• Dorothea von Schlegel to August Wilhelm von Schlegel , Caroline von Schelling

  • Place of Dispatch: Berlin · Place of Destination: Jena · Date: 26.03.1799
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Dorothea von Schlegel
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel, Caroline von Schelling
  • Place of Dispatch: Berlin
  • Place of Destination: Jena
  • Date: 26.03.1799
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 362731780
  • Bibliography: Dorothea von Schlegel geb. Mendelssohn und deren Söhne Johannes und Philipp Veit. Hg. v. J. M. Raich im Auftrage der Familie Veit. Bd. 1. Mainz 1881, S. 6‒9.
  • Incipit: „[Berlin] den 26. März [1799].
    Freilich stehen die Sachen ganz anders, als wir sie uns hier dachten; aber wer hat das vermuthen [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-1a-34097
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.23,Nr.25
  • Number of Pages: 7S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 18,7 x 11,5 cm
    Language
  • German
[Berlin] den 26. März [1799].
Freilich stehen die Sachen ganz anders, als wir sie uns hier dachten; aber wer hat das vermuthen können? – – Zu Ungerʼs müssen Sie nun einmal, und ich hoffe noch immer, dass sich in dieser grossen Zwischenzeit wohl noch ein Weg finden wird, um das gute Vernehmen auch mit Friedrich wieder herzustellen. Belohnen Sie mich für meine Resignation, lieben Freunde, halten Sie Wort, so viel Zeit für unser Beisammensein zu gewinnen als möglich! – Das Wetter muss entscheiden, ob wir Ihnen nach Potsdam entgegen fahren oder Sie bis dorthin zurückbegleiten: denn zu Potsdams Herrlichkeiten gehört auch die niedliche Gegend, die wir in Berlin doch nicht haben. Auch muss die Revue und das Manövriren vorüber sein, sonst ist alles voller Fremde und Soldaten, und man bekömmt schwerlich ein ordentliches Quartier. Doch wünschten Sie es etwa mit anzusehen, so können wir, wenn es einige Tage vorher bestellt wird, doch auch haben. Bei diesen Manövres hätten Sie die beste Gelegenheit die schöne Königin zu sehen. – Henriette kömmt wahrscheinlich von Leipzig aus zu Ihnen – sie hat Ihnen ja wohl neulich darüber geschrieben. Ich sehe sie jetzt seltner, als ich es wünsche. Ihre Grüsse und Theilnahme werde ich ihr mittheilen, so bald ich sie sehe. Sie werden in Friedrichs letztem Brief nicht auf den Ihrigen gehörige Antwort gefunden haben; er hat ihn aber erst den Tag nachher im Manuscript gefunden, das Sie ihm zugeschickt hatten.
Seien Sie nicht ungeduldig, dass Sie noch keine ,Lucindeʻ wieder erhalten haben: aber Friedrich meint, es wäre wohl besser, noch zu warten, bis die Sendung recht ansehnlich werden könnte. Besonders die ,Lehrjahreʻ dürfen nicht zerstückt werden. Schön haben Sie gestrichen, liebe Caroline! Das hoffte ich gleich, und darum musste es Ihnen zugeschickt werden. Darum schrieb ich es in aller Eile ab, wie Henriette nicht mehr Zeit dazu hatte. Dass der Druck nicht immer weiter ging, konnte ich nicht verhindern; aber es wird nach Ihrer Veränderung wieder umgedruckt. – Wie schön haben Sie es beschrieben, wie es einem geht mit dem Tadeln und Aendern und Streichen! Geht es Ihnen gar so, was sollte ich mich beklagen, ich mit meiner Unerfahrenheit und Ungeschick! Ich werde Ihnen, wenn wir uns sehen, recht viel Noth und auch manchen Spass erzählen. Aber Ihre Aenderungen und des Bruders Tadel hat er doch recht graciös aufgenommen, nicht wahr? – O, ich hoffe, Sie sollen doch Ihre Freude am Lucindchen erleben, wenn Sie nur erst mehr davon gelesen haben. Mich, liebe Caroline, klagen Sie wegen einzelner Stellen nicht weiter an: meine Rechtfertigung steht im Buche selbst, in der ,dithyrambischen Phantasieʻ; auch getraue ich mir zu behaupten, dass es doch für die meisten Einwürfe seine Rechtfertigungen enthält.
