• August Wilhelm von Schlegel to Sophie Bernhardi

  • Place of Dispatch: Coppet · Place of Destination: Weimar · Date: 12.06.1804
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Sophie Bernhardi
  • Place of Dispatch: Coppet
  • Place of Destination: Weimar
  • Date: 12.06.1804
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 335976727
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 1. Der Texte erste Hälfte. 1791‒1808. Bern u.a. ²1969, S. 105‒108.
  • Incipit: „Cop[p]et d.12 Jun. [180]4.
    Dem Himmel sey dank, meine geliebte Freundin, daß ich endlich wieder einen Brief von Ihrer theueren Hand habe! [...]“
    Language
  • German
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Cop[p]et d.12 Jun. [180]4.
Dem Himmel sey dank, meine geliebte Freundin, daß ich endlich wieder einen Brief von Ihrer theueren Hand habe! Gestern ist ein glücklicher Tag für mich gewesen, nachdem ich so lange umsonst nach Briefen von den Freunden ausgesehen, erhielt ich am Abend auch einen von meinem Bruder. Wenn der Ihrige nur einen erfreulicheren Bericht von Ihrer Gesundheit enthielte! Sie sind unwohl gewesen, so daß Sie Lust und Kraft zum Schreiben verlohren, und auch Tieck hat unterdessen kein Wort an mich gewandt. Es freut mich daß Sie nach Liebenstein gehen, ich hoffe es soll Ihnen wohlthun, die Gegend ist angenehm, und die Luft gewiß schon etwas milder als in Weimar. Von Meynungen ist es nur anderthalb oder zwey Tagereisen nach Bamberg, könnten Sie nicht auf der Rückreise diesen Umweg machen, um Marcus zu Rathe zu ziehen? Ich habe alles Vertrauen auf Hufeland, aber er ist jetzt abwesend, und das Sehen ist doch sehr wichtig. Auf jeden Fall lege ich meinem nächsten Brief einige Zeilen an Marcus bey, die Sie ihm geben können sobald die Gelegenheit sich findet. Ist es Ihnen von Liebenstein aus zu umständlich die Reise zu machen, wiewohl sie durch die angenehmsten Gegenden führt, so könnten Sie auf der Reise nach Italien über Bamberg, Nürnberg und so auf Ulm und Schaffhausen gehen. Dieß ist wenig oder gar nicht um.
Erlauben Sie mir immer Ihre Italiänische Reise auf den Herbst als ausgemacht anzusehn, fürs erste scheint sie mir der leichteste Ausweg, die Rückkehr nach Berlin abzulehnen, ohne sich für jetzt auf Manifeste und Erklärungen einzulassen, die Ihnen vielleicht Gemüthsbewegungen verursachen möchten. Hufeland wird es gern übernehmen, Bernh.[ardi] Ihre Reise und die Nothwendigkeit derselben für Ihre Gesundheit anzukündigen; und was kann er dagegen einwenden? Freylich muß es nicht früher geschehen, als bis es zu spät für ihn ist, um noch nach W.[eimar] zu kommen und Sie mit seinem Abschiede und geheuchelten Leiden zu plagen. – Meine Vorschläge sind folgende. Sie reisen zu Ende Augusts ab. Mit allen nöthigen Ruhetagen werden Sie 18 Tage, höchstens 3 Wochen auf die Reise bis hieher zubringen. Dann blieben Sie 14 Tage bis 3 Wochen hier um sich auszuruhen, und gingen in der Mitte Octobers (der Herbst soll um diese Zeit hier noch sehr schön sein) über den Mont Cenis, Turin, Parma nach Pisa. Dieß wird eine Sache von 7–8 Tagen seyn. Pisa würde ich den Hierischen Inseln und Nizza deswegen vorziehn weil es Sie weniger isolirt. Da ich den Winter in Italien zubringen werde, bin ich ja dann immer ziemlich in Ihrer Nähe, und könnte im Nothfalle herbeyeilen, wenn Sie mich bedürften.
