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Erst eine Tagereise vor <anchor type="b" n="226" ana="10" xml:id="NidB1131"/>Bern<anchor type="e" n="226" ana="10" xml:id="NidE1131"/> fand ich einige ruhige Stunden zu einem Briefe an Sie, er konnte in <anchor type="b" n="226" ana="10" xml:id="NidB1132"/>Bern<anchor type="e" n="226" ana="10" xml:id="NidE1132"/> nicht auf die Post gegeben werden, weil das Comptoir schon geschlossen war, und so mußte es den andern Tag bis <anchor type="b" n="341" ana="10" xml:id="NidB1133"/>Murten<anchor type="e" n="341" ana="10" xml:id="NidE1133"/> verspart bleiben. Wenn er nur nicht gar verlohren gegangen ist! An der Reisebeschreibung wäre nicht viel gelegen, aber die Vergißmeinnicht vom Zuger-See sollten mich dauern. Es kann leicht seyn, daß Sie diesen Brief erst drey Wochen nach meiner Abreise erhalten haben, und ehe Sie zum zweytenmale schrieben, eine Nachricht von mir abwarten wollten. Von hier aus ist dieß mein dritter Brief, und ich werde gewiß nicht mehr als einen Posttag überschlagen. Wenn der Briefwechsel erst im Gange ist, und ich versprochnermaßen alle Wochen von Ihnen einen Brief erhalte, so hoffe ich die Entfernung weniger schmerzlich zu fühlen. Morgen kommt die Deutsche Post an, ich werde den Vormittag in <anchor type="b" n="280" ana="10" xml:id="NidB1134"/>Genf<anchor type="e" n="280" ana="10" xml:id="NidE1134"/> zubringen, also erst nach meiner Zurückkunft erfahren, ob sie mir etwas mitgebracht hat. Dieß macht mich unruhig, und ich wollte, es wäre erst die Ungewißheit vorüber.<lb/>Sie haben in Ihrem ersten Briefe mir nur kurze Nachricht und nicht die beste von Ihrer Gesundheit gegeben. Freylich konnte ich voraus wissen, daß Sie sich um diese Zeit angegriffen fühlen würden, wenn es nur nicht ungewöhnlich stark war und Sie sich seitdem erhohlt haben. Ich fürchte mit meinen Ermahnungen sich zu pflegen lästig zu werden, und kann sie doch nicht unterlassen. Ich hoffe Sie nähen und stricken jetzt durchaus nicht, ich würde auch gegen das Schreiben protestiren, wenn ich nicht für mich um eine kleine Ausnahme bitten müßte. Schreiben Sie mir aber niemals mehr als Sie mit Bequemlichkeit können, <anchor type="b" n="56" ana="11" xml:id="NidB1146"/>Tieck<anchor type="e" n="56" ana="11" xml:id="NidE1146"/> füllt dann wohl das übrige aus. Hoffentlich fahren Sie jetzt alle Tage spazieren, und bringen die Hälfte der Zeit in der freyen Luft im Park zu. Für süße Weine wird <anchor type="b" n="56" ana="11" xml:id="NidB1135"/>Tieck<anchor type="e" n="56" ana="11" xml:id="NidE1135"/> schon sorgen, Bouillon-Extract zum Frühstück werden Sie bey dem <anchor type="b" n="342" ana="11" xml:id="NidB1147"/>herzoglichen Koch Coulomb<anchor type="e" n="342" ana="11" xml:id="NidE1147"/> bekommen können. <anchor type="b" n="222" ana="11" xml:id="NidB1136"/>Frau von St.[aël]<anchor type="e" n="222" ana="11" xml:id="NidE1136"/> hatte auf der Reise welche mit, die ich sehr gut fand. Und wie stehts mit den Bade-Einrichtungen?