• Henriette Ernst to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Hannover · Place of Destination: Amsterdam · Date: 01.12.1794
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Henriette Ernst
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Hannover
  • Place of Destination: Amsterdam
  • Date: 01.12.1794
  • Notations: Absende- und Empfangsort erschlossen.
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-1a-33449
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.7,Nr.80
  • Number of Pages: 4S. auf Doppelbl. u. 2 S., hs. m. U.
  • Format: 18,3 x 12,6 cm; 18,2 x 16,5 cm
  • Incipit: „[1] 1794 den 1ten Dezem.
    Liebster Bruder!
    mir deucht es ist wieder recht lange seit ich dir zuletzt schrieb, aber du wirst [...]“
    Language
  • German
    Editors
  • Bamberg, Claudia
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[1] 1794 den 1ten Dezem.
Liebster Bruder!
mir deucht es ist wieder recht lange seit ich dir zuletzt schrieb, aber du wirst es selbst natürlich finden, daß ich in den Zeiten der Ungewisheit, wo man immer von Zeit zu Zeit auf etwas entscheidendes hoft keine recht Lust zum schreiben hat! Ich finde aber doch nun daß er gar zu lange dauert, und will dir itzt schreiben damit du dir wenigstens keine Sorgen wegen unserer Gesundheit machst.
Die Mutter hat zwar seit einiger Zeit einen Cathar, aber daß ist diesen Winter bey dem vielen neblichten Wetter etwas so häufiges, daß ich hoffe daß es weiter nichts auf sich haben wird. Du wünschst wegen Morizens Beförderung etwas zu wißen; Lüchow, [2] bekömmt er nicht, daß haben die gestrengen Herren zu gut für ihn gefunden, da müste ein verdienter Superintendent hin. – und wer war der verdiente S. Burggraf wenn du dich seiner noch erinnerst der ehedem bey dem Abt Chapuzeaux war; ein erz Pedant! Nun wurde meinem Bruder Cellerfelde unter der Hand angeboten, ich kannte die Stelle nicht hielt sie beßer als sie ist, da wir einige Annehmlichkeiten des Orts &. kennen, und wünschte nun sehnlich, daß mein Bruder es annehmen möchte weil dadurch unser sehnlichster Wunsch würde erfüllt seye, nemlich daß H. Ernst nach Döhren käme: mein Bruder aber kannte die Stelle zufällig sehr gut, und schlug sie ohne weiteres Bedenken aus [3] auch nachher hat sich alles unangenehme davon bestätigt, da meine Mutter sich deshalb an Burggraf gewandt hatte, der zwar sich drehet und wendet, um der Sache ein beßers ansehn zu geben, aber demohngeachtet bleibt es eine schlechte Stelle. Nun ist mir die Hofnung abgeschnitten, ganz ohne Thrauer ist es weder bey mir noch der Mutter abgegangen, (überhaupt bin ich itzt sehr vertraut damit) Moritzen kann ich es aber gar nicht verdenken! Nun sind darüber die Versetzungen aufʼs Neuejahr verschoben, wo wir dann erwarten müßen ob H. Ernst daran kömmt. Die besten Versprechungen hat er, und ist auch in seinem 2ten Examen zur völligen Zufriedenheit von Leß und dem Abte bestanden. Ob sie uns aber unsern Wunsch, daß er nahe plaçirt wird [4] itzt gewähren können, wenn sie auch woll[en] daß ist eine andere Frage.
Von Fritz hören wir itzt weniger als jemahls von seinen Planen für die Zukunft wi[s]sen wir nichts. Zu Weihnachten hat die Mutter ihm 50 Rt. geschickt, er schien in Verlegenheit, und wandte sich an die Mutter, hofte aber immer darauf los auf einträglichere übersetzungen. Ich glaube er denkt auch auf einer Zeitlang nach Dresden. Moritz ist auch etwas bitter daß man ihm seine Wünsche nicht erfüllt hat.