Könnte Tieck sich im Herbst auf so lange losmachen um Sie hieher zu begleiten, das Basrelief für das Grabmal zu machen und dann zurückzukehren, um im nächsten Frühling sich wieder in Italien mit Ihnen zu vereinigen, wo er dann den für Ihn in künstlerischer Rücksicht reichhaltigeren Weg über München, Wien und Venedig nehmen könnte, da ihm stattdessen hier die schöne Natur zur Erhohlung gereichen würde, so wäre das das allerwünschenswertheste. Kann er nicht, so kann ja Knorring Sie vielleicht ganz nach Italien, oder sollten ihm Familien-Angelegenheiten dieß nicht erlauben wenigstens bis hieher begleiten. Wo nicht, so sollte ich denken Sie entschlössen sich allenfalls die Reise durch das friedliche Deutschland mit einem zuverläßigen Kutscher allein zu machen. Von hier aus ließe sich vielleicht eine schickliche Reisegesellschaft finden, sonst sind auch die Schweizerischen Kutscher die zuverläßigsten Leute, mit denen man durch die ganze Welt reist. Man schließt mit ihnen gleich einen Vertrag auf die ganze Reise, die Beköstigung mit inbegriffen, so daß Sie nachher bis zum Ziel derselben weder Ausgaben noch Besorgungen hätten.
Fr.[au] v. St.[aël], der ich gestern auf ihre freundschaftlichen Anfragen nicht verbergen konnte, daß ich mich wegen Ihrer Gesundheit beunruhige, ladet Sie aufs herzlichste ein ihr Schloß zum Ruhepunkte zu wählen, und hier einige Wochen zuzubringen. Am erfreulichsten würde es ihr freylich seyn, wenn Sie den Bruder-Künstler mitbrächten. Wer aber auch sonst Ihr Reisegefährte ist, ist wie sich versteht zugleich mit eingeladen. Knorrings Bruder hat sie in Paris gekannt. Sie hat mir noch besonders aufgetragen, bey Ihren Entschlüssen über die Italiänische Reise es mit in Anschlag zu bringen, daß wir auch dorthin gehen. Wir würden vielleicht 14 Tage nach Ihnen abreisen, uns unterwegs etwas mehr aufhalten, und Sie auf dem Wege nach Florenz in Pisa wieder treffen, wo ich mich dann hoffentlich über den Zustand Ihrer Gesundheit beruhigen könnte. Wir werden die Fasten über und Ostern vermuthlich in Rom zubringen, gegen diese Zeit kämen Sie vielleicht auch schon hin, um Ihren Bruder zu erwarten. Genug Sie sollen überall meine sorgsame Nähe empfinden, und sich gewiß nicht schmerzlich allein fühlen. Überwinden Sie den ersten Eindruck der Abneigung der Sie bey geschwächten Kräften natürlich vor einer so weiten und nicht von Beschwerden freyen Reise anwandeln wird, fassen Sie einen kühnen und schönen Entschluß, ich werde ein Freudenfest feyern, wenn Sie entschieden sind. Noch einmal, Ihr zarter Körperbau kann nicht noch einmal einen herben nordischen Winter ertragen, Sie wissen mit welchem Eifer Hufeland von der Italiänischen Reise als dem wirksamsten Hülfsmittel sprach.
Ich kann Ihnen mit Zuversicht versprechen daß es Ihnen weder zu der Reise, noch in Italien bis Ihr Bruder dorthin kommt, an Gelde fehlen soll, und ich schätze mich überglücklich, wenn Sie mir erlauben, noch aus der Ferne zu dem schönen Werke der Herstellung Ihres Lebens durch äußerliche Mittel etwas beytragen zu können. Was die Kraft treuer Anhänglichkeit vermag, fühlen Sie gewiß aus meinem Gemüthe in das Ihrige übergehen.
Mit Beschämung muß ich gestehen, daß ich den Geburtstag des kleinen Wilhelm nicht genau gewußt und unverantwortlich die Zeit zu einem Geschenke versäumt habe. Ich will mir aber baldigst eine Anweisung auf eine kleine Summe Geldes auf Despor[t] in W.[eimar], oder Schiller in B.[erlin] verschaffen, wovon Sie Wilhelm und sich selbst ein artiges Geschenk machen und noch einen Überschuß behalten können.
Tieck würde natürlich durch seine hiesige Arbeit für die Reise entschädigt werden, die er übrigens auch unter dem Gesichtspunkte der Erhohlung betrachten muß.
