• Sigmund Ernst to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Hannover · Place of Destination: Amsterdam · Date: 26.08.1794
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Sigmund Ernst
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Hannover
  • Place of Destination: Amsterdam
  • Date: 26.08.1794
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-1a-33449
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.7,Nr.46
  • Number of Pages: 2S., hs. m. U.
  • Format: 20 x 15,6 cm
  • Incipit: „[1] Werthester Freund, u Bruder
    Es ist nicht Nachläßigkeit, daß Ihre freundschaftlichen Wünsche so lange unbeantwortet geblieben sind. Die erste Woche [...]“
    Language
  • German
    Editors
  • Bamberg, Claudia
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[1] Werthester Freund, u Bruder
Es ist nicht Nachläßigkeit, daß Ihre freundschaftlichen Wünsche so lange unbeantwortet geblieben sind. Die erste Woche nach unsrer Hochzeit gieng unter Zerstreuungen hin, und die beyd. übrigen unter Sorgen und Geschäft. so daß weder mir noch meiner lieb. Frau Zeit übrig blieb zum Schreiben, ob uns gleich nichts abhalt. konte, recht oft an Sie zu denken. Gern möchte ich Ihn. ein recht vollständiges Gemälde liefern von alle dem was in dieser Zeit vorgefall. ist aber es würde so voll und so bunt werd., daß es ich mir nicht getraue es vollends zu können; was aber dem meinigen abgeht, das wird, hoffe ich, die Feder meiner Frau ersetzen.
Die gute Tante aus Ohssen, und Cruse kamen zu unsrer Hochzeit. Die erstere kam krank an, u ist auch krank wieder weggereiset. Beynahe hätte sie nicht bey unsrer Verbindung gegenwärtig seyn können, auch mußte sie die Gesellschaft wieder verlassen sobald die Trauung vorbey war. Die gute Mutter hatte bey diesem feyerlichen Tage nichts gespart. Die geistlichen Consist. Räthe, Rehbergs Bialoblozky, die Brandes machten unsre Gesellschaft beym Thee, u Rehbergs u Bialloblozky beym Abendessen aus. Wir waren vergnügt. Es war eine stille sanfte Freude wie ich sie wohl zuweil. an einem stillen heitern Herbstabend ganz einsam empfand, aber niemals mir oder andr. erklär. konte.
Wir hatten noch einigemal Gesellschaft, fuhr. einmal nach Pattensen und war sehr vergnügt, aber das Erdenleben verträgt den hohen Grad des Vergnügens nicht lange. Meine Frau bekam eine hefftige Diarrhöe, die zur Ruhr hätte werd. könn., wenn nicht Wichmann zeitig entgegengearbeitet hätte. Nun ist sie wieder hergestellt, aber zum voll. Genuß unsres Glüks fehlt uns noch die Ruhe, die bey einem beständigen Schwanken von Erwartungen, den. wir unter unsern Umständ. mit Ungedult entgeg. sehen müssen, keinen festen Standpunkt hab. könn. Wir fahr. alle Tage fort, einzupaken, u Anstal. zu unsrer Abreise [2] zu machen, und wir wissen noch immer nicht, wenn sie vor sich gehen wird.
Den 31. Aug. hält mein Vorgänger in Moringen seine Abschiedpredigt, und es wird vielleicht 4 Wochen dauern, ehe ich in seine Stelle trete. Ich fühle es daß das der Frau Mutter Unruhe u Verlegenheit macht, aber ich kann es nicht ändern. Indessen verstreichen unter so vielerley Besorgungen Woch. wie Tage. Endlich wird doch der Zeitpunkt erschein.
Caroline Rehberg wird vielleicht mit ihr. Bruder eine Reise nach dem Rhein machen, diese werd. wir also vor unserer Abreise wohl nicht wieder sehen. Auch gut. Der Abschied wird desto leichter. Der schwerste ist vom mütterlichen Hause. Sie fühlt es, daß ihr die Einsamkeit zur Last fall. wird, die arme Mutter. Sie hat viel für mich gethan, sie ist im voll. Sinn des Wortes Mutter für mich gewesen, möge sie daher noch viele frohe Tage erleben! Carls Umgang wird mir immer schätzbarer. Ich fühle es, daß mir in Moringen manches fehl. wird Dort ist niemand als meine Frau, die mir es ersetzen wird. Die beste Parthie ist, sich des genossen. freuen, und mit dem gegenwärtigen sich freu. daß man es nicht mehr genießt.
Kommen Sie einmal nach Moringen denn will ich einmal wieder in dem Genuß der Freundschaft aufleben.
