293 index-10519 tp-67937 ">seinen beiden ältesten Söhnen</span>, die Hermann’s genauste Freunde sind, alsdann eine Rheinreise machen, bis Bonn theils mit der Post, oder dem Dampfschiffe, von da zu Fuß. Diesen wollte Herm: sich anschließen und dann, wenn Sie es erlauben, einige Tage bei Ihnen verweilen. Ich lasse ihm gern den Genuß im Voraus, da sich der Wirklichkeit vielleicht noch manche Hindernisse in den Weg stellen.<br><span class="index-2417 tp-34289 ">Mamsell Marie</span> werde ich selbst noch einige Zeilen schreiben, da ich ihr freundliches Briefchen schon zu lange unbeantwortet gelassen habe. Sollte sich noch Jemand meiner erinnern, vielleicht <span class="index-5450 tp-34290 ">Frau Augusti</span> oder <span class="index-4743 tp-34291 ">Frau Naumann</span>, dann bitte ich mich zu empfehlen.<br>Zu lange schon, fürchte ich, habe ich Sie, geliebter Oheim, mit meinem weitläuftigen Briefe gelangweilt und sage Ihnen nun ein herzliches Lebewohl. Sollte Ihre Zeit es erlauben, dann würde es mich unbeschreiblich erfreuen, ein mal von Ihnen selbst zu hören, daß es Ihnen wohl geht und Sie meiner noch nicht ganz vergessen haben. Sonst aber ist <span class="index-2417 tp-67935 ">Mamsell Marie</span> wohl so gütig, mir einige Nachricht zukommen zu lassen. 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Februar 1892 getauft: 17.02.1827 in Lingen,Emsland,Niedersachsen,Deutschland,, Taufpate: Taufpate war: Friedrich Hinzpeter, Lehrer zu Bielefeld, Wilhelm Jüngst, Geometer zu Gemen, Wilhelm Stolte, Major zu Emden Todesursache: einem Gehirnschlag begraben: 08.02.1892 in Cincinnati,,Ohio,USA,, Geburtszeit: Abends 8.00 Uhr Auswanderung: Cincinnati,,Ohio,USA,, (1867) Todeszeitpunkt: Abends 9.30 Uhr Wohnung: Cincinnati,Crown St.,Walnut Hills,,, Beruf: Mitglied der Handelskammer, Cincinnati,,Ohio,USA,, Redakteur, Lingen,Emsland,Niedersachsen,Deutschland,, Redacteur des Lingener Wochenblattes Redakteur, Cincinnati,,Ohio,USA,, Redacteur des Cincinnati-Volksfreunds Buchhändler, Lingen,Emsland,Niedersachsen,Deutschland,,', 'parentID' => '0', 'altBegriff' => '', 'LmAdd' => array([maximum depth reached]), 'textpassagen' => array([maximum depth reached]) ), (int) 8 => array( 'ID' => '2417', 'indexID' => '11', 'indexContent' => 'Personen', 'content' => 'Löbel, Maria ', 'comment' => 'GND:1028510764', 'parentID' => '0', 'altBegriff' => '', 'LmAdd' => array( [maximum depth reached] ), 'textpassagen' => array([maximum depth reached]) ), (int) 9 => array( 'ID' => '3651', 'indexID' => '11', 'indexContent' => 'Personen', 'content' => 'Naeke, August Ferdinand ', 'comment' => 'GND:104274182', 'parentID' => '0', 'altBegriff' => '', 'LmAdd' => array( [maximum depth reached] ), 'textpassagen' => array([maximum depth reached]) ), (int) 10 => array( 'ID' => '4743', 'indexID' => '11', 'indexContent' => 'Personen', 'content' => 'Naumann, Henriette', 'comment' => 'GND:117741817', 'parentID' => '0', 'altBegriff' => '', 'LmAdd' => array( [maximum depth reached] ), 'textpassagen' => array([maximum depth reached]) ), (int) 11 => array( 'ID' => '10509', 'indexID' => '11', 'indexContent' => 'Personen', 'content' => 'Rothert, Moritz', 'comment' => 'GND:1035124742', 'parentID' => '0', 'altBegriff' => '', 'LmAdd' => array([maximum depth reached]), 'textpassagen' => array([maximum depth reached]) ), (int) 12 => array( 'ID' => '2286', 'indexID' => '11', 'indexContent' => 'Personen', 'content' => 'Schlegel, Charlotte ', 'comment' => 'GND:1019576790', 'parentID' => '0', 'altBegriff' => '', 'LmAdd' => array( [maximum depth reached] ), 'textpassagen' => array([maximum depth reached]) ), (int) 13 => array( 'ID' => '1392', 'indexID' => '11', 'indexContent' => 'Personen', 'content' => 'Schlegel, Julie', 'comment' => 'GND:1019580852 Schlegel, Henriette Philippine Juliane (geb. 