Ich kann Ihnen dafür einstehen, daß Sie hier im Genuß der anmuthigsten Natur, auf die ungenierteste Weise leben würden. Urtheilen [Sie] ja nicht über den geselligen Ton und das Verhältniß nach dem einzigen Augenblicke in einer geräuschigen Gesellschaft in Berlin, welcher kaum dem ersten Interesse der Neugier gehörigen Raum gab.
Mein Bruder hat einen meisterlichen Französischen Brief an Fr.[au] von Stael geschrieben, voll Würde und Einfachheit. Zu dem Besuche macht er leider für jetzt wenig Hoffnung. Er giebt den Sommer eine Vorlesung in Cöln, und will vor allen Dingen erst sehen, wie sich sein dortiges Leben einrichtet, um seiner Frau einen ruhigen Aufenthalt zu verschaffen. Doch hoffe ich er soll noch im Herbste kommen.
Endlich habe ich meinen Calderon, die Bücherkiste kam eben auch gestern an. Reimer drängt mich sehr, und klagt über den Schaden, den ihm der Verzug verursachen würde. – Ich denke auch wirklich noch vor der Italiänischen Reise den Band von Shakspeare und den Rest des 2ten vom Calderon zu Stande zu bringen.
Mit meinen Rückständen in Berlin muß ich sehen wie ichs mache. Den Wechsel bey Hufeland hoffe ich durch Unger zahlen lassen zu können. Nur die Schuld bey Fischer beunruhigt mich. Ich vermeide durchaus alle nicht ganz nothwendigen Ausgaben.
Joh. Müller wird alle Tage erwartet. Genf ist nun so ziemlich nach der Reihe hier gewesen. Vorige Woche war viel Gesellschaft: Madame Necker mit ihrer Familie, Bonstetten verschiedne Tage u. s. w. Dieß kostet mir freylich auch Zeit.
Ich beschwöre Tieck, mir umständlicher über Ihre Gesundheit zu schreiben als Sie selber thun. Sie schreiben doch an Hufeland? Er verdient gewiß ein freundschaftliches Andenken von Ihnen.
Sie melden ja nichts von Knorring? Ist er noch nicht in W.[eimar]? Auf jeden Fall bitte ich ihn freundschaftlichst von mir zu grüßen.
Leben Sie tausendmal wohl, ich umarme die Kinder, und grüße Tieck brüderlich.
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Cop[p]et d.12 Jun. [180]4.
Dem Himmel sey dank, meine geliebte Freundin, daß ich endlich wieder einen Brief von Ihrer theueren Hand habe! Gestern ist ein glücklicher Tag für mich gewesen, nachdem ich so lange umsonst nach Briefen von den Freunden ausgesehen, erhielt ich am Abend auch einen von meinem Bruder. Wenn der Ihrige nur einen erfreulicheren Bericht von Ihrer Gesundheit enthielte! Sie sind unwohl gewesen, so daß Sie Lust und Kraft zum Schreiben verlohren, und auch Tieck hat unterdessen kein Wort an mich gewandt. Es freut mich daß Sie nach Liebenstein gehen, ich hoffe es soll Ihnen wohlthun, die Gegend ist angenehm, und die Luft gewiß schon etwas milder als in Weimar. Von Meynungen ist es nur anderthalb oder zwey Tagereisen nach Bamberg, könnten Sie nicht auf der Rückreise diesen Umweg machen, um Marcus zu Rathe zu ziehen? Ich habe alles Vertrauen auf Hufeland, aber er ist jetzt abwesend, und das Sehen ist doch sehr wichtig. Auf jeden Fall lege ich meinem nächsten Brief einige Zeilen an Marcus bey, die Sie ihm geben können sobald die Gelegenheit sich findet. Ist es Ihnen von Liebenstein aus zu umständlich die Reise zu machen, wiewohl sie durch die angenehmsten Gegenden führt, so könnten Sie auf der Reise nach Italien über Bamberg, Nürnberg und so auf Ulm und Schaffhausen gehen. Dieß ist wenig oder gar nicht um.
