• Charlotte Ernst , Ludwig Emanuel Ernst to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Dresden · Place of Destination: Unknown · Date: 20.06.1822
Edition Status: Newly transcribed and labelled; single collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Charlotte Ernst, Ludwig Emanuel Ernst
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Dresden
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 20.06.1822
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-1a-33449
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.7,Nr.23
  • Number of Pages: 8S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 19,7 x 13,5 cm
  • Incipit: „[1] Dresden d. 20. Jun. 1822.
    Geliebtester Bruder,
    Die liebevolle Theilnahme, die du für meine Tochter geäußert hast giebt mir Muth, mich [...]“
    Language
  • German
    Editors
  • Bamberg, Claudia
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[1] Dresden d. 20. Jun. 1822.
Geliebtester Bruder,
Die liebevolle Theilnahme, die du für meine Tochter geäußert hast giebt mir Muth, mich weiter mit dir über sie zu berathen. Sie ist jetzt in München für November, es ist allerdings besonders für eine Frau alles weit günstiger eingerichtet, wie hier, wo sie von allem ausgeschloßen sind, und nicht einmal nach den Abgüßen bey geschloßenen Thüren zeichnen dürfen. Dort ist sie alle Tage auf die Akademie gegangen, auch sehr entgegenkommend von den Profeßoren behandelt worden, ob gleich ich glaube daß in Ansehung der Profeßoren selbst wohl noch manches zu wünschen übrig bliebe, besonders da Cornelius dieß Jahr nicht dagewesen und der HofMaler Stieler, der Gustchen mit wahrer Freundschaft behandelt, über ein halb Jahr abwesend gewesen. Sie hat dort ein paar kleine Compositionen gemacht, eine kleine heilige Catharine oder Dorothea glaube ich und ein Amor, das letztere scheint mir gewagt, wir müßten nun sehen, wenn es herkomt beydes in Oehl gemalt, soll auf die Ausstellung kommen vorher aber dem Minister Einsiedel der in diesen Dingen die wichtigste Stimme hat, präsentirt worden, nun hat sie noch ein paar kleine gefällige Copien gemacht, die eine will sie des Oberkammerherrn Frisen seiner Tochter mit der sie sehr gut ist, zum Geschenk machen, die andre wünschte sie bey der Minister Einsiedeln an[2]bringen zu können, diese Dame liebt die Kunst sehr, ich habe ihr aber geschrieben, daß das nicht sogleich anginge, da sie noch nicht persönlich mit ihr bekannt ist. Böttcher schrieb ihr (par parenthese er ist ihr großer Freund, er kann ihr auch nützlich seyn, bey den Fremden gilt er großentheils als ein Orakel über die Kunst, und bey Einsiedeln hat er eine Stimme) sie sollte suchen die Prinzessinn Amalia, die am sächsischen Hof kommen wird zu mahlen oder zu zeichnen, es sollte dann hier in Kupfer gestochen werden, dieses war mir in vielen betracht sehr wünschens werth, es hatte anfangs hier Schwierigkeiten, der Herr der Gustchen den Weg bahnen sollte war verreist, es schlug sich eine Freundinn ins Mittel die kam nicht vor, weil eine neue Obersthofmeisterinn war, die sie nicht vor gelaßen vielleicht noch nicht kannte, dieser Freundinn hatte meine Tochter ihren kleinen Sohn gemalt, mit einem Papagey in der Hand, welches ein sehr hübsches Bild seyn soll, darüber verstrich nun die Zeit, die Freundinn fand doch Mittel hin zu kommen, präsentierte das Bild nebst dem kleinen Originale, und ward sehr günstig aufgenommen, sie behielten das Bild dort, wiesen es einem Profeßor der auch seinen Beyfall gab und