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Die Nachricht von dem Tode <anchor type="b" n="237" ana="11" xml:id="NidB34273"/>der Herzoginn von <hi rend="family:Courier">Broglie</hi><anchor type="e" n="237" ana="11" xml:id="NidE34273"/> wird freilich Sie auf’s schmerzlichste ergriffen und tief betrübt haben, da Sie mit <anchor type="b" n="2309" ana="11" xml:id="NidB34276"/><anchor type="b" n="3451" ana="11" xml:id="NidB34275"/><anchor type="b" n="237" ana="11" xml:id="NidB34274"/><anchor type="b" n="2376" ana="11" xml:id="NidB34277"/>dieser ausgezeichneten Familie<anchor type="e" n="2376" ana="11" xml:id="NidE34277"/><anchor type="e" n="237" ana="11" xml:id="NidE34274"/><anchor type="e" n="3451" ana="11" xml:id="NidE34275"/><anchor type="e" n="2309" ana="11" xml:id="NidE34276"/> stets in so naher Verbindung und treuer Freundschaft lebten. Auch ich las die Anzeige davon in der Zeitung mit wahrer Theilnahme und bedaure aufrichtig, daß die geistvolle, liebenswürdige Herzoginn der Welt, besonders aber ihrem Familienkreise so früh entrissen worden ist. Auch in <anchor type="b" n="887" ana="10" xml:id="NidB34278"/>Bonn<anchor type="e" n="887" ana="10" xml:id="NidE34278"/> hat sich schon so Manches geändert, seit ich von dort weg bin, viele von den Personen, die ich kennen lernte, sind weggezogen, andre gestorben, so z. B. <anchor type="b" n="5425" ana="11" xml:id="NidB34279"/>Johanna Schopenhauer<anchor type="e" n="5425" ana="11" xml:id="NidE34279"/>, <anchor type="b" n="3651" ana="11" xml:id="NidB34280"/>Professor Näke<anchor type="e" n="3651" ana="11" xml:id="NidE34280"/> u. s. m. Jede Nachricht von daher hat noch ein besonderes Interesse für mich.<lb/><anchor type="b" n="5130" ana="11" xml:id="NidB34281"/>Hermann<anchor type="e" n="5130" ana="11" xml:id="NidE34281"/> und mir ist es im Ganzen ziemlich gut gegangen, ausgenommen daß Hermann vor einiger Zeit eine Augenentzündung bekam und in Folge davon noch immer an Augenschwäche leidet. Seine Augen müßten eigentlich recht geschont werden, doch ist das eine üble Sache, nicht gut ausführbar, da er fleißig arbeiten und bei <milestone unit="start" n="4744"/>[3]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="4744"/> den jetzigen kurzen Tagen auch noch die Abende zu Hülfe nehmen muß. Übrigens gereicht er mir jetzt zur Freude, da er in und außer dem Hause ein guter, artiger Junge ist, auch sagte mir <anchor type="b" n="10509" ana="11" xml:id="NidB67930"/>der Director<anchor type="e" n="10509" ana="11" xml:id="NidE67930"/> neulich, der ihm den Unterricht in den Sprachen giebt, daß er mit seinem Fleiß und seinen Leistungen recht wohl zufrieden sei und er sich besser entwickele, als er früher geglaubt hätte, daß es der Fall sein würde. Seit Ostern sitzt er in Unter-Tertia und hat Hoffnung, wenn er so fortfährt, nächsten Ostern nach Ober-Tertia versetzt zu werden. Ausgezeichnetes leisten wird er nun wohl niemals, dazu fehlen ihm die Anlagen, doch kann man das Unmögliche nicht von ihm verlangen und ich bin gern zufrieden, wenn er es durch beharrlichen Fleiß dahin bringt, einst ein nützliches Mitglied der menschlichen Gesellschaft zu werden. Mit <anchor type="b" n="6486" ana="15" xml:id="NidB67929"/>dem hiesigen Gymnasium<anchor type="e" n="6486" ana="15" xml:id="NidE67929"/> sieht es leider traurig aus, es wird so schlecht besucht, daß zu fürchten steht, es lös’t sich von selbst auf. Die Ursache davon ist nicht in dem Lehrer-Personale zu suchen, was theilweise recht gut besetzt ist, sondern weil in einem kleinen Umkreise, so unverhältnißmäßig viele Gymnasien sind. Für mich wäre das <milestone unit="start" n="4745"/>[4]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="4745"/> recht schlimm, da Hermann hier freie Schule hat und ich für ihn aus einer städtischen Kasse 40 <milestone unit="start" n="25192"/>rthr.