„Vier ungeleckte Bären!“ – Lieber Schlegel, soll ich Ihnen die schenken? Nein, nicht, und wenn Sie noch dreimal witziger wären. Hätte ich nicht so entsetzlich viel Respect – ich wollte schon etwas drauf sagen, aber ich denke, so Gott will, soll der Respect sich wohl legen; wenn nicht eher, so geschieht es gewiss, wenn ich nach Jena komme.
Liebe Caroline, mit diesem Antrag sind Sie meinen Wünschen zuvorgekommen. Ich wünsche recht sehr, einmal eine Zeit lang mit Ihnen leben zu können. Art und Weise wollen wir mündlich verabreden. Ich hielt die Schwierigkeiten für unüberwindlich und wollte meinen Wunsch gar nicht laut werden lassen; aber nun Sie es für thunlich halten, so habe ich wieder Muth zur Ausführung des grossen Planes bekommen. In Berlin kann ich aus vielen Gründen nicht immer leben. Wo könnte ich lieber sein wollen als bei Ihnen, mit Ihnen. Und welches Heil Für Friedrich! Sehen Sie, Liebe, wenn es wahr ist, was Sie vom Friedrich sagen: dass er nämlich seine Freunde verläumdet und die, [welche] ihm in diesem Augenblick am nächsten ist, nicht, so wäre es ja nur aus Liebe zu seinen Paradoxien, oder er findet hier mehr zu entschuldigen. Aber im Ernst sollten Sie nicht länger an diese Verläumdungen nur glauben.
Habe ich früher nichts gethan, mich Ihnen zu nähern, so war es meiner eigenen Ungeschicklichkeit zuzuschreiben; nun ich es aber einmal gewagt habe, und Sie mich so gütig aufnahmen, so gebe ich mich Ihnen ganz mit ungetheiltem Vertrauen. – Ich schreibe ihnen nächstens wieder. Da kommen nun eine Menge Menschen und erwarten meine Ordres wegen des Umziehens, das nun zu unsrer Freude in diesen Tagen geschieht, und ich bin recht damit beschäftigt. Leben Sie wohl.
Dorothea.

Ich grüsse Augusten. Will sie denn mit der ältern Schwester auch gar nichts zu schaffen haben?
[Berlin] den 26. März [1799].
Freilich stehen die Sachen ganz anders, als wir sie uns hier dachten; aber wer hat das vermuthen können? – – Zu Ungerʼs müssen Sie nun einmal, und ich hoffe noch immer, dass sich in dieser grossen Zwischenzeit wohl noch ein Weg finden wird, um das gute Vernehmen auch mit Friedrich wieder herzustellen. Belohnen Sie mich für meine Resignation, lieben Freunde, halten Sie Wort, so viel Zeit für unser Beisammensein zu gewinnen als möglich! – Das Wetter muss entscheiden, ob wir Ihnen nach Potsdam entgegen fahren oder Sie bis dorthin zurückbegleiten: denn zu Potsdams Herrlichkeiten gehört auch die niedliche Gegend, die wir in Berlin doch nicht haben. Auch muss die Revue und das Manövriren vorüber sein, sonst ist alles voller Fremde und Soldaten, und man bekömmt schwerlich ein ordentliches Quartier. Doch wünschten Sie es etwa mit anzusehen, so können wir, wenn es einige Tage vorher bestellt wird, doch auch haben. Bei diesen Manövres hätten Sie die beste Gelegenheit die schöne Königin zu sehen. – Henriette kömmt wahrscheinlich von Leipzig aus zu Ihnen – sie hat Ihnen ja wohl neulich darüber geschrieben. Ich sehe sie jetzt seltner, als ich es wünsche. Ihre Grüsse und Theilnahme werde ich ihr mittheilen, so bald ich sie sehe. Sie werden in Friedrichs letztem Brief nicht auf den Ihrigen gehörige Antwort gefunden haben; er hat ihn aber erst den Tag nachher im Manuscript gefunden, das Sie ihm zugeschickt hatten.
