• Christian Lassen to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: London · Place of Destination: Bonn · Date: 21.05.1824
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Christian Lassen
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: London
  • Place of Destination: Bonn
  • Date: 21.05.1824
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 370508637
  • Bibliography: Schlegel, August Wilhelm; Lassen, Christian: Briefwechsel. Hg. v. Willibald Kirfel. Bonn 1914, S. 32‒38.
  • Incipit: „[1] London, d. 21sten Mai 1824.
    Hochwohlgebohrner Herr Professor!
    Hochverehrtester Lehrer!
    Ew. Hochwohlgebohren Schreiben vom 17ten d. M. habe ich diesen Morgen empfangen und [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-611-34965
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.14,Nr.19
  • Number of Pages: 3 S. auf Doppelbl., hs. m. U. u. Adresse
  • Format: 25 x 20 cm
    Language
  • German
[1] London, d. 21sten Mai 1824.
Hochwohlgebohrner Herr Professor!
Hochverehrtester Lehrer!
Ew. Hochwohlgebohren Schreiben vom 17ten d. M. habe ich diesen Morgen empfangen und beeile mich Ihnen den richtigen Empfang desselben zu melden. Ich erfülle nicht mehr als eine theure Pflicht, wenn ich Ew. Hochwohlgebohren meinen lebhaftesten Dank für Ihre gütige und großmütige Unterstützung abstatte; ich fühle wohl wie unendlich vieles ich Ihnen schuldig bin und auch, daß Sie sehr gerechte Ursache haben, mit mir unzufrieden zu seyn. Das einzige, was ich zu meiner Entschuldigung sagen kann, ist daß ich mich selbst unerwartet in eine plötzliche Verlegenheit versetzt sah, weil ich meine Mutter gebeten hatte, mir für das nächste Quartal die versprochene Summe in London anzuweisen, ich aber statt dessen die Nachricht erhielt, es sey ihr in diesem Augenblicke unmöglich, ihr Versprechen zu halten, doch mit der Versicherung, mir im Laufe des nächsten Monaths die Summe zu schicken; in der Verlegenheit, worinn ich mich befand, wagte ich es, mich an Ew. Hochwohlgebohren zu wenden, weil ich mich verpflichtet fühlte ohne Verzögerung an die Arbeit zu gehen, deren Förderung Sie mir anzuvertrauen die Güte gehabt haben. Sie können überzeugt seyn, daß ich nie wieder Ew. Hochwohlgebohren auf eine solche Weise beschwerlich fallen werde. Sie haben gewiß das größte Recht, von mir zu fordern, daß ich Ihnen über meine Familien-Verhältniße die Auskunft gebe, die ich zu geben im Stande bin. Meine Mutter lebt von dem, was mein Vater bei seinem Tode hinterlassen hat, und von Ihrer Pension. Von meinen Geschwistern hat sie noch einen jüngern Bruder von mir zu unterhalten. Meine Unterhaltung hat zum Theil mein ältester Bruder, der in Norwegen angestellt ist, übernommen. Während meiner Universitäts-Jahre habe ich jährlich 400 Th. Holstein. erhalten und für dieses laufende Jahr sind mir 500 versprochen. Wie viel sie mir für das nächste und die darauf folgenden Jahre wird geben können, hat sie mir nicht bestimmt gesagt; ich zweifle aber, daß sie mir viel mehr als 300 Thal. wird geben können, da mein jüngerer Bruder nun in den Jahren ist, wo er auf eine größere Unterstützung Anspruch machen kann. Im Falle des Todes meiner Mutter würde mir sehr wenig übrig bleiben. Ich habe Ihnen mitgetheilt, was ich von meinen eigenen Verhältnißen