<note type="Sachkommentar"><title>Reichstaler</title></note><milestone unit="end" n="25192"/> Erziehungsgelder bekomme. Fiele das weg, so müßte jeder Gedanke an Studiren aufgegeben werden, da es mir so schon schwer genug wird, bei den, mit jedem Jahre wachsenden Ausgaben, mit einer so kleinen Einnahme auszureichen. Doch ich will nicht vor der Zeit sorgen, vielleicht hält sich das Gymnasium noch länger, als es jetzt den Anschein hat.<lb/>Von <anchor type="b" n="2286" ana="11" xml:id="NidB34283"/>meiner Mutter aus <anchor type="b" n="2755" ana="10" xml:id="NidB34282"/>Harburg<anchor type="e" n="2755" ana="10" xml:id="NidE34282"/><anchor type="e" n="2286" ana="11" xml:id="NidE34283"/> bekomme ich ziemlich regelmäßig Nachrichten, obwohl ihr das Schreiben recht beschwerlich wird. Es ist zu bewundern, daß sie sich noch immer so hält, sie ist zwar altersschwach und fast beständig leidend, doch aber hat sich ihr Gesundheitszustand im Wesentlichen seit einigen Jahren nicht verschlimmert. Sogar den letzten, furchtbar kalten Winter hat sie besser überstanden, als wir glaubten, demungeachtet müssen wir immer auf ihr Ende gefaßt sein, da bei ihrem hohen Alter und ganz abgezehrten Körper ihr selbst eine Erkältung tödtlich werden kann. <anchor type="b" n="3671" ana="11" xml:id="NidB34284"/>Meine Schwester<anchor type="e" n="3671" ana="11" xml:id="NidE34284"/> befindet sich leider gar nicht gut, sie hat eine allgemeine Schwäche, besonders aber in den Beinen, so daß sie nicht allein über die Straße ge<milestone unit="start" n="4746"/>[5]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="4746"/>hen kann. Der Arzt sagt, es sei eine Rückenmarkskrankheit, die, so viel ich davon gehört habe, immer gefährlicher Art und schwer zu heben sind. Es wäre recht hart für meine arme, alte Mutter, wenn sie es noch erleben müßte, daß meine Schwester vor ihr aus der Welt ginge, doch wollen wir noch das Bessere hoffen. <anchor type="b" n="5132" ana="11" xml:id="NidB34285"/><anchor type="b" n="5391" ana="11" xml:id="NidB34286"/>Ihre beiden Kinder<anchor type="e" n="5391" ana="11" xml:id="NidE34286"/><anchor type="e" n="5132" ana="11" xml:id="NidE34285"/> sind wohl und gewähren ihr in jeder Beziehung Freude und Trost.<lb/>Daß <anchor type="b" n="1392" ana="11" xml:id="NidB34288"/>die Tante in <anchor type="b" n="173" ana="10" xml:id="NidB34287"/>Hannover<anchor type="e" n="173" ana="10" xml:id="NidE34287"/><anchor type="e" n="1392" ana="11" xml:id="NidE34288"/> kürzlich an einem Krebsschaden gestorben ist, woran sie viel gelitten hat, ist Ihnen, lieber Oheim, ohne Zweifel angezeigt worden. <anchor type="b" n="2286" ana="11" xml:id="NidB67931"/>Meine Mutter<anchor type="e" n="2286" ana="11" xml:id="NidE67931"/> ist ein bischen empfindlich darüber, daß ihr, als einer der nächsten Verwandten, gar keine Nachricht darüber zugekommen ist, sie hat es von fremden Leuten erfahren, die es in <anchor type="b" n="10518" ana="13" xml:id="NidB67933"/>der Hannoverschen Zeitung<anchor type="e" n="10518" ana="13" xml:id="NidE67933"/> gelesen haben.