Erlauben Sie mir immer Ihre Italiänische Reise auf den Herbst als ausgemacht anzusehn, fürs erste scheint sie mir der leichteste Ausweg, die Rückkehr nach Berlin abzulehnen, ohne sich für jetzt auf Manifeste und Erklärungen einzulassen, die Ihnen vielleicht Gemüthsbewegungen verursachen möchten. Hufeland wird es gern übernehmen, Bernh.[ardi] Ihre Reise und die Nothwendigkeit derselben für Ihre Gesundheit anzukündigen; und was kann er dagegen einwenden? Freylich muß es nicht früher geschehen, als bis es zu spät für ihn ist, um noch nach W.[eimar] zu kommen und Sie mit seinem Abschiede und geheuchelten Leiden zu plagen. – Meine Vorschläge sind folgende. Sie reisen zu Ende Augusts ab. Mit allen nöthigen Ruhetagen werden Sie 18 Tage, höchstens 3 Wochen auf die Reise bis hieher zubringen. Dann blieben Sie 14 Tage bis 3 Wochen hier um sich auszuruhen, und gingen in der Mitte Octobers (der Herbst soll um diese Zeit hier noch sehr schön sein) über den Mont Cenis, Turin, Parma nach Pisa. Dieß wird eine Sache von 7–8 Tagen seyn. Pisa würde ich den Hierischen Inseln und Nizza deswegen vorziehn weil es Sie weniger isolirt. Da ich den Winter in Italien zubringen werde, bin ich ja dann immer ziemlich in Ihrer Nähe, und könnte im Nothfalle herbeyeilen, wenn Sie mich bedürften.
Könnte Tieck sich im Herbst auf so lange losmachen um Sie hieher zu begleiten, das Basrelief für das Grabmal zu machen und dann zurückzukehren, um im nächsten Frühling sich wieder in Italien mit Ihnen zu vereinigen, wo er dann den für Ihn in künstlerischer Rücksicht reichhaltigeren Weg über München, Wien und Venedig nehmen könnte, da ihm stattdessen hier die schöne Natur zur Erhohlung gereichen würde, so wäre das das allerwünschenswertheste. Kann er nicht, so kann ja Knorring Sie vielleicht ganz nach Italien, oder sollten ihm Familien-Angelegenheiten dieß nicht erlauben wenigstens bis hieher begleiten. Wo nicht, so sollte ich denken Sie entschlössen sich allenfalls die Reise durch das friedliche Deutschland mit einem zuverläßigen Kutscher allein zu machen. Von hier aus ließe sich vielleicht eine schickliche Reisegesellschaft finden, sonst sind auch die Schweizerischen Kutscher die zuverläßigsten Leute, mit denen man durch die ganze Welt reist. Man schließt mit ihnen gleich einen Vertrag auf die ganze Reise, die Beköstigung mit inbegriffen, so daß Sie nachher bis zum Ziel derselben weder Ausgaben noch Besorgungen hätten.
Fr.[au] v. St.[aël], der ich gestern auf ihre freundschaftlichen Anfragen nicht verbergen konnte, daß ich mich wegen Ihrer Gesundheit beunruhige, ladet Sie aufs herzlichste ein ihr Schloß zum Ruhepunkte zu wählen, und hier einige Wochen zuzubringen. Am erfreulichsten würde es ihr freylich seyn, wenn Sie den Bruder-Künstler mitbrächten. Wer aber auch sonst Ihr Reisegefährte ist, ist wie sich versteht zugleich mit eingeladen. Knorrings Bruder hat sie in Paris gekannt. Sie hat mir noch besonders aufgetragen, bey Ihren Entschlüssen über die Italiänische Reise es mit in Anschlag zu bringen, daß wir auch dorthin gehen. Wir würden vielleicht 14 Tage nach Ihnen abreisen, uns unterwegs etwas mehr aufhalten, und Sie auf dem Wege nach Florenz in Pisa wieder treffen, wo ich mich dann hoffentlich über den Zustand Ihrer Gesundheit beruhigen könnte. Wir werden die Fasten über und Ostern vermuthlich in Rom zubringen, gegen diese Zeit kämen Sie vielleicht auch schon hin, um Ihren Bruder zu erwarten. Genug Sie sollen überall meine sorgsame Nähe empfinden, und sich gewiß nicht schmerzlich allein fühlen. Überwinden Sie den ersten Eindruck der Abneigung der Sie bey geschwächten Kräften natürlich vor einer so weiten und nicht von Beschwerden freyen Reise anwandeln wird, fassen Sie einen kühnen und schönen Entschluß, ich werde ein Freudenfest feyern, wenn Sie entschieden sind. Noch einmal, Ihr zarter Körperbau kann nicht noch einmal einen herben nordischen Winter ertragen, Sie wissen mit welchem Eifer Hufeland von der Italiänischen Reise als dem wirksamsten Hülfsmittel sprach.