selbst kenne; ich bin freilich weniger selbst davon unterrichtet, als ich seyn sollte; um Ihrer Aufforderung zu genügen, habe ich mir ich bestimmte Erklärung von meiner Familie darüber ausgebeten, wie viel und wie lange ich auf eine Unterstützung von Ihrer Seite rechnen kann, und werde mir erlauben, Ew. Hochwohlgebohren damit bekannt zu machen, sobald ich die Antwort erhalten habe. Wenn es, wie ich nicht hoffe, der Fall seyn sollte, daß ich genöthigt werde, die Studien aufzugeben, denen ich mich jetzt widme, so bitte ich Sie im Voraus mir zu glauben, [2] daß nur allein die Noth mich zwingen kann, nach einem Jahre von den Verpflichtungen mich lossprechen zu bitten, die ich sowohl gegen Ewr. Hochwohlgebohren als gegen die Königl. Preußische Regierung übernommen habe. Ich sage dieses nur auf den äußersten Fall; denn ich wiederhohle es, daß es durchaus gegen meinen Willen seyn würde, und eben so sehr eigenen gegründeten Aussichten zuwieder laufe. Vor allen Dingen möchte ich den Schein von mir wenden, als ob ich in meinen Verhältnißen gegen Sie absichtlich irgend etwas versehen habe. Wenn es so wäre, darf ich wohl versichern, daß es nur meinem Ungeschick, meiner Unbesonnenheit oder Jugend zugeschrieben werden muß, nicht aber meinem Willen.
Die äußere Beschreibung des Toddʼschen Codex ist folgende: Folio, mit Devanagari Buchstaben geschrieben, und zwar im allg. sehr deutlich, bis auf wenige eigenthümliche Combinationen. Das 3te und 5te Buch habe ich noch nicht erhalten und sie sind wohl leider in Indien vergessen. Commentar fehlt, eben so Zahl der Slôkas und Capitel: letztere sind alle mit Nahmen bezeichnet. Am Ende wird bemerkt, daß der Codex geschrieben sey, in Udapuramadhyê, auf Befehl (wenn ich recht verstehe) des Mahârâjâdhirâna daselbst. Die Jahreszahl der einzelnen Bücher ist: Lib. II, Samvat 1707. IV ‒ Samv[at] 1710. VI ‒ Samv[at] 1709. VII ‒ S[amvat] 1710. Lib. I 1769, wo sich nach dem vorhergehenden ein Fehler vermuthen ließe. Alle Bücher sind mit Gemählden versehen, die wundervoll conservirt sind, aber nicht zu den allervorzüglichsten gehören; doch sind sie sehr ungleich: die im ersten Buche sind sorgfältiger ausgeführt, aber die Affen im 4ten gehören zu den abscheulichsten Creaturen, die auf zwei Füßen einhergehen. Im ersten Buche ist beinahe jedes Blatt auf der einen Seite bemahlt, auf der Rückseite der entsprechende Text; nachher werden die Blätter häufiger, die auf beiden Seiten beschrieben sind. Die Zahl der Blätter eines jeden Buches ist I - 212. II - 127. IV - 86. VI. 206. VII - 112. Der Codex ist wenig gelesen worden, und es kommen daher die gröbsten und unsinnigsten Fehler darin vor. Nach dem zu urtheilen, was ich bis jetzt verglichen habe, nähert der Text sich mehr dem gedruckten, als dem der Dipika und Tilaka, am meisten aber dem Bengalischen Codex des Sir William Jones. Weil ein Commentar fehlt, weiß ich nicht ob ich diesen Text für eine eigene eigentliche Recension, oder für einen solchen halten soll, der sich selbst überlassen allerlei Veränderungen erfahren habe und mit einem Worte ein wildgewachsener zu nennen sey. Ich neige mich zur letztern Ansicht, weil ich ganze Capitel finde, wo beinahe in jedem Distichon dasselbe erzählt wird, nur ist bald hier, bald dort ein anderes Wort, oder