<lb/><anchor type="b" n="5130" ana="11" xml:id="NidB67932"/>Hermann<anchor type="e" n="5130" ana="11" xml:id="NidE67932"/> hat mir die freundlichsten Grüße an Sie aufgetragen. An seinen, ihn so beglückenden Aufenthalt in <anchor type="b" n="887" ana="10" xml:id="NidB67934"/>Bonn<anchor type="e" n="887" ana="10" xml:id="NidE67934"/>, denkt er noch immer mit einem wahren Wonnegefühl zurück und hat auch selbst unbedeutende Kleinigkeiten nicht vergessen. Ihn beschäfftigt jetzt ein großer Reiseplan, der frei<milestone unit="start" n="4747"/>[6]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="4747"/>lich erst in den großen Sommerferien 1840 zur Ausführung kommen soll. <anchor type="b" n="5456" ana="11" xml:id="NidB34292"/>Der Superintendent Jüngst<anchor type="e" n="5456" ana="11" xml:id="NidE34292"/> will nämlich mit <anchor type="b" n="5457" ana="11" xml:id="NidB34293"/><anchor type="b" n="10519" ana="11" xml:id="NidB67937"/>seinen beiden ältesten Söhnen<anchor type="e" n="10519" ana="11" xml:id="NidE67937"/><anchor type="e" n="5457" ana="11" xml:id="NidE34293"/>, die Hermann’s genauste Freunde sind, alsdann eine Rheinreise machen, bis Bonn theils mit der Post, oder dem Dampfschiffe, von da zu Fuß. Diesen wollte Herm: sich anschließen und dann, wenn Sie es erlauben, einige Tage bei Ihnen verweilen. Ich lasse ihm gern den Genuß im Voraus, da sich der Wirklichkeit vielleicht noch manche Hindernisse in den Weg stellen.<lb/><anchor type="b" n="2417" ana="11" xml:id="NidB34289"/>Mamsell Marie<anchor type="e" n="2417" ana="11" xml:id="NidE34289"/> werde ich selbst noch einige Zeilen schreiben, da ich ihr freundliches Briefchen schon zu lange unbeantwortet gelassen habe. Sollte sich noch Jemand meiner erinnern, vielleicht <anchor type="b" n="5450" ana="11" xml:id="NidB34290"/>Frau Augusti<anchor type="e" n="5450" ana="11" xml:id="NidE34290"/> oder <anchor type="b" n="4743" ana="11" xml:id="NidB34291"/>Frau Naumann<anchor type="e" n="4743" ana="11" xml:id="NidE34291"/>, dann bitte ich mich zu empfehlen.<lb/>Zu lange schon, fürchte ich, habe ich Sie, geliebter Oheim, mit meinem weitläuftigen Briefe gelangweilt und sage Ihnen nun ein herzliches Lebewohl. Sollte Ihre Zeit es erlauben, dann würde es mich unbeschreiblich erfreuen, ein mal von Ihnen selbst zu hören, daß es Ihnen wohl geht und Sie meiner noch nicht ganz vergessen haben. Sonst aber ist <anchor type="b" n="2417" ana="11" xml:id="NidB67935"/>Mamsell Marie<anchor type="e" n="2417" ana="11" xml:id="NidE67935"/> wohl so gütig, mir einige Nachricht zukommen zu lassen. Ihre<lb/>Sie aufrichtig hochschätzende und<lb/>liebende Nichte Amalie Wolper.<lb/><milestone unit="start" n="4748"/>[1]<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Paginierung des Editors</title></note><milestone unit="end" n="4748"/> <milestone unit="start" n="4749"/>Ausführlich beantw. <lb/>d. 8<hi rend="offset:4" rendition="#PRSDoppeltUnterstrichen">ten</hi><anchor type="e" n="5130" ana="11" xml:id="NidE67932"/> Nov.<note type="Notiz_zur_Transkription"><title>Notiz des Empfängers</title></note><milestone unit="end" n="4749"/>', '36_absender' => array( (int) 0 => array( 'ID' => '7510', 'content' => 'Amalie Wolper', 'bemerkung' => '', 'altBegriff' => 'Wolper, Amalie', 'LmAdd' => array( [maximum depth reached] ) ) ), '36_adressat' => array( (int) 0 => array( 'ID' => '7125', 'content' => 'August Wilhelm von Schlegel', 'bemerkung' => '', 'altBegriff' => 'Schlegel, August Wilhelm von', 'LmAdd' => array( [maximum depth reached] ) ) ), '36_datumvon' => '1838-11-03', '36_absenderort' => array( (int) 0 => array( 'ID' => '5127', 'content' => 'Lingen (Ems) ', 'bemerkung' => 'GND:4035836-7', 'altBegriff' => '', 'LmAdd' => array([maximum depth reached]) ) ), '36_datengeberhand' => 'Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden', '36_purlhand' => 'DE-1a-34336', '36_signaturhand' => 'Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.29,Nr.50', '36_h1zahl' => '4S. auf Doppelbl. u. 2 S., hs. m. 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[1] Lingen d. 3ten Novbr.