<lb/>D. 5<hi rend="offset:4">ten</hi> Jun. Ich war gestern in <anchor type="b" n="280" ana="10" xml:id="NidB1137"/>Genf<anchor type="e" n="280" ana="10" xml:id="NidE1137"/>, wurde verhindert früher als gegen Abend zurückzukommen, fand aber keinen Brief vor. Also nochmals Geduld! Ich will hoffen, daß mich die Freunde nicht vergessen, sonst würde die Entfernung mir gar zu bitter seyn. Mit guten Nachrichten von Ihnen könnte ich heute des Lebens recht froh werden, der wahre Sommer hat sich eingestellt, und der Genuß eines südlicheren Himmels fängt für mich an. Schon seit mehren Tagen ist es himmlisches Wetter, ich habe dabey recht viel an Sie gedacht, daß Sie durchaus nach Süden müssen, ich habe die milde Luft im kühlen Schatten oder Abends gleichsam für Sie eingeathmet, mit dem Gefühl wie wohl sie Ihnen thun würde. Verzeihen Sie meine Lästigkeit mit Ermahnungen auf der vorigen Seite, ich will mich deren ganz enthalten, wenn ich erst weiß, daß es mit Ihrem Befinden auf gutem Wege ist.<lb/>Von <anchor type="b" n="8" ana="11" xml:id="NidB1138"/>meinem Bruder<anchor type="e" n="8" ana="11" xml:id="NidE1138"/> auch noch keine Zeile, die Bücherkiste, worin der <anchor type="b" n="166" ana="11" xml:id="NidB1139"/>Calderon<anchor type="e" n="166" ana="11" xml:id="NidE1139"/>, wird ebenfalls vergeblich erwartet. Übrigens richtet sich mein Leben mehr und mehr ein. Gestern haben wir <anchor type="b" n="348" ana="11" xml:id="NidB1161"/>einen jungen Mann aus <anchor type="b" n="280" ana="10" xml:id="NidB1160"/>Genf<anchor type="e" n="280" ana="10" xml:id="NidE1160"/><anchor type="e" n="348" ana="11" xml:id="NidE1161"/> mitgebracht, der hier zwey Monate zubringen und <anchor type="b" n="268" ana="11" xml:id="NidB1151"/><anchor type="b" n="267" ana="11" xml:id="NidB1910"/>den jungen Leuten<anchor type="e" n="267" ana="11" xml:id="NidE1910"/><anchor type="e" n="268" ana="11" xml:id="NidE1151"/> fleißig Unterricht in der Mathematik geben wird. Dieß ist eine große Erleichterung für mich. Dann nimmt <anchor type="b" n="222" ana="11" xml:id="NidB1140"/>Frau von St.[aël]<anchor type="e" n="222" ana="11" xml:id="NidE1140"/> sich selbst der Sache mit an, läßt sie Übersetzungen und andre Arbeiten machen und sieht sie durch. Genug, das Versprechen, daß mir die Sorge für ihre Erziehung nicht zu viel Zeit kosten solle, wird vollkommen gehalten. Von heute an ist es so eingerichtet daß ich den Morgen bis 1 Uhr frey behalte, dann Unterricht bis 3 Uhr, und den Nachmittag etwa noch eine oder anderthalb Stunde. Nun soll es auch mit größtem Eifer an den <anchor type="b" n="4" ana="11" xml:id="NidB1141"/><anchor type="b" n="344" ana="12" xml:id="NidB1150"/>Shakespeare<anchor type="e" n="344" ana="12" xml:id="NidE1150"/><anchor type="e" n="4" ana="11" xml:id="NidE1141"/> gehen. Manche Hülfsmittel fehlen mir freylich, die Vergleichung mit andern neuen Ausgaben, auch ist in ganz <anchor type="b" n="280" ana="10" xml:id="NidB1142"/>Genf<anchor type="e" n="280" ana="10" xml:id="NidE1142"/> schwerlich <anchor type="b" n="343" ana="12" xml:id="NidB1149"/><anchor type="b" n="113" ana="11" xml:id="NidB1148"/>Adelungs<anchor type="e" n="113" ana="11" xml:id="NidE1148"/> Wörterbuch<anchor type="e" n="343" ana="12" xml:id="NidE1149"/> aufzutreiben; bey <anchor type="b" n="300" ana="11" xml:id="NidB1144"/>Bonstetten<anchor type="e" n="300" ana="11" xml:id="NidE1144"/> habe ich <anchor type="b" n="344" ana="12" xml:id="NidB47397"/>meine Übersetzung vom <anchor type="b" n="4" ana="11" xml:id="NidB1143"/>Sh.