dieselben Worte sind anders gestellt; oft ist die Uebereinstimmung vollkommen, bis auf Dunkelheiten, ja auf Fehler; oft und öfters die Uebereinstimmung nur im Inhalt, während die Worte verschieden sind. Ich sehe hiebey nicht auf die Auslassungen, deren es viele giebt, und die aus der Beschaffenheit des Codex zu erklären, ja zu [3] erwarten sind. Es leuchtet aber ein, daß dessenohngeachtet dieser Codex für die Geschichte des Textes und dessen Fortpflanzung und Verbreitung von großer Wichtigkeit sey; und solche Stellen, die auch in diesem Codex wörtlich wiederkehren, scheinen mir über allen Zweifel erhaben zu seyn. Zugleich dürfte sich schließen lassen, daß die zwei od. vielmehr die eine Recension, die wir in den Londoner Devanag[ari] Hdschrften kennen gelernt haben, eine Beschneidung eines ähnlichen wildgewachsenen Textes sey, aber eine schlechte, von ungeschickten Gärtnern bewerkstelligte Beschneidung. Mein Verfahren bei der Vergleichung ist folgendes gewesen: ich habe die Varianten mit Bezug auf die gedruckte Ausgabe angegeben, wo es möglich gewesen, ohne der Deutlichkeit Eintrag zu thun; wo die Abweichung zu groß ist, habe ich abgeschrieben. Ich habe Ihnen eine Probe davon mit den Manuscripten von Herrn Todd vor acht Tagen durch die Güte des Baron Werther zustellen lassen; ich hoffe sie werden bald ankommen und Ew. Hochwohlgebohren werden dann die Güte haben, mir zu schreiben, ob Sie wollen, daß ich auf diese Weise fortfahren soll, oder eine vollständige neue Abschrift nehmen; die ausgemachten Schreibfehler habe ich nicht alle angegeben; es hängt von Ihnen ab, ob ich diese mit anmerken soll. Ich stehe jetzt im 12ten Capitel des 1sten Buchs.
Herr Lea hat die Güte gehabt, mir außer den öffentlichen Stunden auf der Bibliothek der R[oyal] Soc[iety] noch andere zu eröffnen und ich habe jetzt wöchentlich drei Tage von 10‒3 Uhr, um dort zu arbeiten. Der Codex trägt die Jahreszahl Ṣâka 1712 oder 17 .. und ist daher wohl eine auf Bestellung des Sir William gemachte Abschrift. [Er] trägt auch diesen Charakter durch die vielen Auslassungen, die darin vorkommen. Im Allg. ist der Text ziemlich correct und stimmt im Allg. so genau mit der gedruckten Ausgabe überein, daß man glauben sollte, die Ser[amporer] Ausgabe sey ein Abdruck dieser Handschrift, wenn dieses nicht unmöglich wäre. Es wird freilich wohl richtig seyn, wo möglich auszumachen, ob dieser Text der in Bengalen allgemein cursirende sey; dazu wäre nun wohl ein Codex mit einem Commentar erforderlich, oder einer, der seit längerer Zeit in Europa gewesen wäre. Nun ist es aber mit jener Handschrift eine eigene Sache: so groß die Uebereinstimmung im Allg. ist, kommen einige Stellen vor (z. B. das Pferde-Opfer, die Geburt des Ramas und einige andre) wo in den Worten auch gar kein Zusammentreffen mit der Ser[amporer] Ausg. ist. Ich muß hier vollständig abschreiben. Mit der Collation bin ich zum Capitel XVII vorgerückt. Ich habe die Varianten am Rande beigeschrieben, werde Ihnen aber jetzt vom Anfang an dieselben in ein besonderes Heft oder auf losen Blättern schreiben. Major Toddʼs Adresse ist: Argyle Street 17. Haben Sie die Gewogenheit, die nochmalige Versicherung meines innigsten Dankes, meiner Hochachtung und Ergebenheit zu genehmigen.
Ihr ergebenster
Chr. Laßen.