schickten es mit schmeichelhaften Ausdrücken zurück, und daß sie gern bereit wäre sich [3] von Gustchen mahlen zu laßen, nun gereißen reisen sie aber den Tag drauf nach Nymphenburg dieses schrieb mir meine Tochter als ein unübersteigliches Hinderniß, und ich denke, wie weit Nymphenburg von München liegt sonst hätte ich gleich alles in Bewegung gesetzt, die Reise zu bewerkstelligen, bis ich erfahre, daß es ganz nahe liegt, und nun reisen sie die Prinzeßinnen auch den übrigen Theil des Sommers weg, mich ärgert es sehr: wahrscheinlich ist dem guten Kinde eine Blödigkeit überfallen, das muß sie freylich noch ganz ablegen, auch die große Sensibilität, beym Tadel, denn bey Portrait mahlen muß man ganz dagegen abgehärtet seyn da macht sich ein jeder drüber her. Nun komme ich erst näher zum Ziele, über das, was ich dich befragen wollte; sie denkt nun bald München zu verlaßen, ich sage wenn wir nicht eine größere Reise zu Stande bringen können, soll sie noch dort bleiben. Ihr ganzer Sinn strebt nun dahin, dich zu besuchen, sie hat sich einen Sparpfennig von ihrem Gelde zurük gelegt, welches ich ihr auch gerne laße, welches hinreichen würde, sie wenigstens zu dir hin zu bringen, ich wünschte es selber sehr, daß sie Deine Bekanntschaft machte, es ist nur freylich so gar weit, sollte dieser Plan noch wirklich ausgeführt werden, so hielte ich unmaßgeblich dafür meine Kinder nehmen ein klein Quartierchen auf die kurze Zeit. für sich, denn das incomodirt, im Hause zusammen [4] zu wohnen, zu Tisch kämen sie zu dir, und vielleicht räumtest du meiner Tochter ein Platz für zum attelier ein, denn sie denkt nichts geringers als dich zu mahlen, und auch zu zeichnen zum Kupferstechen. Ihre Zeichnungen gerathen ihr großentheils sehr gut, überhaupt trift sie sehr gut. Von deiner kostbaren Zeit, und die von gelehrten Arbeiten dürften sie dir gar nichts rauben: übrigens glaube ich, Gustchen würde dir Freude machen. Mein ganzer Hauptwunsch wäre uns eine Pariser reise gewesen, freylich hätte man erst zum Voraus wißen müßen, ob durch deine oder der Herzogin von Broglie ihre Vermittelung, Gustchen unter die Leitung von dem großen und geliebten Girard kommen könnte, denn ich traue diesem doch nun einmal den meisten Geschmack im Portrait mahlen zu und Geschmack, ist neben der Aehnlichkeit alles, denn: was für ein günstiges Vorurtheil würde es für sie wirken wenn sie als eine Schülerinn von Girard aufträte. Freylich das pecuniaire schreckt meine Kinder zurück, allein aus unsern Mitteln würde es freylich sehr schwierig seyn, denn das einmal durch große Anstrengung beyseite gelegte, möchten wir auf keinen Fall angreifen villeicht wäre etwas Unterstützung zu erlangen, doch würde das immer nicht vil seyn, es ist mir zwar wohl gesagt, daß wer es ver[5]steht eben so wohlfeil in Paris leben könne, als anderswo, freylich man muß sich dann ganz zurückziehen wegen der kostspieligen Toilette, das erste Jahr wollten wir unserer Tochter 1000 rth. dazu schaffen, uns wird jede Aufopferung leicht, wenn es zum Glück meines Kindes förderlich seyn kann, bliebe sie dort länger, so könnte es nicht mehr als die Hälfte seyn, sie müßte sich was zu verdienen. Schulden dürften sie mir freylich nicht machen, das wäre außer den Spaß. Die Reise müßte alsdann gleich von dir ab weiter gehen, ohne nach Dresden zurück zu kommen, was geschehen soll, muß, denke ich mir jetzt, hinter einander weg geschehen, daß sie vollendet in ihren Studien wiederkomt, ich höre auch daß in Paris die beste Akademie fürs zeichnen