[akspeare]<anchor type="e" n="4" ana="11" xml:id="NidE1143"/><anchor type="e" n="344" ana="12" xml:id="NidE47397"/> gefunden und er hat mir <anchor type="b" n="345" ana="12" xml:id="NidB1162"/>die 4 letzten Theile mit den Historischen Stücken<anchor type="e" n="345" ana="12" xml:id="NidE1162"/> mitgegeben, um sie zum Behuf des folgenden durchzugehen. Wenn ich nur Briefe hätte, so würde ich mit Eifer meine Muße benutzen.<lb/>Jetzt noch etwas über meine Aussichten. Bis gegen Ende Octobers bleiben wir hier, in dieser Zeit vielleicht 4–6 Wochen in <anchor type="b" n="280" ana="10" xml:id="NidB1145"/>Genf<anchor type="e" n="280" ana="10" xml:id="NidE1145"/>, die ich vermittelst der Bücher auf der öffentlichen Bibliothek zur Vorbereitung auf Italien werde benutzen können. Von dieser Reise ist viel die Rede, und vermutlich kommt sie zu Stande, da die Aussichten zum Frieden sich wieder entfernen.', '36_datengeber' => 'Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden', '36_purl' => '335976727', '36_briefid' => '335976727_AWSanSB_0305061804', '36_absenderort' => array( (int) 0 => array( [maximum depth reached] ) ), '36_absender' => array( (int) 0 => array( [maximum depth reached] ) ), '36_adressat' => array( (int) 0 => array( [maximum depth reached] ) ), '36_leitd' => 'Krisenjahre der Frühromantik. 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3 Jun. [180]4.<br>Theuerste Freundin<br>Gestern waren es 14 Tage, daß ich hier bin, in dieser Zeit habe ich erst einen Brief von Ihnen erhalten und zwey Posttage vergeblich darauf gewartet, so daß wenn mit der nächsten Post einer kömmt ich erst nach zwey Wochen den zweyten erhalte, statt nach acht Tagen wie Sie mir versprochen hatten. Doch klage ich nicht über Ihr Stillschweigen, ich suche auch die Unruhe zu entfernen, da ich leider die Schuld auf meine Saumseligkeit schieben muß. Erst eine Tagereise vor <span class="index-226 tp-1131 ">Bern</span> fand ich einige ruhige Stunden zu einem Briefe an Sie, er konnte in <span class="index-226 tp-1132 ">Bern</span> nicht auf die Post gegeben werden, weil das Comptoir schon geschlossen war, und so mußte es den andern Tag bis <span class="index-341 tp-1133 ">Murten</span> verspart bleiben. Wenn er nur nicht gar verlohren gegangen ist! An der Reisebeschreibung wäre nicht viel gelegen, aber die Vergißmeinnicht vom Zuger-See sollten mich dauern. Es kann leicht seyn, daß Sie diesen Brief erst drey Wochen nach meiner Abreise erhalten haben, und ehe Sie zum zweytenmale schrieben, eine Nachricht von mir abwarten wollten. Von hier aus ist dieß mein dritter Brief, und ich werde gewiß nicht mehr als einen Posttag überschlagen. Wenn der Briefwechsel erst im Gange ist, und ich versprochnermaßen alle Wochen von Ihnen einen Brief erhalte, so hoffe ich die Entfernung weniger schmerzlich zu fühlen. Morgen kommt die Deutsche Post an, ich werde den Vormittag in <span class="index-280 tp-1134 ">Genf</span> zubringen, also erst nach meiner Zurückkunft erfahren, ob sie mir etwas mitgebracht hat. Dieß macht mich unruhig, und ich wollte, es wäre erst die Ungewißheit vorüber.