• Wilhelmine Spall to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Harburg, Elbe · Place of Destination: Bonn · Date: 09.01.1840
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Wilhelmine Spall
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Harburg, Elbe
  • Place of Destination: Bonn
  • Date: 09.01.1840
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-611-34477
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.25,Nr.78
  • Number of Pages: 3 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 23 x 13,8 cm
  • Incipit: „[1] Harburg den 9ten Jan. 1840.
    Theurster Oheim!
    Da meine Mutter wegen Unpäßlichkeit heute nicht schreiben kann und Sie vielleicht Nachrichten von [...]“
    Language
  • German
    Editors
  • Bamberg, Claudia
  • Varwig, Olivia
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[1] Harburg den 9ten Jan. 1840.
Theurster Oheim!
Da meine Mutter wegen Unpäßlichkeit heute nicht schreiben kann und Sie vielleicht Nachrichten von hier erwarten, so mache ich mir ein Vergnügen daraus Ihnen so viel wir wissen mitzutheilen. Schon längst war es mein Wunsch Ihnen, geliebter Oheim, zu schreiben, um Ihnen recht herzlich zu danken für Ihre gütige Teilnahme an unserm traurigen Geschicke und Ihr wahrhaft großmüthiges Anerbieten, sich meines unglücklichen Bruders annehmen und uns thätig beystehen zu wollen, aber bey meiner zunehmenden Schwäche und Kränklichkeit wozu noch der Kummer um den Bruder kömmt ist mir das Schreiben sehr angreiffend und oft unmöglich, daher werden Sie mein Schweigen entschuldigen.
Bevor ich Ihnen die Nachrichten über August mittheile erlauben Sie mir, mein theurer Oheim, daß ich bey Ihnen anfrage: ob Sie es auch genehmigen daß ich 4 Luis dʼor behalten darf, die meine gute Schwester (weil sie es weiß daß ich es bedarf) mir von dem Gelde zugeschickt hat welches sie Ihrer Güte verdankt, in dem Falle sage ich Ihnen meinen verbindlichsten Dank dafür, sollten Sie sie aber zu einem andern Zwecke bestimmt haben so bin ich gern erbötig sie sogleich zurück zuschicken.
Aus Verden haben wir kürzlich keine Nachricht, doch haben wir auf andre Weise erfahren daß die Aufnahme des Kranken in Hildesheim [2] durch das Oberschulcolegium in Hannover bewirkt ist und er nächstens dahin wird abgeführt werden. Hildesheim ist eine vortreffliche Anstalt für solche Leidende, die Verpflegungskosten betragen jährlich 200 r. welche man für den Anfang aus seinen Mitteln zu entrichten hofft. Der dortige sehr geschickte Arzt muß dann ein Gutachten ausstellen, ob er an seine gänzliche und baldige Genesung glaubt, darauf begründen sich dann die weiteren Schritte die gethan werden müssen. Sollte er nicht in Dienst bleiben können, was ich fast fürchte, dann muß das Ministerium in Anspruch genommen werden, wegen einer Pension, womit sie sehr schwierig seyn sollen. Onkel Breiger, hat sich auf diesen Fall erboten ein Gesuch dahin abgehen zu lassen. An das Oberschulcolegium hat der hiesige Schuldirector Dr. Nöldeke sogleich geschrieben, wie wir von Augusts kranken Gemüthszustand unterrichtet waren, es ist zwar keine Antwort erfolgt, doch ist jetzt geschehen was wir wünschten.
August seine Sachen sollen in ganz guter Ordnung gewesen seyn, man fand keine Schulden, sondern er hatte sich noch etwas übergespart, ob es aber hinreichen wird alles zu bezahlen was in dieser Zeit für ihn nöthig gewesen ist wissen wir nicht, mögen auch nicht danach fragen, weil sie sonst vielleicht mit Forderungen kommen die wir nicht erfüllen können, sobald wir etwas davon erfahren theilen wir es Ihnen sogleich mit. Auch waren seine Wäsche und Kleidung in guten Zustande, was er davon in seiner Verwirrung verdorben hat wissen wir noch nicht.