seyn soll, das wäre auch sehr günstig, wenn es zu einer weitern Reise gehen soll fürchte ich hat sich Gustchen vor genommen dir allein die Entscheidung ob nach Paris oder Italien, zu überlaßen, worinnen ich auch ganz übereinstimme, doch mußt du immer aus dem Gesichtspunkt ausgehen, daß Portrait mahlen und copiren ihre eigentliche Sphäre, und sie [6] nur kleine Ausflüge in diese höhere Region machen kann, ihre körperlichen Kräfte möchten nicht aushalten, wenn man den Geist zu sehr anstrengte. Von Graßy wäre auch vil zu lernen, und er ist es eigentlich schuldig, weil er von hier dazu besoldet wird, aber ich glaube, er thut wenig: das ungesunde Clima würde mich auch sehr in Furcht setzen. Ich weiß nun nicht, ob man hier eine Reise nach Paris als eine ächte Kunstreise ansehen würde doch sollte ich es glauben. Für meinen Schwiegersohn wüßte ich nun gar kein Mittel ihn zu beschäftigen (welches doch äußerst wünschenswerth wäre) als wenn er dazu Gelegenheit finden könnte mit übersetzen er schreibt, so vil ich es verstehe, ein richtiges gutes deutsch, versteht hinlänglich französisch, und englisch, freylich zu launigten und Geschmackswerken, traut ich ihm nicht Zartheit und Gewandheit genug zu, aber zu ernsthaften Politischen oder Historischen, welches überhaupt sein ganzes Interreße hat, würde er seinen Mann stehen glaube ich. In Paris ist ein gewißer Hein[7]rich, der in Ostindien der intimste Freund von unsern Bruder gewesen, der war im Kriege im Cabinet des Napoleons gebraucht, ein ansehnlicher Mann, Diplomat, und logirte bey uns, der Herr der höre ich von der Chezy ist eigentlich Buchhändler gewesen oder auch noch vielleicht der könnte ihn vielleicht dazu behülflich seyn. Buttlarn beschäftigt zu wißen wäre eine wahre Gemüths ruhe für mich. Sollte dir der Besuch meiner Kinder nicht angenehm seyn, so stecke es mir nur, und ich will es schon abzuleiten wißen. Antworte mir bald mein geliebter Bruder mit so kurzen Worten als möglich, daß es dir nicht zu viel von deiner edlen Zeit nimt, aber dein Rath und deine Theilnahme ist mir gar von zu unentlichem Werthe. Wenn es dir möglich, so schreibe auch ein paar Zeilen an Gustchen, du glaubst es nicht, welchen Werth sie darauf legt, daß du ihr Onkel bist. Und mich freut es eigentlich sehr von ihr. – Sie erwartet Friedrich in München; ich glaube sie kann lange warten, er will wohl, ob aber seine Baße will, daß ist die Frage. Tiek hat recht die vogue hier, er macht ein Haus, fast täglich hat er eine zahlreiche Gesellschaft zum Thee, Fremde, hiesige Gelehrte, und hiesige adliche, er gefällt [8] sich als ein Weltmann doch bleibt er ganz liebenswürdig dabey. Und ich habe ihn sehr gern, er ist der gefälligste Vorleser überhaupt hat sich Dresden jetzt ganz umgekehrt mit Jean Paul Richtern, haben sie hier vil Spettakel gemacht. Du solltest doch wirklich ein mal her kommen, es würde doch gar zu schön seyn, und mit Tiek könntest du dich auch sehr freuen. Der Dichter Fries, wo der Miniß[ter] Nostiz a la tête ist, würde dich gewiß in Lüften tragen.
Schwester, Lottchen,
geborene Schlegel.
Nehmen Sie auch von mir, innigst geliebter Herr Bruder, ein Wörtchen meiner Freundschaft, Liebe und Hochachtung an, mit der ich Ihrer immerwährend gedenke, und mir Ihren Heldenmüthigen Fleis, sich tief in die Vergangenheit von Zeiten entlegenster Erdbewohner hineinzuarbeiten, vorstelle. Sehr würden Sie mich verbinden, wenn ich Ihre Beurtheilung über Göthens Divan vernehmen könnte. Wie würde ich mich erfreuen, Sie einmal wieder zu sehen.