1838.
Theuerster Oheim!
In der Voraussetzung, daß es Ihnen nicht ungelegen und unangenehm ist, ein mal nach langer Zeit wieder etwas von mir zu hören, schreibe ich Ihnen diese Zeilen. Früher und öfter würde ich Ihnen Nachricht gegeben haben, aber da sich nichts Besonderes bei uns zutrug und Alles in seinem gewöhnlichen, ruhigen Gleise blieb, so fürchtete ich, meine Briefe möchten Ihnen zu uninteressant sein. Vor längerer Zeit erfuhr ich von Mamsell Marie, daß es Ihnen wohl ging, worüber ich mich innig freue und hoffe und wünsche von Herzen, daß Ihnen auch ferner die Kraft und Rüstigkeit Ihres Körpers und die seltne, Sie so sehr auszeichnende Thätigkeit [2] und Heiterkeit des Geistes erhalten werden mögen. Die Nachricht von dem Tode der Herzoginn von Broglie wird freilich Sie auf’s schmerzlichste ergriffen und tief betrübt haben, da Sie mit dieser ausgezeichneten Familie stets in so naher Verbindung und treuer Freundschaft lebten. Auch ich las die Anzeige davon in der Zeitung mit wahrer Theilnahme und bedaure aufrichtig, daß die geistvolle, liebenswürdige Herzoginn der Welt, besonders aber ihrem Familienkreise so früh entrissen worden ist. Auch in Bonn hat sich schon so Manches geändert, seit ich von dort weg bin, viele von den Personen, die ich kennen lernte, sind weggezogen, andre gestorben, so z. B. Johanna Schopenhauer, Professor Näke u. s. m. Jede Nachricht von daher hat noch ein besonderes Interesse für mich.
Hermann und mir ist es im Ganzen ziemlich gut gegangen, ausgenommen daß Hermann vor einiger Zeit eine Augenentzündung bekam und in Folge davon noch immer an Augenschwäche leidet. Seine Augen müßten eigentlich recht geschont werden, doch ist das eine üble Sache, nicht gut ausführbar, da er fleißig arbeiten und bei [3] den jetzigen kurzen Tagen auch noch die Abende zu Hülfe nehmen muß. Übrigens gereicht er mir jetzt zur Freude, da er in und außer dem Hause ein guter, artiger Junge ist, auch sagte mir der Director neulich, der ihm den Unterricht in den Sprachen giebt, daß er mit seinem Fleiß und seinen Leistungen recht wohl zufrieden sei und er sich besser entwickele, als er früher geglaubt hätte, daß es der Fall sein würde. Seit Ostern sitzt er in Unter-Tertia und hat Hoffnung, wenn er so fortfährt, nächsten Ostern nach Ober-Tertia versetzt zu werden. Ausgezeichnetes leisten wird er nun wohl niemals, dazu fehlen ihm die Anlagen, doch kann man das Unmögliche nicht von ihm verlangen und ich bin gern zufrieden, wenn er es durch beharrlichen Fleiß dahin bringt, einst ein nützliches Mitglied der menschlichen Gesellschaft zu werden. Mit dem hiesigen Gymnasium sieht es leider traurig aus, es wird so schlecht besucht, daß zu fürchten steht, es lös’t sich von selbst auf. Die Ursache davon ist nicht in dem Lehrer-Personale zu suchen, was theilweise recht gut besetzt ist, sondern weil in einem kleinen Umkreise, so unverhältnißmäßig viele Gymnasien sind. Für mich wäre das [4] recht schlimm, da Hermann hier freie Schule hat und ich für ihn aus einer städtischen Kasse 40 rthr. Erziehungsgelder bekomme. Fiele das weg, so müßte jeder Gedanke an Studiren aufgegeben werden, da es mir so schon schwer genug wird, bei den, mit jedem Jahre wachsenden Ausgaben, mit einer so kleinen Einnahme auszureichen. Doch ich will nicht vor der Zeit sorgen, vielleicht hält sich das Gymnasium noch länger, als es jetzt den Anschein hat.