<br>Sie haben in Ihrem ersten Briefe mir nur kurze Nachricht und nicht die beste von Ihrer Gesundheit gegeben. Freylich konnte ich voraus wissen, daß Sie sich um diese Zeit angegriffen fühlen würden, wenn es nur nicht ungewöhnlich stark war und Sie sich seitdem erhohlt haben. Ich fürchte mit meinen Ermahnungen sich zu pflegen lästig zu werden, und kann sie doch nicht unterlassen. Ich hoffe Sie nähen und stricken jetzt durchaus nicht, ich würde auch gegen das Schreiben protestiren, wenn ich nicht für mich um eine kleine Ausnahme bitten müßte. Schreiben Sie mir aber niemals mehr als Sie mit Bequemlichkeit können, <span class="index-56 tp-1146 ">Tieck</span> füllt dann wohl das übrige aus. Hoffentlich fahren Sie jetzt alle Tage spazieren, und bringen die Hälfte der Zeit in der freyen Luft im Park zu. Für süße Weine wird <span class="index-56 tp-1135 ">Tieck</span> schon sorgen, Bouillon-Extract zum Frühstück werden Sie bey dem <span class="index-342 tp-1147 ">herzoglichen Koch Coulomb</span> bekommen können. <span class="index-222 tp-1136 ">Frau von St.[aël]</span> hatte auf der Reise welche mit, die ich sehr gut fand. Und wie stehts mit den Bade-Einrichtungen?<br>D. 5<span class="offset-4 ">ten</span> Jun. Ich war gestern in <span class="index-280 tp-1137 ">Genf</span>, wurde verhindert früher als gegen Abend zurückzukommen, fand aber keinen Brief vor. Also nochmals Geduld! Ich will hoffen, daß mich die Freunde nicht vergessen, sonst würde die Entfernung mir gar zu bitter seyn. Mit guten Nachrichten von Ihnen könnte ich heute des Lebens recht froh werden, der wahre Sommer hat sich eingestellt, und der Genuß eines südlicheren Himmels fängt für mich an. Schon seit mehren Tagen ist es himmlisches Wetter, ich habe dabey recht viel an Sie gedacht, daß Sie durchaus nach Süden müssen, ich habe die milde Luft im kühlen Schatten oder Abends gleichsam für Sie eingeathmet, mit dem Gefühl wie wohl sie Ihnen thun würde. Verzeihen Sie meine Lästigkeit mit Ermahnungen auf der vorigen Seite, ich will mich deren ganz enthalten, wenn ich erst weiß, daß es mit Ihrem Befinden auf gutem Wege ist.<br>Von <span class="index-8 tp-1138 ">meinem Bruder</span> auch noch keine Zeile, die Bücherkiste, worin der <span class="index-166 tp-1139 ">Calderon</span>, wird ebenfalls vergeblich erwartet. Übrigens richtet sich mein Leben mehr und mehr ein. Gestern haben wir <span class="index-348 tp-1161 ">einen jungen Mann aus </span><span class="index-348 tp-1161 index-280 tp-1160 ">Genf</span> mitgebracht, der hier zwey Monate zubringen und <span class="index-268 tp-1151 index-267 tp-1910 ">den jungen Leuten</span> fleißig Unterricht in der Mathematik geben wird. Dieß ist eine große Erleichterung für mich. Dann nimmt <span class="index-222 tp-1140 ">Frau von St.[aël]</span> sich selbst der Sache mit an, läßt sie Übersetzungen und andre Arbeiten machen und sieht sie durch. Genug, das Versprechen, daß mir die Sorge für ihre Erziehung nicht zu viel Zeit kosten solle, wird vollkommen gehalten. Von heute an ist es so eingerichtet daß ich den Morgen bis 1 Uhr frey behalte, dann Unterricht bis 3 Uhr, und den Nachmittag etwa noch eine oder anderthalb Stunde. Nun soll es auch mit größtem Eifer an den <span class="index-4 tp-1141 index-344 tp-1150 ">Shakespeare</span> gehen. Manche Hülfsmittel fehlen mir freylich, die Vergleichung mit andern neuen Ausgaben, auch ist in ganz <span class="index-280 tp-1142 ">Genf</span> schwerlich <span class="index-113 tp-1148 index-343 tp-1149 ">Adelungs</span><span class="index-343 tp-1149 "> Wörterbuch</span> aufzutreiben; bey <span class="index-300 tp-1144 ">Bonstetten</span> habe ich <span class="index-344 tp-47397 ">meine Übersetzung vom </span><span class="index-344 tp-47397 index-4 tp-1143 ">Sh.