• Amalie Wolper to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Harburg, Elbe · Place of Destination: Bonn · Date: 11.01.1845
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Amalie Wolper
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Harburg, Elbe
  • Place of Destination: Bonn
  • Date: 11.01.1845
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-1a-34336
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.29,Nr.78
  • Number of Pages: 4S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 22,8 x 14,2 cm
  • Incipit: „[1] Harburg d. 11ten Jan.
    1845.
    Geliebtester Oheim!
    Gestern trafen Ihre freundlichen Zeilen vom 3ten d. M. und 50 rthr. in Cassen-Anweisungen bei [...]“
    Language
  • German
    Editors
  • Varwig, Olivia
  • Zeil, Sophia
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[1] Harburg d. 11ten Jan.
1845.
Geliebtester Oheim!
Gestern trafen Ihre freundlichen Zeilen vom 3ten d. M. und 50 rthr. in Cassen-Anweisungen bei mir ein und ich säume nicht, Ihnen den richtigen Empfang derselben zu melden. Auf’s Neue wiederhole ich Ihnen, wie innig dankbar wir Ihnen dafür sind, daß Sie unsre Sorgen so sehr erleichtern und wie wir Ihre wahrhaft väterliche Güte segnen! Die Absendung müssen Sie ganz nach Ihrer Bequemlichkeit einrichten, es kommt auf einige Wochen später nicht an und werden wir dadurch in keine Verlegenheit gesetzt.
So groß nun auch immer meine Freude ist, wenn ich die theuern Schriftzüge Ihrer Hand erblicke, so wird diese meine Freude doch durch den Gedanken sehr getrübt, daß Ihnen das Schreiben Beschwerde verursacht und Sie angreift. Ich bin daher nicht so selbstsüchtig und unbescheiden, mein theurer Oheim, häufige und lange Briefe von Ihnen und immer Antwort auf die meinigen [2] zu erwarten, sondern gern zufrieden, wenn ich dann und wann eine kurze Benachrichtigung von Ihrem Wohlbefinden erhalte. Wie sehr beklage ich es, daß Sie in der letzten Zeit sich so sehr unwohl gefühlt und das Bette haben hüten müssen. Vielleicht war die strenge, scharfe Kälte die Hauptveranlassung davon, die ja namentlich bei älteren Leuten von nachtheiligem Einfluß ist und haben Sie sich jetzt hoffentlich ziemlich wieder erholt.
Die Nachricht, daß Auguste v. Buttlar ihre einzige, liebe Tochter verloren, hat mich tief erschüttert und mit der aufrichtigsten Theilnahme erfüllt. Die arme, gebeugte Mutter hat seit ihrer Verheirathung wohl wenig ganz heitere, ungetrübte Tage gehabt, konnte jetzt vielleicht, im Verein mit einer geliebten Tochter ruhiger und angenehmer leben, als früher und nun wird ihr diese einzige Erdenfreude entrissen! Wie schön ist es von Ihnen, mein lieber Oheim, daß Sie sie eingeladen haben, ihren Wohnsitz bei Ihnen zu nehmen, auf welchen liebevollen Vorschlag sie, wie ich hoffe und glaube, gern eingehen wird.
Bei uns hat sich im Wesentlichen nicht viel verändert, sonst hätte ich es Ihnen mitgetheilt. Die Leiden meiner unglücklichen Schwester erreichen einen immer höheren Grad, da sich zu ihrer gänzlichen Lähmung nun seit einiger Zeit auch so heftige Schmerzen gesellt haben, [3] wie sie sie früher nie gekannt. Ein Glück ist, daß unser Mädchen so viele Kräfte hat, um sie heben und in ihrem Rollstuhl schieben zu können, wozu Pauline und ich zu schwach sind und überhaupt bei dieser beschwerlichen Krankenwartung viel Geduld und Sanftmuth beweis’t. Pauline steht im Übrigen ihrer Mutter recht treu bei, verläßt sie fast niemals und sorgt für ihre Bequemlichkeit und ihre Bedürfnisse. Von Seiten ihrer Freunde und von mir geschieht, was sich zu ihrer Erheiterung und Erquickung thun läßt und so müssen wir mit Ergebung erwarten, wann Gott ihren Leiden ein Ziel setzen wird.
Mit meiner Gesundheit ist es jetzt wieder besser und habe ich mich von dem bösen Nervenfieber völlig erholt. Adolph und Hermann sind in diesem Jahre schon militairpflichtig. Vielleicht loosen sie sich frei, wenigstens wollen wir das hoffen, auch ist es möglich, daß auf Hermann’s Kurzsichtigkeit Rücksicht genommen wird. Mit diesem Jahre ist auch seine Lehrzeit beendigt und muß er sich denn weiter in der Welt versuchen. Herr Wahlstab wünscht zwar, ihn alsdann noch länger zu behalten, doch halte ich es für einen jungen Menschen nicht gut, wenn er immer an demselben Orte bleibt, zumal da die Buchhandlung nicht von sehr [4] bedeutendem Umfange ist und namentlich im Anfange nur geringer Gehalt gegeben wird.
Noch muß ich Ihnen erzählen, wie gut es ist, daß wir vorigen Ostern umgezogen sind, da wir jetzt doch das Haus verlassen müßten, weil es verkauft ist und meine Schwester jetzt noch viel schwieriger zu transportiren wäre. Wir sind auch hier zufrieden, namentlich läßt sich das Zimmer meiner Schwester sehr leicht heizen, was für sie eine Hauptsache ist.