Mit Besorgniß denke ich daran wie der Aufenthalt in Hildesheim [3] auf August wirken wird, da er seine fixen Ideen ausgenommen recht gut weiß was um ihn her vorgeht, Gott gebe für ihn und für uns das Beste. Sie wünschen das Alter meines Bruders zu wissen, ich weiß es ganz genau, er ist den 10ten October 1839 51 Jahre alt geworden.
Mit Betrübniß höre ich von meiner Mutter daß Sie mein theurer Oheim, nicht ganz mit Ihrer Gesundheit zufrieden sind, der Winter führt manche Beschwerde herbey wovon hoffentlich die mildere Jahrszeit Sie wieder befreien wird, wenigstens wünsche ich dies von ganzen Herzen, damit Ihr uns so theures Leben uns noch recht lange erhalten wird.
Schließlich erlauben Sie mir daß ich Ihnen noch einige Worte über meine Kinder sage. Meine Pauline ist nun schon im achtzehnten Jahre, sie ist zart aber Gottlob gesund, sie ist mir bey meiner schwachen Gesundheit eine unentbehrliche Stütze. Mein Adolph ist ein fleißiger, guter Knabe, der sich die Liebe seiner Lehrer und den Beifall vieler Menschen erwirbt, er hat sich für das Studium der Theologie bestimmt und ist auch dazu fähig befunden, da ich es aber nicht ohne Beistand vollbringen kann, so ist es die Frage ob wir zum Ziele gelangen, besonders nach dem uns wiederum betroffenen Unglücksfall. Er wird diesen Ostern von Onkel Breiger confirmirt, der zu meiner Freude solche Handlungen recht feierlich macht und den Kindern diesen wichtigen Schritt recht an’s Herz legt, so machte es mein guter Vater auch, nie werde ich seine Lehren vergessen.
Nun, mein theurer Oheim, empfehle ich mich und die meinigen Ihrer ferneren Güte und wünsche Ihnen recht wohl zu leben. Mit Hochachtung
Ihre gehorsame Nichte
W. Spall
[4] [leer]
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[1] Harburg den 9ten Jan. 1840.
Theurster Oheim!
Da meine Mutter wegen Unpäßlichkeit heute nicht schreiben kann und Sie vielleicht Nachrichten von hier erwarten, so mache ich mir ein Vergnügen daraus Ihnen so viel wir wissen mitzutheilen. Schon längst war es mein Wunsch Ihnen, geliebter Oheim, zu schreiben, um Ihnen recht herzlich zu danken für Ihre gütige Teilnahme an unserm traurigen Geschicke und Ihr wahrhaft großmüthiges Anerbieten, sich meines unglücklichen Bruders annehmen und uns thätig beystehen zu wollen, aber bey meiner zunehmenden Schwäche und Kränklichkeit wozu noch der Kummer um den Bruder kömmt ist mir das Schreiben sehr angreiffend und oft unmöglich, daher werden Sie mein Schweigen entschuldigen.
Bevor ich Ihnen die Nachrichten über August mittheile erlauben Sie mir, mein theurer Oheim, daß ich bey Ihnen anfrage: ob Sie es auch genehmigen daß ich 4 Luis dʼor behalten darf, die meine gute Schwester (weil sie es weiß daß ich es bedarf) mir von dem Gelde zugeschickt hat welches sie Ihrer Güte verdankt, in dem Falle sage ich Ihnen meinen verbindlichsten Dank dafür, sollten Sie sie aber zu einem andern Zwecke bestimmt haben so bin ich gern erbötig sie sogleich zurück zuschicken.