Ihr ergebenster Bruder
Ludwig Emmanuel Ernst.
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[1] Dresden d. 20. Jun. 1822.
Geliebtester Bruder,
Die liebevolle Theilnahme, die du für meine Tochter geäußert hast giebt mir Muth, mich weiter mit dir über sie zu berathen. Sie ist jetzt in München für November, es ist allerdings besonders für eine Frau alles weit günstiger eingerichtet, wie hier, wo sie von allem ausgeschloßen sind, und nicht einmal nach den Abgüßen bey geschloßenen Thüren zeichnen dürfen. Dort ist sie alle Tage auf die Akademie gegangen, auch sehr entgegenkommend von den Profeßoren behandelt worden, ob gleich ich glaube daß in Ansehung der Profeßoren selbst wohl noch manches zu wünschen übrig bliebe, besonders da Cornelius dieß Jahr nicht dagewesen und der HofMaler Stieler, der Gustchen mit wahrer Freundschaft behandelt, über ein halb Jahr abwesend gewesen. Sie hat dort ein paar kleine Compositionen gemacht, eine kleine heilige Catharine oder Dorothea glaube ich und ein Amor, das letztere scheint mir gewagt, wir müßten nun sehen, wenn es herkomt beydes in Oehl gemalt, soll auf die Ausstellung kommen vorher aber dem Minister Einsiedel der in diesen Dingen die wichtigste Stimme hat, präsentirt worden, nun hat sie noch ein paar kleine gefällige Copien gemacht, die eine will sie des Oberkammerherrn Frisen seiner Tochter mit der sie sehr gut ist, zum Geschenk machen, die andre wünschte sie bey der Minister Einsiedeln an[2]bringen zu können, diese Dame liebt die Kunst sehr, ich habe ihr aber geschrieben, daß das nicht sogleich anginge, da sie noch nicht persönlich mit ihr bekannt ist. Böttcher schrieb ihr (par parenthese er ist ihr großer Freund, er kann ihr auch nützlich seyn, bey den Fremden gilt er großentheils als ein Orakel über die Kunst, und bey Einsiedeln hat er eine Stimme) sie sollte suchen die Prinzessinn Amalia, die am sächsischen Hof kommen wird zu mahlen oder zu zeichnen, es sollte dann hier in Kupfer gestochen werden, dieses war mir in vielen betracht sehr wünschens werth, es hatte anfangs hier Schwierigkeiten, der Herr der Gustchen den Weg bahnen sollte war verreist, es schlug sich eine Freundinn ins Mittel die kam nicht vor, weil eine neue Obersthofmeisterinn war, die sie nicht vor gelaßen vielleicht noch nicht kannte, dieser Freundinn hatte meine Tochter ihren kleinen Sohn gemalt, mit einem Papagey in der Hand, welches ein sehr hübsches Bild seyn soll, darüber verstrich nun die Zeit, die Freundinn fand doch Mittel hin zu kommen, präsentierte das Bild nebst dem kleinen Originale, und ward sehr günstig aufgenommen, sie behielten das Bild dort, wiesen es einem Profeßor der auch seinen Beyfall gab und schickten es mit schmeichelhaften Ausdrücken zurück, und daß sie gern bereit wäre sich [3] von Gustchen mahlen zu laßen, nun gereißen reisen sie aber den Tag drauf nach Nymphenburg dieses schrieb mir meine Tochter als ein unübersteigliches Hinderniß, und ich denke, wie weit Nymphenburg von München liegt sonst hätte ich gleich alles in Bewegung gesetzt, die Reise zu bewerkstelligen, bis ich erfahre, daß es ganz nahe liegt, und nun reisen sie die Prinzeßinnen auch den übrigen Theil des Sommers weg, mich ärgert es sehr: wahrscheinlich ist dem guten Kinde eine Blödigkeit überfallen, das