• Dorothea von Schlegel to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Wien · Place of Destination: Unknown · Date: 28.01.1829
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Dorothea von Schlegel
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Wien
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 28.01.1829
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 362647739
  • Bibliography: Geiger, Ludwig: Dichter und Frauen. Neue Sammlung. Berlin 1899, S. 141‒142.
  • Incipit: „[1] Wien, 28ten Januar 1829.
    Geliebter Bruder Wilhelm!
    Was hat sich nicht alles zugetragen seit ich Ihr letztes Schreiben an mich beantwortet habe! [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-1a-34097
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.23,Nr.43
  • Number of Pages: 3S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 21,9 x 13,5 cm
    Language
  • German
[1] Wien, 28ten Januar 1829.
Geliebter Bruder Wilhelm!
Was hat sich nicht alles zugetragen seit ich Ihr letztes Schreiben an mich beantwortet habe! Konnte wirklich mein Herz noch schwerer, meine Seele noch trauriger werden als sie damals schon war! Was sind alle unsre Plane, unsre Vorsätze! wie oft sagte ich das schon, aber mit einem solchen Bewußtseyn wie jetzt freilich noch niemals. Ich habe soeben an den Bruder Karl nach Hannover geschrieben, ihm so viele details über dieses traurige Eräugniß mitgetheilt, als ich selber habe, denn noch immer wissen wir nichts weiter als was Amalia Tieck hierher geschrieben, die uns die erste Trauerpost schickte, von Augusten haben wir durchaus gar nichts erfahren, als daß sie das entsetzliche überleben konnte. Was hat diese arme schwache Frau nicht auf sich laden müssen, wohl nicht zu verwundern, wenn sie sich zum ordentlichen Schreiben nicht entschließen kann. Wir erwarten sie nun nächstens wieder zurück, und wir wissen noch nicht, ob sie in ihren Angelegenheiten etwas wird ausgerichtet haben. Mußte dieses Unternehmen so entsetzlich endigen! Ich habe den Bruder Karl gebeten, Ihnen alles nöthige mitzutheilen, Sie fordern gewiß nicht von mir, [2] daß ich noch einmal wiederhohle, was ich ihm zu schreiben nothwendig fand, und was auch Sie mitbetrifft. Das Schreiben wird mir überhaupt noch schwer und ich bitte um Ihre Nachsicht.
Sie werden aus meinem Briefe an den Bruder Karl ersehen, wie alles steht und wozu ich mich erbieten kann; Ihnen versichere ich noch besonders, daß ich vorzüglich darauf Bedacht seyn werde, Friedrichs Schuld an Ihnen vor allen andern zu zahlen; der allmächtige Gott wird mir in diesem Vorhaben beystehen, nur bitte ich um Ihre Nachsicht und Geduld. Ihrer edlen, reich begabten Seele traue ich es zu, daß, was Sie immer gegen Ihren Bruder zu klagen gehabt haben mögen, oder was Sie immer für Ursachen zu haben glaubten mit ihm zu hadern, sein Tod alles verändert, alles verwischt haben wird, und die Liebe über alles irrdische den Sieg davon wird getragen haben.
Leben Sie wohl, mein theurer Bruder, Gott erhalte Sie in guter Gesundheit und sende Ihnen Trost in diesem trauervollen Eräugniß, so wie er auch mich in dieser Betrübniß stärkt und Muth giebt zu tragen was er mir aufzulegen für gut findet. Ich habe eine schöne Reihe von Jahren an der Seite des vortrefflichen Mannes durch Gottes Güte sehr schön, sehr reich an innern Gütern verlebt, [3] ich darf nicht klagen, daß Gott mir nahm, was er mir geliehen. Freilich dachte ich nicht daran, daß ich es seyn würde, die ihn überlebte! Sein heiliger Wille geschehe!
Ihre trauernde Schwester
Dorothea Wittwe v. Schlegel.
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[1] Wien, 28ten Januar 1829.
Geliebter Bruder Wilhelm!
Was hat sich nicht alles zugetragen seit ich Ihr letztes Schreiben an mich beantwortet habe! Konnte wirklich mein Herz noch schwerer, meine Seele noch trauriger werden als sie damals schon war! Was sind alle unsre Plane, unsre Vorsätze! wie oft sagte ich das schon, aber mit einem solchen Bewußtseyn wie jetzt freilich noch niemals. Ich habe soeben an den Bruder Karl nach Hannover geschrieben, ihm so viele details über dieses traurige Eräugniß mitgetheilt, als ich selber habe, denn noch immer wissen wir nichts weiter als was Amalia Tieck hierher geschrieben, die uns die erste Trauerpost schickte, von Augusten haben wir durchaus gar nichts erfahren, als daß sie das entsetzliche überleben konnte. Was hat diese arme schwache Frau nicht auf sich laden müssen, wohl nicht zu verwundern, wenn sie sich zum ordentlichen Schreiben nicht entschließen kann. Wir erwarten sie nun nächstens wieder zurück, und wir wissen noch nicht, ob sie in ihren Angelegenheiten etwas wird ausgerichtet haben. Mußte dieses Unternehmen so entsetzlich endigen! Ich habe den Bruder Karl gebeten, Ihnen alles nöthige mitzutheilen, Sie fordern gewiß nicht von mir, [2] daß ich noch einmal wiederhohle, was ich ihm zu schreiben nothwendig fand, und was auch Sie mitbetrifft. Das Schreiben wird mir überhaupt noch schwer und ich bitte um Ihre Nachsicht.
Sie werden aus meinem Briefe an den Bruder Karl ersehen, wie alles steht und wozu ich mich erbieten kann; Ihnen versichere ich noch besonders, daß ich vorzüglich darauf Bedacht seyn werde, Friedrichs Schuld an Ihnen vor allen andern zu zahlen; der allmächtige Gott wird mir in diesem Vorhaben beystehen, nur bitte ich um Ihre Nachsicht und Geduld. Ihrer edlen, reich begabten Seele traue ich es zu, daß, was Sie immer gegen Ihren Bruder zu klagen gehabt haben mögen, oder was Sie immer für Ursachen zu haben glaubten mit ihm zu hadern, sein Tod alles verändert, alles verwischt haben wird, und die Liebe über alles irrdische den Sieg davon wird getragen haben.
Leben Sie wohl, mein theurer Bruder, Gott erhalte Sie in guter Gesundheit und sende Ihnen Trost in diesem trauervollen Eräugniß, so wie er auch mich in dieser Betrübniß stärkt und Muth giebt zu tragen was er mir aufzulegen für gut findet. Ich habe eine schöne Reihe von Jahren an der Seite des vortrefflichen Mannes durch Gottes Güte sehr schön, sehr reich an innern Gütern verlebt, [3] ich darf nicht klagen, daß Gott mir nahm, was er mir geliehen. Freilich dachte ich nicht daran, daß ich es seyn würde, die ihn überlebte! Sein heiliger Wille geschehe!
Ihre trauernde Schwester
Dorothea Wittwe v. Schlegel.
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