Aus Verden haben wir kürzlich keine Nachricht, doch haben wir auf andre Weise erfahren daß die Aufnahme des Kranken in Hildesheim [2] durch das Oberschulcolegium in Hannover bewirkt ist und er nächstens dahin wird abgeführt werden. Hildesheim ist eine vortreffliche Anstalt für solche Leidende, die Verpflegungskosten betragen jährlich 200 r. welche man für den Anfang aus seinen Mitteln zu entrichten hofft. Der dortige sehr geschickte Arzt muß dann ein Gutachten ausstellen, ob er an seine gänzliche und baldige Genesung glaubt, darauf begründen sich dann die weiteren Schritte die gethan werden müssen. Sollte er nicht in Dienst bleiben können, was ich fast fürchte, dann muß das Ministerium in Anspruch genommen werden, wegen einer Pension, womit sie sehr schwierig seyn sollen. Onkel Breiger, hat sich auf diesen Fall erboten ein Gesuch dahin abgehen zu lassen. An das Oberschulcolegium hat der hiesige Schuldirector Dr. Nöldeke sogleich geschrieben, wie wir von Augusts kranken Gemüthszustand unterrichtet waren, es ist zwar keine Antwort erfolgt, doch ist jetzt geschehen was wir wünschten.
August seine Sachen sollen in ganz guter Ordnung gewesen seyn, man fand keine Schulden, sondern er hatte sich noch etwas übergespart, ob es aber hinreichen wird alles zu bezahlen was in dieser Zeit für ihn nöthig gewesen ist wissen wir nicht, mögen auch nicht danach fragen, weil sie sonst vielleicht mit Forderungen kommen die wir nicht erfüllen können, sobald wir etwas davon erfahren theilen wir es Ihnen sogleich mit. Auch waren seine Wäsche und Kleidung in guten Zustande, was er davon in seiner Verwirrung verdorben hat wissen wir noch nicht.
Mit Besorgniß denke ich daran wie der Aufenthalt in Hildesheim [3] auf August wirken wird, da er seine fixen Ideen ausgenommen recht gut weiß was um ihn her vorgeht, Gott gebe für ihn und für uns das Beste. Sie wünschen das Alter meines Bruders zu wissen, ich weiß es ganz genau, er ist den 10ten October 1839 51 Jahre alt geworden.
Mit Betrübniß höre ich von meiner Mutter daß Sie mein theurer Oheim, nicht ganz mit Ihrer Gesundheit zufrieden sind, der Winter führt manche Beschwerde herbey wovon hoffentlich die mildere Jahrszeit Sie wieder befreien wird, wenigstens wünsche ich dies von ganzen Herzen, damit Ihr uns so theures Leben uns noch recht lange erhalten wird.
Schließlich erlauben Sie mir daß ich Ihnen noch einige Worte über meine Kinder sage. Meine Pauline ist nun schon im achtzehnten Jahre, sie ist zart aber Gottlob gesund, sie ist mir bey meiner schwachen Gesundheit eine unentbehrliche Stütze. Mein Adolph ist ein fleißiger, guter Knabe, der sich die Liebe seiner Lehrer und den Beifall vieler Menschen erwirbt, er hat sich für das Studium der Theologie bestimmt und ist auch dazu fähig befunden, da ich es aber nicht ohne Beistand vollbringen kann, so ist es die Frage ob wir zum Ziele gelangen, besonders nach dem uns wiederum betroffenen Unglücksfall. Er wird diesen Ostern von Onkel Breiger confirmirt, der zu meiner Freude solche Handlungen recht feierlich macht und den Kindern diesen wichtigen Schritt recht an’s Herz legt, so machte es mein guter Vater auch, nie werde ich seine Lehren vergessen.
Nun, mein theurer Oheim, empfehle ich mich und die meinigen Ihrer ferneren Güte und wünsche Ihnen recht wohl zu leben. Mit Hochachtung
Ihre gehorsame Nichte
W. Spall
[4] [leer]
· Beiliegender Brief von/an A.W. Schlegel , 08.01.1840
· Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
· Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.29,Nr.55
· Beiliegender Brief von/an A.W. Schlegel , 09.01.1840
· Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
· Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.23,Nr.18
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