[akspeare]</span> gefunden und er hat mir <span class="index-345 tp-1162 ">die 4 letzten Theile mit den Historischen Stücken</span> mitgegeben, um sie zum Behuf des folgenden durchzugehen. Wenn ich nur Briefe hätte, so würde ich mit Eifer meine Muße benutzen.<br>Jetzt noch etwas über meine Aussichten. Bis gegen Ende Octobers bleiben wir hier, in dieser Zeit vielleicht 4–6 Wochen in <span class="index-280 tp-1145 ">Genf</span>, die ich vermittelst der Bücher auf der öffentlichen Bibliothek zur Vorbereitung auf Italien werde benutzen können. 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[180]4.<br>Theuerste Freundin<br>Gestern waren es 14 Tage, daß ich hier bin, in dieser Zeit habe ich erst einen Brief von Ihnen erhalten und zwey Posttage vergeblich darauf gewartet, so daß wenn mit der nächsten Post einer kömmt ich erst nach zwey Wochen den zweyten erhalte, statt nach acht Tagen wie Sie mir versprochen hatten. Doch klage ich nicht über Ihr Stillschweigen, ich suche auch die Unruhe zu entfernen, da ich leider die Schuld auf meine Saumseligkeit schieben muß. Erst eine Tagereise vor <span class="index-226 tp-1131 ">Bern</span> fand ich einige ruhige Stunden zu einem Briefe an Sie, er konnte in <span class="index-226 tp-1132 ">Bern</span> nicht auf die Post gegeben werden, weil das Comptoir schon geschlossen war, und so mußte es den andern Tag bis <span class="index-341 tp-1133 ">Murten</span> verspart bleiben. Wenn er nur nicht gar verlohren gegangen ist! An der Reisebeschreibung wäre nicht viel gelegen, aber die Vergißmeinnicht vom Zuger-See sollten mich dauern. 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Ich fürchte mit meinen Ermahnungen sich zu pflegen lästig zu werden, und kann sie doch nicht unterlassen. Ich hoffe Sie nähen und stricken jetzt durchaus nicht, ich würde auch gegen das Schreiben protestiren, wenn ich nicht für mich um eine kleine Ausnahme bitten müßte. Schreiben Sie mir aber niemals mehr als Sie mit Bequemlichkeit können, <span class="index-56 tp-1146 ">Tieck</span> füllt dann wohl das übrige aus. Hoffentlich fahren Sie jetzt alle Tage spazieren, und bringen die Hälfte der Zeit in der freyen Luft im Park zu. Für süße Weine wird <span class="index-56 tp-1135 ">Tieck</span> schon sorgen, Bouillon-Extract zum Frühstück werden Sie bey dem <span class="index-342 tp-1147 ">herzoglichen Koch Coulomb</span> bekommen können. <span class="index-222 tp-1136 ">Frau von St.[aël]</span> hatte auf der Reise welche mit, die ich sehr gut fand. Und wie stehts mit den Bade-Einrichtungen?<br>D. 5<span class="offset-4 ">ten</span> Jun. 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Verzeihen Sie meine Lästigkeit mit Ermahnungen auf der vorigen Seite, ich will mich deren ganz enthalten, wenn ich erst weiß, daß es mit Ihrem Befinden auf gutem Wege ist.<br>Von <span class="index-8 tp-1138 ">meinem Bruder</span> auch noch keine Zeile, die Bücherkiste, worin der <span class="index-166 tp-1139 ">Calderon</span>, wird ebenfalls vergeblich erwartet. Übrigens richtet sich mein Leben mehr und mehr ein. Gestern haben wir <span class="index-348 tp-1161 ">einen jungen Mann aus </span><span class="index-348 tp-1161 index-280 tp-1160 ">Genf</span> mitgebracht, der hier zwey Monate zubringen und <span class="index-268 tp-1151 index-267 tp-1910 ">den jungen Leuten</span> fleißig Unterricht in der Mathematik geben wird. Dieß ist eine große Erleichterung für mich. Dann nimmt <span class="index-222 tp-1140 ">Frau von St.