Meine Frau, und die Frau Mutter werd. nächstens auch schreiben. Heute hab. beyde nicht Zeit, denn wir sind zu einer mächtigen grosen Theegesellschaft bey Abt Saalfelds gebeten. Viele Empfehle von allen. Leb. Sie recht wohl
Ihr
aufrichtiger Freund
Ernst
Hannover
d. 26.t. Aug. 1794.
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[1] Werthester Freund, u Bruder
Es ist nicht Nachläßigkeit, daß Ihre freundschaftlichen Wünsche so lange unbeantwortet geblieben sind. Die erste Woche nach unsrer Hochzeit gieng unter Zerstreuungen hin, und die beyd. übrigen unter Sorgen und Geschäft. so daß weder mir noch meiner lieb. Frau Zeit übrig blieb zum Schreiben, ob uns gleich nichts abhalt. konte, recht oft an Sie zu denken. Gern möchte ich Ihn. ein recht vollständiges Gemälde liefern von alle dem was in dieser Zeit vorgefall. ist aber es würde so voll und so bunt werd., daß es ich mir nicht getraue es vollends zu können; was aber dem meinigen abgeht, das wird, hoffe ich, die Feder meiner Frau ersetzen.
Die gute Tante aus Ohssen, und Cruse kamen zu unsrer Hochzeit. Die erstere kam krank an, u ist auch krank wieder weggereiset. Beynahe hätte sie nicht bey unsrer Verbindung gegenwärtig seyn können, auch mußte sie die Gesellschaft wieder verlassen sobald die Trauung vorbey war. Die gute Mutter hatte bey diesem feyerlichen Tage nichts gespart. Die geistlichen Consist. Räthe, Rehbergs Bialoblozky, die Brandes machten unsre Gesellschaft beym Thee, u Rehbergs u Bialloblozky beym Abendessen aus. Wir waren vergnügt. Es war eine stille sanfte Freude wie ich sie wohl zuweil. an einem stillen heitern Herbstabend ganz einsam empfand, aber niemals mir oder andr. erklär. konte.
Wir hatten noch einigemal Gesellschaft, fuhr. einmal nach Pattensen und war sehr vergnügt, aber das Erdenleben verträgt den hohen Grad des Vergnügens nicht lange. Meine Frau bekam eine hefftige Diarrhöe, die zur Ruhr hätte werd. könn., wenn nicht Wichmann zeitig entgegengearbeitet hätte. Nun ist sie wieder hergestellt, aber zum voll. Genuß unsres Glüks fehlt uns noch die Ruhe, die bey einem beständigen Schwanken von Erwartungen, den. wir unter unsern Umständ. mit Ungedult entgeg. sehen müssen, keinen festen Standpunkt hab. könn. Wir fahr. alle Tage fort, einzupaken, u Anstal. zu unsrer Abreise [2] zu machen, und wir wissen noch immer nicht, wenn sie vor sich gehen wird.
Den 31. Aug. hält mein Vorgänger in Moringen seine Abschiedpredigt, und es wird vielleicht 4 Wochen dauern, ehe ich in seine Stelle trete. Ich fühle es daß das der Frau Mutter Unruhe u Verlegenheit macht, aber ich kann es nicht ändern. Indessen verstreichen unter so vielerley Besorgungen Woch. wie Tage. Endlich wird doch der Zeitpunkt erschein.
Caroline Rehberg wird vielleicht mit ihr. Bruder eine Reise nach dem Rhein machen, diese werd. wir also vor unserer Abreise wohl nicht wieder sehen. Auch gut. Der Abschied wird desto leichter. Der schwerste ist vom mütterlichen Hause. Sie fühlt es, daß ihr die Einsamkeit zur Last fall. wird, die arme Mutter. Sie hat viel für mich gethan, sie ist im voll. Sinn des Wortes Mutter für mich gewesen, möge sie daher noch viele frohe Tage erleben! Carls Umgang wird mir immer schätzbarer. Ich fühle es, daß mir in Moringen manches fehl. wird Dort ist niemand als meine Frau, die mir es ersetzen wird. Die beste Parthie ist, sich des genossen. freuen, und mit dem gegenwärtigen sich freu. daß man es nicht mehr genießt.
Kommen Sie einmal nach Moringen denn will ich einmal wieder in dem Genuß der Freundschaft aufleben.
Meine Frau, und die Frau Mutter werd. nächstens auch schreiben. Heute hab. beyde nicht Zeit, denn wir sind zu einer mächtigen grosen Theegesellschaft bey Abt Saalfelds gebeten. Viele Empfehle von allen. Leb. Sie recht wohl
Ihr
aufrichtiger Freund
Ernst
Hannover
d. 26.t. Aug. 1794.
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