Seien Sie nicht ungeduldig, dass Sie noch keine ,Lucindeʻ wieder erhalten haben: aber Friedrich meint, es wäre wohl besser, noch zu warten, bis die Sendung recht ansehnlich werden könnte. Besonders die ,Lehrjahreʻ dürfen nicht zerstückt werden. Schön haben Sie gestrichen, liebe Caroline! Das hoffte ich gleich, und darum musste es Ihnen zugeschickt werden. Darum schrieb ich es in aller Eile ab, wie Henriette nicht mehr Zeit dazu hatte. Dass der Druck nicht immer weiter ging, konnte ich nicht verhindern; aber es wird nach Ihrer Veränderung wieder umgedruckt. – Wie schön haben Sie es beschrieben, wie es einem geht mit dem Tadeln und Aendern und Streichen! Geht es Ihnen gar so, was sollte ich mich beklagen, ich mit meiner Unerfahrenheit und Ungeschick! Ich werde Ihnen, wenn wir uns sehen, recht viel Noth und auch manchen Spass erzählen. Aber Ihre Aenderungen und des Bruders Tadel hat er doch recht graciös aufgenommen, nicht wahr? – O, ich hoffe, Sie sollen doch Ihre Freude am Lucindchen erleben, wenn Sie nur erst mehr davon gelesen haben. Mich, liebe Caroline, klagen Sie wegen einzelner Stellen nicht weiter an: meine Rechtfertigung steht im Buche selbst, in der ,dithyrambischen Phantasieʻ; auch getraue ich mir zu behaupten, dass es doch für die meisten Einwürfe seine Rechtfertigungen enthält.
„Vier ungeleckte Bären!“ – Lieber Schlegel, soll ich Ihnen die schenken? Nein, nicht, und wenn Sie noch dreimal witziger wären. Hätte ich nicht so entsetzlich viel Respect – ich wollte schon etwas drauf sagen, aber ich denke, so Gott will, soll der Respect sich wohl legen; wenn nicht eher, so geschieht es gewiss, wenn ich nach Jena komme.
Liebe Caroline, mit diesem Antrag sind Sie meinen Wünschen zuvorgekommen. Ich wünsche recht sehr, einmal eine Zeit lang mit Ihnen leben zu können. Art und Weise wollen wir mündlich verabreden. Ich hielt die Schwierigkeiten für unüberwindlich und wollte meinen Wunsch gar nicht laut werden lassen; aber nun Sie es für thunlich halten, so habe ich wieder Muth zur Ausführung des grossen Planes bekommen. In Berlin kann ich aus vielen Gründen nicht immer leben. Wo könnte ich lieber sein wollen als bei Ihnen, mit Ihnen. Und welches Heil Für Friedrich! Sehen Sie, Liebe, wenn es wahr ist, was Sie vom Friedrich sagen: dass er nämlich seine Freunde verläumdet und die, [welche] ihm in diesem Augenblick am nächsten ist, nicht, so wäre es ja nur aus Liebe zu seinen Paradoxien, oder er findet hier mehr zu entschuldigen. Aber im Ernst sollten Sie nicht länger an diese Verläumdungen nur glauben.
Habe ich früher nichts gethan, mich Ihnen zu nähern, so war es meiner eigenen Ungeschicklichkeit zuzuschreiben; nun ich es aber einmal gewagt habe, und Sie mich so gütig aufnahmen, so gebe ich mich Ihnen ganz mit ungetheiltem Vertrauen. – Ich schreibe ihnen nächstens wieder. Da kommen nun eine Menge Menschen und erwarten meine Ordres wegen des Umziehens, das nun zu unsrer Freude in diesen Tagen geschieht, und ich bin recht damit beschäftigt. Leben Sie wohl.
Dorothea.

Ich grüsse Augusten. Will sie denn mit der ältern Schwester auch gar nichts zu schaffen haben?
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