Mit Carls Gesundheit geht es itzt aber recht gut er ist nach der Krankheit beßer als vorher; er geht viel zu Papens spielt, reitet, und hält sonst gar keinen Umgang, aber in übrigen, mit seiner Einnahme scheint es immer auf dem Punkt zu bleiben. Mit deinen Büchern da haben wir uns dei[5]ner Erlaubniß bedient mein Bester, ein jeder von uns hat sich zum Andenken etwas heraus genommen, ich will dir auch die Bücher aufschreiben. Was soll aber mit den vielen Briefschaften und Papieren die du hier gelaßen geschehen, wenn die Mutter ihr kleineres Logis bezieht so wird sie sie wohl nicht alle beherbergen können.
Fritz wird dir ein paar Vollmachten überschicken, wo du die Güte haben wirst deinen Namen und Pettschaft darunter zu setzen, und es der Mutter dann eilig wieder zu schicken, daß wenige was sie noch von Besoldungen zu heben hat, ist mit solchen Weitläufigkeiten verknüpft. Ueberhaupt ist itzt auch außer den vielen was von selbst weg fällt lange daß nicht, was es sonst war, und [6] dieß macht uns besonders der Mutter viele Sorgen. Die Mutter bittet dich auch daß was sie dir wegen der Hemden geschrieben hätte nicht zu vergeßen. Neues weiß ich dir nichts zu schreiben als daß itzt die Hände aller schönen jungen Damen beschäftigt sind, den Soldaten die im Felde sind grobe wollene Strümpfe zu knütten; womit ich auch beschäftiget bin es ist hier auch eine Schulung gewesen, von der Königin veranstaltet zu wollenen Camisolern, wo reichlich beygesteuert ist; auch für die Witwen und Waysen der armen Soldaten sind große Summen gesammlet. In Zeitungen sehe ich daß das bey euch auch itzt geschieht. Die armen Leute die solch eine böse Winter campagne machen müßen! Rehbergs laßen dich auch herzlich grüßen, sie erkundigen sich oft nach dir. Ich hoffe bald wieder auf ein Briefchen von dir, deine Freund[schaft] [5] die darin durchscheint ist mir wahrer Balsam. Cruse wird noch in dieser Woche kommen und bey uns logiren, er setzt sich mit seinem Vormund auseinander, ich freue mich auf seinem Besuch Deine
treue Schwester
Henriette Schlegel
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[1] 1794 den 1ten Dezem.
Liebster Bruder!
mir deucht es ist wieder recht lange seit ich dir zuletzt schrieb, aber du wirst es selbst natürlich finden, daß ich in den Zeiten der Ungewisheit, wo man immer von Zeit zu Zeit auf etwas entscheidendes hoft keine recht Lust zum schreiben hat! Ich finde aber doch nun daß er gar zu lange dauert, und will dir itzt schreiben damit du dir wenigstens keine Sorgen wegen unserer Gesundheit machst.