muß sie freylich noch ganz ablegen, auch die große Sensibilität, beym Tadel, denn bey Portrait mahlen muß man ganz dagegen abgehärtet seyn da macht sich ein jeder drüber her. Nun komme ich erst näher zum Ziele, über das, was ich dich befragen wollte; sie denkt nun bald München zu verlaßen, ich sage wenn wir nicht eine größere Reise zu Stande bringen können, soll sie noch dort bleiben. Ihr ganzer Sinn strebt nun dahin, dich zu besuchen, sie hat sich einen Sparpfennig von ihrem Gelde zurük gelegt, welches ich ihr auch gerne laße, welches hinreichen würde, sie wenigstens zu dir hin zu bringen, ich wünschte es selber sehr, daß sie Deine Bekanntschaft machte, es ist nur freylich so gar weit, sollte dieser Plan noch wirklich ausgeführt werden, so hielte ich unmaßgeblich dafür meine Kinder nehmen ein klein Quartierchen auf die kurze Zeit. für sich, denn das incomodirt, im Hause zusammen [4] zu wohnen, zu Tisch kämen sie zu dir, und vielleicht räumtest du meiner Tochter ein Platz für zum attelier ein, denn sie denkt nichts geringers als dich zu mahlen, und auch zu zeichnen zum Kupferstechen. Ihre Zeichnungen gerathen ihr großentheils sehr gut, überhaupt trift sie sehr gut. Von deiner kostbaren Zeit, und die von gelehrten Arbeiten dürften sie dir gar nichts rauben: übrigens glaube ich, Gustchen würde dir Freude machen. Mein ganzer Hauptwunsch wäre uns eine Pariser reise gewesen, freylich hätte man erst zum Voraus wißen müßen, ob durch deine oder der Herzogin von Broglie ihre Vermittelung, Gustchen unter die Leitung von dem großen und geliebten Girard kommen könnte, denn ich traue diesem doch nun einmal den meisten Geschmack im Portrait mahlen zu und Geschmack, ist neben der Aehnlichkeit alles, denn: was für ein günstiges Vorurtheil würde es für sie wirken wenn sie als eine Schülerinn von Girard aufträte. Freylich das pecuniaire schreckt meine Kinder zurück, allein aus unsern Mitteln würde es freylich sehr schwierig seyn, denn das einmal durch große Anstrengung beyseite gelegte, möchten wir auf keinen Fall angreifen villeicht wäre etwas Unterstützung zu erlangen, doch würde das immer nicht vil seyn, es ist mir zwar wohl gesagt, daß wer es ver[5]steht eben so wohlfeil in Paris leben könne, als anderswo, freylich man muß sich dann ganz zurückziehen wegen der kostspieligen Toilette, das erste Jahr wollten wir unserer Tochter 1000 rth. dazu schaffen, uns wird jede Aufopferung leicht, wenn es zum Glück meines Kindes förderlich seyn kann, bliebe sie dort länger, so könnte es nicht mehr als die Hälfte seyn, sie müßte sich was zu verdienen. Schulden dürften sie mir freylich nicht machen, das wäre außer den Spaß. Die Reise müßte alsdann gleich von dir ab weiter gehen, ohne nach Dresden zurück zu kommen, was geschehen soll, muß, denke ich mir jetzt, hinter einander weg geschehen, daß sie vollendet in ihren Studien wiederkomt, ich höre auch daß in Paris die beste Akademie fürs zeichnen seyn soll, das wäre auch sehr günstig, wenn es zu einer weitern Reise gehen soll fürchte ich hat sich Gustchen vor genommen dir allein die Entscheidung ob nach Paris oder Italien, zu überlaßen, worinnen ich auch ganz übereinstimme, doch mußt du immer aus dem Gesichtspunkt ausgehen, daß Portrait mahlen und copiren ihre eigentliche Sphäre, und