• Amalie Wolper to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Harburg, Elbe · Place of Destination: Bonn · Date: 13.04.1844
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Amalie Wolper
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Harburg, Elbe
  • Place of Destination: Bonn
  • Date: 13.04.1844
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-1a-34336
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.29,Nr.76
  • Number of Pages: 4S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 21,1 x 13,5 cm
  • Incipit: „[1] Harburg d. 13ten April
    1844.
    Verehrtester Oheim!
    Längst hätte ich, Ihrer gütigen Erlaubniß zufolge, Ihnen einmal wieder geschrieben, da Sie so freundlichen [...]“
    Language
  • German
    Editors
  • Varwig, Olivia
  • Zeil, Sophia
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[1] Harburg d. 13ten April
1844.
Verehrtester Oheim!
Längst hätte ich, Ihrer gütigen Erlaubniß zufolge, Ihnen einmal wieder geschrieben, da Sie so freundlichen und herzlichen Antheil an unser Aller Ergehen nehmen, doch wollte ich gern, daß unser Umzug erst vorbei sei, um Ihnen davon Bericht erstatten zu können. Dieser ist denn glücklich überstanden, ohne daß meine Schwester nachtheilige Folgen davon empfunden hat. Sie hierher zu transportiren, darin lag eine große Schwierigkeit und ich berieth mich vorher mit dem Arzt darüber, auf welche Weise es wohl am besten und bequemsten geschehen könne. Wir kamen dahin überein, aus dem hiesigen Krankenhause einen Krankenkorb holen zu lassen, packten in diesen Betten und ließen ihn von vier starken Männern tragen. Die Trep[2]pe in der vorigen Wohnung, schmal und eine Art Wendeltreppe, war nur leider! gar nicht damit zu passiren und es war eine gewaltige Quälerei, sie hinunter zu bringen, da bei jeder Berührung sie gleich einen Krampf durch den ganzen Körper bekam. Sie sehen, geliebter Oheim, wie traurig ihr Gesundheitszustand ist, auch geistig wird sie stumpfer, ihr Gedächtniß ist schwach und den unbedeutendsten Brief zu schreiben, kostet sie unsägliche Anstrengung. Gewiß würde sie es sich sonst nicht nehmen lassen, Ihnen selbst ihren Dank auszusprechen für Ihre große Güte, für die wir Sie täglich segnen und wodurch Sie uns so mancher Sorge überheben.
In unsrer neuen Wohnung gefällt es uns recht gut und ich hoffe, daß wir nicht daraus vertrieben werden, so lange Gott das Leben meiner Schwester noch fristet. Sie ist zwar kleiner und lange nicht so hübsch, wie die frühere, doch reicht der Raum für uns hin und neben einigen Mängeln hat sie auch manche Vorzüge. In unserer vorigen Wohnung wäre doch wohl unseres Bleibens nicht lange mehr gewesen, da immer höhere Miethe dafür geboten ward, wo[3]durch der Hauswirth sich doch endlich verlocken ließ. Hier wird man uns in dieser Beziehung hoffentlich mehr Ruhe lassen und wir sind daher ganz zufrieden.
Von den nachgelassenen Sachen meiner unvergeßlichen Mutter haben wir diejenigen behalten, die uns brauchbar waren, oder die wir nicht gern in fremde Hände kommen lassen wollten und die übrigen in öffentlicher Auction verkauft. Wir sind mit dem Resultat ganz wohl zufrieden, der Ertrag ist nach Abzug der Kosten ungefähr 100 rthr., was für unmoderne, mitunter schon schadhafte Sachen genug ist. Ich freue mich recht, daß alle diese Unruhen jetzt überstanden sind, da natürlich mir fast alle Last und alle Besorgungen allein zufielen. Mit der armen Minchen kann man kaum etwas überlegen, sie ist so weitläufig und unschlüssig, Pauline noch zu unerfahren und auch immer mit der Mutter beschäftigt, doch hat mir Mutter’s frühere Pflegerinn Friederike treu zur Seite gestanden und viele Hülfe geleistet. Diese verläßt uns in der näch[4]sten Woche und tritt eine andre Stelle an und wir bekommen statt dessen ein gewöhnliches Dienstmädchen vom Lande. Ich fürchte, meine Schwester wird sie noch sehr vermissen, da sie fortwährend der Hülfe und Aufwartung bedarf, doch meint sie das jetzt nicht und konnte sie sich gar nicht entschließen, Friederike zu behalten. Doch vielleicht geht es auch besser, wie ich glaube.
Fast fürchte ich, theurer Oheim, Sie durch meine ausführliche Berichterstattung ermüdet zu haben, doch hörten Sie mich ja immer mit so freundlicher Nachsicht an.
Ihnen geht es, wie ich hoffe, wohl, wenigstens ist dieß mein innigster Wunsch und mein Gebet.