Die Mutter hat zwar seit einiger Zeit einen Cathar, aber daß ist diesen Winter bey dem vielen neblichten Wetter etwas so häufiges, daß ich hoffe daß es weiter nichts auf sich haben wird. Du wünschst wegen Morizens Beförderung etwas zu wißen; Lüchow, [2] bekömmt er nicht, daß haben die gestrengen Herren zu gut für ihn gefunden, da müste ein verdienter Superintendent hin. – und wer war der verdiente S. Burggraf wenn du dich seiner noch erinnerst der ehedem bey dem Abt Chapuzeaux war; ein erz Pedant! Nun wurde meinem Bruder Cellerfelde unter der Hand angeboten, ich kannte die Stelle nicht hielt sie beßer als sie ist, da wir einige Annehmlichkeiten des Orts &. kennen, und wünschte nun sehnlich, daß mein Bruder es annehmen möchte weil dadurch unser sehnlichster Wunsch würde erfüllt seye, nemlich daß H. Ernst nach Döhren käme: mein Bruder aber kannte die Stelle zufällig sehr gut, und schlug sie ohne weiteres Bedenken aus [3] auch nachher hat sich alles unangenehme davon bestätigt, da meine Mutter sich deshalb an Burggraf gewandt hatte, der zwar sich drehet und wendet, um der Sache ein beßers ansehn zu geben, aber demohngeachtet bleibt es eine schlechte Stelle. Nun ist mir die Hofnung abgeschnitten, ganz ohne Thrauer ist es weder bey mir noch der Mutter abgegangen, (überhaupt bin ich itzt sehr vertraut damit) Moritzen kann ich es aber gar nicht verdenken! Nun sind darüber die Versetzungen aufʼs Neuejahr verschoben, wo wir dann erwarten müßen ob H. Ernst daran kömmt. Die besten Versprechungen hat er, und ist auch in seinem 2ten Examen zur völligen Zufriedenheit von Leß und dem Abte bestanden. Ob sie uns aber unsern Wunsch, daß er nahe plaçirt wird [4] itzt gewähren können, wenn sie auch woll[en] daß ist eine andere Frage.
Von Fritz hören wir itzt weniger als jemahls von seinen Planen für die Zukunft wi[s]sen wir nichts. Zu Weihnachten hat die Mutter ihm 50 Rt. geschickt, er schien in Verlegenheit, und wandte sich an die Mutter, hofte aber immer darauf los auf einträglichere übersetzungen. Ich glaube er denkt auch auf einer Zeitlang nach Dresden. Moritz ist auch etwas bitter daß man ihm seine Wünsche nicht erfüllt hat.
Mit Carls Gesundheit geht es itzt aber recht gut er ist nach der Krankheit beßer als vorher; er geht viel zu Papens spielt, reitet, und hält sonst gar keinen Umgang, aber in übrigen, mit seiner Einnahme scheint es immer auf dem Punkt zu bleiben. Mit deinen Büchern da haben wir uns dei[5]ner Erlaubniß bedient mein Bester, ein jeder von uns hat sich zum Andenken etwas heraus genommen, ich will dir auch die Bücher aufschreiben. Was soll aber mit den vielen Briefschaften und Papieren die du hier gelaßen geschehen, wenn die Mutter ihr kleineres Logis bezieht so wird sie sie wohl nicht alle beherbergen können.
Fritz wird dir ein paar Vollmachten überschicken, wo du die Güte haben wirst deinen Namen und Pettschaft darunter zu setzen, und es der Mutter dann eilig wieder zu schicken, daß wenige was sie noch von Besoldungen zu heben hat, ist mit solchen Weitläufigkeiten verknüpft. Ueberhaupt ist itzt auch außer den vielen was von selbst weg fällt lange daß nicht, was es sonst war, und [6] dieß macht uns besonders der Mutter viele Sorgen. Die Mutter bittet dich auch daß was sie dir wegen der Hemden geschrieben hätte nicht zu vergeßen. Neues weiß ich dir nichts zu schreiben als daß itzt die Hände aller schönen jungen Damen beschäftigt sind, den Soldaten die im Felde sind grobe wollene Strümpfe zu knütten; womit ich auch beschäftiget bin es ist hier auch eine Schulung gewesen, von der Königin veranstaltet zu wollenen Camisolern, wo reichlich beygesteuert ist; auch für die Witwen und Waysen der armen Soldaten sind große Summen gesammlet. In Zeitungen sehe ich daß das bey euch auch itzt geschieht. Die armen Leute die solch eine böse Winter campagne machen müßen! Rehbergs laßen dich auch herzlich grüßen, sie erkundigen sich oft nach dir. Ich hoffe bald wieder auf ein Briefchen von dir, deine Freund[schaft] [5] die darin durchscheint ist mir wahrer Balsam. Cruse wird noch in dieser Woche kommen und bey uns logiren, er setzt sich mit seinem Vormund auseinander, ich freue mich auf seinem Besuch Deine
treue Schwester
Henriette Schlegel
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