sie [6] nur kleine Ausflüge in diese höhere Region machen kann, ihre körperlichen Kräfte möchten nicht aushalten, wenn man den Geist zu sehr anstrengte. Von Graßy wäre auch vil zu lernen, und er ist es eigentlich schuldig, weil er von hier dazu besoldet wird, aber ich glaube, er thut wenig: das ungesunde Clima würde mich auch sehr in Furcht setzen. Ich weiß nun nicht, ob man hier eine Reise nach Paris als eine ächte Kunstreise ansehen würde doch sollte ich es glauben. Für meinen Schwiegersohn wüßte ich nun gar kein Mittel ihn zu beschäftigen (welches doch äußerst wünschenswerth wäre) als wenn er dazu Gelegenheit finden könnte mit übersetzen er schreibt, so vil ich es verstehe, ein richtiges gutes deutsch, versteht hinlänglich französisch, und englisch, freylich zu launigten und Geschmackswerken, traut ich ihm nicht Zartheit und Gewandheit genug zu, aber zu ernsthaften Politischen oder Historischen, welches überhaupt sein ganzes Interreße hat, würde er seinen Mann stehen glaube ich. In Paris ist ein gewißer Hein[7]rich, der in Ostindien der intimste Freund von unsern Bruder gewesen, der war im Kriege im Cabinet des Napoleons gebraucht, ein ansehnlicher Mann, Diplomat, und logirte bey uns, der Herr der höre ich von der Chezy ist eigentlich Buchhändler gewesen oder auch noch vielleicht der könnte ihn vielleicht dazu behülflich seyn. Buttlarn beschäftigt zu wißen wäre eine wahre Gemüths ruhe für mich. Sollte dir der Besuch meiner Kinder nicht angenehm seyn, so stecke es mir nur, und ich will es schon abzuleiten wißen. Antworte mir bald mein geliebter Bruder mit so kurzen Worten als möglich, daß es dir nicht zu viel von deiner edlen Zeit nimt, aber dein Rath und deine Theilnahme ist mir gar von zu unentlichem Werthe. Wenn es dir möglich, so schreibe auch ein paar Zeilen an Gustchen, du glaubst es nicht, welchen Werth sie darauf legt, daß du ihr Onkel bist. Und mich freut es eigentlich sehr von ihr. – Sie erwartet Friedrich in München; ich glaube sie kann lange warten, er will wohl, ob aber seine Baße will, daß ist die Frage. Tiek hat recht die vogue hier, er macht ein Haus, fast täglich hat er eine zahlreiche Gesellschaft zum Thee, Fremde, hiesige Gelehrte, und hiesige adliche, er gefällt [8] sich als ein Weltmann doch bleibt er ganz liebenswürdig dabey. Und ich habe ihn sehr gern, er ist der gefälligste Vorleser überhaupt hat sich Dresden jetzt ganz umgekehrt mit Jean Paul Richtern, haben sie hier vil Spettakel gemacht. Du solltest doch wirklich ein mal her kommen, es würde doch gar zu schön seyn, und mit Tiek könntest du dich auch sehr freuen. Der Dichter Fries, wo der Miniß[ter] Nostiz a la tête ist, würde dich gewiß in Lüften tragen.
Schwester, Lottchen,
geborene Schlegel.
Nehmen Sie auch von mir, innigst geliebter Herr Bruder, ein Wörtchen meiner Freundschaft, Liebe und Hochachtung an, mit der ich Ihrer immerwährend gedenke, und mir Ihren Heldenmüthigen Fleis, sich tief in die Vergangenheit von Zeiten entlegenster Erdbewohner hineinzuarbeiten, vorstelle. Sehr würden Sie mich verbinden, wenn ich Ihre Beurtheilung über Göthens Divan vernehmen könnte. Wie würde ich mich erfreuen, Sie einmal wieder zu sehen.
Ihr ergebenster Bruder
Ludwig Emmanuel Ernst.
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