Von meiner Mutter aus Harburg bekomme ich ziemlich regelmäßig Nachrichten, obwohl ihr das Schreiben recht beschwerlich wird. Es ist zu bewundern, daß sie sich noch immer so hält, sie ist zwar altersschwach und fast beständig leidend, doch aber hat sich ihr Gesundheitszustand im Wesentlichen seit einigen Jahren nicht verschlimmert. Sogar den letzten, furchtbar kalten Winter hat sie besser überstanden, als wir glaubten, demungeachtet müssen wir immer auf ihr Ende gefaßt sein, da bei ihrem hohen Alter und ganz abgezehrten Körper ihr selbst eine Erkältung tödtlich werden kann. Meine Schwester befindet sich leider gar nicht gut, sie hat eine allgemeine Schwäche, besonders aber in den Beinen, so daß sie nicht allein über die Straße ge[5]hen kann. Der Arzt sagt, es sei eine Rückenmarkskrankheit, die, so viel ich davon gehört habe, immer gefährlicher Art und schwer zu heben sind. Es wäre recht hart für meine arme, alte Mutter, wenn sie es noch erleben müßte, daß meine Schwester vor ihr aus der Welt ginge, doch wollen wir noch das Bessere hoffen. Ihre beiden Kinder sind wohl und gewähren ihr in jeder Beziehung Freude und Trost.
Daß die Tante in Hannover kürzlich an einem Krebsschaden gestorben ist, woran sie viel gelitten hat, ist Ihnen, lieber Oheim, ohne Zweifel angezeigt worden. Meine Mutter ist ein bischen empfindlich darüber, daß ihr, als einer der nächsten Verwandten, gar keine Nachricht darüber zugekommen ist, sie hat es von fremden Leuten erfahren, die es in der Hannoverschen Zeitung gelesen haben.
Hermann hat mir die freundlichsten Grüße an Sie aufgetragen. An seinen, ihn so beglückenden Aufenthalt in Bonn, denkt er noch immer mit einem wahren Wonnegefühl zurück und hat auch selbst unbedeutende Kleinigkeiten nicht vergessen. Ihn beschäfftigt jetzt ein großer Reiseplan, der frei[6]lich erst in den großen Sommerferien 1840 zur Ausführung kommen soll. Der Superintendent Jüngst will nämlich mit seinen beiden ältesten Söhnen, die Hermann’s genauste Freunde sind, alsdann eine Rheinreise machen, bis Bonn theils mit der Post, oder dem Dampfschiffe, von da zu Fuß. Diesen wollte Herm: sich anschließen und dann, wenn Sie es erlauben, einige Tage bei Ihnen verweilen. Ich lasse ihm gern den Genuß im Voraus, da sich der Wirklichkeit vielleicht noch manche Hindernisse in den Weg stellen.
Mamsell Marie werde ich selbst noch einige Zeilen schreiben, da ich ihr freundliches Briefchen schon zu lange unbeantwortet gelassen habe. Sollte sich noch Jemand meiner erinnern, vielleicht Frau Augusti oder Frau Naumann, dann bitte ich mich zu empfehlen.
