• Auguste Luise Adolfine von Flotow to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Angern (Landkreis Börde) · Place of Destination: Bonn · Date: 12.08.1843
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Auguste Luise Adolfine von Flotow
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Angern (Landkreis Börde)
  • Place of Destination: Bonn
  • Date: 12.08.1843
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-1a-33563
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.8,Nr.60
  • Number of Pages: 4S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 21,4 x 13,5 cm
  • Incipit: „[1] Angern den 12ten Agst
    1843.
    Ihr Abschied war so trocken und kurz, und Ihre letzten Worte „Sie sehen mir auch nicht [...]“
    Language
  • German
    Editors
  • Bamberg, Claudia
  • Varwig, Olivia
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[1] Angern den 12ten Agst
1843.
Ihr Abschied war so trocken und kurz, und Ihre letzten Worte „Sie sehen mir auch nicht aus als ob Sie schreiben würden“ klangen so wenig wie eine Aufforderung es zu thun, daß ich, dadurch zurückgeschreckt, bis jetzt gezögert habe einen Brief an Sie abzuschicken. Doch nun sind fast 3 Monat hingegangen seit ich den schönen Rhein und das liebe Bonn verließ, und seit ich nichts mehr von Ihnen hörte, und da drängt es mich die Feder zu ergreifen, Sie um Ihr Ergehen in dieser langen Zeit zu fragen, und Ihnen zu erzählen wie es uns geht. – Ganz gleichgültig kann Ihnen ja unmöglich eine Familie seyn, der Sie so viel nachbarliche Freundlichkeit, und so viel Theilnahme bewiesen haben; in dieser Voraussetzung also will ich Ihnen von uns erzählen. [2] Uns, oder eigentlicher, mir, ist es eben nicht gut ergangen. Ich bin fast die ganze Zeit unwohl gewesen, und erst seit wenigen Tagen fange ich an mich wieder zu erholen. Wiederholte heftige Erkältungen in der Zeit des Packens und Ordnens in Bonn, wo ich mich auch schon leidend fühlte, mögen Ursach dieser hartnäckigen Grippe gewesen seyn. Sie hat mir den Aufenthalt bey meinem Bruder, der 7 Wochen währte, ganz verleidet, und mich für jede gesellige Freude unzugänglich gemacht. Flotow verließ Volkersheim 14 Tage vor mir um ein Soolbad zu gebrauchen. Auch er hatte die Grippe; aber im geringeren Grade wie ich. Noch unwohl, reiste ich mit meinen ältesten Töchtern hier her. Anna blieb in Volkersheim um mit der Pflegetochter meines Bruders für einige Zeit unterrichtet zu werden; die Trennung von dem lieben Kinde war schmerzlich, und doch wußte ich für den Augenblick nicht beßer für sie zu sorgen. Hier habe ich meine Gesundheit wieder erlangt, und lebe frohe, glückliche Stunden im Kreise meiner Kinder. [3] Mein kleiner Enkel ist ein prächtiges, blühendes Kind, mein Sohn glücklich im Besitz seiner lieblichen, jugendlichen Gattin, deren Unwohlseyn seit Kurzem eine Störung in unsern frohen Familienkreis brachte. Franz vermehrte diesen auch während seiner Hundstageferien. Er ist groß und stark geworden, und Bildung und Geschmack scheinen sich ganz dem künftigen Soldatenstand zuzuwenden, und somit alle Ansprüche auf den so schönen Nahmen Ihres „Bruder in Apoll“ verloren zu gehn. – Ernst, der mecklenburgische Offizier, kann für jetzt keinen Urlaub erhalten, weil man sich mit größestem Fleiße auf das Herbstmanöuver bey Lüneburg vorbereitet; später hoffe ich auf einen Besuch von ihm. Anfang Oktober denke ich meinen Einzug in Stettin zu halten, vorher aber meine Besuche bey meiner Stieftochter Bismark zu machen, die nur ein paar Stunden von hier mit ihrer zahlreichen Familie auf dem Lande lebt. Flotow ist seit 8–10 Tagen in Stettin, und macht von da Exkursionen [4] zu den beyden Regimentern seiner Brigade, deren nähere Bekanntschaft er gelegentlich zu machen sucht. Er wird gegen den Oktober uns von hier abholen. – Soviel von uns. Nun aber bitte ich Sie mir ausführlich Nachricht zu geben, ob Sie sich mehr und mehr an die Trennung von Ihrer Marie gewöhnen, ob Marianne u Minna nichts versäumen ihren gütigen Herrn zu befriedigen, ob Heinrich und die Brunner sich wohl befinden, ob Kathrinchen ihren Pofeßor besucht, und immer noch so hübsch und artig ist; – kurz von Allem was Sie betrifft, und woran ich aufrichtigen Antheil nehme. Wenn Sie mir hier her schreiben wollen, so bitte ich über Magdeburg bey Wolmirstedt zu adreßiren. Ihr Brief wird mir eine große Freude seyn. Meine Töchter tragen mir schöne Empfehlungen für Sie auf. Die Äbtißin grollt Ihnen nicht, daß Sie Klara hervorzuheben suchten, und dieß verdankt Ihnen das Gefühl was Sie dazu trieb. – Empfehlen Sie mich den Damen Naumann und LaRoche auch der Augusti. Meine übrigen lieben Bekanntinnen sind vermuthlich abwesend, und die genannten sehen Sie auch wohl am meisten. – Was macht die Vorrede, die man so sehr wünscht? Sie sehen ich komme nicht zum Schluß mit Fragen u darum will ich mich zwingen Ihnen Lebe wohl! zu sagen. Auguste von Flotow.