Ich schließe mit den herzlichsten Wünschen für Ihr Wohl! Meine Schwester und Pauline empfehlen sich Ihnen angelegentlich.
Ihre
Sie innig liebende Nichte
Amalie Wolper.
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[1] Harburg d. 11ten Jan.
1845.
Geliebtester Oheim!
Gestern trafen Ihre freundlichen Zeilen vom 3ten d. M. und 50 rthr. in Cassen-Anweisungen bei mir ein und ich säume nicht, Ihnen den richtigen Empfang derselben zu melden. Auf’s Neue wiederhole ich Ihnen, wie innig dankbar wir Ihnen dafür sind, daß Sie unsre Sorgen so sehr erleichtern und wie wir Ihre wahrhaft väterliche Güte segnen! Die Absendung müssen Sie ganz nach Ihrer Bequemlichkeit einrichten, es kommt auf einige Wochen später nicht an und werden wir dadurch in keine Verlegenheit gesetzt.
So groß nun auch immer meine Freude ist, wenn ich die theuern Schriftzüge Ihrer Hand erblicke, so wird diese meine Freude doch durch den Gedanken sehr getrübt, daß Ihnen das Schreiben Beschwerde verursacht und Sie angreift. Ich bin daher nicht so selbstsüchtig und unbescheiden, mein theurer Oheim, häufige und lange Briefe von Ihnen und immer Antwort auf die meinigen [2] zu erwarten, sondern gern zufrieden, wenn ich dann und wann eine kurze Benachrichtigung von Ihrem Wohlbefinden erhalte. Wie sehr beklage ich es, daß Sie in der letzten Zeit sich so sehr unwohl gefühlt und das Bette haben hüten müssen. Vielleicht war die strenge, scharfe Kälte die Hauptveranlassung davon, die ja namentlich bei älteren Leuten von nachtheiligem Einfluß ist und haben Sie sich jetzt hoffentlich ziemlich wieder erholt.
Die Nachricht, daß Auguste v. Buttlar ihre einzige, liebe Tochter verloren, hat mich tief erschüttert und mit der aufrichtigsten Theilnahme erfüllt. Die arme, gebeugte Mutter hat seit ihrer Verheirathung wohl wenig ganz heitere, ungetrübte Tage gehabt, konnte jetzt vielleicht, im Verein mit einer geliebten Tochter ruhiger und angenehmer leben, als früher und nun wird ihr diese einzige Erdenfreude entrissen! Wie schön ist es von Ihnen, mein lieber Oheim, daß Sie sie eingeladen haben, ihren Wohnsitz bei Ihnen zu nehmen, auf welchen liebevollen Vorschlag sie, wie ich hoffe und glaube, gern eingehen wird.
Bei uns hat sich im Wesentlichen nicht viel verändert, sonst hätte ich es Ihnen mitgetheilt. Die Leiden meiner unglücklichen Schwester erreichen einen immer höheren Grad, da sich zu ihrer gänzlichen Lähmung nun seit einiger Zeit auch so heftige Schmerzen gesellt haben, [3] wie sie sie früher nie gekannt. Ein Glück ist, daß unser Mädchen so viele Kräfte hat, um sie heben und in ihrem Rollstuhl schieben zu können, wozu Pauline und ich zu schwach sind und überhaupt bei dieser beschwerlichen Krankenwartung viel Geduld und Sanftmuth beweis’t. Pauline steht im Übrigen ihrer Mutter recht treu bei, verläßt sie fast niemals und sorgt für ihre Bequemlichkeit und ihre Bedürfnisse. Von Seiten ihrer Freunde und von mir geschieht, was sich zu ihrer Erheiterung und Erquickung thun läßt und so müssen wir mit Ergebung erwarten, wann Gott ihren Leiden ein Ziel setzen wird.
Mit meiner Gesundheit ist es jetzt wieder besser und habe ich mich von dem bösen Nervenfieber völlig erholt. Adolph und Hermann sind in diesem Jahre schon militairpflichtig. Vielleicht loosen sie sich frei, wenigstens wollen wir das hoffen, auch ist es möglich, daß auf Hermann’s Kurzsichtigkeit Rücksicht genommen wird. Mit diesem Jahre ist auch seine Lehrzeit beendigt und muß er sich denn weiter in der Welt versuchen. Herr Wahlstab wünscht zwar, ihn alsdann noch länger zu behalten, doch halte ich es für einen jungen Menschen nicht gut, wenn er immer an demselben Orte bleibt, zumal da die Buchhandlung nicht von sehr [4] bedeutendem Umfange ist und namentlich im Anfange nur geringer Gehalt gegeben wird.
Noch muß ich Ihnen erzählen, wie gut es ist, daß wir vorigen Ostern umgezogen sind, da wir jetzt doch das Haus verlassen müßten, weil es verkauft ist und meine Schwester jetzt noch viel schwieriger zu transportiren wäre. Wir sind auch hier zufrieden, namentlich läßt sich das Zimmer meiner Schwester sehr leicht heizen, was für sie eine Hauptsache ist.
Ich schließe mit den herzlichsten Wünschen für Ihr Wohl! Meine Schwester und Pauline empfehlen sich Ihnen angelegentlich.
Ihre
Sie innig liebende Nichte
Amalie Wolper.
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