Zu lange schon, fürchte ich, habe ich Sie, geliebter Oheim, mit meinem weitläuftigen Briefe gelangweilt und sage Ihnen nun ein herzliches Lebewohl. Sollte Ihre Zeit es erlauben, dann würde es mich unbeschreiblich erfreuen, ein mal von Ihnen selbst zu hören, daß es Ihnen wohl geht und Sie meiner noch nicht ganz vergessen haben. Sonst aber ist Mamsell Marie wohl so gütig, mir einige Nachricht zukommen zu lassen. Ihre
Sie aufrichtig hochschätzende und
liebende Nichte Amalie Wolper.
[1] Ausführlich beantw.
d. 8ten Nov.
1838.
Theuerster Oheim!
In der Voraussetzung, daß es Ihnen nicht ungelegen und unangenehm ist, ein mal nach langer Zeit wieder etwas von mir zu hören, schreibe ich Ihnen diese Zeilen. Früher und öfter würde ich Ihnen Nachricht gegeben haben, aber da sich nichts Besonderes bei uns zutrug und Alles in seinem gewöhnlichen, ruhigen Gleise blieb, so fürchtete ich, meine Briefe möchten Ihnen zu uninteressant sein. Vor längerer Zeit erfuhr ich von Mamsell Marie, daß es Ihnen wohl ging, worüber ich mich innig freue und hoffe und wünsche von Herzen, daß Ihnen auch ferner die Kraft und Rüstigkeit Ihres Körpers und die seltne, Sie so sehr auszeichnende Thätigkeit [2] und Heiterkeit des Geistes erhalten werden mögen. Die Nachricht von dem Tode der Herzoginn von Broglie wird freilich Sie auf’s schmerzlichste ergriffen und tief betrübt haben, da Sie mit dieser ausgezeichneten Familie stets in so naher Verbindung und treuer Freundschaft lebten. Auch ich las die Anzeige davon in der Zeitung mit wahrer Theilnahme und bedaure aufrichtig, daß die geistvolle, liebenswürdige Herzoginn der Welt, besonders aber ihrem Familienkreise so früh entrissen worden ist. Auch in Bonn hat sich schon so Manches geändert, seit ich von dort weg bin, viele von den Personen, die ich kennen lernte, sind weggezogen, andre gestorben, so z. B. Johanna Schopenhauer, Professor Näke u. s. m. Jede Nachricht von daher hat noch ein besonderes Interesse für mich.
Hermann und mir ist es im Ganzen ziemlich gut gegangen, ausgenommen daß Hermann vor einiger Zeit eine Augenentzündung bekam und in Folge davon noch immer an Augenschwäche leidet. Seine Augen müßten eigentlich recht geschont werden, doch ist das eine üble Sache, nicht gut ausführbar, da er fleißig arbeiten und bei [3] den jetzigen kurzen Tagen auch noch die Abende zu Hülfe nehmen muß. Übrigens gereicht er mir jetzt zur Freude, da er in und außer dem Hause ein guter, artiger Junge ist, auch sagte mir der Director neulich, der ihm den Unterricht in den Sprachen giebt, daß er mit seinem Fleiß und seinen Leistungen recht wohl zufrieden sei und er sich besser entwickele, als er früher geglaubt hätte, daß es der Fall sein würde. Seit Ostern sitzt er in Unter-Tertia und hat Hoffnung, wenn er so fortfährt, nächsten Ostern nach Ober-Tertia versetzt zu werden. Ausgezeichnetes leisten wird er nun wohl niemals, dazu fehlen ihm die Anlagen, doch kann man das Unmögliche nicht von ihm verlangen und ich bin gern zufrieden, wenn er es durch beharrlichen Fleiß dahin bringt, einst ein nützliches Mitglied der menschlichen Gesellschaft zu werden. Mit dem hiesigen Gymnasium sieht es leider traurig aus, es wird so schlecht besucht, daß zu fürchten steht, es lös’t sich von selbst auf. Die Ursache davon ist nicht in dem Lehrer-Personale zu suchen, was theilweise recht gut besetzt ist, sondern weil in einem kleinen Umkreise, so unverhältnißmäßig viele Gymnasien sind. Für mich wäre das [4] recht schlimm, da Hermann hier freie Schule hat und ich für ihn aus einer städtischen Kasse 40 rthr. Erziehungsgelder bekomme. Fiele das weg, so müßte jeder Gedanke an Studiren aufgegeben werden, da es mir so schon schwer genug wird, bei den, mit jedem Jahre wachsenden Ausgaben, mit einer so kleinen Einnahme auszureichen. Doch ich will nicht vor der Zeit sorgen, vielleicht hält sich das Gymnasium noch länger, als es jetzt den Anschein hat.