[1] Haben Sie gute Nachrichten von Frau von Butlar und deren Tochter? Empfehlen Sie uns ihnen.
beantw 28/VIII 43
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[1] Angern den 12ten Agst
1843.
Ihr Abschied war so trocken und kurz, und Ihre letzten Worte „Sie sehen mir auch nicht aus als ob Sie schreiben würden“ klangen so wenig wie eine Aufforderung es zu thun, daß ich, dadurch zurückgeschreckt, bis jetzt gezögert habe einen Brief an Sie abzuschicken. Doch nun sind fast 3 Monat hingegangen seit ich den schönen Rhein und das liebe Bonn verließ, und seit ich nichts mehr von Ihnen hörte, und da drängt es mich die Feder zu ergreifen, Sie um Ihr Ergehen in dieser langen Zeit zu fragen, und Ihnen zu erzählen wie es uns geht. – Ganz gleichgültig kann Ihnen ja unmöglich eine Familie seyn, der Sie so viel nachbarliche Freundlichkeit, und so viel Theilnahme bewiesen haben; in dieser Voraussetzung also will ich Ihnen von uns erzählen. [2] Uns, oder eigentlicher, mir, ist es eben nicht gut ergangen. Ich bin fast die ganze Zeit unwohl gewesen, und erst seit wenigen Tagen fange ich an mich wieder zu erholen. Wiederholte heftige Erkältungen in der Zeit des Packens und Ordnens in Bonn, wo ich mich auch schon leidend fühlte, mögen Ursach dieser hartnäckigen Grippe gewesen seyn. Sie hat mir den Aufenthalt bey meinem Bruder, der 7 Wochen währte, ganz verleidet, und mich für jede gesellige Freude unzugänglich gemacht. Flotow verließ Volkersheim 14 Tage vor mir um ein Soolbad zu gebrauchen. Auch er hatte die Grippe; aber im geringeren Grade wie ich. Noch unwohl, reiste ich mit meinen ältesten Töchtern hier her. Anna blieb in Volkersheim um mit der Pflegetochter meines Bruders für einige Zeit unterrichtet zu werden; die Trennung von dem lieben Kinde war schmerzlich, und doch wußte ich für den Augenblick nicht beßer für sie zu sorgen. Hier habe ich meine Gesundheit wieder erlangt, und lebe frohe, glückliche Stunden im Kreise meiner Kinder. [3] Mein kleiner Enkel ist ein prächtiges, blühendes Kind, mein Sohn glücklich im Besitz seiner lieblichen, jugendlichen Gattin, deren Unwohlseyn seit Kurzem eine Störung in unsern frohen Familienkreis brachte. Franz vermehrte diesen auch während seiner Hundstageferien. Er ist groß und stark geworden, und Bildung und Geschmack scheinen sich ganz dem künftigen Soldatenstand zuzuwenden, und somit alle Ansprüche auf den so schönen Nahmen Ihres „Bruder in Apoll“ verloren zu gehn. – Ernst, der mecklenburgische Offizier, kann für jetzt keinen Urlaub erhalten, weil man sich mit größestem Fleiße auf das Herbstmanöuver bey Lüneburg vorbereitet; später hoffe ich auf einen Besuch von ihm. Anfang Oktober denke ich meinen Einzug in Stettin zu halten, vorher aber meine Besuche bey meiner Stieftochter Bismark zu machen, die nur ein paar Stunden von hier mit ihrer zahlreichen Familie auf dem Lande lebt. Flotow ist seit 8–10 Tagen in Stettin, und macht von da Exkursionen [4] zu den beyden Regimentern seiner Brigade, deren nähere Bekanntschaft er gelegentlich zu machen sucht. Er wird gegen den Oktober uns von hier abholen. – Soviel von uns. Nun aber bitte ich Sie mir ausführlich Nachricht zu geben, ob Sie sich mehr und mehr an die Trennung von Ihrer Marie gewöhnen, ob Marianne u Minna nichts versäumen ihren gütigen Herrn zu befriedigen, ob Heinrich und die Brunner sich wohl befinden, ob Kathrinchen ihren Pofeßor besucht, und immer noch so hübsch und artig ist; – kurz von Allem was Sie betrifft, und woran ich aufrichtigen Antheil nehme. Wenn Sie mir hier her schreiben wollen, so bitte ich über Magdeburg bey Wolmirstedt zu adreßiren. Ihr Brief wird mir eine große Freude seyn. Meine Töchter tragen mir schöne Empfehlungen für Sie auf. Die Äbtißin grollt Ihnen nicht, daß Sie Klara hervorzuheben suchten, und dieß verdankt Ihnen das Gefühl was Sie dazu trieb. – Empfehlen Sie mich den Damen Naumann und LaRoche auch der Augusti. Meine übrigen lieben Bekanntinnen sind vermuthlich abwesend, und die genannten sehen Sie auch wohl am meisten. – Was macht die Vorrede, die man so sehr wünscht? Sie sehen ich komme nicht zum Schluß mit Fragen u darum will ich mich zwingen Ihnen Lebe wohl! zu sagen. Auguste von Flotow.
[1] Haben Sie gute Nachrichten von Frau von Butlar und deren Tochter? Empfehlen Sie uns ihnen.
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