[4]
N. B. Da der Toddʼsche Codex mir nicht geeignet scheint, zum Grunde gelegt zu werden, auch nicht mehr als 5 Bücher enthält, erlaube ich mir, auf die bisherige Weise meine Collationen fortzusetzen. Wenn Sie erlauben, daß ich die Abschriften der Dêv[anâgari] Codd. des East Ind[ia] House nicht gleich ins Reine zu schreiben brauche, habe ich Zeit genug um Ihnen auch das 4te Buch aus diesem Codex abzuschreiben.
[1] London, d. 21sten Mai 1824.
Hochwohlgebohrner Herr Professor!
Hochverehrtester Lehrer!
Ew. Hochwohlgebohren Schreiben vom 17ten d. M. habe ich diesen Morgen empfangen und beeile mich Ihnen den richtigen Empfang desselben zu melden. Ich erfülle nicht mehr als eine theure Pflicht, wenn ich Ew. Hochwohlgebohren meinen lebhaftesten Dank für Ihre gütige und großmütige Unterstützung abstatte; ich fühle wohl wie unendlich vieles ich Ihnen schuldig bin und auch, daß Sie sehr gerechte Ursache haben, mit mir unzufrieden zu seyn. Das einzige, was ich zu meiner Entschuldigung sagen kann, ist daß ich mich selbst unerwartet in eine plötzliche Verlegenheit versetzt sah, weil ich meine Mutter gebeten hatte, mir für das nächste Quartal die versprochene Summe in London anzuweisen, ich aber statt dessen die Nachricht erhielt, es sey ihr in diesem Augenblicke unmöglich, ihr Versprechen zu halten, doch mit der Versicherung, mir im Laufe des nächsten Monaths die Summe zu schicken; in der Verlegenheit, worinn ich mich befand, wagte ich es, mich an Ew. Hochwohlgebohren zu wenden, weil ich mich verpflichtet fühlte ohne Verzögerung an die Arbeit zu gehen, deren Förderung Sie mir anzuvertrauen die Güte gehabt haben. Sie können überzeugt seyn, daß ich nie wieder Ew. Hochwohlgebohren auf eine solche Weise beschwerlich fallen werde. Sie haben gewiß das größte Recht, von mir zu fordern, daß ich Ihnen über meine Familien-Verhältniße die Auskunft gebe, die ich zu geben im Stande bin. Meine Mutter lebt von dem, was mein Vater bei seinem Tode hinterlassen hat, und von Ihrer Pension. Von meinen Geschwistern hat sie noch einen jüngern Bruder von mir zu unterhalten. Meine Unterhaltung hat zum Theil mein ältester Bruder, der in Norwegen angestellt ist, übernommen. Während meiner Universitäts-Jahre habe ich jährlich 400 Th. Holstein. erhalten und für dieses laufende Jahr sind mir 500 versprochen. Wie viel sie mir für das nächste und die darauf folgenden Jahre wird geben können, hat sie mir nicht bestimmt gesagt; ich zweifle aber, daß sie mir viel mehr als 300 Thal. wird geben können, da mein jüngerer Bruder nun in den Jahren ist, wo er auf eine größere Unterstützung Anspruch machen kann. Im Falle des Todes meiner Mutter würde mir sehr wenig übrig bleiben. Ich habe Ihnen mitgetheilt, was ich von meinen eigenen Verhältnißen selbst kenne; ich bin freilich weniger selbst davon unterrichtet, als ich seyn sollte; um Ihrer Aufforderung zu genügen, habe ich mir ich bestimmte Erklärung von meiner Familie darüber ausgebeten, wie viel und wie lange ich auf eine Unterstützung von Ihrer Seite rechnen kann, und werde mir erlauben, Ew. Hochwohlgebohren damit bekannt zu machen, sobald ich die Antwort erhalten habe. Wenn es, wie ich nicht hoffe, der Fall seyn sollte, daß ich genöthigt werde, die Studien aufzugeben, denen ich mich jetzt widme, so bitte ich Sie im Voraus mir zu glauben, [2] daß nur allein die Noth mich zwingen kann, nach einem Jahre von den Verpflichtungen mich lossprechen zu bitten, die ich sowohl gegen Ewr. Hochwohlgebohren als gegen die Königl. Preußische Regierung übernommen habe. Ich sage dieses nur auf den äußersten Fall; denn ich wiederhohle es, daß es durchaus gegen meinen Willen seyn würde, und eben so sehr eigenen gegründeten Aussichten zuwieder laufe. Vor allen Dingen möchte ich den Schein von mir wenden, als ob ich in meinen Verhältnißen gegen Sie absichtlich irgend etwas versehen habe. Wenn es so wäre, darf ich wohl versichern, daß es nur meinem Ungeschick, meiner Unbesonnenheit oder Jugend zugeschrieben werden muß, nicht aber meinem Willen.