Meine Schwester empfiehlt sich Ihnen angelegentlich.
Mit der Bitte, mir Ihr Wohlwollen zu erhalten, bin ist stets
Ihre
Sie aufrichtig liebende Nichte
Amalie Wolper.
[1] beantw. d. 14 Jun
u. 50
Thl. abgeschickt.
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[1] Harburg d. 13ten April
1844.
Verehrtester Oheim!
Längst hätte ich, Ihrer gütigen Erlaubniß zufolge, Ihnen einmal wieder geschrieben, da Sie so freundlichen und herzlichen Antheil an unser Aller Ergehen nehmen, doch wollte ich gern, daß unser Umzug erst vorbei sei, um Ihnen davon Bericht erstatten zu können. Dieser ist denn glücklich überstanden, ohne daß meine Schwester nachtheilige Folgen davon empfunden hat. Sie hierher zu transportiren, darin lag eine große Schwierigkeit und ich berieth mich vorher mit dem Arzt darüber, auf welche Weise es wohl am besten und bequemsten geschehen könne. Wir kamen dahin überein, aus dem hiesigen Krankenhause einen Krankenkorb holen zu lassen, packten in diesen Betten und ließen ihn von vier starken Männern tragen. Die Trep[2]pe in der vorigen Wohnung, schmal und eine Art Wendeltreppe, war nur leider! gar nicht damit zu passiren und es war eine gewaltige Quälerei, sie hinunter zu bringen, da bei jeder Berührung sie gleich einen Krampf durch den ganzen Körper bekam. Sie sehen, geliebter Oheim, wie traurig ihr Gesundheitszustand ist, auch geistig wird sie stumpfer, ihr Gedächtniß ist schwach und den unbedeutendsten Brief zu schreiben, kostet sie unsägliche Anstrengung. Gewiß würde sie es sich sonst nicht nehmen lassen, Ihnen selbst ihren Dank auszusprechen für Ihre große Güte, für die wir Sie täglich segnen und wodurch Sie uns so mancher Sorge überheben.
In unsrer neuen Wohnung gefällt es uns recht gut und ich hoffe, daß wir nicht daraus vertrieben werden, so lange Gott das Leben meiner Schwester noch fristet. Sie ist zwar kleiner und lange nicht so hübsch, wie die frühere, doch reicht der Raum für uns hin und neben einigen Mängeln hat sie auch manche Vorzüge. In unserer vorigen Wohnung wäre doch wohl unseres Bleibens nicht lange mehr gewesen, da immer höhere Miethe dafür geboten ward, wo[3]durch der Hauswirth sich doch endlich verlocken ließ. Hier wird man uns in dieser Beziehung hoffentlich mehr Ruhe lassen und wir sind daher ganz zufrieden.
Von den nachgelassenen Sachen meiner unvergeßlichen Mutter haben wir diejenigen behalten, die uns brauchbar waren, oder die wir nicht gern in fremde Hände kommen lassen wollten und die übrigen in öffentlicher Auction verkauft. Wir sind mit dem Resultat ganz wohl zufrieden, der Ertrag ist nach Abzug der Kosten ungefähr 100 rthr., was für unmoderne, mitunter schon schadhafte Sachen genug ist. Ich freue mich recht, daß alle diese Unruhen jetzt überstanden sind, da natürlich mir fast alle Last und alle Besorgungen allein zufielen. Mit der armen Minchen kann man kaum etwas überlegen, sie ist so weitläufig und unschlüssig, Pauline noch zu unerfahren und auch immer mit der Mutter beschäftigt, doch hat mir Mutter’s frühere Pflegerinn Friederike treu zur Seite gestanden und viele Hülfe geleistet. Diese verläßt uns in der näch[4]sten Woche und tritt eine andre Stelle an und wir bekommen statt dessen ein gewöhnliches Dienstmädchen vom Lande. Ich fürchte, meine Schwester wird sie noch sehr vermissen, da sie fortwährend der Hülfe und Aufwartung bedarf, doch meint sie das jetzt nicht und konnte sie sich gar nicht entschließen, Friederike zu behalten. Doch vielleicht geht es auch besser, wie ich glaube.
Fast fürchte ich, theurer Oheim, Sie durch meine ausführliche Berichterstattung ermüdet zu haben, doch hörten Sie mich ja immer mit so freundlicher Nachsicht an.
Ihnen geht es, wie ich hoffe, wohl, wenigstens ist dieß mein innigster Wunsch und mein Gebet.
Meine Schwester empfiehlt sich Ihnen angelegentlich.
Mit der Bitte, mir Ihr Wohlwollen zu erhalten, bin ist stets
Ihre
Sie aufrichtig liebende Nichte
Amalie Wolper.
[1] beantw. d. 14 Jun
u. 50
Thl. abgeschickt.
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