[aël]</span> sich selbst der Sache mit an, läßt sie Übersetzungen und andre Arbeiten machen und sieht sie durch. 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Gestern haben wir <anchor type="b" n="348" ana="11" xml:id="NidB1161"/>einen jungen Mann aus <anchor type="b" n="280" ana="10" xml:id="NidB1160"/>Genf<anchor type="e" n="280" ana="10" xml:id="NidE1160"/><anchor type="e" n="348" ana="11" xml:id="NidE1161"/> mitgebracht, der hier zwey Monate zubringen und <anchor type="b" n="268" ana="11" xml:id="NidB1151"/><anchor type="b" n="267" ana="11" xml:id="NidB1910"/>den jungen Leuten<anchor type="e" n="267" ana="11" xml:id="NidE1910"/><anchor type="e" n="268" ana="11" xml:id="NidE1151"/> fleißig Unterricht in der Mathematik geben wird. Dieß ist eine große Erleichterung für mich. Dann nimmt <anchor type="b" n="222" ana="11" xml:id="NidB1140"/>Frau von St.[aël]<anchor type="e" n="222" ana="11" xml:id="NidE1140"/> sich selbst der Sache mit an, läßt sie Übersetzungen und andre Arbeiten machen und sieht sie durch. Genug, das Versprechen, daß mir die Sorge für ihre Erziehung nicht zu viel Zeit kosten solle, wird vollkommen gehalten. Von heute an ist es so eingerichtet daß ich den Morgen bis 1 Uhr frey behalte, dann Unterricht bis 3 Uhr, und den Nachmittag etwa noch eine oder anderthalb Stunde. Nun soll es auch mit größtem Eifer an den <anchor type="b" n="4" ana="11" xml:id="NidB1141"/><anchor type="b" n="344" ana="12" xml:id="NidB1150"/>Shakespeare<anchor type="e" n="344" ana="12" xml:id="NidE1150"/><anchor type="e" n="4" ana="11" xml:id="NidE1141"/> gehen. Manche Hülfsmittel fehlen mir freylich, die Vergleichung mit andern neuen Ausgaben, auch ist in ganz <anchor type="b" n="280" ana="10" xml:id="NidB1142"/>Genf<anchor type="e" n="280" ana="10" xml:id="NidE1142"/> schwerlich <anchor type="b" n="343" ana="12" xml:id="NidB1149"/><anchor type="b" n="113" ana="11" xml:id="NidB1148"/>Adelungs<anchor type="e" n="113" ana="11" xml:id="NidE1148"/> Wörterbuch<anchor type="e" n="343" ana="12" xml:id="NidE1149"/> aufzutreiben; bey <anchor type="b" n="300" ana="11" xml:id="NidB1144"/>Bonstetten<anchor type="e" n="300" ana="11" xml:id="NidE1144"/> habe ich <anchor type="b" n="344" ana="12" xml:id="NidB47397"/>meine Übersetzung vom <anchor type="b" n="4" ana="11" xml:id="NidB1143"/>Sh.[akspeare]<anchor type="e" n="4" ana="11" xml:id="NidE1143"/><anchor type="e" n="344" ana="12" xml:id="NidE47397"/> gefunden und er hat mir <anchor type="b" n="345" ana="12" xml:id="NidB1162"/>die 4 letzten Theile mit den Historischen Stücken<anchor type="e" n="345" ana="12" xml:id="NidE1162"/> mitgegeben, um sie zum Behuf des folgenden durchzugehen. Wenn ich nur Briefe hätte, so würde ich mit Eifer meine Muße benutzen.<lb/>Jetzt noch etwas über meine Aussichten. Bis gegen Ende Octobers bleiben wir hier, in dieser Zeit vielleicht 4–6 Wochen in <anchor type="b" n="280" ana="10" xml:id="NidB1145"/>Genf<anchor type="e" n="280" ana="10" xml:id="NidE1145"/>, die ich vermittelst der Bücher auf der öffentlichen Bibliothek zur Vorbereitung auf Italien werde benutzen können. 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Coppet d. 3 Jun. [180]4.