Die äußere Beschreibung des Toddʼschen Codex ist folgende: Folio, mit Devanagari Buchstaben geschrieben, und zwar im allg. sehr deutlich, bis auf wenige eigenthümliche Combinationen. Das 3te und 5te Buch habe ich noch nicht erhalten und sie sind wohl leider in Indien vergessen. Commentar fehlt, eben so Zahl der Slôkas und Capitel: letztere sind alle mit Nahmen bezeichnet. Am Ende wird bemerkt, daß der Codex geschrieben sey, in Udapuramadhyê, auf Befehl (wenn ich recht verstehe) des Mahârâjâdhirâna daselbst. Die Jahreszahl der einzelnen Bücher ist: Lib. II, Samvat 1707. IV ‒ Samv[at] 1710. VI ‒ Samv[at] 1709. VII ‒ S[amvat] 1710. Lib. I 1769, wo sich nach dem vorhergehenden ein Fehler vermuthen ließe. Alle Bücher sind mit Gemählden versehen, die wundervoll conservirt sind, aber nicht zu den allervorzüglichsten gehören; doch sind sie sehr ungleich: die im ersten Buche sind sorgfältiger ausgeführt, aber die Affen im 4ten gehören zu den abscheulichsten Creaturen, die auf zwei Füßen einhergehen. Im ersten Buche ist beinahe jedes Blatt auf der einen Seite bemahlt, auf der Rückseite der entsprechende Text; nachher werden die Blätter häufiger, die auf beiden Seiten beschrieben sind. Die Zahl der Blätter eines jeden Buches ist I - 212. II - 127. IV - 86. VI. 206. VII - 112. Der Codex ist wenig gelesen worden, und es kommen daher die gröbsten und unsinnigsten Fehler darin vor. Nach dem zu urtheilen, was ich bis jetzt verglichen habe, nähert der Text sich mehr dem gedruckten, als dem der Dipika und Tilaka, am meisten aber dem Bengalischen Codex des Sir William Jones. Weil ein Commentar fehlt, weiß ich nicht ob ich diesen Text für eine eigene eigentliche Recension, oder für einen solchen halten soll, der sich selbst überlassen allerlei Veränderungen erfahren habe und mit einem Worte ein wildgewachsener zu nennen sey. Ich neige mich zur letztern Ansicht, weil ich ganze Capitel finde, wo beinahe in jedem Distichon dasselbe erzählt wird, nur ist bald hier, bald dort ein anderes Wort, oder dieselben Worte sind anders gestellt; oft ist die Uebereinstimmung vollkommen, bis auf Dunkelheiten, ja auf Fehler; oft und öfters die Uebereinstimmung nur im Inhalt, während die Worte verschieden sind. Ich sehe hiebey nicht auf die Auslassungen, deren es viele giebt, und die aus der Beschaffenheit des Codex zu erklären, ja zu [3] erwarten sind. Es leuchtet aber ein, daß dessenohngeachtet dieser Codex für die Geschichte des Textes und dessen Fortpflanzung und Verbreitung von großer Wichtigkeit sey; und solche Stellen, die auch in diesem Codex wörtlich wiederkehren, scheinen mir über allen Zweifel erhaben zu seyn. Zugleich dürfte sich schließen lassen, daß die zwei od. vielmehr die eine Recension, die wir in den Londoner Devanag[ari] Hdschrften kennen gelernt haben, eine Beschneidung eines ähnlichen wildgewachsenen Textes sey, aber eine schlechte, von