Von meiner Mutter aus Harburg bekomme ich ziemlich regelmäßig Nachrichten, obwohl ihr das Schreiben recht beschwerlich wird. Es ist zu bewundern, daß sie sich noch immer so hält, sie ist zwar altersschwach und fast beständig leidend, doch aber hat sich ihr Gesundheitszustand im Wesentlichen seit einigen Jahren nicht verschlimmert. Sogar den letzten, furchtbar kalten Winter hat sie besser überstanden, als wir glaubten, demungeachtet müssen wir immer auf ihr Ende gefaßt sein, da bei ihrem hohen Alter und ganz abgezehrten Körper ihr selbst eine Erkältung tödtlich werden kann. Meine Schwester befindet sich leider gar nicht gut, sie hat eine allgemeine Schwäche, besonders aber in den Beinen, so daß sie nicht allein über die Straße ge[5]hen kann. Der Arzt sagt, es sei eine Rückenmarkskrankheit, die, so viel ich davon gehört habe, immer gefährlicher Art und schwer zu heben sind. Es wäre recht hart für meine arme, alte Mutter, wenn sie es noch erleben müßte, daß meine Schwester vor ihr aus der Welt ginge, doch wollen wir noch das Bessere hoffen. Ihre beiden Kinder sind wohl und gewähren ihr in jeder Beziehung Freude und Trost.
Daß die Tante in Hannover kürzlich an einem Krebsschaden gestorben ist, woran sie viel gelitten hat, ist Ihnen, lieber Oheim, ohne Zweifel angezeigt worden. Meine Mutter ist ein bischen empfindlich darüber, daß ihr, als einer der nächsten Verwandten, gar keine Nachricht darüber zugekommen ist, sie hat es von fremden Leuten erfahren, die es in der Hannoverschen Zeitung gelesen haben.
Hermann hat mir die freundlichsten Grüße an Sie aufgetragen. An seinen, ihn so beglückenden Aufenthalt in Bonn, denkt er noch immer mit einem wahren Wonnegefühl zurück und hat auch selbst unbedeutende Kleinigkeiten nicht vergessen. Ihn beschäfftigt jetzt ein großer Reiseplan, der frei[6]lich erst in den großen Sommerferien 1840 zur Ausführung kommen soll. Der Superintendent Jüngst will nämlich mit seinen beiden ältesten Söhnen, die Hermann’s genauste Freunde sind, alsdann eine Rheinreise machen, bis Bonn theils mit der Post, oder dem Dampfschiffe, von da zu Fuß. Diesen wollte Herm: sich anschließen und dann, wenn Sie es erlauben, einige Tage bei Ihnen verweilen. Ich lasse ihm gern den Genuß im Voraus, da sich der Wirklichkeit vielleicht noch manche Hindernisse in den Weg stellen.
Mamsell Marie werde ich selbst noch einige Zeilen schreiben, da ich ihr freundliches Briefchen schon zu lange unbeantwortet gelassen habe. Sollte sich noch Jemand meiner erinnern, vielleicht Frau Augusti oder Frau Naumann, dann bitte ich mich zu empfehlen.
Zu lange schon, fürchte ich, habe ich Sie, geliebter Oheim, mit meinem weitläuftigen Briefe gelangweilt und sage Ihnen nun ein herzliches Lebewohl. Sollte Ihre Zeit es erlauben, dann würde es mich unbeschreiblich erfreuen, ein mal von Ihnen selbst zu hören, daß es Ihnen wohl geht und Sie meiner noch nicht ganz vergessen haben. Sonst aber ist Mamsell Marie wohl so gütig, mir einige Nachricht zukommen zu lassen. Ihre
Sie aufrichtig hochschätzende und
liebende Nichte Amalie Wolper.
[1] Ausführlich beantw.
d. 8ten Nov.