Ich kann Ihnen mit Zuversicht versprechen daß es Ihnen weder zu der Reise, noch in Italien bis Ihr Bruder dorthin kommt, an Gelde fehlen soll, und ich schätze mich überglücklich, wenn Sie mir erlauben, noch aus der Ferne zu dem schönen Werke der Herstellung Ihres Lebens durch äußerliche Mittel etwas beytragen zu können. Was die Kraft treuer Anhänglichkeit vermag, fühlen Sie gewiß aus meinem Gemüthe in das Ihrige übergehen.
Mit Beschämung muß ich gestehen, daß ich den Geburtstag des kleinen Wilhelm nicht genau gewußt und unverantwortlich die Zeit zu einem Geschenke versäumt habe. Ich will mir aber baldigst eine Anweisung auf eine kleine Summe Geldes auf Despor[t] in W.[eimar], oder Schiller in B.[erlin] verschaffen, wovon Sie Wilhelm und sich selbst ein artiges Geschenk machen und noch einen Überschuß behalten können.
Tieck würde natürlich durch seine hiesige Arbeit für die Reise entschädigt werden, die er übrigens auch unter dem Gesichtspunkte der Erhohlung betrachten muß.
Ich kann Ihnen dafür einstehen, daß Sie hier im Genuß der anmuthigsten Natur, auf die ungenierteste Weise leben würden. Urtheilen [Sie] ja nicht über den geselligen Ton und das Verhältniß nach dem einzigen Augenblicke in einer geräuschigen Gesellschaft in Berlin, welcher kaum dem ersten Interesse der Neugier gehörigen Raum gab.
Mein Bruder hat einen meisterlichen Französischen Brief an Fr.[au] von Stael geschrieben, voll Würde und Einfachheit. Zu dem Besuche macht er leider für jetzt wenig Hoffnung. Er giebt den Sommer eine Vorlesung in Cöln, und will vor allen Dingen erst sehen, wie sich sein dortiges Leben einrichtet, um seiner Frau einen ruhigen Aufenthalt zu verschaffen. Doch hoffe ich er soll noch im Herbste kommen.
Endlich habe ich meinen Calderon, die Bücherkiste kam eben auch gestern an. Reimer drängt mich sehr, und klagt über den Schaden, den ihm der Verzug verursachen würde. – Ich denke auch wirklich noch vor der Italiänischen Reise den Band von Shakspeare und den Rest des 2ten vom Calderon zu Stande zu bringen.
Mit meinen Rückständen in Berlin muß ich sehen wie ichs mache. Den Wechsel bey Hufeland hoffe ich durch Unger zahlen lassen zu können. Nur die Schuld bey Fischer beunruhigt mich. Ich vermeide durchaus alle nicht ganz nothwendigen Ausgaben.
Joh. Müller wird alle Tage erwartet. Genf ist nun so ziemlich nach der Reihe hier gewesen. Vorige Woche war viel Gesellschaft: Madame Necker mit ihrer Familie, Bonstetten verschiedne Tage u. s. w. Dieß kostet mir freylich auch Zeit.
Ich beschwöre Tieck, mir umständlicher über Ihre Gesundheit zu schreiben als Sie selber thun. Sie schreiben doch an Hufeland? Er verdient gewiß ein freundschaftliches Andenken von Ihnen.
Sie melden ja nichts von Knorring? Ist er noch nicht in W.[eimar]? Auf jeden Fall bitte ich ihn freundschaftlichst von mir zu grüßen.
Leben Sie tausendmal wohl, ich umarme die Kinder, und grüße Tieck brüderlich.
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