ungeschickten Gärtnern bewerkstelligte Beschneidung. Mein Verfahren bei der Vergleichung ist folgendes gewesen: ich habe die Varianten mit Bezug auf die gedruckte Ausgabe angegeben, wo es möglich gewesen, ohne der Deutlichkeit Eintrag zu thun; wo die Abweichung zu groß ist, habe ich abgeschrieben. Ich habe Ihnen eine Probe davon mit den Manuscripten von Herrn Todd vor acht Tagen durch die Güte des Baron Werther zustellen lassen; ich hoffe sie werden bald ankommen und Ew. Hochwohlgebohren werden dann die Güte haben, mir zu schreiben, ob Sie wollen, daß ich auf diese Weise fortfahren soll, oder eine vollständige neue Abschrift nehmen; die ausgemachten Schreibfehler habe ich nicht alle angegeben; es hängt von Ihnen ab, ob ich diese mit anmerken soll. Ich stehe jetzt im 12ten Capitel des 1sten Buchs.
Herr Lea hat die Güte gehabt, mir außer den öffentlichen Stunden auf der Bibliothek der R[oyal] Soc[iety] noch andere zu eröffnen und ich habe jetzt wöchentlich drei Tage von 10‒3 Uhr, um dort zu arbeiten. Der Codex trägt die Jahreszahl Ṣâka 1712 oder 17 .. und ist daher wohl eine auf Bestellung des Sir William gemachte Abschrift. [Er] trägt auch diesen Charakter durch die vielen Auslassungen, die darin vorkommen. Im Allg. ist der Text ziemlich correct und stimmt im Allg. so genau mit der gedruckten Ausgabe überein, daß man glauben sollte, die Ser[amporer] Ausgabe sey ein Abdruck dieser Handschrift, wenn dieses nicht unmöglich wäre. Es wird freilich wohl richtig seyn, wo möglich auszumachen, ob dieser Text der in Bengalen allgemein cursirende sey; dazu wäre nun wohl ein Codex mit einem Commentar erforderlich, oder einer, der seit längerer Zeit in Europa gewesen wäre. Nun ist es aber mit jener Handschrift eine eigene Sache: so groß die Uebereinstimmung im Allg. ist, kommen einige Stellen vor (z. B. das Pferde-Opfer, die Geburt des Ramas und einige andre) wo in den Worten auch gar kein Zusammentreffen mit der Ser[amporer] Ausg. ist. Ich muß hier vollständig abschreiben. Mit der Collation bin ich zum Capitel XVII vorgerückt. Ich habe die Varianten am Rande beigeschrieben, werde Ihnen aber jetzt vom Anfang an dieselben in ein besonderes Heft oder auf losen Blättern schreiben. Major Toddʼs Adresse ist: Argyle Street 17. Haben Sie die Gewogenheit, die nochmalige Versicherung meines innigsten Dankes, meiner Hochachtung und Ergebenheit zu genehmigen.
Ihr ergebenster
Chr. Laßen.
[4]
N. B. Da der Toddʼsche Codex mir nicht geeignet scheint, zum Grunde gelegt zu werden, auch nicht mehr als 5 Bücher enthält, erlaube ich mir, auf die bisherige Weise meine Collationen fortzusetzen. Wenn Sie erlauben, daß ich die Abschriften der Dêv[anâgari] Codd. des East Ind[ia] House nicht gleich ins Reine zu schreiben brauche, habe ich Zeit genug um Ihnen auch das 4te Buch aus diesem Codex abzuschreiben.
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