Theuerste Freundin
Gestern waren es 14 Tage, daß ich hier bin, in dieser Zeit habe ich erst einen Brief von Ihnen erhalten und zwey Posttage vergeblich darauf gewartet, so daß wenn mit der nächsten Post einer kömmt ich erst nach zwey Wochen den zweyten erhalte, statt nach acht Tagen wie Sie mir versprochen hatten. Doch klage ich nicht über Ihr Stillschweigen, ich suche auch die Unruhe zu entfernen, da ich leider die Schuld auf meine Saumseligkeit schieben muß. Erst eine Tagereise vor Bern fand ich einige ruhige Stunden zu einem Briefe an Sie, er konnte in Bern nicht auf die Post gegeben werden, weil das Comptoir schon geschlossen war, und so mußte es den andern Tag bis Murten verspart bleiben. Wenn er nur nicht gar verlohren gegangen ist! An der Reisebeschreibung wäre nicht viel gelegen, aber die Vergißmeinnicht vom Zuger-See sollten mich dauern. Es kann leicht seyn, daß Sie diesen Brief erst drey Wochen nach meiner Abreise erhalten haben, und ehe Sie zum zweytenmale schrieben, eine Nachricht von mir abwarten wollten. Von hier aus ist dieß mein dritter Brief, und ich werde gewiß nicht mehr als einen Posttag überschlagen. Wenn der Briefwechsel erst im Gange ist, und ich versprochnermaßen alle Wochen von Ihnen einen Brief erhalte, so hoffe ich die Entfernung weniger schmerzlich zu fühlen. Morgen kommt die Deutsche Post an, ich werde den Vormittag in Genf zubringen, also erst nach meiner Zurückkunft erfahren, ob sie mir etwas mitgebracht hat. Dieß macht mich unruhig, und ich wollte, es wäre erst die Ungewißheit vorüber.
Sie haben in Ihrem ersten Briefe mir nur kurze Nachricht und nicht die beste von Ihrer Gesundheit gegeben. Freylich konnte ich voraus wissen, daß Sie sich um diese Zeit angegriffen fühlen würden, wenn es nur nicht ungewöhnlich stark war und Sie sich seitdem erhohlt haben. Ich fürchte mit meinen Ermahnungen sich zu pflegen lästig zu werden, und kann sie doch nicht unterlassen. Ich hoffe Sie nähen und stricken jetzt durchaus nicht, ich würde auch gegen das Schreiben protestiren, wenn ich nicht für mich um eine kleine Ausnahme bitten müßte. Schreiben Sie mir aber niemals mehr als Sie mit Bequemlichkeit können, Tieck füllt dann wohl das übrige aus. Hoffentlich fahren Sie jetzt alle Tage spazieren, und bringen die Hälfte der Zeit in der freyen Luft im Park zu. Für süße Weine wird Tieck schon sorgen, Bouillon-Extract zum Frühstück werden Sie bey dem herzoglichen Koch Coulomb bekommen können. Frau von St.[aël] hatte auf der Reise welche mit, die ich sehr gut fand. Und wie stehts mit den Bade-Einrichtungen?
D. 5ten Jun. Ich war gestern in Genf, wurde verhindert früher als gegen Abend zurückzukommen, fand aber keinen Brief vor. Also nochmals Geduld! Ich will hoffen, daß mich die Freunde nicht vergessen, sonst würde die Entfernung mir gar zu bitter seyn. Mit guten Nachrichten von Ihnen könnte ich heute des Lebens recht froh werden, der wahre Sommer hat sich eingestellt, und der Genuß eines südlicheren Himmels fängt für mich an. Schon seit mehren Tagen ist es himmlisches Wetter, ich habe dabey recht viel an Sie gedacht, daß Sie durchaus nach Süden müssen, ich habe die milde Luft im kühlen Schatten oder Abends gleichsam für Sie eingeathmet, mit dem Gefühl wie wohl sie Ihnen thun würde. Verzeihen Sie meine Lästigkeit mit Ermahnungen auf der vorigen Seite, ich will mich deren ganz enthalten, wenn ich erst weiß, daß es mit Ihrem Befinden auf gutem Wege ist.
Von meinem Bruder auch noch keine Zeile, die Bücherkiste, worin der Calderon, wird ebenfalls vergeblich erwartet. Übrigens richtet sich mein Leben mehr und mehr ein. Gestern haben wir einen jungen Mann aus Genf mitgebracht, der hier zwey Monate zubringen und den jungen Leuten fleißig Unterricht in der Mathematik geben wird. Dieß ist eine große Erleichterung für mich. Dann nimmt Frau von St.[aël] sich selbst der Sache mit an, läßt sie Übersetzungen und andre Arbeiten machen und sieht sie durch. Genug, das Versprechen, daß mir die Sorge für ihre Erziehung nicht zu viel Zeit kosten solle, wird vollkommen gehalten. Von heute an ist es so eingerichtet daß ich den Morgen bis 1 Uhr frey behalte, dann Unterricht bis 3 Uhr, und den Nachmittag etwa noch eine oder anderthalb Stunde. Nun soll es auch mit größtem Eifer an den Shakespeare gehen. Manche Hülfsmittel fehlen mir freylich, die Vergleichung mit andern neuen Ausgaben, auch ist in ganz Genf schwerlich Adelungs Wörterbuch aufzutreiben; bey Bonstetten habe ich meine Übersetzung vom Sh.[akspeare] gefunden und er hat mir die 4 letzten Theile mit den Historischen Stücken mitgegeben, um sie zum Behuf des folgenden durchzugehen. Wenn ich nur Briefe hätte, so würde ich mit Eifer meine Muße benutzen.
Jetzt noch etwas über meine Aussichten. Bis gegen Ende Octobers bleiben wir hier, in dieser Zeit vielleicht 4–6 Wochen in Genf, die ich vermittelst der Bücher auf der öffentlichen Bibliothek zur Vorbereitung auf Italien werde benutzen können. Von dieser Reise ist viel die Rede, und vermutlich kommt sie zu Stande, da die Aussichten zum Frieden sich wieder entfernen.
Theuerste Freundin
Gestern waren es 14 Tage, daß ich hier bin, in dieser Zeit habe ich erst einen Brief von Ihnen erhalten und zwey Posttage vergeblich darauf gewartet, so daß wenn mit der nächsten Post einer kömmt ich erst nach zwey Wochen den zweyten erhalte, statt nach acht Tagen wie Sie mir versprochen hatten. Doch klage ich nicht über Ihr Stillschweigen, ich suche auch die Unruhe zu entfernen, da ich leider die Schuld auf meine Saumseligkeit schieben muß. Erst eine Tagereise vor Bern fand ich einige ruhige Stunden zu einem Briefe an Sie, er konnte in Bern nicht auf die Post gegeben werden, weil das Comptoir schon geschlossen war, und so mußte es den andern Tag bis Murten verspart bleiben. Wenn er nur nicht gar verlohren gegangen ist! An der Reisebeschreibung wäre nicht viel gelegen, aber die Vergißmeinnicht vom Zuger-See sollten mich dauern. Es kann leicht seyn, daß Sie diesen Brief erst drey Wochen nach meiner Abreise erhalten haben, und ehe Sie zum zweytenmale schrieben, eine Nachricht von mir abwarten wollten. Von hier aus ist dieß mein dritter Brief, und ich werde gewiß nicht mehr als einen Posttag überschlagen. Wenn der Briefwechsel erst im Gange ist, und ich versprochnermaßen alle Wochen von Ihnen einen Brief erhalte, so hoffe ich die Entfernung weniger schmerzlich zu fühlen. Morgen kommt die Deutsche Post an, ich werde den Vormittag in Genf zubringen, also erst nach meiner Zurückkunft erfahren, ob sie mir etwas mitgebracht hat. Dieß macht mich unruhig, und ich wollte, es wäre erst die Ungewißheit vorüber.
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